Kategorie: Fernsehen Seite 10 von 11

Schrott im Fernsehen

Es gibt ein Thema, das jeder konsumkritische Blog eigentlich wenigstens einmal aufgegriffen haben sollte: Homeshopping/Teleshopping bzw. Shoppingkanäle im Fernsehen. Schon immer habe ich mich gefragt, wie diese Sender wohl überleben können und welche Menschen verzweifelt oder naiv oder gelangweilt genug sind, tatsächlich irgend etwas von dem dort überteuert angebotenen Plunder zu bestellen. HSE & Co. propagieren letztlich sinnlosen Konsum und vertreiben minderwertigen Schrott, der dann am Ende beim Kunden irgendwo in der Ecke verstaubt oder nicht lange zu verwenden ist – eine unglaubliche Ressourcenverschwendung! Was man mit dem für solche Sachen (die man in der Regel im Internet ja für den halben Preis bekommt) aus dem Fenster geworfenen Geld alles Sinnvolles hätte machen könnte, mag man sich gar nicht vorstellen. Ich bin dem ZDF dankbar, dass es in seinem Magazin WISO neulich einen Beitrag brachte, der mir die Chance gibt, auch mal auf das Treiben dieser Homeshoppinganstalten hinzuweisen und entsprechend kritisch zu begleiten – „Fallen beim Teleshopping”:

Zusatzkosten vermiesen das vermeintliche Schnäppchen – Verbraucherschützer raten vom Einkauf in Teleshops ab.
Kunden, die in Tele-Shops einkaufen, erleben manchmal eine böse Überraschung, wenn die Rechnung kommt. Extrakosten und Gebühren können sich schnell zu erheblichen Summen auftürmen. Wenn sich die Kunden dann beschweren wollen, geraten sie oft in sehr teure Telefonhotlines.

Ich muss allerdings zugeben, dass ich irgendwie kein allzu großes Mitleid mit den in der Sendung vorgestellten geprellten Kunden aufzubringen vermag, denn wer sich auf so einen Bullshit einlässt und bei solchen Sendern bestellt, ist doch eigentlich selbst Schuld…

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Heidi Klum, Germany’s Next Top Model und der 100%-Kommerz

Darf man eine Person, deren gesamtes öffentliches Leben sich nach der maximalen kommerziellen Verwertbarkeit des eigenen Tuns, des Gesichts, des Images ausrichtet und die ihren Namen für jede beliebige (gut zahlende) Marke als Werbeaushängeschild hergibt, als „Werbeschlampe“ bezeichnen? Hm. Keine Ahnung, wie das juristisch aussieht.

Egal, in meinem heutigen Beitrag soll es um natürlich etwas ganz anderes gehen, und zwar um „everybody’s darling“ Heidi Klum. Nicht, dass „unsere“ Heidi etwa zu wenig Publicity genösse und nun auch noch meiner bescheidenen bloggenden Aufmerksamkeit bedürfe, nein nein. Aber zufällig sah ich in der ARD vor wenigen Tagen einen sehr gelungenen Beitrag über die totale Durchkommerzialisierung von Frau Klum & ihrer „Top Model“-Show, die mir sowieso seit jeher ein Dorn im Auge ist. Wieso sollte man sich freiwillig anschauen, wie sich ein paar junge, naive Mädchen durchs Räderwerk der Reklameindustrie drehen und nach einem bestimmten (kranken) Schönheitsideal formen/deformieren lassen? Letztlich geht es ja ausschließlich darum, dass die Models anschließend ihren Körper meistbietend an Konzerne und ihre Imagekampagnen verkaufen, um deren Absatz zu steigern. Also im Prinzip eine abartige Prostitutions-Show, die mir nach dem Beitrag „Bye Bye Heidi Klum – die dünne Model-Modelliererin und das Geschäft mit den dicken Klöpsen“ bei Titel Thesen Temperamente NOCH unsympathischer geworden ist, denn dass das ganze ohnehin nur eine einzige, gut geölte Verkaufsmaschinerie darstellt, hatte ich mir ohnehin schon gedacht, aber DIESES Ausmaß löst dann doch Brechreiz aus. Noch ungeschminkter können Sender ihre ausschließlich kommerziellen Absichten kaum präsentieren als hier, und dass die Menschen sich so etwas anschauen, bestätigt sie in ihrem Treiben natürlich zusätzlich. Der Beitrag macht jedenfalls sehr schön deutlich, was ich am Privatfernsehen so abstoßend finde – die untrennbare Vermengung von „Information“ (Unterhaltung) mit Produktpropaganda.

(…) Roger Willemsen: “Man kann ja Heidi Klum gar nicht mehr angucken, ohne ja eigentlich an all die Produkte zu denken, für die sie steht. Im Grunde ist Heidi Klum selber der Inbegriff dieser Produkte und insofern betet man ein Produkt an. Und man betet die Waren-Eigenschaften eines Produktes an und sagt jungen Frauen: Werdet genau so. Kalkulierbar, käuflich und unter Abwesenheit jeder Persönlichkeitsregung beobachtbar.”

Die Show als Werbefestival, wie gut das funktioniert! Die Siegerin bekommt ein Auto! Und wen regt’s noch auf, dass dieser Wagen als integrierter Werbespot ständig durch die Show fährt? Auch dass eine Frauenzeitschrift allgegenwärtig ist – perfekt! So geht das! Das frisch gekürte Topmodel auf der Titelseite – die wiederum im Fernsehen. Auch jetzt bei uns – das nehmen wir in Kauf. Denn Heidi Klum setzt noch einen drauf: Der Renner auf YouTube: Ihr Video mit der “Luftgitarre”. Ganz zum Schluss erst wird klar: Auch dies ist Werbung, für ein Videospiel! Und was für ein Zufall: In der Casting-Show mussten die Mädchen genau diesen Clip nachstellen.

EDIT: Das Video musste ich von YouTube entfernen, nachdem „der Rechteinhaber“ sich beschwert hat… Immerhin hat es bis zu dem Zeitpunkt an die 5.000 Aufrufe erreicht, und vielleicht stellt es ja mal jemand anderer wieder online. ;)

EDIT2: Nun kann man das Video auf einem anderen Portal wieder betrachten:


Heidi Klum – Kommerz bei Germany’s Next Topmodel

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Glaubenskriege

Woher wissen wir, was wir zu wissen glauben? Können wir dem vertrauen, was uns die Medien jeden Tag als „News“, als „Nachricht“, als „objektive Wahrheit“ präsentieren? Wieviele der Bilder, die tagtäglich auf die Menschheit einströmen, sind überhaupt real, welche sind lediglich inszeniert oder verzerrt und wollen nur eine Meinungsbeeinflussung in eine bestimmte Richtung bewirken? U.a. mit diesen Fragen befasst sich der Verwirrung stiftende Kurzfilm „Glaubenskriege“ von Julian Wiehl, dem Hauptakteur hinter der Wiener Plattform für Video- und Filmproduktionen Kerubia Film [via]:

Ein medienreflektierender Kurzfilm welcher über politische Komponenten der Frage nach der Manipulation der Medien nachgeht. Hinter jeder Kamera steckt ein Mensch und hinter jedem Film eine Ideologie. Komprimiert, intensiv und überraschend bis zum Ende.

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Buchbesprechung: Bill McKibben „The Age of Missing Information“

mckibben-age-of-missing-informationMan kann es drehen und wenden wie man will, und egal ob es einem gefällt oder nicht – das Fernsehen ist auch heutzutage immer noch das Massenmedium Nr. 1 mit dem größten Einfluss auf die Gesellschaft. Je nach dem welche Studie man zu Rate zieht, verbringt der durchschnittliche Nordamerikaner immerhin unglaubliche 4 bis 6 Stunden am Tag damit, vor dem Flimmerkasten zu sitzen und sich berieseln zu lassen. Ein Phänomen, das so vielen Menschen so viel Lebenszeit raubt bzw. dem sie einen so großen Teil ihrer Freizeit widmen, verdient es natürlich, eingehender unter die Lupe genommen zu werden.

Diesen Versuch, das Phänomen Fernsehen zu analysieren, hat auch der amerikanische Autor und Kulturkritiker Bill McKibben in seinem gleichermaßen unterhaltsamen wie vielseitigen Buch „The Age of Missing Information“ (leider nur auf Englisch erhältlich) unternommen, das ursprünglich bereits 1992 erschien und 2006 neu aufgelegt wurde, mit einigen kurzen Ergänzungen hinsichtlich der „neuen“ Medien, namentlich des Internets. McKibben nähert sich den Ausmaßen, die die Fernsehberieselung in unserer Gesellschaft mittlerweile angenommen hat, auf eine wahrlich originelle Weise, nämlich in Form eines Selbstexperiments. Dazu verbrachte der Autor einen Tag und eine Nacht in der unberührten Natur, in den Bergen, alleine mit seinem Zelt und seinen Gedanken. Gleichzeitig ließ er sich von Freunden und Bekannten das komplette 24-Stunden-Programm aller insgesamt ca. einhundert Sender, die er in seinem Ort empfangen kann, auf Video aufnehmen und verglich dann anschließend (in mühsamer Einzelauswertung aller Videobänder der einzelnen Sender, auch von Shoppingkanälen, was ihn viele Monate in Anspruch nahm) die Anzahl und Qualität der Informationen, die er bei seinem Aufenthalt in der Natur erfuhr mit der, die der normale Fernsehzuschauer am selben Tag vermittelt bekam. Denn obwohl wir in einem vermeintlichen „Informationszeitalter“ („Age of Information“) leben, zweifelt McKibben doch stark an, dass wir in vielen wichtigen Bereichen des Lebens wirklich informiert sind bzw. durch das Fernsehen tatsächlich relevant informiert werden – statt dessen leben wir für ihn, wie der Titel es schon andeutet, teilweise eher in einem Zeitalter der ausgelassenen/ausgeblendeten Informationen.

Diese Grundthese des Buches wird auf insgesamt gut 250 Seiten ausgiebig untersucht – in den einzelnen Kapiteln, die nach den verschiedenen Tageszeiten benannt sind, entblättert der Autor zum einen ein faszinierendes „Psychogramm“ amerikanischer Fernsehlandschaft (viele Referenzen auf einzelne US-Serien etc. sind für uns hier natürlich nicht direkt nachvollziehbar, was aber für das Verständnis des Textes nicht weiter dramatisch ist) und auch der Bedeutung, die Fernsehen für die heutige Kultur hat. Gleichzeitig entwickelt McKibben Schritt für Schritt einen umfassenden Katalog an Argumenten und Beobachtungen, die verdeutlichen, wie stark vor allem auch die negativen Folgen der Allgegenwart des TV sind. Ich habe eine Weile überlegt, wie ausführlich ich diese Analysen hier in meiner Buchbesprechung vorstellen soll, und habe mich dann entschlossen, zumindest einige der wichtigsten Punkte kurz anzureißen, da ich die dargelegten Erkenntnisse durchaus für beachtenswert halte. (Um tiefer in die Materie einzusteigen, empfehle ich dann doch die Lektüre des Buches selbst, oder andere medienkritische Werke wie von Marshall McLuhan, der in diesem Buch auch mehrfach Erwähnung findet.)

  • Einer der ersten kritischen Punkte sieht der Autor in einer gewissen medial bewirkten Gleichschaltung von Geschmäckern weltweit sowie ein durch die weltweite Werbung transportiertes „normiertes“ Menschenbild oder Frauenideal, das gewachsene Vorstellungen, beispielsweise vom Altern, ersetzt und zerstört.

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    © erikdungan, stock.xchng

  • Wir haben zwar den Eindruck, durch die ganzen Geschichtsdokus umfassend Bescheid zu wissen, doch in Wirklichkeit wird die Menschheitsgeschichte stark verkürzt – alles, was vor der Erfindung des Films lag, wirkt auf den heutigen Menschen fast unglaubwürdig. Dafür werden die Dinge, die bereits auf Film gebannt wurden, immer und immer wieder gezeigt (ich denke da an die ganzen Hitler-Dokus mit den immer gleichen Originalaufnahmen). Außerdem wird unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem des ewigen Wachstums und Konsumierens als das einzig mögliche dargestellt, da wir via Fernsehen nichts anderes kennen (Fernsehbilder reichen eben nur 60, 70 Jahre zurück) – quer durch alle Sender.
  • Naturfilme im Fernsehen werden auf die uns von Hollywood & Co. antrainierten Formate getrimmt – dramatische Musik, Spannungskurven etc., so dass uns die reale Natur langweilig vorkommt. (Wer hat sich nicht auch schon mal eine Zeitlupe in der Realwelt gewünscht? So weit hat uns Sportfernsehen mittlerweile konditioniert.) Für McKibben sind die Fernsehdokus so etwas wie ein „Best of“, die nur besonders spannende Momente herausgreifen und so das Gesamtbild völlig verzerren. Dieses Prinzip der einseitigen Darstellung gilt auch für viele andere vermeintliche Informationen, die das Fernsehen liefert.
  • In unserem sonstigen Leben erwarten wir ähnliche Kicks und Dauerhöhepunkte wie sie uns das Fernsehen permanent vorführt, und deshalb wird uns schnell langweilig (und wir schalten den Fernseher ein).
  • Diese Jagd nach Sensationen führt dazu, dass zwar viele Katastrophen ausführlichst gesendet werden, dafür aber sehr viel weniger Zeit für grundlegendere Themen (z.B. den Klimawandel, der zu manchen der Katastrophen geführt hat) zur Verfügung steht, weil sich komplexe und über Jahre oder Jahrzehnte entwickelnde Prozesse nun mal schlecht im 15-Minuten-TV-Format darstellen und abhandeln lassen. Ein Mangel an Tiefe ist darum vielen Berichterstattungen zu eigen.
  • Statt unser Leben wirklich zu leben, mit all seinen Höhen und Tiefen, mit Euphorie und Trauer, mit Belustigung und Langeweile, verwenden viele das Fernsehen als eine Art „Zentralheizung“, die unser Empfindungsniveau immer auf einem gleichen Level hält. Tatsächlich haben Studien herausgefunden, dass viele Menschen Fernsehen nicht bewusst nach gewissen Sendungen aussuchen, sondern es einfach laufen lassen, als Ablenkung oder Entspannung, (fast) egal, was geboten wird. Fernsehkonsum soll, diesen Studien zufolge, nicht dazu dienen, Neues zu entdecken, sondern sich in gewohnten Strukturen wiederzufinden und dort, in einer künstlichen, aber bekannten Welt, so etwas wie Halt und Vertrautes zu entdecken.
  • Die tatsächlichen Informationen, die per Fernsehen vermittelt werden, werden durch die Vielzahl an anderen Eindrücken, die auf den normalen Zuschauer sonst noch so am Tag einprasseln, oftmals wieder nivelliert – jede Menge Belangloses begräbt die wenigen behaltenswerten Fakten und Infos.
  • Dadurch, dass die meisten Sender jeden Tag 24 Stunden Programm füllen müssen, werden Unmengen an belanglosem Kram über den Äther gejagt, kommerzielle Botschaften, Trivialitäten etc., so dass die Qualität mit den Jahren immer weiter gesunken ist (schreibt McKibben – gerade durch den Eintritt der Privatsender stimmt das wohl leider auch).
  • Fernsehen produziert Stars, die nur für ihr Starsein als solches gefeiert und hofiert werden. Sie werden zu „Legenden“, eben weil das TV seine Sendezeit füllen muss. Menschen, die wirklich etwas können und leisten, sind für die Konsumkultur und den Starkult hingegen oft uninteressant.
  • Fernsehen befeuert nicht Fantasien, sondern propagiert eine triste Realität – für McKibben ist TV absolut anti-utopisch, da wir entmutigt werden, darüber nachzudenken, dass es, abgesehen vom Kauf neuer Produkte, einen besseren Weg gibt, viele Dinge zu tun oder Grundsätzliches zu ändern.
  • Durch das Fernsehen wird uns der Eindruck vermittelt, dass der jeweilige Zuschauer das wichtigste Wesen auf der Welt ist und sich alles andere um ihn herum dreht, insbesondere, was Konsumgüter etc. angeht. Gerade dadurch, dass wir uns nicht mehr mit realen Menschen, sondern den Zerrbildern im Fernsehen vergleichen, sind wir mit uns unzufrieden und meinen, immer mehr kaufen zu müssen, um uns zu vervollkommnen.

Soweit also eine Auswahl der Punkte, die der Autor in seinem Buch anspricht – einige der Punkte waren mir bisher noch gar nicht so bewusst und nehme ich als willkommene Ergänzung für potentielle Diskussionen gerne in mein Argumentationsrepertoire auf :-) McKibben verteufelt übrigens nicht das Medium Fernsehen per se, sondern vor allem den unheimlichen Status, den es im Leben der Menschen in den letzten Jahrzehnten erlangt hat, und die Auswirkungen, die sich für das gesellschaftliche Miteinander daraus ergeben.

Sumasummarum ist „The Age of Missing Information“ ein spannendes und angenehm locker zu lesendes Werk mit vielen Gedanken, die zu Diskussionen und eigenem Grübeln anregen. So soll ein gutes Buch sein!

Bill McKibben, „The Age of Missing Information“, Random House 2006, 264 S., 14.95 US$

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Die Macht der Mediaagenturen

Das 3Sat-Medienmagazin ZAPP (eine der erfreulich kritischenen Ausnahmen im Fernseheinerlei) brachte kürzlich einen sehr erhellenden und ein erschreckendes Schlaglicht auf unsere ach so freien Medien werfenden Beitrag – „Mediaagenturen in der Grauzone“ [via Nokturnal Times]. Hier ein Auszug aus dem Text der Sendung, der natürlich auch zu meiner Serie „Werbung schadet“, Teil 2 und 2b, bestens passt:

Es gibt einfach kein Entkommen. Jeden Tag, immer und überall. Tausende von Werbe-Botschaften. Im Fernsehen. Zeitschriften. Internet. Doch woher wissen die Hersteller eigentlich, wo und wie sie uns am besten erreichen? Mediaagenturen kennen die Antwort. Oder sollten es zumindest. Sie beraten die Unternehmen, verteilen deren Werbemilliarden. Doch immer mehr fließen dabei auch in die eigene Tasche. Sebastian Bellwinkel über ein gigantisches Geschäft in der Grauzone.

Sie heißen GroupM, Omnicom Media Group, oder Zenithmedia. Und sie bewegen geschätzte 20 Milliarden Euro – Pro Jahr – ein Riesengeschäft. Mediaagenturen, wie Carat in Hamburg, sind die stillen Lenker im Geschäft zwischen werbungstreibender Wirtschaft und den Medien. Sie entscheiden, wo eine Anzeige erscheint und wann ein Werbespot läuft. Peter Petermann, Geschäftsführer CARAT Hamburg: „Eine Mediaagentur hat die Aufgabe, die kreativen Inhalte, den Spot oder eine Anzeige, die eine Kreativagentur gestaltet, bei dem Fernsehsender oder in dem Verlag zu platzieren. Und natürlich dafür zu sorgen, dass das Budget, dass der werbetreibende Kunde zur Verfügung stellt, möglichst effizient einzusetzen.“

Mediaagenturen als Berater
Eigentlich sollen die Mediaagenturen ihre Kunden beraten. Dann kaufen sie z.B. bei den Vermarktern der TV-Sender Werbezeiten ein. Für diese Leistung werden die Mediaagenturen von den Werbekunden bezahlt – Eigentlich. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Die Kunden haben darauf vertraut, dass die Mediaagenturen treuhänderisch für sie tätig sind. Allerdings hat sich das dann im Laufe der Zeit abgeschliffen, die Mediaagenturen gerieten sehr stark unter Kostendruck. Die Kunden, ihre eigenen Kunden haben die Honorare gekürzt, Druck darauf ausgeübt, und die Mediaagenturen mussten sich neue Wege zur Refinanzierung suchen.“ Auszeichnungen und Pokale für die beste Strategie reichten nicht mehr aus. Nur Mittler zu sein im großen Werbegeschäft, das brachte auf einmal zu wenig Geld. Sonja Feldmeier hat die Werbebranche seit 20 Jahren im Blick. Und sie beobachtet, wie die Agenturen immer einflussreicher werden. Vom treuhänderischen Berater zum mächtigen Händler. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Die Mediaagenturen selber definieren sich heute als eigenständige Wirtschaftsstufe. Das heißt, dass sie mit dem Gut, das sie eigentlich neutral und objektiv empfehlen sollten, auch Handel treiben.“
(…)
Redaktionelle Einflussnahme
Und nicht nur wirtschaftlich droht ein Ausverkauf. Jens Uwe Steffens, Geschäftsführer pilot media: „Die Agentur bündelt als Großhändler natürlich wahnsinnig viele Kundenvolumina, ist dadurch natürlich viel mächtiger als ein einzelner Kunde. Kommt dieser in Schwierigkeiten rein und bittet seine Agentur um Mithilfe, weil eine kritische Berichterstattung zum Beispiel droht, ist da ein sehr großes Machtpotential gegenüber den Medien, dieses auch einzuschränken.“ Redaktionelle Einflussnahme. Auch solche Fälle kennt Sonja Feldmeier. Doch Namen möchte sie lieber nicht nennen. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Je gesünder ein Medium ist, egal ob Verlag oder Sender, desto stärker können die auch bewussten Einflussnahmen widerstehen. In den jetzigen Zeiten dürfte es schwierig werden für den ein oder anderen.“ Und das nutzen die Mediaagenturen aus. Immer mehr Verlage und Sender knicken ein und akzeptieren Verträge, die sie eigentlich anprangern müssten. Uli Bellieno, ehemaliger Vermarktungschef von RTL: „Also ein sehr riskantes Spiel, was hier gespielt wird und was auch ein bisschen Endzeitstimmung zeigt, wenn man sich auf so ein Spiel einlässt.“

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GAP – von Kindern, für Kinder

bild-71Es gibt ein sehr bissiges und seit Jahren erfolgreiches Satiremagazin in den USA – The Onion. In bemerkenswert professioneller Art und Weise, technisch und optisch perfekt dargeboten, werden hier Nachrichten und Dokumentationen „gefälscht“ bzw. persifliert und viele Themen aus der Tagesaktualität, aber auch grundsätzliche gesellschaftliche Entwicklungen & Probleme, sonderbare technische Erfindungen u.ä. angesprochen. Einige davon sind so bitter, dass einem das Schmunzeln auf den Lippen gefriert, und einige sind so absurd, dass sie einen für einen Moment innehalten lassen und einem bewusst wird, wie absurd auch die „normalen“ Nachrichten sind, die einem das Fernsehen jeden Tag so vorsetzt. So ist dann das Motto von The Onion auch „You seem to be informed“. Immerhin 3 Millionen Menschen verfolgen Woche für Woche diese „Nachrichten“ aus einer Parallelwelt, die der unseren irgendwie erschreckend ähnlich sieht.

Zwei Beiträge möchte ich Euch heute mal ans Herz legen – zum einen „New Gap Collection – for Kids by Kids“, das die Problematik von Kinderarbeit in asiatischen Sweatshops thematisiert. Gerade die bei westlichen Jugendlichen so angesagten Marken und Ladenketten wie Nike oder Gap sind dafür berüchtigt, dass ihre Klamotten unter unwürdigen Bedingungen hergestellt werden, während sich die Konzerne via Reklame ein schillerndes Lifestyle-Image zurechtzimmern. [via]

Harte Kost ist auch „Hollow Point Bullets recalled that fail to explode targets” – mit voller Ernsthaftigkeit wird hier darüber berichtet, dass versehentlich schadhaft ausgelieferte Munition die inneren Organe nicht so gut zerstöre, wie sie es laut Versprechen des Herstellers eigentlich müsste. Schwarzer Humor, der fast schon weh tut. :-) Zugleich beleuchtet dieser Film auch die Abgebrühtheit, mit der Nachrichtensender sonst oft Gewalttaten für ihre Quote ausschlachten, durchaus kritisch.

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Digital Detox Week 2009

digital-detox-weekOha, diesen Aufruf des Adbusters Magazins darf ich eigentlich gar nicht weiterverbreiten, grabe ich doch damit meinem Blog auch (zumindest für eine Weile) das Wasser ab. Aber ich finde die Idee der Digital Detox Week, also der digitalen Entgiftungswoche, spannend genug, um sie hier dennoch zum Thema zu machen. Analog zu ihrer „Mental Detox Week“, in der man den Medienzustrom, insbesondere via Fernsehen, reduzieren bzw. auf Null bringen soll, ist diesmal also das digitale Leben dran, vom 20.–26. April. Hand aufs Herz: Wer kann heutzutage noch eine ganze Woche auf Internet & Co. verzichten? Ich vermutlich nicht – schon allein, weil ich ja meine Blögge weiter betreuen will. ;-) Aber die mediale Dauerberieselung ist in unserer Gesellschaft so weit vorangeschritten, dass der Gedanke an „eine Woche ohne“ tatsächlich schon etwas Bedrohliches hat. Wobei ich sagen muss, dass ich es, als ich letztes Jahr ein paar Tage in London war, sehr genossen habe, eine Weile ohne Internetanbindung zu sein, keine E-Mails abzurufen etc. – der Geist beginnt wirklich ein wenig aufzuatmen.

Hier der dazugehörige Text von Adbusters:

The Digital Detox Challenge

Computer screens, iPods, TVs, phones and the dozens of other devices we’re cybernetically attached to are so pervasive that we can’t escape them. We live them, we breath them, we need them … Or do we?

On Monday, April 20, Adbusters challenges you to do the unthinkable: unplug. Say good-bye to Twitter and Facebook. Turn off your TV, iPhone and Xbox. Reconnect with the natural world and the people around you. You’ll be amazed at how the magic creeps back into your life.

Go to www.adbusters.org for inspiration, articles, videos, posters and more. Next Monday, don’t be afraid and don’t find excuses … take the plunge and see what happens.

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Fernsehtipp: heute ARTE Themenabend

arteIn seiner Woche der Ernährung bringt der Fernsehsender ARTE heute Abend einige spannende Sendungen/Filme, die anzuschauen sich lohnen könnte/dürfte – wenn schon fernsehen, dann doch bitte solche Beiträge:

19:00 Früher schmeckte alles besser
Brot, Butter, Marmelade und Wurst – wie steht es um die Qualität unserer alltäglichen Lebensmittel?

21:00 We Feed the World – Essen global
Massentierhaltung, alle Sorten von Obst und Gemüse zu jeder Jahreszeit im Überfluss, aber ohne Geschmack: Wie gehen wir mit unserer Nahrung um? Der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer hat sich auf Spurensuche begeben…

22:35 Euer Hunger – Unser Profit
Wie die EU den Hunger subventioniert

23:15 Die Biosprit-Lüge
Um nicht weiter vom Erdöl abhängig zu sein, fördert die europäische Politik nachwachsende Rohstoffe.

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Sehr geehrter Herr Kerner (Ein offener Brief)

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© lusi, stock.xchng

Diejenigen von Euch, die ab und an mal Fernsehen schauen, werden vermutlich an dem aktuellen Reklamespot der BILD-„Zeitung“ (diesmal verlinke ich ihn, da er so lächerlich ist, dass er sowieso eher Antiwerbung darstellt – man lese sich mal die Kommentare bei YouTube dazu durch!) kaum vorbeigekommen sein – einige Prominente lassen sich hier, in edler Optik, positiv über dieses Revolverblatt aus und helfen somit bei der Verbreitung dieser Desinformationspostille sowie dem Aufwerten des eher anrüchigen BILD-Images. Wie man so tief sinken kann, sich für solche Druckerzeugnisse zu verkaufen, wird mir für immer ein Rätsel bleiben müssen – aber folgende Mail habe ich an einige der Beteiligten wie Herrn Kerner mal geschrieben, auch wenn sie sie vermutlich nie zu Gesicht bekommen, sondern sie schon im Vorfeld von ihren Presseabteilungen etc. abgefangen werden dürfte; einen Versuch ist es mir dennoch wert.

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Sehr geehrter Herr Kerner,

natürlich versuche ich, Fernsehreklame so gut es eben geht auszuweichen und schalte, wenn mal ein Werbespot läuft, schnell den Ton ab, um mich nicht den unsinnigen Konsumparolen auszusetzen. Vor einigen Tagen kam ich jedoch nicht umhin, versehentlich die neue Reklame der BILD-„Zeitung“ mitzubekommen – Sie wissen schon, dieser in schwarz-weißer Ästhetik gehaltene Clip, in dem neben Nazan Eckes, Philipp Lahm und Stefan Kretzschmar auch Sie einen Auftritt haben und sich zu dieser Zeitung äußern.

Ihre dort getätigte Aussage „weniger Meinung und mehr Bildung wäre schön“ stimmt natürlich, allerdings, was ich mich nun frage: Wieso machen Sie so etwas mit? Wieso geben Sie Ihren Namen, Ihr Gesicht, Ihren Ruf für die Imagekampagne solch einer Postille her? Sicherlich, wir haben Wirtschaftskrise, aber ist das ein Grund, sich zum Unterstützer dieser „Zeitung“ zu machen, die lügt (wie gedruckt), Existenzen zerstört, Demagogie, Manipulation und Vertuschung betreibt und zudem mit einigen der schlimmsten Firmen der Republik (Lidl, kik, RTL) unverfroren gemeinsame Sache macht?

Ich will mal zu Ihren Gunsten annehmen, dass Sie in Wirklichkeit dieses Druckerzeugnis nicht selbst lesen bzw. höchstens überfliegen (lassen), um zu sehen, welche Sensationssau nun wieder von der BILD-Redaktion durchs Dorf getrieben wird. Dennoch sollten Sie als Journalist und Mann der Medien eigentlich etwas kritischer hinterfragen, von wem Sie sich da vor den Karren spannen lassen. Ein kurzer Blick ins Netz (oder die BILD) genügt doch eigentlich, um zu wissen, wie weit es bei der BILD mit der journalistischen Sorgfalt, der Ausgewogenheit, Unparteilichkeit, Fairness und dem Niveau her ist. Kleiner Tipp: Nicht so sonderlich weit!

Ich finde es irgendwie bedauerlich, dass Sie, der Sie als Prominenter letztlich auch eine Art Vorbildfunktion haben, sich nicht zu schade sind, Ihr Geld mit Reklame für solch ein Unternehmen zu verdienen (wobei es natürlich auch nicht besser wäre, wenn Sie diese Kampagne ohne Entlohnung machen würden). Der offensichtliche Versuch der BILD, sich mit ein paar bekannten Namen und Gesichtern zu schmücken, um sich ein seriöseres Image zu verpassen, ist in seiner Durchsichtigkeit wahrlich erbärmlich und sollte eigentlich von niemandem unterstützt werden. Zumal das berechtigte halbseidene Image dieser Zeitung durch diese Aktion ja auch auf Sie wieder zurück abstrahlt.

Wir leben zwar in einem halbwegs freien Land, wo (fast) jeder (fast) alles machen kann, was er will, trotzdem sollte man vielleicht nicht alles machen, was möglich ist…

Mit freundlichen Grüßen,
Peter Marwitz

P.S.: Hier noch ein paar Surftipps, die diesbezüglich ein wenig weiterhelfen könnten:

http://www.bildblog.de (die Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Halbgarheiten der BILD füllen einen eigenen Weblog!)
http://konsumpf.de/?p=299 (über BILD & Lidl)
http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/bierfreunde-helfen-einander/?src=TE&cHash=766e970e2a
http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,207872,00.html
http://www.medien-mittweida.de/einzelansicht/artikel/2157.html

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Faschistomat

Fernsehkritik.tv ist ein seit ca. zwei Jahren existierender, kostenloser Videopodcast des Hamburgers Holger Kreymeier, der einmal im Monat ausführlich das Fernsehprogramm und seine Auswüchse kritisch „würdigt“. Dabei werden nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Privatsender-Formate oder Call-In-Abzockshows einer genaueren Analyse unterzogen, sondern durchaus auch den öffentlich-rechtlichen Stationen ein Spiegel vorgehalten. Wem Kalkofe zu hyperaktiv ist, wird an diesem Podcast eher seine Freude haben. In der neuesten Folge gab es einen besonders guten Beitrag unter dem Titel „Faschistomat“, in welchem die abartige Boulevardsendung „Red!“ auf Pro 7 und das von diesem Format vermittelte kranke Frauenbild zerlegt wird. Über dieses Thema, also die verheerenden Auswirkungen solcher medial verbreiteter „Vorbilder“ (= zur alleinig gültigen Norm erklärten Schönheitsideale) werde ich in meiner Serie Werbung schadet noch genauer eingehen. Jetzt aber erst einmal viel Spaß mit dem Faschistomaten von Pro 7:


Faschistomat Red Fernsehkritik.tv

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