Kategorie: Globalisierung Seite 16 von 19

Erfolgreicher Kampf gegen die Wasserflaschen

drinking_water_4Es ist doch auch schön, hin und wieder mal Erfreuliches berichten zu können, von Erfolgen nämlich der Bürger gegen die große, allesverwertende und verschlingende Wirtschaftsmaschine. Dieser Tage machte nämlich eine Meldung in der Medienlandschaft die Runde, die für unsere, an die Durchökonomisierung des Daseins gewöhnten Ohren und Augen, geradezu sensationell klingt. Das kleine australische Städtchen Bandanoon hat den Verkauf von Wasser in Flaschen verboten. Hintergrund dieser Aktion: ein internationaler Konzern plante, das Wasser des Ortes in Flaschen zu füllen, um es anschließend wieder in Bandanoon und dem restlichen Australien zu verkaufen. Statt dieses Irrsinns haben die Bürger beschlossen, dass das Wasser nun kostenlos abgegeben wird – wer einen Behälter mitbringt, kann sich dieses an mehreren Stellen im Ort gratis abfüllen. Dem leider ja auch hierzulande üblichen Quatsch, Trinkwasser aus aller Herren Länder über den Globus zu karren und in (Plastik-)Flaschen für horrende Summen weiterzuverkaufen, wurde damit sogleich, haha, das Wasser abgegraben. Die Stadtoberen sehen darin einen Schritt zum Umweltschutz (da der unsinnige Transport wegfällt) und auch zur regionalen Selbstversorgung. Ein Beispiel, das hoffentlich Schule macht, damit Kraken wie Nestlé (Vittel, San Pellegrino, Perrier) oder Coca Cola (Bonaqua) mit ihren Plänen, sich das Wasser der Welt unter den Nagel zu reißen, in ihre Schranken verwiesen werden. [Dass das Trinken aus Plastikflaschen auch gesundheitlich alles andere als unbedenklich ist, hatte ich ja HIER schon mal thematisiert.] Sicherlich werden jetzt einige FDP-Jünger, die ja gegen jegliche staatlichen Interventionen und für den angeblich „freien“ Markt sind, aufjaulen, allerdings muss man hier sehen, dass die Bürger ja selbst dafür gestimmt haben, es sich also um keine von oben herab verordnete Entscheidung wie bei dem unseligen Glühbirnenverbot handelt. Dass die Interessen der Menschen über die der Konzerne gestellt werden, geschieht schließlich selten genug.

Hier ein kleiner Blick ins Medienecho:

Gegen den Klimawandel: Kleinstadt verbietet Faschenwasser“ taz

Laut Kingston überlegen Gemeinden aus aller Welt, dem Beispiel zu folgen. “Wir haben Anrufe aus Schweden, Deutschland, der Schweiz.” Die Getränkehersteller sind dagegen erbost. “Sie werfen uns vor, wir würden die Leute zwingen, Süßgetränke zu kaufen.” Für Kingston unverständlich: “Wir geben das Wasser ja ab – wenn auch kostenlos. Und die Süßgetränke werden von genau diesen Firmen hergestellt.”

Australische Stadt verbannt Wasserflaschen“ und „Bandanoons Kampf gegen die Wasserpulle“ N24

Für die Flaschenwasserindustrie in Australien war es am Mittwoch die zweite Niederlage innerhalb weniger Stunden. Zuvor hatte der Regierungschef des Staates New South Wales es allen Behörden verboten, in Flaschen abgefülltes Wasser zu kaufen. Er nannte es eine Verschwendung von Ressourcen.

Klimaschutz extrem: Gemeinde verbietet Verkauf von Wasserflaschen!“ Blick.ch

Dies führte in dem Ort zu einem wahren Proteststurm, im Juli dann stimmten die Bürger für ein Verbot der Wasserflaschen. Mit seiner Idee wollte Dee die Menschen dazu anregen, über die Klimabelastungen durch die Produktion und den Transport von Plastikflaschen nachzudenken.

Der engagierte Umweltschützer, der sich mit seiner Organisation «Do Something» (Tu ´was) unter anderem auch für ein Verbot von Plakstiktüten in Tasmanien stark machte, hofft nun auf Nachahmer. Bereits der Bürgerentscheid sei weltweit auf Interesse gestossen, sagt er.

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Fernsehtipp: „The Yes Men Fix The World“ heute auf Arte

yes-men-fixNa, da wird es doch mal wieder Zeit, das TV-Gerät zu entstauben – Arte bringt heute Abend um 21 Uhr als Fernsehpremiere den neuen Film der Yes Men „Die Yes Men regeln die Welt“. Mehr dazu HIER, inklusive weiterer Infos und einem Leitfaden der beiden Köpfe hinter den Yes Men, was man alles unternehmen kann, um Konzerne und die Mächtigen zu stören – Neoaktivistenmethoden. Pflichtprogramm für alle Aktivisten und Widerständler!

Heute wollen die Yes Men die „Welt reparieren“, indem sie amerikanischen Managern und Versicherern ihre Survivaballs anbieten. Dabei handelt es sich um Einmann-Kugelhüllen, die Reichen (denn der Survivaball ist teuer!) bei Terroranschlägen, Angriffen mit chemischen Waffen oder Naturkatastrophen Schutz bieten soll. Ein absurdes Projekt, aber trotz des karikaturesken Begleitvideos gab es Bestellungen für den Survivaball!

Mockumentary oder bitterer Ernst? DIE YES MEN REGELN DIE WELT stellt sich als burlesker, satirischer Dokumentarfilm dar, in dem Filmemacher Andy Bichlbaum, Mike Bonnano und ihr Team mit absurden Mitteln einige erschreckende Wahrheiten aufdecken. Ihr Dokumentarfilm gehörte zur offiziellen Auswahl beim Sundance Film Festival 2009 und erhielt den Publikumspreis der Sektion «Panorama» auf der Berlinale 2009 und den Publikumspreis beim Warschauer Festival Planet Doc Review 2009.

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Kolonialismus im Irak

Eine schöne, symbolträchtiges Bildmontage in Anlehnung an das weltbekannte Foto, wo amerikanische Soldaten im 2. Weltkrieg die US-Flagge auf einer eroberten japanischen Insel hissen – fast schon eine Art Adbusting. [Quelle: „Colonizing Culture in Iraq“; danke an Roman von Bleib passiv! für den Hinweis.]

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Buchbesprechung: „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“

attac-nestlaÜber die Firma Nestlé gibt es viel Kritisches zu sagen – manches habe ich ja auch hier in meinem Blog schon unters Volk gebracht. Wer jedoch gerne eine kompakte Fassung der Sünden des Schweizer Großkonzerns zwischen zwei Buchdeckeln sein eigen nennen möchte, dem kann ich das Buch „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“, herausgegeben von Attac Schweiz, erschienen 2005 im Rotpunktverlag, empfehlen. Dieses kleine und mit 128 Seiten nicht unmäßig dicke Büchlein sorgte bereits in seiner Entstehungsphase für Wirbel, denn tatsächlich hatte Nestlé offenbar so große Angst vor dem, was die Attac-Autoren (u.a. Sandra Bott und Stephan Suhner) bei ihren Recherchen herausfinden würden, dass sie eine „V-Frau“ in die Aktivistengruppe einschleusten, um über den Fortgang des Buches auf dem Laufenden zu sein – hier sieht man wieder einmal, mit welchen Bandagen in der „freien Wirtschaft“ gekämpft wird. Als dies nach Erscheinen des Werkes publik wurde, sorgte es für einigen Wirbel („Nestlé ließ bespitzeln“, Frankfurter Rundschau vom 16.6.2008), verschaffte dem Buch aber nachträglich noch etwas wohlverdiente Aufmerksamkeit.

Denn was die Schweizer Attac-Gruppe hier zusammengetragen hat, ist ein erschreckendes Psychogramm eines Konzerns, der bei seinem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg zu einem der größten Unternehmen der Welt keine Rücksicht nimmt und primär auf den eigenen Vorteil aus ist, allen buntschillernden verlogenen Reklame- und Imagekampagnen zum Trotz. In acht Hauptkapitel ist das Buch gegliedert, wobei das erste einer kurzen Einleitung und einer Historie dieser Firma gewidmet ist. In den nächsten sechs Abschnitten geht es um einige der wichtigsten Kritikpunkte an Nestlé. Da wäre das oft angespannte Verhältnis zum Arbeitsrecht und zu Gewerkschaften weltweit, vor allem in Südamerika und Asien, aber auch in Frankreich und Deutschland versucht man hier gerne, das Maximum fürs Unternehmen aus den Arbeitern herauszuholen. Um den Konflikt in Kolumbien dreht sich ein eigenes Kapitel, das deutlich macht, wie hart Nestlé zum Teil vorgeht. Auch wenn seit dem Erscheinen des Buches an die 4 Jahre vergangen sind, dürfte sich hier, wie auch an den anderen Kritikpunkten, nicht viel geändert haben.

Besonders unerfreulich ist der Abschnitt über Nestlés proaktive Einstellung zur Gentechnik. Während in Europa der Widerstand in den meisten Ländern so groß ist, dass der Konzern hier davon abgesehen hat, genveränderte Produkte direkt/offensiv anzubieten (über Futtermittel etc. kommen wir hierzulande aber auch in den „Genuss“ dieser Sachen) sieht das in den ärmeren Regionen anders aus, in denen die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert und aufgeklärt wird, so dass Nestlé hier im großen Stile abkassiert. Wie auch im Bereich Kaffee, wo der Konzern mit Sitz im Schweizerischen Vevey zu den größten Anbietern  bzw. Kaffee-Einkäufern weltweit gehört. Von fairem Handel hat man hier noch nichts gehört, statt dessen wird die Differenz aus dem sinkenden Weltmarktpreis des Kaffees nicht an den Endverbraucher weitergegeben, sondern flott in die eigene Tasche gesteckt – während die Bauern in den Anbauländern darben.

Ebenso bedrohlich wie Nestlés Engagement im Genbereich ist auch der offen deklarierte Plan, so viele Wasserquellen wie nur irgend möglich unter seine Kontrolle zu bekommen, weil dies ein Zukunftsmarkt ist und der Firma auch eine unangreifbare Position im Wettbewerb bietet. Allerdings zeigen die Autoren, dass es in verschiedenen Ländern erfolgreichen Widerstand gegen den Aufkauf lokaler Quellen gegeben hat, so in Südamerika und auch den USA sowie sogar einmal in der Schweiz, also vor der eigenen Haustür. Wer immer hierzulande Flaschenwasser von Vittel, Perrier, San Pellegrino oder Pure Life und Aquarel kauft und trinkt, unterstützt diesen Konzern in seinem Bestreben, ein öffentliches Gut zu privatisieren und zu monopolisieren – denkt beim nächsten Einkauf mal darüber nach… (Gleiches gilt natürlich auch für den Erwerb von Coca-Cola-Produkten etc., denn Nestlé ist selbstverständlich nicht der einzige Multi, der seine Krakenarme nach diesem lebenswichtigen Gut ausstreckt.)

Den Schlusspunkt bildet der nichtendenwollende und bereits seit den 70er Jahren schwelende Skandal um Milchpulver, mit dem Nestlé gerade in ärmeren Ländern Mütter das Stillen abgewöhnen will, damit sie fortan das teure industrielle Produkt für ihre Babys verwenden. Hier zeigt sich die besondere Skrupellosigkeit dieses Unternehmens. Abgerundet werden all diese Infos, die vermutlich auch nur die Spitze des Eisbergs darstellen, mit Surftipps und einer (nicht vollständigen) Liste der Marken, die weltweit zu Nestlé gehören. Wer sich also einen geeigneten Überblick über das Gebaren dieses Unternehmens verschaffen will und eine gelungene Argumentationshilfe benötigt, wenn er mal wieder jemanden im Bekanntenkreis davon überzeugen will, Nestlé-Produkte lieber im Regal liegen zu lassen, der sollte sich dieses Buch ruhig zulegen. (Oder in der Bibliothek ausleihen. :-)

Attac-Texte – „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“. Rotpunktverlag 2005, 128 S., 9,50 €

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Brennpunkt billig – Ausbeutung zum Schnäppchenpreis

cir-adbust-flyer-06-11Es ist ja schon eine Weile her, dass ich etwas zu dem schä(n)dlichen Treiben der Discounter geschrieben habe – heute erscheint es mir angebracht, dieses Thema mal wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Denn die Christliche Initiativ Romero e.V., die „Partei ergreift für die Menschen und Organisationen, die (z.B.) in Mittelamerika ihre Gesellschaft gerechter und zukunftsfähiger gestalten wollen“, hat ein neues Faltblatt namens „Brennpunkt billig – Ausbeutung zum Schnäppchepreis“ herausgebracht, in dem es um die schlimmen Arbeitsbedingungen in den Fabriken geht, die für Aldi, Lidl und Deichmann deren Billigbilligbillig-Waren herstellen. Jeder, der tatsächlich immer noch in diesen Läden einkauft, sollte sich den Flyer einmal herunterladen (hier als pdf), durchlesen und anschließend noch mal in sich gehen und darüber nachdenken, wen und welche Geschäftspraktiken er oder sie mit seinem/ihren Geld da unterstützt… (dazu empfehle ich wie üblich auch meine beide Discount-Grundsatzartikel „Profite auf Kosten der Allgemeinheit Teil 1“ und Teil 2)

Schnell noch bei Aldi oder Lidl einen Pullover und einen Schlafanzug in den Einkaufskorb? Keine Frage: Die Angebote sind meist verlockend, und jedE zweitE deutschE KonsumentIn greift deshalb auch beherzt zu. Die Billigtempel in Deutschland boomen: Angeheizt durch die Verarmungsprozesse im Zuge der weltweiten Finanzkrise und der Wirtschaftrezession seit 2008.
Allerdings geht die Billigproduktion zu einem großen Teil auf Kosten der ArbeiterInnen in den asiatischen, osteuropäischen und mittelamerikanischen Zulieferbetrieben, die unter miserablen Bedingungen arbeiten müssen.
Eine Näherin in Bangladesch beschreibt diese menschenunwürdigen Zustände, die in ihrer Fabrik an der Tagesordnung sind, denn auch mit den Worten: „Sie sagen Dinge, die ich nicht vor Ihnen wiederholen will. Du fühlst dich so schmutzig, dass du die Arbeit aufgeben möchtest.“

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Dazu passt dann auch noch diese erschreckende Meldung, die ich vor einiger Zeit im sum1-Blog gefunden habe – „H&M-Fabriken brennen in Bangladesh“:

(…) Ja da werden Textilarbeiter/innen erschossen die etwa unsere Klamotten für H&M schneidern. Echt? Wo denn? Na da wo die meisten hergestellt werden, in Bangladesh (neben China, Indien etc.). Einfach mal aufs Etikett schauen bei H&M-Klamotten, das steht oft “Made in Bangladesh”.

Nachdem nun also “wegen der Finanzkrise” Menschen entlassen, Löhne gekürzt oder gar nicht erst bezahlt wurden ist die Situation in Bangladesh erneut eskaliert, da gibt es nämlich permanent Hungerrevolten und Ausschreitungen, einfach mal nach Bangladesh riots in Google.com suchen. (…)

(…) Wenn Du also einen H&M Pulli trägst denk dran, dafür hungern und sterben Leute.

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Radiotipps für den August

radio_isolated_on_white_with_clipping_pathJa, doch, es gibt im Radio auch noch was anderes zu hören als nur den kommerziellen Düdelfunk und „die größten Hits aus den 80ern, 90ern und von heute“, sprich: genormte Musiktapete. Sender wie Deutschlandradio-Kultur und der Deutschlandfunk werden dem Bildungs- und Informationsauftrag, den das Fernsehen irgendwann auch mal hatte, wenigstens streckenweise noch gerecht, und so gibt es dort immer wieder spannende Sendungen zu Themen wie Globalisierung, Konsumkritik, Politik etc. zu hören.

Vor einigen Tagen kam in der Zündfunk Generator-Reihe im Bayerischen Rundfunk der Beitrag „10 Jahre Gipfelsturm: Und jetzt?“, den man sich HIER als mp3 runterladen kann.

Zehntausende demonstrieren im November 1999 gegen den Millenniumsgipfels der Welthandelsorganisation WTO. Heftige Straßenschlachten rufen zum ersten Mal eine neue Protestbewegung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: die Globalisierungskritik ist geboren. Schon ein Jahr zuvor hat sich in Frankreich der Verein Attac gegründet. Sein Motto: “Eine andere Welt ist möglich!” Was ist aus der globalisierungskritischen Bewegung geworden? Hat das Ringen um eine „andere Welt“ Erfolge gezeigt? Darüber hat der Zündfunk am 14. Juli in München im Café Muffathalle diskutiert.

TeilnehmerInnen:
KLAUS WERNER-LOBO
NICOLE GOHLKE,  Die Linke
ULRICH BRAND, Bundeskongress Internationalismus
HAGEN PFAFF, Attac München

Im August kommen dann z.B. die folgenden interessanten Sendungen (DLR-K ist Deutschlandradio-Kultur), wobei ich insbesondere auf die Sendung am 16.8. – „Shop till you drop“ hinweisen möchte:

DLF
So. 02.08.2009 · 17:05 Uhr
Die einstige Hegemonie Europas und der USA ist ins Wanken geraten.
Was aus Deutschland werden soll – Kulturelle Perspektiven für das 21. Jahrhundert
Mit dem Auftritt Chinas, Indiens, Brasiliens und der Arabischen Emirate auf dem globalen Markt haben sich die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Kräfteverhältnisse weltweit verändert. Die einstige Hegemonie Europas und der USA ist ins Wanken geraten und damit deren Selbstverständnis.
Mit der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise werden die tektonischen Verschiebungen wie selten zuvor spürbar. Die Eruption produktiver und kreativer Kräfte in zahlreichen Weltregionen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs fordern die Industrienationen, ihre Gesellschaften und politischen Systeme in ungeahnter Weise heraus. Auch Deutschland befindet sich inmitten eines Anpassungs- und Gestaltungsprozesses. Hinzu kommen hier die spezifischen Herausforderungen der europäischen Integration und der deutsch-deutschen Vereinigungsgeschichte. Insgesamt acht “Kulturfragen”, vom 26. Juli bis zum 27. September, widmen sich den zentralen Fragen zu Perspektiven unseres Gemeinwesens. Dabei soll es weniger um utopische Visionen als eher um pragmatische Gestaltungsmöglichkeiten gehen. Zur Frage der “Kultur der Demokratie” wird sich der Verfassungsrechtler und Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio äußern. Der einstige Industriemanager und Buchautor Daniel Goeudevert befasst sich mit der “Kultur der Ökonomie”. Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wird die “Kultur der Medien” untersuchen. Weitere Themen sind Soziales, Bildung, Integration und Religion.

Christoph Schmitz
Sonntags 17:05
Kulturfragen
Ausgewählte Termine:
2. August: Der Industriemanager Daniel Goeudevert über “Kultur der Ökonomie”
9. August: Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio über “Kultur der Demokratie”
23. August: Der FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher über “Kultur der Medien

DLR-K
Do. 06.08.09 – 19:30 Uhr
Forschung und Gesellschaft
“Kommunikative Stadtplanung”

Neue Impulse für die Demokratie
Von Ralf Bei der Kellen und Kai Steffen

DLF
Di. 11.08.2009 · 19:15 Uhr
Goldrausch
Oder: Vom Verschwinden eines Karpatendorfs (Ortserkundungen)

Von Lavinia Lazar und Carsten Dippel
In den rumänischen Karpaten, eingebettet in eine stolze Gebirgslandschaft, liegt das Goldgräberdorf Roşia Montană. Eine Vielzahl denkmalgeschützter Häuser, die vom einstigen Reichtum der Bewohner zeugen. Schon die Römer haben hier Edelmetalle gewonnen. Nun will eine kanadische Firma an dieser Stelle das größte Goldbergwerk Europas errichten.
300 Tonnen Gold und 2100 Tonnen Silber sollen innerhalb von 17 Jahren abgebaut werden. Um das zu leisten, muss die gesamte Region in eine Kraterlandschaft verwandelt werden. Es droht ein ökologisches Desaster. Zwist und Verfall hat die Firma in den Ort gebracht. Hunderte Familien wurden bereits umgesiedelt. Im jahrelangen Kampf um Roşia Montană sind Familien und Freundschaften zerbrochen. Eine vergiftete Atmosphäre schon heute, obwohl noch nicht einmal entschieden ist, ob das Projekt realisiert wird.

DLF
So. 16.08.2009 · 20:05 Uhr
Shop till you drop
Von Lust und Frust des Kaufens

Von Ingeborg Breuer und Peter Leusch
Die Zeiten, in denen Kaufen als Konsumterror verschrien und verpönt war, sind lange vorbei. Gerade jetzt während der globalen Wirtschaftskrise wird Konsumieren erste Bürgerpflicht, denn sonst brechen Wirtschaft und Gesellschaft zusammen – so zumindest argumentieren Ökonomen. Der Philosoph Norbert Bolz behauptet sogar, dass uns das Konsumieren immun mache gegen fanatische Religionen. Dagegen spricht der amerikanische Politikwissenschaftler Benjamin Barber kritisch von einem “Hyperkonsumismus”, der erwachsene Menschen infantilisiere und schlecht sei für die Demokratie.
Zwischen diesen ideologischen Extremen ist eine Menge Platz. Und so begegnet man in der Welt des Konsums ganz unterschiedlichen Typen. Die Skala reicht von den Konsum-begeisterten, für die es nichts schöneres gibt als einen Shopping-Tag, über Gelegenheitskäufer bis hin zu Konsummuffeln. Mancher Rentner, der noch von den Entbehrungen der Kriegszeit geprägt ist, hat sich zum Schnäppchenjäger entwickelt. Aber es gibt auch den erzwungenen Konsumverzicht für die steigende Zahl der sozial Schwachen, denen das Geld zum Shoppen fehlt. Und dann ist da noch der Konsumverweigerer, der auch die notwendigsten Anschaffungen hinauszuzögern versucht. Er lebt eher asketisch und will sich den inneren Werten zuwenden, sucht Kultur statt Konsum.
Der Ökonomie sind die unterschiedlichen Facetten des Konsums egal: Hauptsache, die Wirtschaft brummt.

DLR-K
Mo. 17.08.09 – 19:30 Uhr
Zeitfragen
Das politische Feature
“Achtung, Sie verlassen den demokratischen Sektor!”
Erkundungen im konservativen Grenzland. Wo endet konservative, auch rechte politische Einstellung und wo beginnt demokratiefeindliches Gedankengut?
Von Hannelore Daue

DLF
Do. 20.08.09 – 10:10 Uhr
Journal am Vormittag
Geschmack, Chemie und Gesundheit – Lebensmittelzusätze und Aromen
Am Mikrofon: Georg Ehring
So viele Erdbeeren kann man gar nicht anbauen, wie für sämtliche Erdbeerjoghurts der Welt erforderlich wären. Für den Geschmack sorgen nicht nur beim Joghurt Aromastoffe aus dem Labor: hergestellt mit Hilfe von Schimmelpilzen, Holzfasern oder Ausgangsstoffen aus dem Chemielabor – häufig unter Einsatz der Gentechnik. Vor allem in Fertigprodukten sorgen Zusatzstoffe und Aromen für Geschmack, Haltbarkeit und gleichbleibende Qualität. Viele Kunden fühlen sich allerdings getäuscht, und Ernährungswissenschaftler warnen: Risiken und Nebenwirkungen sind noch längst nicht umfassend erforscht. Welchen Sinn hat der Einsatz von Zusatzstoffen und Aromen? Was wird unseren Lebensmitteln wirklich zugesetzt, und wie wird es zugelassen? Wie kann ich mich darüber informieren, was ich esse? Und was macht der Ersatz von Natur durch Technik mit unserer Esskultur? Über diese und andere Fragen rund um Lebensmittel und ihre Zusätze diskutiert Georg Ehring mit Hörern und Experten.

DLR-K
Mo. 24.08.09 – 19:30 Uhr
Zeitfragen
Das politische Feature
“Es gibt keine christliche Straßenbeleuchtung oder Können die Freien Wähler mehr als Kommunalpolitik?”
Von Anja Schrum und Ernst Ludwig von Aster

DLR-K
Do. 27.08.09 – 13:07 Uhr
Länderreport
“Auf engstem Raum” Massentierhaltung in Niedersachsen
Von Christina Selzer

DLF
Fr. 28.08.09 – 19:15 Uhr
Dossier
Das Medienquartett:
Medien und Medienpolitik

zur Diskussion

DLR-K
Mo. 31.08.09 – 19:30 Uhr
Zeitfragen
Das politische Feature
“Parolen, Phrasen, Plattitüden”
Wie mit Sprache Politik gemacht wird
Von Thomas Klug

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Die Yes Men planen den nächsten Coup

the-yes-man-150x150Die wohl bekanntesten Culture Jammer, die amerikanischen Yes Men, die in den letzten Jahren schon für so manchen Coup verantwortlich zeichneten (u.a. ihr Fake der NY Times), planen nun den nächsten Schlag gegen die großen Konzerne und ihre Handlanger in den Regierungen. Anlässlich des Weltklimagipfels in Kopenhagen im September soll es wieder eine spektakuläre Aktion geben, die hoffentlich auch für ein gewisses mediales Aufsehen sorgt. Ich leite Euch hier mal den offenen Brief der Yes Men weiter, inkl. Unterstützungsaufruf:

———————

Dear Friend,

We have some really stupid, really big plans for September, and we need
your help to make them come true.

Last summer, we asked you to help us print 100,000 copies of a “special
edition” New York Times, to be published just after Obama’s election and
set eight months in the future (July 4, 2009). You responded with
$15,000, and the paper made worldwide headlines – real ones:
http://www.ng.ru/world/2008-11-13/100_nyt.html?mthree=1
http://deser.pl/deser/1,83453,5917595,Dowcip___Falszywy___New_York_Times__oglasza_koniec.html
http://www.pcmag.com/article2/0,2817,2335607,00.asp

July 4, 2009 has now come and gone (http://www.nytimes-se.com/). A few
CEOs have had their salaries capped, Guantanamo is being closed, and
there’s a movement to prosecute the Bush regime for their war crimes.
But sadly, the paper’s most important predictions haven’t come true.
Worst of all, climate change isn’t being addressed in any serious way,
which is getting a lot of people really alarmed.

Five months from now, in Copenhagen, the world’s leaders will have the
chance to stop this mother of all runaway trains from taking us all off
the mother of all really big cliffs (http://www.sealthedeal2009.org/).
For a whole lot of reasons, it’s up to the U.S. to show how it’s done.
If we can do that, a lot of the other predictions in our “special
edition” will also come true.

Unfortunately, we’re showing no signs of doing that:
http://www.foe.org/global-warming,
http://www.greenpeace.org/usa/press-center/releases2/greenpeace-opposes-waxman-mark

So a lot of groups are planning actions this fall to show government
what we need it to do:
http://www.BeyondTalk.net/, http://www.350.org/, http://tcktcktck.org/,
etc.

As for us Yes Men, we have a very stupid three-part plan to publicly
ridicule our stupidest leaders. It’ll involve lots of stitching,
hammering, and risking arrest – which is fine, as we’ve assembled a
crack team of daredevil seamstresses. But unfortunately, it’s also going
to cost money.

If you can help with this side of things, please click here:
http://theyesmen.org/donate/now. For a donation of $50 or more we’ll
send you some copies of the “special edition” New York Times, along with
(while supplies last) the fake International Herald Tribune from last
month (http://www.iht-se.com/), the one that launched
http://BeyondTalk.net/.

Or, if you’d like to chip in over $500, we can consider it a loan, and
we’ll pay you back in the spring from revenues we hope come in from our
movie, hitting theaters in October: http://theyesmenfixtheworld.com.
For that, please write to us:
mailto:people@theyesmen.org?subject=Investment%20in%20action

Also, if you live in New York and know how to sew, please let us know by
clicking “costume design” on your profile and typing “sewing.” And if
you don’t mind getting arrested for a good cause, please sign up here:
http://BeyondTalk.net.

Please help as you can! If nothing else, it’ll be really funny. But it
could be a whole lot more too.

As worried as you are,
The Yes Men

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Europäischer Elektroschrott vergiftet afrikanische Böden und Gewässer

In unserer Ex-und-Hopp-Gesellschaft, in der es immens wichtig ist, immer up to date und auf der Höhe der Trend-Zeit zu sein, sind Elektrogeräte, Hifi-Zeugs, Computer etc. längst keine langlebigen Güter mehr, sondern werden auch gerne nach Moden ausgetauscht bzw. bereits wegen kleiner Schäden weggeschmissen, weil Reparaturen sich nicht mehr lohnen. Eigentlich sind die Hersteller verpflichtet, die ganzen High-Tech-Sachen ordnungsgemäß zu recyclen, aber da dies natürlich Geld kostet, sind die Unternehmen (der globalisierten „Logik“ folgend) auf die Idee verfallen, den Schrott einfach nach Afrika zu verschiffen und dort dann von den Menschen ausschlachten zu lassen. Was vielleicht noch sinnvoll erscheint, wenn es sich um gebrauchsfähige Geräte handelt, wird zu einer die dortigen Menschen und Lebensgrundlagen bedrohenden giftigen Gefahr, wenn der hochkontaminierte Kram dort einfach in die Gegend gekippt wird, wo Leute leben und Kinder spielen. Das österreichische Fernsehen brachte vor einer Weile einen bedrückenden Bericht über den Export von Elektroschrott aus der EU nach Ghana – über die verseuchten Fische gelangt das Gift übrigens am Ende auch wieder zurück zu uns. Ein perverses System. [via fair-suchen]

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Nur ein T-Shirt?

Kurze, knackige Filmchen, die eine an sich komplexe, oft gesellschaftskritische Materie in wenigen Minuten klar und einleuchtend erklären und dazu schön gestaltet sind, erfreuen sich im Internet nach wie vor wachsender Beliebtheit – sei es The Story of Stuff, Meine kleine Welt, Du bist Terrorist oder The Good Consumer. Nachwuchsfilmer Kristian Labusga aus Stuttgart reiht sich nun mit seinem Kurzfilm „Rebel with a cause“ in diese Reihe ein – er behandelt darin das brisante und von vielen ignorierte Thema der Umweltbelastung durch die Produktion und das Tragen unserer Kleidung, hier eines „schnöden“ T-Shirts. [via] Die WWF-Jugend schreibt dazu:

Unsere Klamotten sind echte Globetrotter. Das ist kein Geheimnis. Bis sie bei uns auf dem Ladentisch liegen, durchwandern sie einen komplexen Herstellungsprozess, der über jede Menge Landesgrenzen, von Kontinent zu Kontinent und tausende Kilometer weit um den Globus führt. Dabei verschlingen sie eine Menge Ressourcen und machen den Einsatz von Pestiziden, Dünge- und Färbemitteln nötig – von der Ausbeutung der Arbeiterschaft ganz zu schweigen. Und selbst wenn sie schon längst bei uns im Schrank liegen, geht der Rohstoffverbrauch weiter. Waschen, Trocknen und Bügeln, ergänzen den “ökologischen Rucksack”.

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Buchbesprechung: Kalle Lasn „Culture Jamming. Das Manifest der Anti-Werbung“

„Werbung ist das am weitesten verbreitete und stärkste aller mentalen Umweltgifte.“
– Kalle Lasn, „Culture Jamming“

cover_culturejamming_groEine Rezension für dieses Buch zu schreiben fällt mir nicht ganz leicht. Normalerweise regen einen gute Bücher ja zum Nachdenken an, vielleicht sogar mal zum UMdenken in dem einen oder anderen Detail. Dass ein Buch jedoch einen so großen „Impact“ hat, dass ich mit Fug und Recht behaupten kann, es hätte mein Leben verändert, ist extrem selten. Kalle Lasns „Culture Jamming. Das Manifest der Anti-Werbung“ ist solch ein Buch. Schon seit Jahren trieb mich ein wachsendes Unbehagen über die Entwicklung um mich herum um, was die zunehmende Ausbreitung von Reklame und Kommerz angeht, ohne dass ich genau den Finger auf diese schwelende Wunde legen konnte. Aber nach nur wenigen Seiten Lektüre von „Culture Jamming“ wurde mir bewusst, dass hier jemand genau die Gedanken zu Ende gedacht hatte, die mich so lange bedrängten und (oft unbewusst) beschäftigten – meine Abscheu gegenüber der immer aufdringlicheren Dummbräsigkeit von Werbung übler Firmen, mein wachsender Unmut gegenüber den nur noch auf kommerziell verwertbare „Events“ ausgelegten Medien – der „Welt des Spektakels“ –, mein Unwohlsein angesichts der voranschreitenden Uniformität der (Waren-)Welt, all dies thematisiert Lasn in seinem bahnbrechenden Buch scharfsinnig und pointiert, fundiert und unterhaltsam.

„Culture Jamming“ ist in vier Bereiche aufgeteilt, die nach den Jahreszeiten Herbst Winter, Frühling und Sommer benannt sind und in der entsprechenden Logik auch den Zustand unserer Gesellschaft und unseres Wirtschaftssystems beschreiben. Zu Beginn umreißt Lasn den Ist-Zustand („eine Bilanz des Schadens“, wie er schreibt), der in einer alle Lebensbereiche durchziehenden Kommerzialisierung besteht, in einer wachsenden Macht von immer größer werdenden Unternehmen und einer siechenden Natur. „Winter“ ist eine noch zugespitztere Darstellung – „Amerika in einer Konsumtrance“. Lasn verwendet America™ nur noch mit dem Trademarksymbol, um zu zeigen, dass die Konzerne es sind, die das Geschick des Landes leiten und dass der amerikanische „way of life“ wie ein (sehr erfolgreiches) Produkt den Globus überzieht und überall den gleichen Schaden beim Menschen wie der Umwelt anrichtet.

Ist also alles schon zu spät? Nein, in „Frühling“ erwachen die Menschen allmählich wieder zum Leben – es regt sich Widerstand. Ausgehend von den Situationisten in den 60er Jahren in Frankreich, die eine der geistigen Grundlagen für Culture Jamming und Adbusting gelegt haben (kleine Erklärung dieser Begriffe hier), zeigt Lasn, dass es schon immer Widerstand gegen die Vereinnahmung des Lebens durch die Wirtschaft gegeben hat, vor allem in der Kunst- und Musikszene. In den letzten Jahren und Jahrzehnten entsteht aber auch Widerstand konkret gegen Kampagnen und Reklame, Menschen fangen an, die „bequemen und abstumpfenden Muster zu durchbrechen, denen wir verfallen sind“. Im Culture Jamming geht es laut Lasn darum, „den Strom des Spektakels so lange anzuhalten, bis man sein System neu eingestellt hat. Debord nannte das ‚die alte Syntax durchbrechen‘ und durch eine neue ersetzen.“ Tatsächlich hörte ich in diesem Buch zum ersten mal von solch konkretem und teils „organisiertem“ Widerstand gegen die Ansinnen der Konzerne und der Reklame und war selbst von dieser Vorstellung sofort elektrisiert. Im weiteren Verlauf des Buches stellt Lasn dann das Adbusting, also das Karikieren, Ins-Gegenteil-Verkehren von Anzeigen und Werbespots vor und zeigt, dass sich hier eine vitale „Szene“ entwickelt hat.

„Sommer“ ist schließlich der Aufruf, selbst aktiv zu werden, etwas zu unternehmen und mit Änderungen auch im eigenen kleinen Bereich zu beginnen – und zu versuchen, auch andere Menschen „zu wecken“. Kalle Lasn spricht sich dafür aus, die Wut, die viele Menschen angesichts der momentanen Situation befällt, zu nutzen, um sich zu wehren und die Macht der Konzerne anzugreifen. Er regt zu Akten des zivilen Ungehorsams an und dazu, sich von Firmen nicht alles bieten zu lassen (bei ungebetenen Werbeanrufen soll man beispielsweise das Gegenüber um seine private Telefonnummer bitten, man werde dann später zurückrufen). Es geht ihm auch darum, vieles von dem, was uns die Reklameindustrie als „cool“ einzureden versucht, nicht mehr als „cool“ dastehen zu lassen – Dinge wie Fastfood oder überteuerte, unter üblen Bedingungen hergestellte Sportschuhe von Nike sind nicht „cool“, sondern schädlich und peinlich. Von daher verfolgt der Autor durchaus auch ein idealistisches Ziel, nämlich, das Bewusstsein der Leute für diese Missstände zu wecken und sie so zu einer Verhaltensänderungen anzuregen.

kalle-lasn-adbusters_rsDas größte Plus von Lasns Buch ist für mein Empfinden der latent anarchische und vor allem proaktive Ansatz – hier wird also nicht nur abgehoben in theoretischen Sphären über Phänomene diskutiert, sondern es findet eine unmittelbare Aktivierung des Lesers statt – zumindest war dies bei mir der Fall. Sofort hat man Lust, mal sein Einkaufsverhalten zu überdenken und den ganzen überflüssigen und meist auch noch ungesunden Quatsch der großen Konzerne von seinem Einkaufszettel zu streichen. Oder Reklame so weit wie möglich aus dem eigenen Leben zu verbannen. Den Fernsehkonsum zu reduzieren, insbesondere den privater Sendeanstalten (deren Programm eh nur eine Dauerwerbesendung mit kurzen Anmoderationen darstellt). Rauszugehen und die Kommerzbotschaften der Firmen lächerlich zu machen. Widerstand zu leisten gegen die scheinbar unaufhaltsame Kommerzialisierung des gesamten Lebens. Oder auch einen Blog wie diesen hier ins Leben zu rufen. :-) Es gäbe noch viel mehr zu diesem Werk zu sagen, aber ich empfehle einfach, es mal selbst zu lesen, um den Kopf ein wenig frei zu bekommen, und sich auch mal die Website des kanadischen, von Lasn herausgegebenen Adbusters Magazine anzuschauen.

Fazit: „Culture Jamming“ ist ein wichtiges Buch, das jeder, der am aktuellen (Konsum-)Leben teilnimmt, gelesen haben sollte. Es schärft den Blick und motiviert zum selbstständigen, kritischen Denken, hilft bei der Befreiung von Konzernverkleisterung via Werbung und Imagekampagnen – und es animiert zum Aktivwerden und Widerstand leisten und macht Mut. Was will man mehr?

Kalle Lasn: „Culture Jamming. Das Manifest der Anti-Werbung“, orange press, 3. Aufl. 2008, 224 S. + 16 Farbseiten, 20,– €

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