Der Kattendorfer Hof

katthof_logo_klNormalerweise gebe ich in meinem Blog ja nun keine Konsumtipps ab oder rühre die Werbetrommel für Firmen und Betriebe. Heute will ich aber mal eine Ausnahme machen. Denn da ich oft vor den Folgen des Einkaufs bei Discountern warne und mich generell gegen die großen Supermarktketten ausspreche, möchte ich diesmal zeigen, dass es auch alternative Möglichkeiten zur industriellen Massenabfertigung mit genormten Massengütern in 08/15-Megamalls gibt. Wie z.B. den Kattendorfer Hof nördlich von Hamburg. Aufmerksam wurde ich durch ein Kapitel in Tanja Busses Buch „Die Einkaufs-Revolution“, wo sie schildert, wie dieser relativ große Bauernhof, der nach den Demeter-Richtlinien arbeitet (also nicht bloß EU-Bio („Bio light“), sondern richtiges liefert), arbeitet und seine selbstproduzierten Waren, sprich Obst, Gemüse, Milch, Brot, Fleisch etc. vertreibt.

Zum einen werden ganz klassisch Wochenmärkte in Hamburg und Umgebung damit beliefert. Aber dann haben sich die Betreiber noch etwas Besonderes ausgedacht, um auch eine gewisse Planungssicherheit zu haben. Und zwar kann jeder, der möchte, Mitglied in der Wirtschaftsgemeinschaft werden; er zahlt dann einen monatlichen Beitrag (der sich nach den individuellen Bedürfnissen des Interessenten richtet) und kann fortan KOSTENLOS alle Waren aus den zwei Hofläden, die es in und um Hamburg inzwischen gibt, mitnehmen! Zu jeder Tages- und Nachtzeit, da er einen eigenen Schlüssel erhält. Wie Tanja Busse schreibt waren viele zuerst ganz zurückhaltend und trauten sich kaum, wirklich etwas mitzunehmen – und gleichzeitig nutzt niemand diesen Vertrauensvorschuss, der ihnen von den Hofbetreibern gegeben wird, aus und nimmt etwa bergeweise Obst & Gemüse noch für alle Verwandten und Bekannten mit, so dass dieses System also tatsächlich funktioniert. Gerade in Hamburg gibt es viele Medienschaffende, die oft erst nach dem regulären Ladenschluss nach Hause kommen und diese Option, quasi kommen und gehen zu können, wann sie wollen, begeistert nutzen. Generell binden der Kattendorfer Hof seine Kunden also durchaus ins Geschehen mit ein, auch über eine sog. „Kuh-Aktie“, mit der man sich an der Kuhherde beteiligt (sofern man die Aufzucht von Nutztieren unterstützen will; dazu ließe sich ja auch einiges Kritisches sagen).

Ich finde diesen Ansatz und diese Idee jedenfalls großartig und eine wirkliche Alternative zu dem auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Vertriebssystem, das uns sonst so umgibt (und erdrückt), mit all seinen mannigfaltigen negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft.

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Hirndoping – Auswirkungen der Umkehrung von moralischen Maßstäben

Das Wochenende naht, und damit die Zeit, sich mal wieder einen interessanten dokumentarischen Beitrag anzuschauen – dieser hier, ursprünglich in der WDR-Sendung „Servicezeit Gesundheit“ gelaufen, befasst sich mit einem Problem unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft: dem künstlichen Aufputschen und Erhalten der eigenen „Arbeitskraft“ und Leistungsfähigkeit, um in diesem System funktionieren zu können. Mit fatalen Folgen für den einzelnen und die gesamte Gesellschaft, wie Mediascanner auf YouTube anmerkt (inzwische heißt der Kanal von ihm Mediafootprint):

Durch die Veränderung der gesellschaftlichen Regeln des Zusammenlebens (Moral) hin zu Maßstäben und Regeln der betriebswirtschaftlichen Philosophie, ist unter anderem eine Haltung der Menschenoptimierung oder Leistungsoptimierung der Gehirne entstanden, die von den Optimierten selbst auszugehen “scheint”.

Durch die Ausrichtung der Bildungspolitik im Wirtschafts-, Bildungs- und Innovationsstandort Deutschland und dem Setzen von Vorbildern in Fernsehserien und Werbewelten, fühlen sich die begriffsgeadelten “Leistungsträger” und die, die es noch werden wollen, dazu genötigt im Wettbewerb der Leistungsfähigsten pharmakologische Mittel einzusetzen. Neuroleptika für wen und für was wird zu spät hinterfragt – letztlich gegen sich selbst.

Nicht zuletzt durch die Überflutung mit Informationen, die in der Masse nicht für Beruf und Leben zu verarbeiten oder gar relevant sind, werden die Menschen überreizt u. verlieren den Blick für das Wesentliche. Das Wesentliche ist leider nicht mehr Gegenstand der Bildung oder ein Thema in der öffentlichen Diskussion.

Vor allem die Äußerungen dieser Ärztin von der Charité im zweiten Teil finde ich unglaublich unverantwortlich und zeugen von einem unreflektierten und kranken Gesellschafts- & Menschenbild.

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Asbest-Prozess in Italien – Über Umweltrecht und Umweltunrecht

Aus akutem Zeitmangel – und vor allem weil ich den Artikel sehr interessant finde – möchte ich Euch heute kurz diese Pressemitteilung des BUND Freiburg ans Herz legen:

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In Italien begann vor wenigen Wochen einer der europaweit größten und wichtigsten Umweltprozesse. Zwei Manager des Asbest-Unternehmens Eternit stehen seit Dezember 2009 in Turin vor Gericht. 2056 asbestbedingte Todesfälle und 833 registrierte Krankheitsfälle allein in Italien sind Hintergrund des Verfahrens gegen den Schweizer Milliardär Stephan Schmidheiny und seinen belgischen Kollegen Jean-Louis de Cartier. Die Turiner Staatsanwaltschaft wirft den beiden Angeklagten vor, zwischen 1966 und 1986 Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit dem krebserregenden Stoff Asbest vernachlässigt zu haben. Sie sind mitverantwortlich für Leid, Tod und Krankheit in den italienischen Eternit-Fabriken und in deren Umgebung.

Ein gerechtes Urteil mit einer abschreckenden Wirkung in diesem Asbest-Prozess wäre wichtig und wünschenswert, aber die europäische Umweltbewegung schaut illusionslos auf dieses wichtige Verfahren.

In der Vergangenheit konnten sich in fast allen großen Umweltprozessen (Bhopal, Seveso, Bayer-Holzschutzgiftprozess, Contergan…) die großen Konzerne und die Verursacher von Leid, Tod und Krankheit mit teuren Anwälten und teilweise lächerlichen Entschädigungszahlungen fast ungestraft aus der Affäre ziehen. Einzelne, gelegentliche Fehlurteile können und müssen in demokratischen Rechtssystemen akzeptiert werden. Doch ein Rückblick auf die wirklich großen Umweltstrafverfahren zeigt eine nicht akzeptable, erschreckende Tendenz zu einseitigen und tendenziösen Urteilen.

BUND-Geschäftsführer Axel Mayer hat einige dieser Urteile zusammengetragen:

  • Der Contergan-Skandal (aufgedeckt 1961–1962) war der bisher größte Arzneimittelskandal in Deutschland. Durch die schädlichen Nebenwirkungen des Beruhigungsmedikaments Contergan war es zu Schädigungen von bis zu 10.000 Ungeborenen gekommen. Obwohl der Stolberger Herstellerfirma schon 1961 1600 Warnungen über beobachtete Fehlbildungen an Neugeborenen vorlagen, wurde Contergan weiterhin vertrieben.
    Am 18. Dezember 1970 wurde das Strafverfahren wegen geringfügiger Schuld der Angeklagten und mangelnden öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung nach § 153 StPO eingestellt. Die Eltern der Geschädigten waren durch eine “geschickte” Prozessführung gezwungen, mit der Firma Grünenthal einen Vergleich abzuschließen und verzichteten auf Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe gegen einen lächerlichen Entschädigungsbetrag von 100 Millionen Deutsche Mark. Quelle: Wikipedia
  • Am 10. Juli 1976 gab es in der Nähe des italienischen Ortes Seveso einen schweren Chemieunfall. Die Firma Icmesa war ein Tochterunternehmen von Givaudan, das wiederum eine Tochter des Schweizer Großkonzerns Roche war. Ein bis drei Kilogramm Dioxin gelangten damals in die Umwelt – ein Gift, das tausendmal giftiger ist als Zyankali. Tausende von Tieren starben sofort. Viele Menschen erkrankten.
    Am 24. September 1983 verurteilte ein Gericht in Monza fünf Mitarbeiter in erster Instanz zu Freiheitsstrafen von zweieinhalb bis zu fünf Jahren. Alle Verurteilten gingen in Berufung. Das Gericht entschied statt auf Vorsatz auf Fahrlässigkeit und setzte die Strafen des Produktionsleiters Jörg Sambeth, der damals für seine Firma schwieg, und der Schweizer und italienischen Angeklagten zur Bewährung aus. Laut Sambeth waren Schmiergelder und verdeckte Beziehungen im Spiel. Quelle: Wikipedia
  • Im indischen Bhopal wurde der schlimmste Chemieunfall der Geschichte mit tausenden von Toten nicht geahndet. Der verantwortliche Vorstandsvorsitzende von Union Carbide (heute Dow Chemical) kam gegen eine Kaution von 2.000 Dollar frei und entzog sich einer möglichen Bestrafung durch Flucht in die USA.
  • Die massive Verunreinigung des Grundwassers am Oberrhein (Teilweise finden sich über 50 Gramm (!) Salz in einem Liter Grundwasser, denn über eine Million Tonnen Salz sind versickert) wurde trotz Anzeigen durch den BUND nie geahndet. Alle teuren und aufwändigen Grundwasseruntersuchungen die heute noch wegen der Umweltvergehen der „Kali und Salz AG“ und der “Mines de Potasse d’Alsace” durchgeführt werden, müssen von den europäischen SteuerzahlerInnen mit INTERREG-Geldern bezahlt werden und nicht etwa von den einflussreichen Verursachern. Quelle: BUND

Weitere, insbesondere auch regionale Beispiele finden Sie hier
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/umwelt-recht-urteile-umweltrecht.html

Ob das aktuelle Asbest-Verfahren in Turin ein gerechtes Urteil bringt, werden wir eventuell Ende 2010 erfahren. Ein gerechtes Urteil mit einer abschreckenden Wirkung in diesem Asbest-Prozess wäre wichtig, wünschenswert und sollte endlich auch in Deutschland zu vergleichbaren Verfahren gegen die Asbestindustrie führen, denn auch in Deutschland sterben jährlich noch tausende von Menschen an Asbestose, weil notwendige Asbestverbote lange behindert und verschleppt wurden. Laurent Vogel von der European Trade Union Confederation, dem Verband der Europäischen Gewerkschaften sagte im Deutschlandfunk: “Asbest ist weltweit der wichtigste Killer in der Arbeitswelt. An den Fasern sterben nach Schätzungen der Internationalen Arbeiterorganisation jährlich 100.000 Menschen”.

Eine Fortsetzung der bisherigen Serie von Skandalurteilen ist nicht akzeptabel, aber leider zu erwarten. Dies würde den Glauben an gerechte, funktionierende und unabhängige Rechtssysteme in unseren Demokratien nicht unbedingt stärken.

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer

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Coca Cola – süß wie Blut

Es soll ja immer noch Menschen geben, die Coca Cola-Produkte kaufen und konsumieren und sich von der massiven Reklamemaschinerie blenden lassen. Dass dieser Konzern jedoch bei weitem keine weiße Weste hat und (wie ich ja neulich auch schon schrieb) als Global Player viel zerstört und deshalb am besten gemieden werden sollte, verdeutlicht der Beitrag von Beate Heinemann – „Coca Cola – süß wie Blut“, der viele der Vorwürfe, die man diesem Unternehmen machen kann, zusammenfasst. (Wer’s lieber in Bildform hat, der sei noch mal auf die Doku „Nichts geht ohne Coca Cola“ hingewiesen.)

Ein Blick hinter die Fassade und das Werbebild wird jäh zerrissen und das am meist getrunkene Getränk der Welt verätzt mir eher die Speiseröhre. Es geht um Verstöße gegen die Menschenrechte wie Verletzung von Gewerkschaftsrechten, Ausbeutung, Repression und die Ermordung von Arbeiterinnen und Arbeiter, Finanzierung von Militär und paramilitärischen Gruppen, Auftragsmorde, rassistische Diskriminierung, Kinderarbeit; Bestechung mächtiger Politikerinnen und Politiker sowie massive Umweltzerstörung wie u. a. auf den Internetseiten der AG Friedensforschung an der Uni in Kassel, indymedia und labournet zu finden ist. (…)

(…) Hier hinterlässt die Coca-Cola-Company weltweit ihre Spuren. Indien: Durch Bestechung von Politikern gelang es der Coca-Cola-Company das Grundwasser massiv anzuzapfen und somit das dortige Wasserreservoir zu zerstören. Das heißt, der Wasserspiegel sank drastisch, was zur Wasserknappheit durch vertrocknete Brunnen, Zisternen und Flüssen führte. Weiterhin war die Coca-Cola-Company für die Verunreinigung des Nutzlandes der Bauern verantwortlich und verkaufte in Indien zudem auch noch Schlacke an Bäuerinnen und Bauern als Düngemittel. Aufgrund “Kommerziellen Vandalismus” wurde die Coca-Cola-Company zu einer Geldstrafe verurteilt. Dabei ging es um das Aufmalen einer gigantischen Werbeanzeige an einem ökologisch wertvollen Felsübergang im Himalaja. Doch der Konzern bezahlte die Geldstrafe nicht und trat somit nicht für eine Wiedergutmachung der irreversiblen Schäden ein. Chiapas (Mexiko): Hier wurden die umliegenden Ansiedlungen der Coca-Cola-Fabrik durch entwichenes Ammoniak in Mitleidenschaft gezogen. Panama: Verunreinigung der Bucht von Bahia. Mexiko: Die Coca-Cola-Company weigerte sich 1998, ihre industriellen Aktivitäten gemäß dem für Mexiko entwickelten Umweltschutzprogramm um mindestens 30% zu reduzieren. (…)

Und, nein, Pepsi ist keine Alternative, selbst wenn man von der Firma nicht so viele Schauergeschichten zu lesen bekommt – aber jeder weltweit agierende Großkonzern trägt zur Zerstörung von Gesellschaft und Umwelt bei, zumal wenn er an der Börse gelistet ist und demnach nur nach der Profitrate gemessen wird.

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Kann nicht sein, was nicht sein darf!? – Nachtrag (Uranmunition)

Zu dem gestern von mir vorgestellten Kann nicht sein, was nicht sein darf!?-Film gibt es noch einen „Outtake“, der es auf Grund der schlechteren Bildqualität nicht in das Hauptwerk geschafft hat, der aber besonders schockierend ist. In diesem Interview mit dem Dokumentarfilmer Frieder Wagner wird ein ganz übles Thema angesprochen, nämlich die Verwendung von Uranmunition durch die Alliierten sowohl in den Irakkriegen wie auch in anderen Regionen der Welt (Kosovo, Somalia). Dass die Mainstreammedien diese Dinge so totschweigen, ist ebenfalls ein Skandal erster Güte!

Nun wird wahrscheinlich der eine oder die andere (der oder die sich auf diesen Seiten noch nicht länger umgesehen hat) sagen “Jaaaa, aber hey,…wenn es sich um ein wirklich brisantes Thema handeln würde, dann würde doch was passieren, oder? Ich meine, da würde man doch etwas drüber hören! Also jetzt mal echt!”.

Zumindest ist es das, was ich sehr oft höre. Ganz zu schweigen von “Kann nicht sein!”.
Aus diesem Grund habe ich auch ein Interview mit Frieder Wagner, dem Macher des preisgekrönten Dokumentarfilms “Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra”, geführt. Der zweifache Grimme-Preisträger hat diesen Film über das unbequeme Thema “Uranmunition” oder auch “Depleted Uranium” gedreht und bekam -wie durch ein Wunder- danach keine Aufträge mehr.

Es gibt mittlerweile sehr viele Interviews mit und Statements von ihm dazu (allerdings nur im Netz…irgendjemand verwundert?). Wer sich zu diesem Thema also tiefgehender schlau machen möchte, dem sei das selbstständige Recherchieren (wie immer) empfohlen…
Ich werde zwar in der nahen Zukunft versuchen einen möglichst vollständigen Artikel zu diesem Thema zu schreiben, aber es gibt glücklicherweise bereits schon einige (auch zu vielen vielen vielen anderen Themen) und wer suchet der findet und wer selbst findet, hat mehr davon…
Wer Frieder Wagner und seine Aufklärungsarbeit unterstützen möchte, dem sei dieser Link (Deadly Dust) auf nuoviso.tv, die sich schon seit längerem mit dieser Thematik beschäftigen, ans Herz gelegt.
Falls jemand den (Fernseh-)Film “Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra” noch nicht gesehen haben sollte, dann kann er das hier nachholen.

Wie gesagt, eigentlich sollte dieses Interview ein fester Bestandteil von KNS werden, aber da die Kamera leider den Dienst verweigert hat und das Ton-Equipment ebenfalls von temporären Ohnmachtsanfällen gepeinigt wurde, muss es eben so gehen…
Und jetzt…Augen auf und durch (ca. 23 Min.):

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Kann nicht sein, was nicht sein darf!? – Der Film

„Kann nicht sein, was nicht sein darf!?“ ist eine Website, die sich kritisch mit den Medien und den durch sie transportierten Inhalten und gemachten Meinungen auseinandersetzt. Nun gibt es einen Film von Stefan (dem Kopf hinter der Site) im Rahmen seiner Diplomarbeit, in dem die Bedeutung der Medien für die Gesellschaft und die Demokratie näher beleuchtet werden – mit Hilfe von Interviews mit Experten aus verschiedenen Wissensgebieten – absolut sehenswert!

Wem sollte man auf der Suche nach politischen und gesellschaftlich wichtigen Informationen vertrauen oder nicht vertrauen und warum?
Warum sollte man sich überhaupt für solche Informationen interessieren?
Schließlich hat in einer Demokratie doch auch jeder das Recht sich überhaupt nicht um die Politik, die weit weg in der Bundeshauptstadt gemacht wird, zu kümmern.

Was droht, wenn zu viele Mitbürger beschließen, „dass sie ja ohnehin nichts ändern können” und das Verfolgen der politischen und demokratischen Prozesse aufgeben?
Welche Rolle spielen dabei die traditionellen Massenmedien? Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Ausgang einer Wahl und der Nachrichtenberichterstattung im Fernsehen?
Was bedeutet „Medienkonzentration”? Wie steht es um die Möglichkeiten der Manipulation der Medien und was könnte es zur Folge haben sollte eine solche stattfinden?
Ist das einzige Mittel um sich einer Manipulation zu entziehen „Medienkompetenz”?
Inwiefern verändert das Internet als „neues” Massenmedium den Zugriff auf Informationen?

Fragen über Fragen, die sich zu stellen Zeit kostet und die Muse erfordert über das Thema überhaupt erst einmal bewusst nachzudenken,
anstatt sich, nach einem anstrengendem Arbeitstag, passiv auf der Couch berieseln zu lassen und die bunte Bilderwelt nur gedankenlos zu konsumieren.

“Kann nicht sein, was nicht sein darf!?” – Der Film

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Politischer Konsum?

aldi_250Die Idee, dass Konsum auch eine politische Komponente hat, ist seit einigen Jahren stark im Kommen – es gib eigene Websites & Blogs, die sich diesem Thema widmen (der meinige tut das in gewisser Weise auch ein wenig), und es gibt auch ein von den Marketingfuzzis dieser Welt bereits gut geortetes und ins Visier genommenes eigenes Marktsegment, die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability). Die Grundidee des naiven politischen Konsums, die die Marktgläubigkeit tief aufgesogen hat, lautet etwa: „Ich gehe wie immer zu meinem Aldi, kaufe dort statt der normalen Industriebilligplörre nun Bio-Plörre und signalisiere damit, dass Interesse an besser hergestellten Produkten besteht, so dass Aldi – durch die unsichtbare Hand des Marktes geleitet – praktisch von ganz alleine irgendwann alles auf naturverträglichere Ware umstellt, schon aus schierem Eigeninteresse (= Profit).“ Dass dies dem Discount-Prinzip komplett widerspricht und man gleichzeitig die Verarmung der Vielfalt unterstützt, wird dabei gerne vergessen.

Die LOHAS gehen noch einen Schritt weiter und machen, wie schon der Name andeutet, einen ganzen Lifestyle aus ihrem Konsum, also zumindest der klischeetypische LOHAS, der mittlerweile oft als hedonistischer und unpolitischer Besserverdiener dargestellt wird (ein Klischee, das sicherlich nur für einige stimmt, für viele andere auch wieder nicht; wie immer, wenn irgendwelche Schubladen aufgemacht und Leute hineingestopft werden), der sich als Ablasshandel für sein Dasein als Konsumbürger der westlichen Welt ein gutes Gewissen via Biowaren erkauft.

Hart ins Gericht mit diesen Ansätzen geht nun die ehemalige Neon-Redakteurin Kathrin Hartmann in ihrem Buch „Ende der Märchenstunde – Wie die Industrie Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt. Im Artikel „Korrekte Konsumenten“ in der jetzt-Beilage der Süddeutschen führt sie ihre Gedanken ein wenig aus:

(…) Das Problem ist nur: Es gibt kein richtiges Einkaufen im falschen Weltwirtschaftssystem. Wer bei Lidl bio und fair kauft, unterstützt die Niedrigpreispolitik des Konzerns und die dortigen Arbeitsbedingungen. Wer sich bei Adidas Recycling-Schuhe kauft, spart Ressourcen, akzeptiert aber die Zustände in den Sweatshops. (…)

(…) Selbst der Bioboom hat negative Folgen – besonders dort, wo er den Massenkonsum trifft: Weil es auch der Bio-Kunde gern billig hat, sind die Gewinner des Booms nicht die Bio-Märkte, sondern die Discounter. Sie verkaufen inzwischen ein Drittel der Bio-Produkte in Deutschland. Sie haben aber nicht die konventionellen Produkte durch Bio-Produkte ersetzt, sondern diese zusätzlich ins Regal gestellt, um am Boom zu verdienen. Das Bio-Gemüse kommt, wie alles im Discounter, daher, wo es billig ist: aus heißen, trockenen Ländern. Dort verbraucht dieses zusätzlich viel Wasser und verursacht Umweltschäden. (…)

(…) Die Konzerne haben großes Interesse, diese Strukturen zu erhalten. Und mächtig sind sie, weil sie für ihre Anliegen Lobbyarbeit in der Politik betreiben. Die Lohas-Anhänger glauben, privater Konsum sei politisch. Doch bleibt alles, wie es ist. Selbst wenn noch so viele Fischstäbchen gekauft werden, mit denen man Meeresschutzprojekten hilft, noch so viel Industriekäse, mit dem man Suppenküchen unterstützt, und noch so viele Autos, für die der Autohändler Bäume pflanzen lässt. Denn all das ist letztlich affirmativ und systemkonform. (…)

Vieles von dem, was die Autorin da schreibt, spricht mir aus der Seele, denn schon immer war ich ein erklärter Gegner, Großkonzernen, die plötzlich auch ein bisschen was „in Bio“ oder „begrünt“ verkaufen, auf den Leim zu gehen und damit ihre sonstigen zerstörerischen Umtriebe (nicht zuletzt den Ausbau der eigenen Marktmacht) mit zu unterstützen. Auch in Das konsumistische Manifest“ von Tobias Becker im Kulturspiegel dreht es sich u.a. um Hartmanns Buch:

(…) Die neue Ökowelle, schreibt sie, sei keine politische Bewegung, sondern “eine Auffrischung des Konsumgedankens”, ein “Befindlichkeitsumweltschutz, der nicht weh tut oder gar einschränkt, der nicht nach allgemeingültigen Lösungen sucht, sondern individuelle Erlösung verspricht”: Ego statt Öko, “Wellness fürs Gewissen” statt gesellschaftlicher Debatten.

Das Lohas-Konzept sei eine “neoliberale Wirtschaftsideologie” mit einfacher Formel: “Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht”. (…)

(…) Und so sind sie Konsumbürger, die ihre Ansichten lieber im Kaufhaus artikulieren als in der Wahlkabine oder gar auf einer Demo – eine Privatisierung der Politik. Das große Ganze ändert sich so nicht. Im Gegenteil: Gerade die Lohas laden den Konsum mit Sinn auf, und Konsum ist per se nicht nachhaltig. Echter Umweltschutz war noch nie sexy. (…)

Auch ich sehe durchaus die Gefahr, dass viele Menschen meinen, mit dem Kauf eines Fairtrade-Kaffees hätten sie dann schon genug getan und könnten ansonsten so weiterleben wie bisher – politisches Einmischen oder soziales Engagement müssen dann nicht mehr sein. Und selbst wenn es kein „richtiges Einkaufen im falschen Wirtschaftssystem“ gibt, wie Hartmann schreibt, so gibt es doch auf jeden Fall ein „falsches Einkaufen“. [Und entgegen Frau Hartmann denke ich sehr wohl, dass man selbst in diesem System „richtig“ kaufen kann – was soll zB so falsch am Kauf von Biowaren bei einem Mitgliederladen sein, der regionale Produkte zum quasi Selbstkostenpreis vertreibt?] Denn jeder Euro, den man den Großkonzernen und ihren Machtstrukturen in den Rachen schmeißt, indem man ihre Produkte kauft, wird ja weiter in die Zerstörung der Umwelt und der Gesellschaft gesteckt und festigt nur die jetzigen Strukturen. Von daher halte ich es deshalb auch nicht für verwerflich, sondern für dringend geboten, wenn man wenigstens schon mal beim Konsum beginnt, umzudenken und sein Geld eben nicht noch zur Finanzierung des eigenen Feindes hergibt.

Ich nenne hier mal einige ganz einfache Faustregeln, die selbst dem Uninformierten helfen können, sich durchs Konsumdickicht zu schlagen und mit denen man eigentlich wenig falsch machen kann:

  1. Niemals beim Discounter kaufen. Nie. Nichts. Das betrifft alle Discounter, also Aldi, Lidl, Netto, Penny, Schlecker usw. (Außer man muss jeden Euro dreimal umdrehen, natürlich, dann bleibt einem oft nichts anderes übrig.)
  2. Möglichst auch die großen Supermarktketten meiden. Lieber zu kleinen Läden, auf den Wochenmarkt etc. gehen – auch dort kann man günstig einkaufen, wenn man z.B. den richtigen Moment abpasst (beim Wochenmarkt kurz vor Ende bspw.)
  3. Keine Produkte & Marken kaufen, für die im Fernsehen oder in überregionalen Medien usw. Reklame gemacht wird; denn nur die großen Unternehmen können sich solche Medienpräsenz leisten. Und ich sage gerne (nur halb im Scherz): „Wenn das Produkt wirklich gut wäre, müssten sie keine Werbung dafür machen.“ Zudem bezahlt man als Kunde Reklameaufwand und Markenbildung beim Einkauf mit. (Diese Regel ist zugegebenermaßen etwas grob, da es sicher auch ein paar halbwegs vernünftige Sachen/Firmen gibt, die groß angelegt werben. Aber nicht so viele. Im Lebensmittelsektor kommt man mit meiner „Regel“ auf jeden Fall sehr weit.)
  4. Wenn es Alternativen gibt, immer Produkte kaufen, die nicht von den großen, weltweit agierenden Konzernen stammen. Möglichst regional, am besten Bio und Fairtrade (wer es sich leisten kann). Kein Bio von Großkonzernen, wenn auch andere Bioangebote existieren.
  5. Weniger Fleisch essen.

Diese Punkte ersetzen natürlich kein politisches Engagement oder Aktivismus, gehören aber m.E. zur passenden Begleitmusik. :-)

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Illusion als Ware

Chaos, Vielfalt und Kreativität können für eine moderne Industriegesellschaft gefährlich sein. Darum werden Menschen in ihr nivelliert. Ihre Kreativität wird ihnen abgekauft, auf den Bereich der Produktion gelenkt und zum Beispiel der Firma nutzbar gemacht. (Dabei spielt es keine Rolle, ob diese ›Firma‹ nun Aluminiumfelgen, Theaterinszenierungen, Babynahrung, Waffen oder Kunstausstellungen ›produziert‹.) Was dann als Wunsch nach Buntheit und Vielfalt noch übrig bleibt, wird über Moden, Trends oder Zeitgeist-Epidemien kanalisiert. Hierzu muß es konsumierbar gemacht und angeboten werden. Normalerweise reicht dazu der Fernseher, in hartnäckigen Fällen muß schonmal ein Open-Air, ein Abenteuerurlaub oder ein neues Cabriolet herhalten. All das kann man in Agenturen kaufen, buchen, ordern, bestens geschmiert vom Gleitmittel ›Werbung‹.

Ein kluges System, vor allem deshalb, weil die Nivellierten ihre Nivellierung kaum bemerken. Geschickt wird ihnen die Illusion belassen, sie seien tatsächlich kreativ, wo sie doch in Wirklichkeit vorgefertigte Ware konsumieren. Illusion, die man kaufen kann.“

– Horst Stowasser, „Anarchie!“

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Surftipp: Der Knauserer

derknausererNein nein, keine Angst, ich bin nicht verrückt geworden und es steht auch niemand von der Lidlaldi-Mafia mit gezogener und entsicherter Waffe im Anschlag hinter mir – mein heutiger Surftipp ist keine von den unseligen Websites, bei denen es sich darum dreht, irgendwelchen Technik-Plunder möglichst billig kaufen und verkonsumieren zu können. Bei dem spannenden österreichischen Projekt Der Knauserer, das bereits 1999 von Michaela Brötz ins Leben gerufen wurde und sich im Laufe der Zeit eine große Beliebtheit erarbeitet hat, geht es vielmehr darum, Tipps für ein einfacheres Leben mit weniger Konsum zu geben (Freunde der knackigen Marketingschubladen bezeichnen dies sicherlich als LOVOS-Segment) und Kritik an unserer Verschwendungsgesellschaft zu üben. In den Worten von Michaela:

Nicht nur zu Weihnachten häufen sich die Klagen über Konsumterror, Werbebombardement, Schuldenfalle und Lohnsklavenarbeit. Das vom momentanen Turbokapitalismus amerikanischer Prägung vorgeschlagene Modell von Karriere und Konsum läßt viele am Sinn des Lebens zweifeln. Der Mensch wird zum Konsumenten degradiert, der sich nur ja nicht die Frage “Brauche ich das alles wirklich” stellen darf.
Das System zeigt mehr und mehr seine Schattenseiten. Viele bleiben auf der Strecke und müssen neidvoll anerkennen: Wer Geld hat, schafft an. Nicht nur in der Wirtschaft sondern auch in Belangen der Moral und Politik. Ehrenwerte Berufe wie Hausfrau, Mutter oder das Ehrenamt werden angesicht der Tatsache, dass sie kein Geld einbringen, zu mehr MISSachteten als GEachteten Tätigkeiten.

Dennoch mangelt es der modernen Welt an wahren Alternativen zur aktuellen Lage des Konsumwahnsinns. Vielleicht ist aber gerade das Eindämmen des eigenen Konsums eine Lösung, die wenigstens die vielen häßlichen Gesichter der Konsumgesellschaft etwas entzerren kann.

So wird beispielsweise monatlich ein E-Mail-Newsletter mit verschiedenen grundlegenden Beiträgen wie auch Tricks für Ernährung etc. gegeben. Im neuesten Newsletter gibt es beispielswiese einen Einblick in Betrand Russells Buch „Lob des Müßiggangs“ mit seiner auch nach fast 100 Jahren erstaunlich aktuell klingenden Kritik an der Arbeitsgesellschaft:

“Ich möchte jedoch jetzt in vollem Ernst erklären, dass in der heutigen Welt sehr viel Unheil entsteht aus dem Glauben an den überragenden Wert der Arbeit an sich, und dass der Weg zu Glück und Wohlfahrt in einer organisierten Arbeitseinschränkung zu sehen ist.”

Und so orakelt er 1932 sehr zynisch und leider treffend: “Da es keinerlei zentrale Produktionskontrolle gibt, produzieren wir haufenweise Dinge, die gar nicht gebraucht weden. Wir halten einen hohen Prozentsatz der arbeitsfähigen Bevölkerung unbeschäftigt, denn wir könnten auf ihre Arbeit verzichten,indem wir die anderen Überstunden machen lassen. Wenn all diese Methoden sich als unzulänglich erweisen, haben wir immer noch den Krieg.”

Oder es wird das Projekt 2010 „Einen Monat lang kein Geld für … ausgeben“ angeregt – jeden Monat wird ein Artikel vorgeschlagen, auf dessen Kauf man einen Monat lang verzichten soll; eine Herausforderung für jeden Konsumbürger, der es gewohnt ist, sich heutzutage alles sofort zu kaufen, wenn es ihm in den Sinn kommt – egal wie unsinnig das Produkt auch sein mag.

Die auf der Website unter dem Motto „Weniger ist mehr“ aufgeführten Punkte kann ich so unterschreiben und sie gelten ja quasi auch seit jeher als Grundtenor für meinen Blog:

  • Weniger Konsumgüter zu kaufen, heißt weniger Müll zu produzieren.
  • Weniger Schnäppchen kaufen, heißt mehr Geld für qualitativ hochwertige Waren übrig zu haben.
  • Weniger vorgefertige Lebensmittel zu vertilgen, heißt mehr BIO für seinen einen Körper.
  • Weniger Shopping und Konsum heißt mehr Zeit für sich und die wahrhaft wichtigen Dinge.
  • Weniger dem Geld nachzujagen, heißt mehr Lebensqualität.
  • Weniger Sachen zu besitzen, heißt mehr Überblick über sein Leben zu haben.

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Fernsehtipp: Monsanto, mit Gift und Genen

Ein schneller Tipp für alle TV-Gerät-Besitzer: heute um 22:40 Uhr läuft auf Arte der erschreckende Dokumentarfilm „Monsanto, mit Gift und Genen“, der die Umtriebe dieses abstoßenden Großkonzerns aufdeckt. (Ich hoffe mal, dass die Doku dann auch in der Arte-Mediathek via Internet zu sehen sein wird.)

Der Dokumentarfilm erkundet das Reich des US-amerikanischen Konzerns “Monsanto Chemical Works”, dem weltweiten Marktführer für Biotechnologie. Dem Engagement auf diesem Gebiet verdankt “Monsanto” auch, dass es zum umstrittensten Unternehmen des modernen Industriezeitalters wurde, stellte es doch das im Vietnamkrieg zu trauriger Berühmtheit gelangte Herbizid “Agent Orange” her. Heute sind 90 Prozent der angebauten gentechnisch veränderten Organismen “Monsanto”-Patente. Diesen Umstand halten viele für bedenklich.

ARTE Dienstag, 5. Januar 2010 um 22.40 Uhr
Wiederholungen: 09.01.2010 um 09:55 und 22.01.2010 um 10:00

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