Sehr geehrter Herr Kerner (Ein offener Brief)

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© lusi, stock.xchng

Diejenigen von Euch, die ab und an mal Fernsehen schauen, werden vermutlich an dem aktuellen Reklamespot der BILD-„Zeitung“ (diesmal verlinke ich ihn, da er so lächerlich ist, dass er sowieso eher Antiwerbung darstellt – man lese sich mal die Kommentare bei YouTube dazu durch!) kaum vorbeigekommen sein – einige Prominente lassen sich hier, in edler Optik, positiv über dieses Revolverblatt aus und helfen somit bei der Verbreitung dieser Desinformationspostille sowie dem Aufwerten des eher anrüchigen BILD-Images. Wie man so tief sinken kann, sich für solche Druckerzeugnisse zu verkaufen, wird mir für immer ein Rätsel bleiben müssen – aber folgende Mail habe ich an einige der Beteiligten wie Herrn Kerner mal geschrieben, auch wenn sie sie vermutlich nie zu Gesicht bekommen, sondern sie schon im Vorfeld von ihren Presseabteilungen etc. abgefangen werden dürfte; einen Versuch ist es mir dennoch wert.

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Sehr geehrter Herr Kerner,

natürlich versuche ich, Fernsehreklame so gut es eben geht auszuweichen und schalte, wenn mal ein Werbespot läuft, schnell den Ton ab, um mich nicht den unsinnigen Konsumparolen auszusetzen. Vor einigen Tagen kam ich jedoch nicht umhin, versehentlich die neue Reklame der BILD-„Zeitung“ mitzubekommen – Sie wissen schon, dieser in schwarz-weißer Ästhetik gehaltene Clip, in dem neben Nazan Eckes, Philipp Lahm und Stefan Kretzschmar auch Sie einen Auftritt haben und sich zu dieser Zeitung äußern.

Ihre dort getätigte Aussage „weniger Meinung und mehr Bildung wäre schön“ stimmt natürlich, allerdings, was ich mich nun frage: Wieso machen Sie so etwas mit? Wieso geben Sie Ihren Namen, Ihr Gesicht, Ihren Ruf für die Imagekampagne solch einer Postille her? Sicherlich, wir haben Wirtschaftskrise, aber ist das ein Grund, sich zum Unterstützer dieser „Zeitung“ zu machen, die lügt (wie gedruckt), Existenzen zerstört, Demagogie, Manipulation und Vertuschung betreibt und zudem mit einigen der schlimmsten Firmen der Republik (Lidl, kik, RTL) unverfroren gemeinsame Sache macht?

Ich will mal zu Ihren Gunsten annehmen, dass Sie in Wirklichkeit dieses Druckerzeugnis nicht selbst lesen bzw. höchstens überfliegen (lassen), um zu sehen, welche Sensationssau nun wieder von der BILD-Redaktion durchs Dorf getrieben wird. Dennoch sollten Sie als Journalist und Mann der Medien eigentlich etwas kritischer hinterfragen, von wem Sie sich da vor den Karren spannen lassen. Ein kurzer Blick ins Netz (oder die BILD) genügt doch eigentlich, um zu wissen, wie weit es bei der BILD mit der journalistischen Sorgfalt, der Ausgewogenheit, Unparteilichkeit, Fairness und dem Niveau her ist. Kleiner Tipp: Nicht so sonderlich weit!

Ich finde es irgendwie bedauerlich, dass Sie, der Sie als Prominenter letztlich auch eine Art Vorbildfunktion haben, sich nicht zu schade sind, Ihr Geld mit Reklame für solch ein Unternehmen zu verdienen (wobei es natürlich auch nicht besser wäre, wenn Sie diese Kampagne ohne Entlohnung machen würden). Der offensichtliche Versuch der BILD, sich mit ein paar bekannten Namen und Gesichtern zu schmücken, um sich ein seriöseres Image zu verpassen, ist in seiner Durchsichtigkeit wahrlich erbärmlich und sollte eigentlich von niemandem unterstützt werden. Zumal das berechtigte halbseidene Image dieser Zeitung durch diese Aktion ja auch auf Sie wieder zurück abstrahlt.

Wir leben zwar in einem halbwegs freien Land, wo (fast) jeder (fast) alles machen kann, was er will, trotzdem sollte man vielleicht nicht alles machen, was möglich ist…

Mit freundlichen Grüßen,
Peter Marwitz

P.S.: Hier noch ein paar Surftipps, die diesbezüglich ein wenig weiterhelfen könnten:

http://www.bildblog.de (die Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Halbgarheiten der BILD füllen einen eigenen Weblog!)
http://konsumpf.de/?p=299 (über BILD & Lidl)
http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/bierfreunde-helfen-einander/?src=TE&cHash=766e970e2a
http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,207872,00.html
http://www.medien-mittweida.de/einzelansicht/artikel/2157.html

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12 Kommentare

  1. Iris

    na, hoffentlich liest er diesen offenen Brief.
    Es geht hier auch um viel mehr.. Bertelsmann usw…

    • Ich habe Herrn Kerner diesen Brief auch per Mail (via ZDF) geschickt, also wird es zumindest irgend jemand aus seinem Umfeld mal zu Gesicht bekommen. :-)

  2. HI Peter

    sehr schöner Brief. Bitte mehr solcher Briefe an die Medien- und Konsumwelt da draussen.

    LG Jacob

  3. steffen

    ich glaube, der gute ja-sager kerner hat schiss vor der bild
    und will sich einfach nur gut stellen.

    • Hm, das ist ein interessanter Gedanke – quasi aus opportunistischen Karrieregründen sich mit der Bild gut stellen. Das ist ja für jeden Promi gut, wenn er nicht Gefahr läuft, von der BILD-Zeitung zerfetzt zu werden. Trotzdem peinlich, die Geschichte.

  4. Verhinderter Choleriker

    §1
    Nur Blogbetreiber dürfen TV schauen und in Zeitungen schauen.

    §2
    Jeder andere hat seine TV zu entsorgen und sollte sich jemand Zeitungen kaufen, dann ist das sofort einzustellen.

    §3
    Gespartes Geld ist an einen Blog Ihrer Wahl zu entrichten
    (Vorzugsweise Konsumpf)

    :)

    Meine Jugendsünde ist die Zeit in der Werbebranche, doch nun darf ich nach Herzenslust:

    “Wollt Ihr einen Blog betreiben, solltet ihr wie Konsumpf schreiben”

  5. %%% … sich nicht zu schade sind, Ihr Geld mit Reklame für solch ein Unternehmen zu verdienen %%%
    er könnte das Honorar auch für einen gemeinnützigen Zweck spenden …

    Ansonsten finde ich die Imagewerbung für BLÖD genauso widerlich.

  6. Jayden

    Vermutlich hat die BILD sie vor die Wahl gestellt: Mach mit oder wir holen Deine Leichen aus dem Keller.

  7. Arne

    @ulysses
    das ist doch, als ob man irgendwem eine bombe verkauft und dann den gewinn den opfern der bombe spendet…

  8. Das der merkbefreite Kerner früher oder später auch noch den Clown, dieses entschuldigung für den Ausdruck “Drecksblattes” wird, war doch absehbar. Ich schätze er weiß darum das er eben so nutzlos ist, wie sein nebenstreiter Beckmann, die eigendlich seit beginn Ihrer Medienpräsents gewillt sind in einem Kreislauf voll mit Umwegen, dumme fragen zu stellen, nicht interviewen zu können und sich dann noch darüber wundern, wenn man sie für das heranzieht für das sie eigenlich gerade noch zu gebauchen sind. Die Werbung. Die braucht nähmlich auch niemand, aber da fallen sie wenigstens nicht auf.

  9. Ich hatte der Kerner-Redaktion direkt nach der Sendung eine Mail geschickt. Kurzzusammenfassung: Warum nicht weiterhin viele der sinnvollen Änderungen beibehalten und als Mensch, der in der Öffentlichkeit steht mit gutem Beispiel vorangehen? Zwei Wochen lang kam keine Antwort. Dann eine erneute Mail von mir mit der Bitte um Beantwortung. Bis heute habe ich auf keine der beiden Mails eine Antwort erhalten. Ich hab mir deshalb noch eine andere Aktion für ihn und seine dialogfreudige Redaktion einfallen lassen. Dazu aber demnächst mehr…

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