Kategorie: Wirtschaft Seite 46 von 54

Erfreuliche Neuigkeit für uns Bürger: Verbot des Anbaus von Genmais in Deutschland

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© 2005 Roberto Fratoni

Heißa, das ist doch mal was – gestern hat die Bundesregierung den einzigen bisher in Deutschland zugelassenen genmanipulierten Mais, die Sorte MON 810 des Agrarriesen Monsanto, verboten! Somit haben die heftigen Proteste, u.a. ja auch von Campact! organisiert, scheinbar doch die Politiker zum Nachdenken gebracht (die nahenden Wahlen halfen bei dem Prozess möglicherweise zusätzlich ein wenig auf die Sprünge…). Der Spiegel schreibt zu dieser erfreulichen Entscheidung in einem lesenswerten, sympathisch harschen Artikel Verbot für Monsanto-Sorte: Deutschland demütigt den Agro-Giganten:

Er ist weltweit erfolgreich, nur in Deutschland klappt es nicht: Trotz gezielter Lobbyarbeit konnte der Saatgutmulti Monsanto das Verbot seiner Genmaissorte MON 810 nicht stoppen. Ein überraschender Rückschlag – meist bricht der Konzern jeden politischen Widerstand.

(…) Doch mit dem Erfolg könnte es jetzt vorbei sein, denn die Front der Monsanto-Gegner wächst langsam, aber stetig. “Bislang ist Monsanto beim Endverbraucher so gut wie nicht in Erscheinung getreten”, sagt Alexander Hissting, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace. “Aber das ändert sich langsam – und damit wächst der Widerstand gegen die Methoden des Konzerns.”

(…) Denn das Unternehmen ist nicht zimperlich, wenn es um seine Gegner geht. “Skrupellos” und “rücksichtslos” nennt Greenpeace-Experte Hissting das Vorgehen des Konzerns. Bestechung, das Verdrehen von Fakten, das Zurückhalten von Informationen und das Diskreditieren von Wissenschaftlern, die unangenehme Fragen stellen – all das werfen Kritiker dem Konzern vor. Wenig Gutes trägt auch die Konzerngeschichte bei: Monsanto war einst wesentlicher Produzent des dioxinhaltigen Kampfstoffes Agent Orange, der im Vietnam-Krieg eingesetzt wurde.

(…) “Monsantos Geschäftsprinzip basiert darauf, den Bauern zu verbieten, was sie seit Jahrtausenden getan haben: aus der Ernte Saatgut für die nächste Aussaat zurückzuhalten”, sagt Marie-Monique Robin.

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Lebensmittelmüllhalde Deutschland + Analog-Käse

909820_foodDiesen offenen und direkten Worten von Vincent Klink aus Zeit Online ist meines Erachtens nicht viel hinzuzufügen – auch nicht dem Hinweis auf die Beeinflussung der „freien Medien“ durch die Reklame, welche ja in meinem Blog auch schon einige Male Thema war:

Die deutschen Verbraucher seien bei der Ernährung dermaßen knickrig, dass man ihnen, wie nirgendwo sonst in Europa, “Lebensmittelmüll” andrehen könne. Das sagte Otto Geisel, der Vorsitzende von Slow Food.

(…) “Lebensmittelmüllhalde Deutschland”, das darf man schon sagen, aber nicht in Heilbronn. Dort hat nämlich der Lebensmittelkonzern Lidl seinen Sitz und die Nahrungsmittelfirma Knorr beschäftigt dort eine kleine Armee von Chemikern.

Kurzum, Unmut, Kopfschütteln und große Aufregung wegen des Pauschalurteils. Die Presse ist natürlich auch etwas verstört, denn die “Lebensmittelmüllhändler” Deutschlands schalten in den Medien große Anzeigen. Wie wir alle wissen, bestimmt ja deshalb mittlerweile der Anzeigenchef, was gedruckt wird.

(…) Deutliche Worte sind nicht mehr gern gelitten, denn unsere hochsensible Zivilisation verträgt die Wahrheit längst nicht mehr. (…) Taktvolle Schmeichelei ist der Schmierstoff unserer Gesellschaft, die, um jetzt auch mal pauschal zu werden, von Lügen zusammengehalten wird.

Dazu passt auch dieser Beitrag aus dem ZDF über einen neuen künstlichen „Käse“, hergestellt aus allerlei Zeug aus dem Chemiebaukasten, „ein um 40% biligeres Imitat aus Eiweißpulver, Wasser, Pflanzenfett und Geschmacksverstärkern“ – Etikettenschwindel: Analog-Käse. Unglaublich – und den Dreck essen viele von uns vermutlich unwissentlich schon…! (Siehe dazu auch den Beitrag bei Perspektive 2010.)

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Lesetipps: Schaeffler, die Krise und die deutsche Wut

Damit Euch in der Vorbereitung auf Ostern bzw. am heutigen Karfreitag nicht gar zu langweilig wird, habe ich heute drei Leseempfehlungen parat – Artikel, die ich jüngst im Netz gefunden habe und die ich für so interessant halte, dass ich sie unbedingt auch hier vorstellen möchte.

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© miamiamia, stpck.xchng

Zuvorderst ist das der ausgesprochen großartige Beitrag „Ist Hopfen und Malz schon verloren? Die Abwesenheit von kritischem Verstand und das Versagen der Medien ist zum Verzweifeln“ von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten, in dem er eine schonungslose und ernüchternde Analyse des Krisenmanagements und der einlullenden Medienberichterstattung sowie der Leichtgläubigkeit vieler Mitbürger wagt. Es lohnt sich, diesen Artikel komplett durchzulesen, trotz der beachtlichen Länge.

In der Debatte um die Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt sich eine erstaunliche Bereitschaft zur Anpassung an gängige Denkmuster. Wenn die politische Führung und die Hauptmedien die gleichen Parolen verkünden und Denkmuster anbieten, dann wird das auch in breiten Kreisen geglaubt, selbst dann, wenn an jeder Ecke Zweifelhaftes sichtbar ist. Im Bericht des NachDenkSeiten-Lesers ist von Nachplappern und Gleichschaltung die Rede. Das entspricht auch meiner Beobachtung.

Im Bericht wird auch die trotzige Reaktion auf Zweifel und Kritik beschrieben. Auch das entspricht meiner Erfahrung. Man will sich ungern die gerade angelernten Erklärungen aus der Hand nehmen lassen.

Vermutlich spielt bei der bereitwilligen Konzentration auf die angebotenen Denkmuster auch eine Rolle, dass man sich in kritischen Situationen gerne mit der Mehrheit um die Führung versammelt.

Diese Neigung wird zunehmend zu einem großen Problem: Die demokratische Kontrolle setzt aus, es gibt keine Sanktionen mehr auf Fehler, selbst auf schlimmes Versagen nicht. Das hat viel mit der Ausbreitung von Public Relations-Agenturen und ihrem Einfluss auf die Medien zu tun.

Die Medien beschäftigen sich nahezu nicht mit dem kriminellen Charakter vieler Finanzgeschäfte.
Wer faule Forderungen verpackt und sie als Wertpapiere weiterverkauft, ist aus meiner Sicht ein Betrüger. Diese Ansicht wird auch von Fachleuten geteilt. Wer solche Wertpapiere kauft, wie die IKB, ist ein Hehler. Dieser kriminelle Charakter der Hintergründe und Ursachen der Finanzkrise wird von den Medien nicht recherchiert und auch von der Wissenschaft mit Ausnahme einiger weniger Fachleute nicht hinterfragt.

Also unbedingt weiterlesen! Ebenfalls spannend und zum eben genannten Thema passend, wenn auch (natürlich) deutlich staatstragender: Die FAZ fragt sich „Finanzkrise: Wohin nur mit unserer Wut?“:

Die Isländer jagen ihre Regierung fort, die Franzosen nehmen Manager in Geiselhaft. Briten hauen in London auf den Putz. Und die Deutschen? Sie delegieren die eher kleineren Demonstrationen auf das klassische Protestpersonal aus Ökos, Antiglobalisten und Gewerkschaftern. Außerdem kaufen sie 1,2 Millionen subventionierte Autos. (…)

(…) Eine Erklärung dafür, dass die Deutschen ihr eigenes System für unschuldig halten, liegt in der ziemlich deutschen Tradition, die Wirtschaft zweizuteilen. Noch heute wird sie in der Wortwahl für den Industriesektor deutlich. Er repräsentiert die “reale Wirtschaft”. In ihr bauen Menschen prima Maschinen und Autos, verkaufen sie in die ganze Welt und teilen die Erlöse einigermaßen fair zwischen Unternehmern und Arbeitern. In der anderen Welt regieren Kredit, Zins, schlaue Köpfe, die komplizierte Wertpapiere erfinden und gewaltige Gehälter einstreichen.

Die Zweiteilung ist mit handfesten Werturteilen verbunden. Die reale Wirtschaft wird mit Attributen wie Anständigkeit, Sorgfalt und Sparsamkeit versehen. Die Finanzwelt dagegen gilt als parasitär. Sie saugt die produzierende Welt aus. (…)

Und apropos Wirtschaft – wer erinnert sich nicht noch an die Krokodilstränen der Frau Schaeffler, die staatliche Hilfe für ihr angeschlagenes Unternehmen haben möchte. Tatsächlich gehört diese Firma aber zu den Kriegsgewinnlern und hat, ähnlich wie z.B. Deutsche Bank, BASF, Dresdner Bank oder Krupp von der Zusammenarbeit mit den Nazis während des 2. Weltkriegs und den Enteignungen der Juden massiv profitiert. Im NPD-Blog wird dieses Thema aktuell aufgegriffen: „Vom Ursprung deutschen Reichtums: Die Schaeffler AG“ (siehe auch bei German Foreign Policy):

Berichte über ein NS-Lager im ehemaligen deutschen Katscher (heute Kietrz/Südpolen) haben nach einem Bericht von German-Foreign-Policy.com neue Erkenntnisse über die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe geliefert. Wie aus den Berichten hervorgehe, bediente sich die damalige Schaeffler AG in den letzten Kriegsjahren der Arbeitskraft von Gefangenen, die im “Polenlager Nr. 92″ in Katscher interniert waren.

(…) Die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe, die ihre Gründung offiziell immer noch auf das Jahr 1946 datiere, sei mittlerweile in Umrissen bekannt. Demnach übernahm Wilhelm Schaeffler 1940 im damals schlesischen Katscher (heute: Kietrz/Südpolen) eine Textilfabrik, deren jüdischer Vorbesitzer im Jahr 1933 hatte fliehen müssen. Schaeffler stieg den Angaben zufolge bald in die Rüstungsproduktion ein und verdiente Geld mit der Produktion für die Wehrmacht und den deutschen Vernichtungskrieg in Osteuropa.

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Fernsehtipp: heute ARTE Themenabend

arteIn seiner Woche der Ernährung bringt der Fernsehsender ARTE heute Abend einige spannende Sendungen/Filme, die anzuschauen sich lohnen könnte/dürfte – wenn schon fernsehen, dann doch bitte solche Beiträge:

19:00 Früher schmeckte alles besser
Brot, Butter, Marmelade und Wurst – wie steht es um die Qualität unserer alltäglichen Lebensmittel?

21:00 We Feed the World – Essen global
Massentierhaltung, alle Sorten von Obst und Gemüse zu jeder Jahreszeit im Überfluss, aber ohne Geschmack: Wie gehen wir mit unserer Nahrung um? Der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer hat sich auf Spurensuche begeben…

22:35 Euer Hunger – Unser Profit
Wie die EU den Hunger subventioniert

23:15 Die Biosprit-Lüge
Um nicht weiter vom Erdöl abhängig zu sein, fördert die europäische Politik nachwachsende Rohstoffe.

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The Culture of Commercialism

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© clix, stock.xchng

Bei meinen Recherchen stieß ich in der letzten Zeit auch auf einige interessante amerikanische Quellen, die sich mit Konsum- und Werbekritik auseinandersetzen. So entstand in den 90er Jahren in Washington das Center for the Study of Commercialism, das sich intensiv mit dem Themenfeld befasst(e) und auch einige Studien herausgab. Leider existiert keine Website dieser Initiative und das letzte Lebenszeichen einiger der Initiatoren habe ich in einem Buch von 2005 gefunden. Deshalb muss ich auf eine Sekundärquelle ausweichen – das Media Awareness Network (offenbar ein Lernmaterialpool für Eltern und Lehrer) hat immerhin eine Zusammenfassung des Artikels „The Culture of Commercialism: A Critique” des CfoSoC online gestellt, als Diskussionspapier für Schüler und Studenten. Diesen komprimierten Text, den man vielleicht auch als eine Art Ultrakurzfassung meiner Serie „Werbung schadet“ betrachten kann, möchte ich Euch heute übersetzt vorstellen.

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Was sind die Auswirkungen von Werbung und Kommerzialismus?

  1. Kommerzialismus verzerrt unsere Kultur, indem jedes Ereignis in einen Anlass zum Konsumieren verwandelt wird. Anthropologen sagen, dass Ferien die Werte einer Kultur widerspiegeln. In Amerika ist jeder Urlaub ein Verkaufsereignis.
  2. Werbung projiziert falsche Bilder/Images. Zum Beispiel suggerieren Anzeigen, dass du nicht cool bist, wenn du kein teures Auto fährst, dass Rauchen bedeutet, dass du ein Freigeist bist oder dass Reife heißt, Alkohol zu trinken.
  3. Kommerzialismus trägt zu Umweltproblemen bei, indem es zu verschwenderischem Umgang mit natürlichen Ressourcen ermutigt. Ein Übermaß an Verpackung, Wegwerfgüter und Dinge zu kaufen, die wir gar nicht wirklich brauchen, trägt zum unnötigen Verbrauch von begrenzten Ressourcen bei. Die Produktion und Entsorgung der Dinge, die wir kaufen, führt zu weiteren Umweltproblemen, zu denen der Verlust von Lebensraum und erhöhte Luft- und Wasserverschmutzung gehören. Plakatwände erzeugen visuelle Verschmutzung.
  4. Werbung erhält Stereotype/Klischees aufrecht. Zu den Beispielen zählen Stereotypen im Zusammenhang mit der Rasse (Afro-Amerikaner als Musiker und Sportler), des Geschlechts (Frauen als Sexobjekt, Männer als Geschäftsleute) und der Klasse (der Mittelklasse-Weiße als soziale Norm).
  5. Werbetreibende beeinflussen den Inhalt von Zeitschriften und Sendungen. Die Zensur der Medien durch die Regierung ist illegal. Dennoch gibt es eine Fülle von dokumentierten Fällen, dass Zeitungen und andere Medien durch Werbetreibende zensiert werden. Beispielsweise kann ein Bierproduzent Druck auf ein Magazin, in dem es Werbefläche kauft, ausüben, damit keine Artikel über die Gefahren des Trinkens erscheinen.
  6. Das Sponsoring von gesellschaftlichen, Umwelt- oder anderen Non-Profit-Gruppen durch Konzerne kann diese Gruppen beeinflussen. Zum Beispiel kann die Unterstützung durch die Tabakindustrie eine Organisation davon abhalten, Anti-Raucher-Kampagnen zu unterstützen.
  7. Kommerzialismus hat unsere Politik beeinflusst. Viele Politiker versuchen Stimmen zu gewinnen mit Hilfe eines Images, das durch Werbung und Medienberichte erzeugt wurde. In der Vergangenheit versuchten Kandidaten Stimmen durch ihre politischen Standpunkte zu erlangen.
  8. Die öffentliche Wahrnehmung der Aktivitäten und Prioritäten eines Unternehmens kann durch Werbung verzerrt werden. Beispielsweise können Anzeigenkampagnen große Umweltverschmutzer als ökologisch bewusste Firmen darstellen, die für eine gute Sache spenden.
  9. Werbung kostet uns Geld. Die Wirtschaft wälzt den Großteil ihrer Werbekosten auf uns ab. Außerdem steigt der Preis eines Produkts, wenn es der Reklame gelingt, die Idee zu etablieren, dass ein bestimmtes Produkt uns Status oder ein cooles Image verschafft.
  10. Werbung kostet uns auch vieles an Steuern. Werbung stellt voll absetzbare Geschäftskosten dar. Aus diesem Grund erhalten kommunale und nationale Kassen Jahr für Jahr Milliarden von Dollar weniger an Steuern. Die Steuerquoten der Bürger müssen dies ausgleichen, so dass der einzelne Steuerzahler indirekt Werbung bezuschusst.
  11. Werbung kann irreführend sein. Sie fokussiert auf die Vorteile eines Produkts oder einer Dienstleistung und ignoriert die Nachteile.
  12. Werbung ermuntert zu einer Markenmentalität oder dazu, weniger auf der Basis der Qualität oder des Preises zu entscheiden, sondern mehr aufgrund des Namens/Herstellers.
  13. Werbung fördert Unzufriedenheit, Neid und Unsicherheit. Sie kann uns unattraktiv, uncool und unglücklich mit dem, was wir haben oder nicht haben, fühlen lassen.
  14. Unsere kommerzialisierte Gesellschaft legt hohen Wert auf die Erscheinung und ermutigt uns somit, mehr Wert auf unser Aussehen und das von anderen zu legen als auf den Charakter, Talente oder die Persönlichkeit.
  15. Konstantes Werbungs-Ausgesetztsein kann Materialismus und Egoismus fördern. Dies kann dazu führen, dass Menschen weniger dazu geneigt sind, anderen zu helfen. Statistiken zeigen, dass die Spendenbereitschaft in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Gleichzeitig gab es einen Rückgang in der öffentlichen Unterstützung von Regierungsprogrammen, die denjenigen helfen sollen, die vom Leben benachteiligt sind.
  16. Das Sponsoring von Wissenschaftsausstellungen und Kunstmuseen durch Unternehmen kann deren Inhalt beeinflussen und die Objektivität untergraben. Ist es zum Beispiel wahrscheinlich, dass eine von einer Firma, die Insektizide herstellt, gesponsorte Ausstellung die Beziehung von Menschen und Insekten in einer fairen und ausgewogenen Art und Weise behandelt?
  17. Werbung kostet viel Zeit. Der durchschnittliche Mensch verbringt fast eine Stunde am Tag damit, Werbung zu lesen, zu sehen der zu hören, im Fernsehen, Radio, Theater, auf Video, in Zeitungen und Zeitschriften, Mails, Briefen oder am Telefon. Wenn der durchschnittliche Amerikaner 75 Jahre alt ist, wird Werbung ihn 4 Jahre seines Lebens gekostet haben.
  18. Bezahltes Product Placement beeinflusst den Inhalt von Filmen, Fernsehshows, Büchern und Spielen. Das gefährdet künstlerische Integrität.
  19. Werbung preist Alkohol- und Tabakkonsum an, welcher jedes Jahr eine halbe Million Amerikaner das Leben kostet. Probleme, die mit Alkohol in Zusammenhang stehen, verletzen das Leben von mehr Menschen und kosten die Gesellschaft mehr Geld als alle illegalen Drogen zusammen genommen.
  20. Marketingleute stellen detaillierte elektronische Käuferprofile zusammen. Firmen verkaufen Mailinglisten für alles mögliche, vom Besitz ausländischer Autos bis hin zu sexuellen Vorlieben. Diese Computerdatenbanken stellen ein gefährliches Missbrauchspotential dar.
  21. Kommerzialismus hat sich in nahezu jeden Winkel unseres Lebens ausgebreitet. Viele Menschen stört es, diesem nicht entfliehen zu können.
  22. Werbung, die auf junge Kinder abzielt, dringt in die Eltern-Kind-Beziehung ein, kann die Autorität der Eltern untergraben und zu Spannungen führen.
  23. Kommerzialismus kann Werte wie Teilen, Zusammenarbeit und Genügsamkeit aushöhlen, die durch Familien, religiöse Institutionen und Schulen gefördert werden.
  24. Industrienahrung und die Reklame für diese neigen dazu, zu ungesunden Ernährungsgewohnheiten zu ermutigen.
  25. Die Kommerzialisierung von Schulmaterial und -ausrüstung kann unabhängige, ungestörte Ausbildung torpedieren.
  26. Das intensive Anpreisen von Shoppen und Kaufen hält uns von anderen Aktivitäten wie Lesen, Denken und Spielen ab. All die Werbung, der wir ausgesetzt sind, macht es leicht zu vergessen, wie viele (andere) Arten von Aktivitäten wir genießen können.
  27. Unsere kommerzialisierte Kultur ermuntert Menschen, Geld auszugeben, das sie gar nicht haben. Die Zahl der Amerikaner mit finanziellen Problemen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. (Anm. PM: Spätestens seit Ausbruch der „Finanzkrise“ wissen wir, dass dies in den vergangenen Jahren erst recht der Fall ist.)
  28. Werbung suggeriert, dass es eine einfache Lösung für alles gibt, vom Gesundsein bis hin dazu, Freunde zu haben.
  29. Viele Anzeigen implizieren, selbst wenn sie es nicht offen aussprechen, dass Glück etwas ist, das wir kaufen können. Wenn wir uns so verhalten, als wenn dies wahr wäre, begrenzen wir unseren persönlichen Horizont und unsere Fähigkeit, Erfüllung im Leben zu finden.
  30. Kommerzialismus preist nicht nur einzelne Produkte an. Er predigt Konsum als Lebensstil.

Was ist der kumulierte Effekt von all dieser Kommerzialisierung?

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© sufinawaz, stock.xchng

Kommerzialismus hat klare Parallelen zur industriellen Verschmutzung. So wie eine gemäßigte Menge an Müll von der natürlichen Umgebung absorbiert werden kann, können auch moderate Mengen an Kommerzialisierung von unserer kulturellen Umgebung verarbeitet werden. Große Mengen können jedoch beide Umgebungen überfordern, und dies ist heutzutage der Fall.

Jahrzehnte lang haben wir den Schaden, den industrielle Praktiken erzeugen, nicht erkannt, geschweige denn kontrolliert. In einigen Fällen wie der Luftverschmutzung durch kohleverbrennende Hochöfen, waren die Probleme offensichtlich, aber wir ignorierten sie oder rechtfertigten sie auf der Basis kurzfristiger wirtschaftlicher Gewinne. In anderen Fällen, so wie giftigen Chemikalien, die Luft und Wasser verschmutzen, wurden die Gefahren nicht einmal erkannt. So sieht es auch beim Kommerzialismus aus: wir entschuldigen seine offensichtlichen Defekte im Namen des wirtschaftlichen Fortschritts; wir versuchen nicht einmal, die subtileren Auswirkungen zu identifizieren.

Genauso wie mit der Verschmutzung vor mehreren Jahrzehnten bleiben die Folgen exzessiven Kommerzialismus schwach untersucht und unbewiesen. Unser Verstehen beruht auf einer Handvoll oft vorläufiger oder nicht beweiskräftiger akademischer Studien. Tatsache ist, dass Soziologen/Wissenschaftler trotz der Dominanz des Kommerzialismus in unserer Kultur kaum damit begonnen haben, die Konsequenzen und das Wesen des Kommerz zu erforschen. Zudem sind politische Regulierungen nicht angemessen ausgestattet, um Kommerzialismus zu bearbeiten. Agenturen, die sich mit den Täuschungen durch Werbung beschäftigen, haben nur sehr kleine Budgets – insgesamt nur ein Tausendstel von dem, was für Werbung ausgegeben wird –, so dass nur die aller offensichtlichsten Lügen in der Werbung gestoppt werden können. Andere Formen des Kommerzialismus bleiben komplett unerforscht.

Was sind also die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, wenn, wie Advertising Age (eine Fachzeitschrift für Leute, die in der Werbeindustrie arbeiten) schrieb, „Werbung in Massenmedien wie aus einer Schrotflinte kommt und jeden in ihrem Weg, auch Kinder, trifft“? Und was sind, jenseits der Werbung, die Folgen, in einer Kultur zu leben, wo selbst Schulen, Museen, Sport und nicht-kommerzielle Sender kommerzialisiert wurden? Verwandelt Kommerzialismus engagierte Bürger in bloße Konsumenten?

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Global Change 2009

Kleine, professionell gestaltete und unterhaltsam dargebotene Filme, die sich mit den aktuellen Problemen unserer Gesellschaft und der Wirtschaft befassen, liegen derzeit offenbar voll im Trend (man denke an „The Story of Stuff“ oder „Unsere kleine Welt“). Vor ein paar Tagen ist nun ein neuer Kurzfilm erschienen, der seine Kreise in den Weiten des Internets zieht – er stammt vom erst jüngst gegründeten Verein Global Change 2009, die sich ein hehres und recht aufgeblasen klingendes Ziel gesetzt haben:

Wir wollen den Menschen aus der Warum – Frage heraus Denkanstöße geben, wie wir einen erfolgreichen Weg in ein goldenes Zeitalter finden können.

Der dazugehörige Film soll Lösungswege aus der Krise und dem derzeitigen Wirtschaftssystem, dem von den Autoren sog. „Kapitalsozialismus“ aufzeigen. Ich will ihn hier einfach mal zur Diskussion stellen – was natürlich nicht heißen soll, dass ich etwa mit allem, was da gezeigt wird, überein stimme, sicher nicht, zumal so manche Behauptung, die in dem Film auftaucht, für mein Empfinden etwas sehr locker als Fakt/Naturgesetz hingestellt (z.B. das mit der „unsichtbaren Hand des Marktes“, dem „Eigennutz“, der „Förderung der Leistungsbereitschaft“ oder gar die sehr forsche Behauptung mit „ewigem Frieden“) oder sehr pathetisch bzw. naiv präsentiert wird. Aber ich finde, es kann niemals schaden, sich über die immensen Probleme, vor denen wir stehen, aus verschiedenen Perspektiven Gedanken zu machen. Eine einfache, allein seligmachende Lösung wird es eh nicht geben können. Gut gefallen mir auf jeden Fall die Einlassungen zu den Marktmonopolen, die ich hier im Blog ja auch des öfteren beklage (also Firmen mit übergroßer Marktmacht, wie die Discounter, Energiekonzerne etc.), und das bedingungslose Grundeinkommen halte ich auch für ein durchaus überlegenswertes Konzept.

Edit: Ich empfehle auf jeden Fall hier in den Kommentaren zu dem Film sich einmal den kritischen Beitrag von „Mitleser“ anzuschauen, der doch einiges von dem realativiert, was einem die Macher des Films als Lösung verkaufen wollen.


Global Change 2009 from Global Change 2009 e.V. on Vimeo.

(Übrigens sorry, dass ich schon wieder einen Film poste, aber ich habe gerade ziemlich viel zu tun – demnächst dann wieder mehr originärer Text.)

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Nestlés Genhirnwäsche

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© KillR-B, stock.xchng

Das ist eigentlich schon ganz schön traurig – vor einigen Tagen stieß ich eher zufällig auf einen Artikel aus dem Greenpeace Magazin, der aus dem Jahre 1998 stammt und „Nestlés Genhirnwäsche“ (kein Tippfehler) heißt. Bereits damals, also vor mittlerweile 11 Jahren, wussten die Autoren von den vielen Aktivitäten, die der Schweizer Konzern Nestlé rund um die Gentechnik entfaltet (siehe auch hier). Zu der Zeit ging es gerade um die Markteinführung des genmanipulierten Schokoriegels „Butterfinger“ bzw. generell von Gen-Food auf den europäischen Markt, die vom Unternehmen mit einer speziell auf Kinder und Jugendliche abzielenden Reklame- und Propagandakampagne begleitet wurde.

Auch der „Butterfinger“, der Gentech-Knusperriegel von Nestlé, der in diesen Wochen in die Supermärkte und Tankstellen kommen soll, zielt auf die Jugendlichen. „Imported from the USA“ steht in großen Buchstaben auf der Packung, und winzig daneben: „Aus gentechnisch verändertem Mais hergestellt.“ Offenbar hofft Nestlé, daß Jugendliche den Knusperriegel hip finden oder der Genmanipulation wenigstens gleichgültig gegenüberstehen.

Die PR-Strategen der Gentech-Konzerne wählen die Zielgruppen ihrer Produkte stets mit Bedacht: Anfang 1998 brachte Nestlé zum Auftakt eine Sondennahrung im Infusionsbeutel mit gentechnisch veränderter Soja in die deutschen Krankenhäuser. Jetzt sind die Jugendlichen an der Reihe. Die bunten Beilagen von Monsanto und Novartis, die in „Bravo-Girl“ und in anderer Form auch im Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung „Jetzt“ erschienen, sehen dem jeweiligen redaktionellen Umfeld zum Verwechseln ähnlich. Die Glaubwürdigkeit der Redaktionen von „Bravo“ und „Jetzt“ soll auf die Gentechnik-Werbung abfärben. Der Hinweis, daß es sich nicht um Journalismus, sondern um Werbung handelt, wird klitzeklein in dem Wörtchen „Anzeige“ versteckt.

Meines Erachtens ist es absolut abstoßend, wie solche Firmen mit Hilfe der Werbeindustrie und den Medien ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchboxen wollen. Über die unheilige Vermengung von redaktionellen Inhalten und Reklame hatte ich ja auch schon mehrfach hingewiesen – dass Werbung mehr ist als nur ein lästiges Ärgernis, dass sie mehr schadet als nützt, wird hier wieder klar deutlich.

Deshalb, und weil es an Geld nicht fehlt, laden die Unternehmen immer wieder Journalisten zu aufwendigen Reisen ein: Vier Tage mit Monsanto nach Amerika, drei Tage im Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Frankreich mit Novartis, da lassen sich vor allem wirtschaftlich nicht so gefestigte Journalisten gerne von den Segnungen der Gentechnik überzeugen. Zumal ja hin und wieder auch ein lukrativer Auftrag abfällt. So präsentierte der Journalist Udo Tschimmel aus Hennef im September auf einem internationalen Gentechnik-Kongreß seine „Da Vinci Media Group“, mit der er für die Industrie Multimedia-CDs, Websites und Filme produzieren möchte. Die Industrie wäre dumm, würde sie auf dieses Angebot nicht eingehen, denn gleichzeitig produziert Tschimmel den ZDF-Film „Saat der Hoffnung“ – einen Sechsteiler über Landwirtschaft und Welternährung mit dem Fokus auf Biotechnologie. Am 10. Januar 1999 beginnt um 16 Uhr die Ausstrahlung auf 3sat. Wieviel Kritik wird sich Tschimmel gegenüber seinen Auftraggebern aus der Industrie wohl erlauben?

Auch Hans-Günther Gassen, Professor an der Technischen Universität in Darmstadt, gibt sich den Anschein der Neutralität: Wenn er gefragt wird, betont er als Wissenschaftler meist die Nützlichkeit und Ungefährlichkeit der Gentechnik. Zugleich ist Gassen aber „senior consultant“ der „Genius Biotechnology GmbH“, die der Industrie „PR-Management“ und Kommunikationsstrategien anbietet: Kommt einer seiner Kunden in Bedrängnis, kann der bezahlte PR-Berater Gassen den neutralen Gentechnik-Experten Gassen zum Abwiegeln an die Front schicken. Und weil alles so gut paßt, mischt Gassens „Genius GmbH“ auch beim ZDF-Lieferanten „Da Vinci“ mit.

Leider gilt solches Gebaren, das Hand-in-Hand-Gehen mit der PR-Industrie, ja heutzutage fast schon als normal…

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Die Financial Times 2020

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Nach der ZEIT und der New York Times wurde letztes Wochenende mit der Financial Times gleich die dritte etablierte Zeitung Opfer einer Parodie/eines Fakes – eine britische Aktivistengruppe brachte 10.000 Exemplare der etwas anderen Financial Times unter die Leute und stellte zudem ihre Version des Finanzblattes unter ft2020.com online. Dort kann man sie sich auch als pdf herunterladen. Der Kopf hinter der Aktion ist der Globalisierungsgegner Raoul Djukanovic, der gegenüber dem Guardian seine Beweggründe erklärte:

Journalisten gestalten die öffentliche Debatte, und die Londoner Finanzwelt die Politik – wenn sie ihr Denken umgestalteten, helfen sie, eine andere Welt zu erschaffen. [via]

Der Unterton der Fake-Financial Times scheint deutlich satirischer und auch eine Ecke schärfer als der der Attac-ZEIT – „We live on Financial Crimes“ lautet das neue Motto der Wirtschaftszeitung und „In a world of cold, harsh truths … we rescue stories from the facts“. Wieder eine sehr gelungene Aktion, wie ich finde – die Verwirrung und Störung der etablierten Medienkreise geht weiter! Meinen besonderen Beifall finden, wie üblich, die schönen Adbusts, die sich auf der Website tummeln.

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Fernsehtipp: Gnadenlos billig – Der Handyboom und seine Folgen

Hier ein schneller Fernsehtipp für alle Digital-TV-Schauer und Spätaufbleiber: heute um Mitternacht (also somit eigentlich MORGEN) von 0:00 – 0:30 Uhr auf EinsExtra: „Gnadenlos billig – der Handyboom und seine Folgen“.

Wer denkt schon beim neuesten Handy-Schnäppchen daran, unter welchen Bedingungen die Geräte zumeist in Asien zusammen gebaut werden und was nach zwei bis drei Jahren damit passiert, nämlich dann, wenn sie veraltet sind und auf dem Schrott landen?

tag7 macht sich u.a. in Indien auf die Suche nach den Hintergründen des Handybooms: In der Hafenstadt Chennai montieren junge Wanderarbeiter für 35 Cent in der Stunde Mobiltelefone. Streiks sind in der Sonderwirtschaftzone verboten und Gewerkschaften gibt es keine. Von den Schattenseiten der Handyproduktion in Asien bekommen Konsumenten in Deutschland bisher kaum etwas mit. (…) Dabei entstehen hochgiftige Dämpfe, die Menschen und Böden vergiften. Entwicklungsländer als Abfallhalde und als billiger Produktionsstandort der Industriestaaten? Was könnten Hersteller und Konsumenten dagegen tun?

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Lesetipp: Krisenblues

Gestern bin ich wieder einmal auf einen interessanten Artikel gestoßen, der sehr gut zum Thema meines Blogs passt und den ich Euch deshalb auch ans Herz legen möchte. Schon aus dem Dezember 2008 stammt der Beitrag „Krisenblues” auf der die.hor.de-Site, aber seine Aussagen bleiben (leider) zeitlos aktuell. Sehr treffend und plastisch wird hier meiner Ansicht nach die Problematik, in der unsere Konsumgesellschaft steckt, dargelegt und mit der Malaise des Zwangs zum permanenten Wirtschaftswachstum verknüpft:

Es wird schlimmer. Jedes Jahr taugt das Zeug, das unsere Fabriken ausspucken, weniger. Mit Hunderten Millionen werden Sportschuhe beworben, deren Herstellungskosten Spezialisten in mühevoller Kleinarbeit Cent für Cent senken. Für einen halben Monatslohn kann man schließlich ein fast wertloses Produkt erwerben. Reines Image. Der Nahrung werden gesundheitsfördernde Stoffe zugesetzt. Gleicht das jeden Qualitätsverlust aus?

(…) Wir werden betrogen. Nicht nur um unser Geld, um unsere Lebenszeit, auch um unseren Stolz. Was ist das für ein Gefühl, das Arbeitsleben der Produktion von Müll zu widmen? Was kann der Chemieingenieur, der die Haltbarkeit von Leder senkt, seinen Enkeln erzählen? Wie kann der Verkäufer verderblicher Finanzprodukte morgens in den Spiegel sehen? Ich weiß es nicht. Aber mir fällt auf, dass kaum noch einer Sinn in seiner Arbeit sieht. Karriere ist wichtig – was man tut: egal.

(…) Zudem gefährdet die Rettung der Wirtschaft die Demokratie. Wenn Staaten sich für Generationen verschulden, sinkt ihr Handlungsspielraum. Nach der Rettung kommt der Ausverkauf. Jetzt am Leben erhalten, was gescheitert ist, bietet keine lohnende Perspektive, nur einen Aufschub. Vergleicht man den europäischen Alltag mit dem der Menschen im Kongo, einem an Rohstoffen sehr reichen Land, weiß man, was man beschützen will: einen der Mehrheit der Menschen unfassbaren Wohlstand. Niemand sagt, womit wir den verdient haben. Niemand denkt darüber nach, ob es einer ist. Schon der Gedanke daran, wie man im Westen altert und stirbt, müsste zur Panik führen. Manche mahnen vielleicht – unter den Millionen Stimmen hört man es nicht.

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