Diesen Beitrag im WDR-Magazin markt fand ich wirklich sehr interessant – „Moral: Maus oder Mäuse?“, zeigt er doch, wie unser Wirtschaftssystem der Entwicklung von Moralvorstellungen nicht gerade zuträglich ist:
Wer ist bereit, für ein bisschen Geld eine Maus töten zu lassen? Spontan lehnen das die meisten Menschen ab. Aber was, wenn es ernst wird?
Knapp 1.000 Studenten wurden vor die Wahl gestellt: Sie konnten einer Labormaus das Leben schenken oder ein paar Euro verdienen. In zwei weiteren Runden simulierten der Bonner Psychologe Armin Falk und seine Kollegin Nora Szech eine Marktsituation: Die Studenten sollten “Käufer” oder “Verkäufer” spielen und sich gemeinsam auf einen Preis für die Maus einigen – oder den Deal verweigern und damit der Maus das Leben retten.
Anlässlich der 1000. Sendung des NDR-Magazins Markt hat die Extra 3-Redaktion einen schönen kleinen Beitrag ausgeknobelt, der auf durchaus amüsante Weise vor allem das Treiben vieler Großunternehmen aufs Korn nimmt – „Markt macht Konzernen das Leben schwer“:
“Johannes Schlüter” von Extra 3 Fans ist auch der Vorsitzende des Verbandes abzockender Konzerne, kurz VAK. Ihn ärgert, wie Markt die Verbraucher regelmäßig verunsichert.
Die NDR-Sendung Markt befasste sich vor einigen Wochen ja schon einmal mit dem Thema ExxonMobil – der US-amerikanische Energiemulti fördert seit Jahrzehnten Erdgas in Niedersachsen, und dies mit doch zumindest bedenklich wirkenden Methoden, nämlich unter Verwendung einer Reihe von Giftstoffen (siehe auch meinen Beitrag von vor einigen Wochen). Ganz PR-Profi-like führte ExxonMobil damals gleich eine Informationsveranstaltung für die Bürger durch, um sie zu beruhigen und von der Sicherheit der Fördermethoden zu überzeugen. Doch Markt blieb an der Geschichte dran und förderte nun ebenfalls etwas zutage – nämlich dass bereits vor einiger Zeit, allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz, bei einem Störfall diverse Gifte, die auch das Grundwasser verseuchen können, ausgetreten sind. ExxonMobil schwieg all die Monate dazu und rückt erst jetzt scheibchenweise mit der Wahrheit raus. Man mag sich nicht vorstellen, wieviele solcher „Missgeschicke“ in den vergangenen Jahrzehnten noch aufgetreten und vertuscht worden sind…! „Gift bei Gasförderung in den Boden gelangt“:
In Niedersachsen fördert der amerikanische Konzern ExxonMobil seit Jahrzehnten Erdgas – angeblich hat es noch nie eine Störung gegeben, hieß es bisher offiziell vom Unternehmen. Doch nach Recherchen von Markt gab es beim Erdgasfeld Söhlingen im Landkreis Rotenburg/Wümme sogar neun Leckagen an einer Leitung. Die Leitung transportierte aus dem geförderten Gas heraus gefiltertes Wasser (sogenanntes Lagerstättenwasser). Dieses Wasser, das das giftige Schwermetall Quecksilber und aromatische Kohlenwasserstoffe wie zum Beispiel das krebserregende Benzol enthielt, gelangte durch die undichten Rohrleitungen in Erdreich und Grundwasser.
Nach Angaben des LBEG handelt es sich um Quecksilber sowie die aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol (BTEX). Der Toxikologe Prof. Hermann Kruse von der Universität Kiel zeigte sich gegenüber Markt äußerst besorgt. Diese Stoffe seien gesundheitsgefährdend.
ExxonMobil bestätigt Schaden
Auf Nachfrage von Markt bestätigte der Konzern ExxonMobil den Schaden im Erdgasfeld Söhlingen: “Im Rahmen der Umsetzung des genehmigten Sanierungsplanes wurden etwa 2.500 Kubikmeter verunreinigter Boden entsorgt und durch sauberen Boden ersetzt.” Weiter gibt ExxonMobil zu: “Neben dem verunreinigten Boden musste im Umfeld der Schadstellen auch eine Reinigung des Grundwassers von ausgetretenem Lagerstättenwasser erfolgen.”
Der Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert den intransparenten Umgang des Konzerns ExxonMobil und der zuständigen Aufsichtsbehörden mit dem Störfall. Das noch von 1940 stammende Bergrecht ermögliche Konzernen wie ExxonMobil, ihrer Arbeit weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit nachzugehen.
Passend zu meinem Beitrag von gestern heute noch mal etwas zum Thema Mode. Über den Irrsinn, Jeans mit Hilfe von Sandstrahlgebläsen künstlich altern zu lassen, um den modisch angesagten „vintage look“ zu erzeugen, wurde bereits vor gut einem Jahr in den Medien berichtet (z.B. der Spiegel: „Tödlicher Sand in der Jeans-Maschine“) – denn viele der Arbeiter, die diese Anlagen bedienen, werden dadurch krank und sterben sogar. Aufgrund des damaligen allgemeinen Entrüstungssturms haben Firmen wie Levi’s und H&M nun dieser Produktionsweise öffentlich abgeschworen. Leider wird dieses Verfahren (und auch andere, bei denen hochgiftige Stoffe zum Färben zum Einsatz gelangen) z.B. in der Türkei aber immer noch angewendet, wie die WDR-Sendung Markt herausfand – „Jeans mit Risiken“. Der „Segen“ der billigen globalisierten Produktion: die gefährliche Drecksarbeit machen andere und hierzulande sieht der Konsument nur die Glitzerfassade von Marketing und Modeindustrie.
(…) Das Sandstrahlen ist zwar seit über einem Jahr in der Türkei verboten, trotzdem sind solche Jeans weiter auf dem Markt. Sedat Kayas Gewerkschaft hat neue Hinweise. Vor wenigen Tagen hat ihn ein Arbeiter angerufen: „Wie er uns gesagt hat, ist hier immer noch eine Firma, die das Sandstrahlen benutzt, um Jeans zu bleichen. Wenn wir eine Möglichkeit haben, können wir vielleicht die Fabrik sehen. Aber ich kenne die Realität in meinem Land. Es wird sehr schwer sein, etwas Genaues zu sehen. Aber wie auch immer: Wir versuchen es.“
Der Wettbewerb auf dem Markt ist global und gnadenlos. So kostet eine Jeans aus Bangladesch bei der Einfuhr knapp fünf Euro, aus China um die sieben Euro und aus der Türkei knapp 15 Euro. Zudem gibt es in der Türkei eine Besonderheit: Die Aufträge werden immer weiter aufgeteilt. Ein Subunternehmer gibt den Auftrag an den nächsten. So sind die Zulieferer nur schwer zu kontrollieren. (…)
Dass man bei dem, was uns die Lebensmittel- und Verbrauchsgüterindustrie so auftischt, immer auf der Hut sein muss und niemals den Reklameversprechen im Fernsehen oder auf den Packungen glauben darf, dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein. Die WDR-Sendung markt fasste die Problematik der Mogelpackungen mitsamt den hanebüchenen Ausflüchten der Hersteller sehr amüsant am Beispiel des Palmolive-Geschirrspülmittels zusammen – Schummeln leicht gemacht!
Schon des öfteren habe ich mir gewünscht, dass die Medien, die die Verdummungskampagnen der Reklame ausstrahlen und abdrucken, mit diesen Inhalten kritsch ins Gericht gehen, statt sie einfach nur kommentarlos neben den sonstigen „Content“ zu stellen. Letzte Woche gab es dann tatsächlich eine jener seltenen Sternstunden, nämlich im Beitrag „Fast Food – Dem Hamburger auf der Spur“ des WDR-Magazins markt. Dort wird die Reklame des McDonald’s-Konzerns mit der Realität konfrontiert, und dies in Gegenwart eines Konzernsprechers. Also eigentlich das perfekte Setting, um diesen Herrn mal so richtig ins Schwitzen und in Erklärungsnöte zu bringen – leider unterbleibt die Frage bzw. Feststellung, dass das, was McD da in seiner Werbung zeigt, nicht der Wahrheit entspricht, in dem Sinne, dass der wirkliche volle Umfang verschleiert wird, so dass der Firmensprecher sich herauswinden kann, schade. Dass industrielle Fleischproduktion sowieso tierundwürdig ist, muss ich hier nicht eigens erwähnen – immerhin erfreulich, dass der Sender da doch einige schockierende Bilder zeigt, die im Kontrast zum marketingiduzierten Image eines „leckeren, gesunden Burgers“ stehen. Guten Appetit, kann man da nur sagen…
In einem Werbespot stellt sich ein junger Mann als Qualitätsscout von McDonald’s vor: „Hallo, ich bin Martin Vollmer. Als Qualitätsscout von McDonald‘s will ich mal sehen, wo das Rindfleisch für BigMac und Co. herkommt.“ Er stellt den Schneiderhof vor. Auch wir wollen wissen, wo das Fleisch herkommt und besuchen den Schneiderhof. Und in der Tat handelt es sich bei dem Hof offenbar um einen Vorzeigebetrieb. Er bietet seinen Kühen einen Traumstall, ideal für Werbeaufnahmen.
Wenige Autominuten weiter sieht es jedoch schon ganz anders aus. Milchvieh in Süddeutschland steht oft in dunkeln Ställen. Am Hals angebunden können sich die Tiere nur hoch und runter bewegen, oft ein Leben lang. Konkrete gesetzliche Vorschriften fehlen. (…)
(…) Die Tierhaltung ist also offensichtlich egal, solange ausreichend Muskel- und Fettgewebe vorhanden ist. (…)
Der Unsinn der EU mit dem Glühbirnenverbot hat ja letztes Jahr bereits quer durch alle Bevölkerungsschichten und Medien viel Unverständnis und Zorn hervorgerufen – wird hier doch der reinste Aktionismus zelebriert und im Namen des (an und für sich ja löblichen) Ziels der Energieeinsparung unnötig ins Leben der Menschen hineinregiert. Statt dass Wirtschaft und Industrie angehalten werden, z.B. nur noch Autos mit sparsamer Technologie herzustellen oder weniger Schmutz bei der Produktion zu hinterlassen, statt dass Atomkraftwerke abgeschaltet und der Nahverkehr ausgebaut werden, wird jedem einzelnen die nicht ausgegorene Energiesparlampentechnik übergestülpt. Dabei sollte jeder EU-Bürger besser hin und wieder mal das Auto stehen lassen, weniger fernsehen (= Strom sparen) oder nicht bei jeder Mode mitmachen und ergo weniger nutzloses Zeug kaufen und konsumieren, damit würde der Umwelt ein weit größerer Dienst erwiesen werden. Nun aber wird ein kleines Konjunkturprogramm für die Hersteller der neuen Lampen initiiert – das ist allemal wirtschaftsverträglicher als den Konsum einzuschränken. Wenn schon was verbieten, dann wären z.B. die SUV-Asi-Kutschen ein geeigneteres Ziel.
Dass die Energiesparlampen gefährlich viel Quecksilber enthalten, wurde bereits vor einiger Zeit herausgefunden, doch nun zeigt die WDR-Sendung markt, dass auch das im Vergleich zur herkömmlichen Glühbirne eher unangenehme Licht dieser Lampen sogar krank machen kann und Psyche wie Physis der Leute negativ beeinflusst: „Energiesparlampen – krank durch Licht?“ . Soweit hatten die EU-Beamten bei ihrem Gesetz offenbar nicht gedacht…
(…) Können Energiesparlampen krank machen?
Ganz eindeutig ja, meint der Heidelberger Arzt Alexander Wunsch. Seit Jahren beschäftigt er sich mit der Auswirkung von Licht auf den Körper. Das harte Licht der Kompaktleuchtmittel (Energiesparlampen) kann seines Erachtens zu Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel oder Schlafstörungen führen. Seine Erklärung: „Der Blauanteil im Licht sorgt für eine hormonell gesteuerte Belastungs- und Stressreaktion. Das blaue Licht ist mit dafür verantwortlich, dass in der Zirbeldrüse, einem Teil des Zwischenhirns, weniger Melatonin (Schlafhormon) produziert wird, was gesundheitlich bedenklich ist. Herkömmliche Glühbirnen haben ein kontinuierliches Spektrum, das annähernd dem Sonnenlicht entspricht. Ähnliches gilt für Halogenglühlampen, deren Vorteile neben dem gewohnt warmen Licht und der langen Haltbarkeit im geringeren Stromverbrauch liegt.“ Hinzu kommt das Flimmern der Sparlampen, das Alexander Wunsch mit einem Messgerät für Lichtmodulation hörbar machen kann: Die alte Glühlampe summt sehr leise, die Energiesparlampe brummt laut. (…)
(…) Noch ist die Glühlampe und auch die Halogenlampe die natürlichste Kunstlichtquelle, was im Farbspektrometer nachgewiesen werden kann. Der gleitende Verlauf entspricht ungefähr dem des Sonnenlichts, während eine Leuchtstofflampe ein zackiges, scharfkantiges Spektrum aufweist. Das betrifft auch die sogenannten WarmLight-Varianten der Hersteller. Selbstverständlich weisen Hersteller wie Osram eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung von Energiesparlampen weit von sich.
Allerdings klagen immer mehr Menschen über Symptome, die mit der Benutzung von Energiesparlampen zusammenhängen könnten. In Zuschriften, die bei Alexander Wunsch eingehen, klagen Menschen über Übelkeit, Augenbrennen oder Sehstörungen. An die Öffentlichkeit trauen sich die wenigsten, denn „man hat Angst, dass die Leute einen für verrückt erklären“, so Olaf Posdzech. „Und es gibt ja auch kaum Ärzte, die sich auskennen.“ (…)
In der Reklamewelt laufen die Dinge bekanntlich etwas anders als in der Realität – da ist das Trinken von Cola light figurförderlich, McDoof-Burger sind gesund oder die Telekom schert sich um ihre Kunden. Gerne lässt man ja auch dicke Stinkeautos durch intakte Naturlandschaften brausen, um zu suggerieren, dass Autofahren so ziemlich das ökologischste ist, was man tun kann. Jeder Meter, den man mit einem PKW zurücklegt, ist quasi ein gewonnener Meter für die Umwelt. Weil dieser Unfug alleine nicht mehr zieht, werden nun leichtere Autos aus Aluminium als das Nonplusultra angepriesen – die einfache Logik der Marketingfuzzis: Die Dinger wiegen weniger, verbrauchen deshalb weniger Sprit und tragen somit zum Erhalt der Umwelt bei. In der WDR-Sendung markt ging der Beitrag „PKW: Aluminium nicht klimafreundlicher“ diesen steilen Behauptungen einmal näher auf den Grund und kam zu eher ernüchternden bis erschreckenden Ergebnissen – auch was die vermeintlich positive Auswirkung von Wasserkraft auf die Natur hat, übrigens. Wieder einmal zeigt sich, dass unsere Vorstellung von Wirtschaften und Mobilität dem Rest der Welt nur schadet:
Weil leichtere Autos weniger Sprit verbrauchen, schonen sie die Umwelt. Das sagen Autohersteller, die immer mehr Stahlbauteile durch Aluminium ersetzen. Doch die Rechnung geht nicht auf, das Klima wird woanders belastet.
Die CO2-Diskussion veranlasst die Autobauer, sich nach leichteren Alternativen zum Stahl umzuschauen. So wird der Einsatz von Aluminium nach Schätzungen des Gesamtverbandes der Aluminiumindustrie bis 2010 in europäischen Fahrzeugen auf durchschnittlich 160 Kilogramm pro Fahrzeug ansteigen. Die gängige Rechnung lautet: „Durch die Gewichtsersparnis sparen wir Treibstoff und durch die Treibstoffersparnis CO2.“ Eine schöne Rechnung – nur nicht für alle. Denn sobald man den Herstellungsprozess von Aluminium mitbetrachtet, ist die Umweltbilanz eine andere. (…)
(…) Die Umwandlung von Bauxit in Aluminium ist ein zweistufiges Verfahren. Dabei entsteht unter anderem ein stark alkalischer, also giftiger Schlamm, der aufgefangen und deponiert werden muss. Immer wieder kommt es dabei zu Zwischenfällen, die die angrenzende Umwelt schwer belasten. Vor allem aber verbraucht der Umwandlungsprozess ungeheure Mengen Energie in Form von Strom. Der wird in Brasilien häufig mit Wasserkraft erzeugt.
Einer der Hauptenergieversorger für die brasilianische Aluminiumindustrie ist der Tucuruí-Stausee. Sein Gebiet, größer als das Saarland, wurde vor der Flutung nicht gerodet. Nun verfault die Biomasse am Grund. Eutrophierung wird dieser Prozess genannt, der zur Bildung von Methangas führt. Methan ist ein stark wirkendes Treibhausgas. Dr. Günter Gunkel, Wasserwissenschaftler an der Technischen Universität Berlin, hat brasilianische Stauseen untersucht. Er sagt: „Wasserkraft ist in vielen Bereichen keine ökologische Energiequelle. Das liegt eben daran, dass Stauseen, die eutrophiert sind, zu ganz erheblichen Methanemissionen führen, die in der Summe der Treibhausgase dann größer sind als die vergleichbare Emission bei der Energiegewinnung durch Kohle.“ (…)
Quasi im Nachgang zum schönen quer-Beitrag „Die Auferstehung des Kapitalismus“, den ich Anfang der Woche postete, möchte ich Euch noch zwei weitere Beiträge ans Herz legen – zum einen „Opel, Karstadt & Co. – Staatsknete, wer will noch mal? Wer hat noch nicht?“, den quer drei Monate zuvor ausstrahlte und der klar macht, wieso „der Kapitalismus“ scheinbar wieder rund läuft und wie weit es um die angeblich so freie Marktwirtschaft hierzulande so bestellt ist.
Die große Koalition hat Opel gerettet, und schon fragen in Berlin mehr als tausend weitere Unternehmen ebenfalls nach Staatsgeldern. Gespräche mit dem Karstadt-Mutterkonzern Arcandor hat die SPD bereits angekündigt, und auch wenn Kanzlerin Merkel dem Unternehmen wenig Hoffnung macht, scheint in der Großen Koalition das “Helfersyndrom” regelrecht um sich zu greifen …
Die vom “Helfersyndrom” befallenen Politiker helfen reflexartig, und zwar auch dann, wenn dabei die “Grenzen des Möglichen außer Acht gelassen werden oder die Hilfe gar nicht sinnvoll ist”.
Genau: wollen die Bürger, die nicht bei Opel oder Karstadt arbeiten, die Hilfsbereitschaft der Regierung überhaupt? Lösungen wie in den USA, wo Barack Obama entgegen dem Trend in Meinungsumfragen General Motors in die Insolvenz gehen lässt, scheinen hierzulande in Wahlkampfzeiten zumindest bei Politikern unpopulär.
Zum anderen befasste sich auch der WDR in der Sendung markt ganz aktuell mit den Vorgängen rund um die (Landes-)Banken „Bad Bank: Deponie für Giftpapiere“ – man kann das, was da geschieht und geschehen ist, wohl ruhigen Gewissens als Skandal und einen Betrug am Bürger bezeichnen. Möglich gemacht durch die herrschende Politik, daran sollte man bei der bevorstehenden Bundestagswahl denken, bevor man irgendwo unbedacht sein Kreuzchen macht. ;-)
Wenn die WestLB also davon spricht, dass die Risiken aus der Bank seien, dann bedeutet das nichts anderes, als dass sie nun bei den Eigentümern sind, in der Hauptsache also beim Land und den Sparkassen. Und das bedeutet, dass letztendlich der Steuerzahler diese Risiken tragen muss – über den Landeshaushalt oder die Sparkassenverbände, die ja in kommunaler Trägerschaft sind, so Professor Thomas Hartmann-Wendels. Laut WestLB sind bisher rund 300 Millionen Euro Verluste angefallen, die der Garantiegeber übernommen hat – also der Steuerzahler.
Wenn die Laufzeiten der Papiere enden, dürften die Verluste viel höher ausfallen. Denn nach wie vor sind die toxischen Papiere kaum verkäuflich, für sie gibt es praktisch keinen Markt. Stimmen unter den Eigentümern rechnen mit mindestens fünf Milliarden Euro Verlust – möglicherweise ist sogar alles weg.
Privatisierungen werden seit vielen Jahren vor allem von neoliberalen Kreisen als das Allheilmittel gepriesen, um klamme Kommunen zu sanieren und den Bürger eine angeblich viel bessere Versorgung zu bieten, als sie staatliche Stellen bieten könnten. Schließlich richtet der freie Markt doch alles von ganz alleine am allerbesten – oder etwa nicht? Berechtigte Zweifel an diesen Dogmen habe ich in meine Blog ja schon an einigen Stellen geäußert (hier, hier), und der Beitrag des WDR-Magazins markt „Warum Straßenzüge verkommen“ zeichnet ein nicht minder bedrohliches Bild des von allen etablierten Parteien (schwarz-gelb genauso wie rot-grün) vorangetriebenen Privatisierungswahns. Tatsächlich bringen diese Immobilienspekulationen natürlich nicht der Mehrzahl der Menschen bzw. Mieter nennenswerten Nutzen, sondern ausschließlich kleinen Investorengruppen.
Ehemals gemeinnützige Wohnungsgesellschaften haben sich für viele „Heuschrecken“ als Fehlspekulation erwiesen. Jetzt lassen sie ganze Straßenzüge verfallen. Die Mieter haben oft nicht einmal mehr einen Ansprechpartner. (…)
Die ausländischen Investoren glaubten, dass der deutsche Wohnungsmarkt unterbewertet war und hier viel Geld zu holen sei. Über sogenannte Private-Equity-Fonds sammelten sie Geld. Sie wollten günstig kaufen, wenig investieren und teuer weiterverkaufen – vor allem an die alten Mieter. Dieser Plan ging jedoch nicht auf. Die Mieter selbst scheuten die Kosten für die schlichten Wohnungen. Schließlich kannten sie die Mängel am besten. Daher reichten die Investoren die Siedlungen in kleinen Häppchen an andere Investoren weiter. Und die machten es genauso. Wenigsten wenigstens vier bis sieben Prozent Rendite musste mit der Investition erzielt werden. Das aber konnte nur mit geringen Sanierungs- und Personalkosten gelingen. (…)