Primark – Mode zum Wegwerfen

Über das Discounter-Unwesen schreibe ich hier im Konsumpf ja praktisch schon von Anfang an. Zu verheerend sind die Auswirkungen von Aldi, Lidl, KiK & Co. auf Mensch und Umwelt (siehe z.B. HIER), und die Folgen des Billigwahns, der mittlerweile so selbstverständlich geworden ist, dass Konsumenten ihn kaum noch hinterfragen, bekommen vor allem die Menschen ab, die in ärmeren Ländern unseren Billigschund produzieren. Wer sich noch an die beiden Panorama-Dokumentationen über KiK erinnert, die deutlich zeigten, was es bedeutet, wenn ein Unternehmen an einem T-Shirt für zwei Euro fuffzich noch ordentlich Gewinn macht (siehe die YouTube-Videos HIER und HIER), der wird vermutlich auch nicht erstaunt sein, wenn er nun in der neuen Folge der ZDF Zoom-Reihe (die ich generell nur empfehlen kann!) sieht, was die englische Billigmodekette Primark so für Schäden anrichtet. Nicht zuletzt auch in den Köpfen der (meist jungen) KonsumentInnen – Kleidung, die man gar nicht mehr wäscht, sondern nach dem Tragen wegschmeißt… hallo, geht’s noch?! So langsam erreicht der Konsumismus wirklich schwer zu ertragende Dimensionen.

Wer immer der Illusion vom „kritischen“ oder „aufgeklärten“ Konsumenten anhängt, der sieht sich angesichts solcher Entwicklungen leider eines Schlechteren belehrt. Ich weiß gar nicht, was ich ekliger finden soll – die völlige Ignoranz der Konsumenten, die sich dann auf YouTube mit ihren Billigkäufen brüsten (hier sieht man, dass in unserem System die Formeln „Ich kaufe, also bin ich“ oder „Ich bin, was ich kaufe“ gelten) oder die Rücksichtslosigkeit des Konzerns, der auf dem Rücken der Arbeiter sein Zeug unter die Leute bringt und sinnlosen Konsum anfacht. Ehrlich gesagt ist es schwierig, hier einen Ansatzpunkt für Verbesserungen zu finden, da eben die grundsätzliche Entwicklung fatal ist und im Grunde ein Umdenken auf gesellschaftlicher Ebene bedeutet, beispielsweise, indem Konsum nicht mehr als „cool“ gilt…
Mode zum Wegwerfen“:

Schubsen, drängeln, kreischen – wo auch immer in Deutschland eine PRIMARK-Filiale eröffnet, herrscht Ausnahmezustand. Der irische Textil-Discounter erobert mit seiner Wegwerfmode die Fußgängerzonen. Bisher sind es in Deutschland zehn Filialen, acht weitere sind schon angekündigt. Immer Riesenverkaufsflächen, immer Toplagen. Ein Paradies für Teenager: hip wie H&M und billig wie KiK.

Ein T-Shirt für zwei Euro, eine Hose für elf Euro. Viele Fummel werden aufgrund ihres Spottpreises nicht einmal anprobiert, geschweige denn später gewaschen. Kaufen, anziehen, wegwerfen. Auf dem Internetportal Youtube tummeln sich begeisterte Teenies mit Videos über ihre Einkaufsbeutezüge, genannt „PRIMARK-Hauls“.ZDFzoom fragt: Wie kann PRIMARK so billig sein? Wenn ein T-Shirt nur zwei Euro kostet, dann muss irgendwo auf der Welt jemand den Preis dafür zahlen, sprich: für sehr wenig Geld sehr viel arbeiten. ZDFzoom macht sich auf die Suche: Laut Firmenangaben lässt PRIMARK unter anderem in Bangladesch produzieren, in rund 100 Fabriken. Als eine von vielen Textilketten ließ PRIMARK auch im Rana-Plaza-Gebäude in der Nähe der Hauptstadt Dhaka fertigen. Im April 2013 stürzte das Gebäude ein. Mehr als 1100 Menschen verloren ihr Leben, größtenteils Textilarbeiterinnen.

Ein penetranter Geruch

Immer wieder klagen Kunden über einen unangenehmen „giftigen“ Geruch in den PRIMARK-Geschäften. ZDFzoom forscht nach: Woher kommt der penetrante Geruch? Ist die Raumluft durch Schadstoffe aus den Textilien belastet?
In Internet-Foren finden sich immer wieder Berichte von PRIMARK-Kunden über Hautprobleme und allergische Reaktionen. Welche gesundheitlichen Risiken sind mit dem Tragen der Billigmode verbunden – zumal junge Leute vieles ungewaschen anziehen?
Anne Kauth und Ulli Rothaus gehen in der ZDFzoom Dokumentation „Mode zum Wegwerfen – Das Prinzip PRIMARK“ dem neuen Trend zur Wegwerfmode auf den Grund.


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Freihandelsabkommen: Alle Macht den Konzernen!

Ich möchte Euch heute nur einen kleinen Lesetipp mit auf den Weg geben – es geht um das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, das derzeit verhandelt wird und das, so muss man wohl befürchten, auch irgendwann, notfalls in leicht modifizierter Form, in Kraft treten wird. Es wird die Konzerne weiter stärken und die nationalen Regierungen weiter schwächen und ist im Grunde ein weiterer (Teil-)Abschied von demokratischen Strukturen… So sieht das auch Claudia Klinger in ihrem Artikel Freihandelsabkommen: Alle Macht den Konzernen!:

“Schlimmer als ACTA” nennt Stefan Krempel auf Heise.de das derzeit auf EU-Ebene verhandelte transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA. Angeblich soll der Freihandel ja den allgemeinen Wohlstand heben, doch enthält das Vorhaben Bestimmungen, die allzu deutlich lediglich den Wohlstand der Konzerne im Blick haben.

Man glaubt es kaum: in einem sogenannten “Streitbeilegungsverfahren” (Investor-State Dispute Settlement / ISDS), das bereits jetzt aufgrund von Beschlüssen der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) in großen Teilen der Welt genutzt werden kann, können “Investoren” auf Schadenersatz wegen entgangener Gewinne klagen, wenn Gesetze oder Gerichte ihre wirtschaftlichen Umtriebe beschränken. (…)

Geld regiert die Welt: nun ganz legal!

Und genau dieses “Streitschlichtungsverfahren” soll nun im Rahmen des Freihandelsabkommens auch für die EU verpflichtend werden. So bekommt der alte Spruch “Geld regiert die Welt” eine ganz neue Bedeutung. Nationale Parlamente und Gemeinderäte werden sich nicht mehr trauen dürfen, beschränkende Vorschriften zu beschließen.

Ihr wollt weniger Massentierhaltung? Mehr Platz und bessere Behandlung für die Tiere? Geht nicht mehr, sorry, denn damit würden ja die Gewinne geschmälert und die Steuerzahler müssten die Investoren entschädigen!

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Ah-ha! Graffitti!

Dieser Clay Butler-Cartoon, den ich auf dem Public Ad Campaign-Blog gefunden habe, ist wirklich zu gut, als dass ich ihn nicht auch hier präsentieren müsste. Man beachte auch die schönen Logo-Verballhornungen. :-)

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Überdruss im Überfluss – Vom Ende der Konsumkultur

Okay, ich habe wirklich lange mit mir gerungen und hin und her überlegt, ob ich wirklich in meinem Blog auf mein gerade erschienenes Buch hinweisen soll. Denn im Grunde ist das ja auch Werbung für ein Produkt. Aber da niemand unfehlbar ist, erlaube ich mir diesen Ausrutscher ausnahmsweise mal. Ist ja mein Blog. :-) Oder wie seht Ihr das, ist das bereits unzulässige Reklame?

Wer meinen Blog schon länger liest, wird in dem Büchlein „Überdruss im Überfluss – Vom Ende der Konsumkultur“ nun auch nichts weltbewegend Neues erfahren, es ist eher als Einstieg für all jene gedacht, für die Konsum bisher eine selbstverständliche Tätigkeit ist, über deren Folgen man sich keine Gedanken macht. Hier die Verlagsinfo des Unrast Verlags zu meinem Werk:

Kritischer Blick hinter die schillernde Fassade der Waren- und Werbewelt

Unser gesamtes Wirtschaftssystem fußt darauf, dass wir als Konsument_innen kaufen und verbrauchen, koste es, was es wolle. Unterstützt von Marketing, Reklame und medialer Berieselung wird ein Kreislauf in Gang gehalten, der inzwischen längst an seine Grenzen gekommen ist und droht, unsere Lebensgrundlagen zu vernichten. Ressourcenverschwendung, Umweltzerstörung und Müllberge sind nur einige der Probleme, die mit dem Konsumismus einhergehen.

Peter Marwitz beschreibt die Mechanismen, mit denen Unternehmen den Konsum ankurbeln, darunter Reklame und schleichende Unterwanderung journalistischer Inhalte durch Public Relations, Advertorials und Product Placement. Auch die Rolle der Medien bei der Aufrechterhaltung des schönen Scheins der glitzernden Warenwelt wird näher durchleuchtet und hinterfragt.

Außerdem werden Auswege aus dem Konsumenten-Hamsterrad gezeigt – alternative Konsumformen und nachhaltiges Verhalten, von Reparaturcafés und Tauschringen bis hin zu Transition Towns und Widerstand gegen die Reklamebeschallung durch Adbusting und Culture Jamming. Denn die Zeit ist reif für ein Umdenken.

Peter Marwitz

Überdruss im Überfluss

Vom Ende der Konsumkultur

ISBN978-3-89771-125-9

Erscheinungsdatum: Oktober 2013
Seiten: ca. 80
Reihe: transparent – linker alltag Band: 3

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Sonneborn rettet die Welt – Wer soll es denn auch sonst tun?

Was in den USA die Yes Men, das könnte hierzulande Martin Sonneborn, der Führer der Partei Die PARTEI werden – mit satirischen Mitteln auf Missstände hinweisen und den Finger auf Wunden legen. Auf ZDF neo darf er nun an drei Donnerstagen ab dem 10. Oktober hintereinander die Welt retten, zu bewundern jeweils ab 22:45 Uhr.

In einer Zeit, in der bei vielen das Gefühl wächst, Parteien konkurrieren um den Wähler mit einem Einheitsbrei aus Forderungen, Anregungen und Versprechungen, ist das Mittel der Satire gefragt: Was verbirgt sich hinter politischen Floskeln, welche Probleme behindern wirklich den Fortschritt in Deutschland und gibt es Wege aus den Problemen dieser Zeit?

Martin Sonneborn versucht in einer neuen, satirischen Reportage-Reihe die Welt zu retten – eine titanische Aufgabe.

Mit den Waffen der Satire

Der “Club of Rome”, ein Zusammenschluss von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik, geht davon aus, dass die Grenzen des Wachstums bis zum Jahr 2052 erreicht sind und die Menschheit mit negativen Auswirkungen des Wirtschafts- und Nutzsystems konfrontiert wird: Umweltkatastrophen nehmen zu, Armut weitet sich aus und die Wirtschaftssysteme stagnieren. Wenn weiter nur nach Gewinnmaximierung und ohne Nachhaltigkeit produziert und konsumiert wird, werden die Systeme, wie sie die jetzige Gesellschaft kennt, zusammenbrechen.

Die Problematik muss analysiert und Alternativen gefunden werden – die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft müssen sich jetzt ändern, sonst münden die kapitalistischen Länder im Chaos. Klar, es ist eine Mammutaufgabe par excellence, da hilft nur ein Superman-Shirt unter dem Anzug und die Waffen der Satire im Gepäck – der neue Held Martin Sonneborn ist geboren.

Eine titanische Aufgabe

Martin Sonneborn widmet sich drei großen Problemen Deutschlands im Herbst 2013: der Finanzkrise, der Energiewende sowie Korruption und Lobbyismus. Er be- und hinterfragt Politiker und Experten, testet alternative Lebensformen und löst dabei entstehende Probleme auf seine ganz eigene Weise.

So begibt er sich auf der Suche nach einer Lösung der Finanzkrise in Tauschläden und begegnet Menschen, die komplett ohne Geld leben möchten. Er versucht mit dem Farbkopierer zumindest seine Finanzprobleme durch Falschgeld zu lösen. Im Hinterhof von Supermärkten trifft er auf die Schattenseiten des Kapitalismus und der Wegwerfgesellschaft: In Mülltonnen landen am Ende eines Einkaufstages Tonnen noch essbarer Lebensmittel.Er nimmt Politiker in die Pflicht, nicht nur Phrasen auf der Suche nach der Gunst der Wähler zu dreschen, sondern mit Weitsicht Dinge zu ändern. Martin Sonneborn auf einer satirischen Reise durch eine Gesellschaft, die vor großen Herausforderungen steht und die in Punkto Lösungssuche keine Zeit mehr zu vertrödeln hat.

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Die Geschichte der Lösungen

Es ist mal wieder soweit – das Story of Stuff-Projekt rund um die Aktivistin Annie Leonhard hat einen neuen animierten Kurzfilm herausgebracht (leider bisher nur auf Englisch, aber Übersetzungen in andere Sprachen dürften demnächst folgen). Ging es im Debüt „The Story of Stuff“ vor allem um Konsum, Reklame und das zerstörerische Wirtschaftssystem, in dem wir leben, fokussiert sich das Team im neuen Film auf die Lösungsansätze, mit denen man das „Spiel“ ändern kann. Weg von einem quantitativen Fokus auf „immer mehr“ (z.B. gemessen am Bruttosozialprodukt), hin zu einem „besser“, das nachhaltiger und ökologisch und sozial sinnvoller ist. Bzw. in den Originalworten:

The Story of Solutions explores how we can move our economy in a more sustainable and just direction, starting with orienting ourselves toward a new goal.
In the current ‘Game of More’, we’re told to cheer a growing economy — more roads, more malls, more Stuff! — even though our health indicators are worsening, income inequality is growing and polar icecaps are melting.
But what if we changed the point of the game? What if the goal of our economy wasn’t more, but better — better health, better jobs and a better chance to survive on the planet?

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Amt für Werbefreiheit und Gutes Leben

Wunderbar, dass es solche Initiativen gibt – in Berlin hat sich vor einer Weile das sog. „Amt für Werbefreiheit und Gutes Leben“ gegründet, das mit dem Ziel antritt, den öffentlichen Raum vom Übermaß an marktschreierischer Reklame zu befreien. Damit rennt man bei mir natürlich offene Türen ein!

Das Amt für Werbefreiheit und Gutes Leben wird derzeit von rund 40 Aktiven aus ganz Deutschland geführt. Das Amt bearbeitet Fragen der Störung und Belästigung durch Werbung und fördert die gemeinschaftliche Umgestaltung des öffentlichen Raums. Darüber hinaus zählen sämtliche Belange rund um das Gute Leben – abseits der vorherrschenden Vorstellungen von Fortschritt und Wohlstand – zum Zuständigkeitsbereich des Amtes.

Unser Amtssitz befindet sich in Berlin, engagierte Beamt*innen arbeiten jedoch bereits in ganz Deutschland für die gemeinsame Sache.

Was wir wollen

  • selbst bestimmen was für uns das Gute Leben heißt – ohne ständig unterschwellig von Werbung beeinflusst zu werden
  • gesellschaftliche Strukturen, die genügsame, Ressourcen schonende Lebensweisen ermöglichen – nicht immer wieder durch Werbung zum Kaufen aufgefordert werden
  • UNSEREN öffentlichen Raum selbst gestalten – ihn nicht an Konzerne und deren Werbeplakate abgeben

Deshalb sagen wir: Schluss mit der stetigen Werbeflut! Wir setzen uns für einen öffentlichen Raum ohne kommerzielle Außenwerbung ein. Wir wollen Möglichkeitsräume schaffen, in denen es um Handeln statt um Konsumieren geht. Alternativen zum Geldausgeben und neue Formen des Wohlstands. Mit Muße im Moment leben dürfen. Nicht immer mehr Hetzen, Kaufen, Besitzen.

Was wir tun

Zentraler Auftrag des Amts für Werbefreiheit und Gutes Leben ist es den Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg so weit wie möglich werbefrei zu machen. Dazu

Amt für Werbefreitheit und Gutes Leben from Amt für Werbefreiheit on Vimeo.

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Fernsehtipp: Weniger ist mehr – Die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben

Heute möchte ich Euch nur kurz auf eine (hoffentlich) spannende Sendung auf Arte aufmerksam machen – um 20:15 Uhr läuft dort „Weniger ist mehr – Die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben“:

Kann es Wohlstand ohne Wirtschaftswachstum geben? Der Dokumentarfilm sucht nach Lebens- und Wirtschaftsmodellen, die den Weg in die Postwachstumsgesellschaft weisen. Die Filmemacherin Karin de Miguel Wessendorf unternimmt einen Selbstversuch und fragt: “Was muss ich ändern, damit mein Lebensstil zukunftsfähig ist? Und worauf kann ich verzichten ohne Verlust an Lebensqualität?” Auf ihrer Reise durch Europa besucht sie Menschen, Initiativen und Unternehmen, die erkannt haben, dass Wirtschaftswachstum nicht das Maß aller Dinge sein kann.

Bisher lautet das Credo von Wirtschaft und Politik “kein Wohlstand ohne Wachstum”. Ein stetiges Wirtschaftswachstum gilt als Garantie für Arbeitsplätze und für die Lebensqualität der Bevölkerung. Wer an dem Wachstumsdogma zweifelt, wird als realitätsfremd belächelt. Doch Wirtschaftskrise und Klimawandel haben diesen Glauben erschüttert. Bevölkerungsexplosion, Energiekrise und Umweltbelastung sind Probleme, die sich nicht länger verdrängen lassen. Immer mehr Menschen gelangen zu der Überzeugung: Grenzenloses Wachstum ist in einer Welt begrenzter Ressourcen nicht möglich. Trotz Steigerung des Bruttoinlandsproduktes ist die persönliche Lebenszufriedenheit in den Industrieländern seit den 70er Jahren nicht mehr gewachsen. Kann es also sein, dass die Konsumgesellschaft das Versprechen vom Glück nicht hält? Was braucht man wirklich, um ein gutes Leben zu führen?

Der demografische Wandel, die begrenzten Ressourcen des Planeten und die aktuellen Wirtschaftskrisen sorgen derzeit ohnehin für eine Wachstumsbremse. Höchste Zeit, umzudenken und den Ausstieg aus dem zerstörerischen Wachstum selbst zu steuern. Eine Bewegung ist entstanden, die nach Alternativen sucht. Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler und Aktivisten arbeiten in Theorie und Praxis am Aufbau einer “Postwachstumsgesellschaft” – einer Gesellschaft, in der ein besseres Leben für Mensch und Umwelt auf lange Sicht möglich sein soll.

Auf ihrer Reise stellt Karin de Miguel Wessendorf fest, dass die Suche nach einem nachhaltigen Lebensstil nicht unbedingt Verzicht bedeuten muss, in vielen Fällen ist es sogar ein Gewinn an Lebensqualität.

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Lesetipps: ToxFox | Vier-Stunden-Tag | Sparjournalismus | Spielerische Kapitalismuskritik | Wahlnachlese

Nach längerer Pause will ich heute mal wieder einen meiner beliebten Lesetipps-Artikel unters Volk bringen und Euch ein paar Links und Artikel präsentieren, die mir beachtenswert erscheinen. Da wäre zunächst, aus aktuellem Anlass, eine kleine Wahlnachlese zur Bundestagswahl. Viele kluge Artikel wurden dazu bereits veröffentlicht, es wurden diverse Koalitionsmöglichkeiten durchgespielt, Führungsspitzen ausgetauscht und erste Wahlversprechen runtergedimmt. Hier noch ein paar Texte abseits dieser konkreten Tagespolitik, die sich meiner Meinung nach zu lesen lohnen:

  • Sascha Lobo „Der Wahlausgang in drei Bildern über die Folgen des Wahlergebnisses für die „Netzpolitik“. Zitat: „Offenbar fürchten die Deutschen den Veggie-Day in der Firmenkantine mehr als die Totalüberwachung des Internets.“ Wohl wahr. Traurig, eigentlich.
  • Stefan Niggemeier „Können wir jetzt bitte mal über die Fünf-Prozent-Hürde reden? – sehr spannend dazu auch die vielen, zum Teil wirklich durchdachten Kommentare mit Vorschlägen für eine Reform der 5%-Hürde – oder auch mit Argumenten, warum man diese Hürde beibehalten sollte.
  • Pia Ziefle „Ich schäme mich über die AfD und ihre Umtriebe.
  • Jörg Wellbrock „Angela Merkel: Das Nichts hat gewonnen – eine kleine Analyse von Merkels Wahlkampftaktik.
  • heise.de „Die PARTEI kickt die FDP aus dem Bundestag mit der messerscharfen Analyse, dass genau die 0,2%, die Die PARTEI an Stimmen erhalten hat, der FDP zum Einzug in den Bundestag gefehlt haben. Erstes Etappenziel also erreicht!

Nun aber zurück zur alltäglichen Realität. In meinem Konsumpfblog geht es bekanntlich nicht nur um nachhaltigen Konsum, sondern auch um all das, was zu unserem System, das eher den sinnlosen Konsum anstachelt, gehört. Beispielsweise die Medienbranche, die einen großen Anteil an der Verbreitung gewisser Lebensstile und damit auch Konsumgewohnheiten hat. Die klassische Zeitungsbranche steckt seit einer ganzen Weile in der Krise, seitdem das Internet den Printmedien massiv Konskurrenz macht. So manch renommiertes Blatt hat da schon die Segel streichen müssen. Nun hat es in gewisser Weise auch die Westfälische Rundschau erwischt. Wie Die Zeit berichtet geht dies alles zu Lasten der medialen Vielfalt und damit auch auf Kosten einer kritischen Berichterstattung, wie man sie von der „vierten Gewalt“ im Staate erwarten müsste. Eingespart:

Die “Westfälische Rundschau” ist die erste deutsche Tageszeitung ohne Journalisten: Alle Redakteure und freien Mitarbeiter mussten gehen. Während sie Pressesprecher, Lehrer und Steuerfachangestellte werden, erscheint ihre alte Zeitung weiter. Sie druckt jetzt einfach Artikel von anderen Blättern. Geht das gut aus – für die Journalisten und für den Journalismus?

Eher unfreiwillig werden nun einige Journalisten auch weniger arbeiten – dass die vielbeschworene 40-Stunde-Woche bzw. der 8-Stunden-Tag allerdings das Ziel für eine moderne Gesellschaft sein sollte, bezweifeln ohnehin viele Menschen. Arbeit wird hierzulande als ein Wert an sich angesehen – Hauptsache, man hat was zu tun. Der Syndikalismus-Blog geht in seinem Interview mit David Graeber, einem der Vordenker der Occupy-Bewegung, in die Offensive und sieht in einer Verringerung der Arbeitszeit einen Ausweg auf der aktuellen lage: „Nur der Vier-Stunden-Tag kann uns retten

(…) Graeber: Ich will damit bewusst eine bestimmte Arbeitsmoral herausfordern, die wir alle tief verinnerlicht haben wie etwas tief Religiöses. Sie lässt sich auf den jüdisch-christliche Glauben zurückführen, dass Arbeit eine reinigende Kraft besitzt, dass alle, die sich nicht einer Arbeitsdisziplin unterwerfen, niemals zu reifen, selbstbeherrschten Individuen werden. Diese Vorstellung geht von einer chaotischen, undisziplinierten menschlichen Natur aus. Nur die Arbeit könne uns erlösen. Das hat extrem negative Konsequenzen.

Aber welche Konsequenzen wären denn das?

Keynes sagte bereits vor 80 Jahren, dass wir alle zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur noch vier Stunden täglich arbeiten würden. Tatsächlich könnte der technologische Fortschritt unsere Arbeitszeit in dieser Weise reduzieren. Was uns daran hindert, ist die verinnerlichte Vorstellung vom moralischen Wert der Arbeit. Angesichts der Krise werden wir gar aufgefordert, noch mehr zu arbeiten, obwohl das Einzige, was uns retten könnte, weniger Arbeit wäre. Dass sie vorübergehend den Ausstoß von Kohlendioxid verringerte, war eine der wenigen guten Seiten der Rezession von 2008. Ein großer Teil der Arbeit entsteht überhaupt erst dadurch, dass wir zu viel arbeiten. Ich provoziere bewusst, aber hier kommt noch einmal der Schuldenerlass als gesellschaftlicher Reset ins Spiel. Er würde es uns ermöglichen, die Dinge anders zu ordnen, damit eine nachhaltige Zukunft möglich wird. Warum also nicht ein genereller Schuldenerlass in Verbindung mit dem Vier-Stunden-Tag?

Apropos Kapitalismus- und Konsumkritik – diese findet man auch immer wieder in Computerspielen, wie die taz neulich berichtete: „Moralische Computerspiele – Spielerische Kapitalismuskritik

Rollenspiele zwingen zur Interaktion: Der Konsument wird zum Akteur, der emotional beteiligt ist. Das eröffnet neue Spielarten der Gesellschaftskritik.

(…) Pedercini gehört zum Entwicklerkollektiv Molleindustria. Die Gruppe versteht sich als Culture-Jamming-Projekt, ein Zusammenschluss von Kreativen, deren Arbeiten die Grenzen zwischen Digitalkunst, antikommerzieller Subversion und Medienkritik überbrücken wollen.

Derartige Auseinandersetzungen sind nichts Neues in der Unterhaltungskultur, doch während die klassischen Vehikel der Gesellschaftskritik – die investigative Dokumentation im Fernsehen, die aufklärerische Reportage – ihre Konsumenten auf Zuschauen oder Zuhören beschränken, werden diese im Computerspiel aktiver Teil des Werks, mehr noch: Sie werden oft zur Triebkraft der Zustände. (…)

Eine sehr interessante neue Aktion hat der B.U.N.D. gestartet – da in den kosmetischen Produkten, die auf die Menschen losgelassen werden, viele im Grunde hormonell wirksame Chemikalien enthalten sind, die in gewisser Konzentration sogar Krebs auslösen können, gibt es nun die Website ToxFox, auf der man seine Kosmetikprodukte eingeben und erfahren kann, wie gefährlich sie sind.

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Umfragen – Wissenschaft, oder etwas sehr Ähnliches

So, die Bundestagswahl ist vorbei, und das Ergebnis, nun ja… Manchmal muss man sich schon fragen, ob es nicht an der Zeit wäre, hierzulande mal so langsam ein neues Volk zu wählen. ;-) Die BR-Sendung quer hat auf jeden Fall (noch vor der Wahl) einen schönen satirischen (?) Beitrag zum Thema Sinn und Unsinn von Umfragen gebracht – ich denke, diesen Clip sollte man jedes Mal ausstrahlen, wenn wieder ein Politbarometer o.ä. vollmundig die Ergebnisse irgendwelcher Bürgerbefragungen verbreitet.

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