Plastic Planet – Verhängnisvolle Plastikflut

Unsere Wegwerf- und Konsumgesellschaft produziert nicht nur unablässig neue Schulden, Umweltzerstörung, gesellschaftliche Verwerfungen und Ungleichgewichte, sondern auch jede Menge Müll, Tag für Tag, ohne Pause. Besonders gefährlich ist dabei der Kunststoff, der in vielen Produkten enthalten ist, in Verpackungen u.ä. In der ZDF-Sendung aspekte wurde letzte Woche der ab dem 25. Februar in den Kinos anlaufende Dokumentarfilm „Plastic Planet“ von Werner Boote (» Film-Website) vorgestellt, in dem es um diesen bedrohlichen und oft von der Industrie verharmlosend heruntergespielten Problembereich des täglichen Konsumwahnsinns geht:

Wir alle sind Kinder des Plastik-Zeitalters: vom Babyschnuller bis zur Trockenhaube, von der Quietscheente über Zahnbürste und Silikonbusen bis hin zur Auto-Innenausstattung. Plastik ist überall: Die Menge an Kunststoff, die bisher produziert wurde, reicht aus, um den gesamten Erdball sechsmal in Plastikfolie einzupacken. In den Weltmeeren findet sich bereits sechs Mal mehr Plastik als Plankton. Für seinen Film hat der Wiener Regisseur Werner Boote in 15 Ländern unseres Plastik-Planeten gedreht – ein “Katastrophenfilm” mit erstaunlichen Erkenntnissen. (…)

(…) Doch Kunststoffabfälle verseuchen die Umwelt, selbst in scheinbar unberührten Gegenden der Erde liegen Plastiktüten und -flaschen herum. Das Problem: Plastik verrottet nicht: eine PVC-Windel beispielsweise zerfällt erst in 200 Jahren in ihre Bestandteile. Längst stört Plastik den Kreislauf der Natur empfindlich: Meeresvögel fressen bunten Plastikmüll, im Meer treibende kleine Plastik-Partikel werden von Fischen für Plankton gehalten und gefressen. Ein tödlicher Irrtum: das Plastik durchlöchert den Magen, die Tiere verenden – allein etwa 100.000 Meeressäuger im Jahr. (…)

(…) Gegen die Plastikflut hilft nur: Reduzieren und Vermeiden. Plastiktüten, Plastikflaschen, Wegwerfprodukte, Plastikhüllen und -verpackungen sind meist gar nicht nötig. Der Appell des Film wird hoffentlich Wirklichkeit: “Wenn Sie diesen Film gesehen haben, werden Sie nie wieder aus einer Plastikflasche trinken.” Bootes Engagement hat Erfolg: Nachdem “Plastic Planet” beim Filmfestival in Abu Dhabi lief, verfügte das Emirat, dass dort ab 2013 Plastiktüten verboten sind. (…)

Der offizielle Trailer zu Film:

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Westaflex

Und da sage noch mal einer, Reklame hätte nicht auch ihre heiteren Seiten… ;-) Nein, das ist keine Satire, sondern bitter ernst gemeint. Keine Ahnung, ob’s die Firma noch gibt, nach diesem Filmchen wäre die Selbstauflösung eigentlich angebracht.

Man muss sich schon fragen, wer so etwas in der Marketingabteilung und Chefetage tatsächlich für gut befunden und durchgewinkt hat – so betriebsblind/-taub kann man doch gar nicht sein… Ebenso wie bei diesem ungemein erfrischenden offiziellen Edeka-Song (nichts für zartbesaitete Ohren!):

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Werbung ist Krieg

Weil es so perfekt in meinem Blog passt (z.B. zu meiner Serie „Werbung schadet“), möchte ich den neuesten Paukenschlag von Egon W. Kreutzer hier (mit freundlicher Genehmigung) in Gänze veröffentlichen – der Artikel ist nicht immer ganz unpolemisch, spiegelt aber (deswegen?) sehr gut auch meine Meinung wider!

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Werbung ist Krieg

Eine Frau,
vielleicht Mitte 30, versucht seit Jahren, immer in der Erkältungszeit, vor fast jeder Nachrichtensendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, uns weiszumachen, sie habe sich infiziert: “Spätestens Morgen hat es mich dann voll erwischt!”, sagt sie mit krächzender Stimme – und ist doch wunderbarerweise am nächsten Tag immer noch nicht krank – sie fühlt sich nur weiterhin und unermüdlich, Tag für Tag “Voll erwischt.”

Ein quietschfideler Herr
im prostatarelevanten Alter träumt nur noch davon, nachts weniger müssen zu müssen – doch dann, oh Schreck, platzt bei ihm die Blase. Tagtäglich. Ekelhaft, auch wenn es nur eine Spruchblase ist.

Ein Schwiegervater in spe
hält den Fahrer eines großen Autos, das die Umwelt nach Herstellerangaben um einen Deut weniger belastet als die anderen ganz großen Autos, für einen Hippie, dem er seine Tochter unter keinen Umständen anvertrauen möchte.

Eine Bank quatscht uns nimmermüde zu, mit ihrem Slogan von der Leistung aus Leidenschaft, und verspricht dem umworbenen Anleger sagenhafte 2,5 % Sparzinsen, ohne auch nur mit einer Silbe zu erwähnen, dass höhere Sparzinsen nur deshalb nicht gezahlt werden können, weil diese das Renditeziel der Eigentümer der Bank, nämlich eine Kapitalrendite von 25 Prozent jährlich zu erreichen, gefährden würden.

Käse
mit besonders runden Ecken und besonders aromatischer Käse sowie besonders leichter Käse und besonders besonderer Käse wetteifern mit allerlei natürlichen und artifiziellen Brotaufstrichprodukten aller Art um unsere Gunst.

Teewürste,
Kräuterliköre und eingelegte Gurken, alles nach uralten Geheimrezepten, und Gefriertorten, von denen – nicht zu Unrecht – die Sage geht, keine schmecke so wie diese, wollen gekauft und verzehrt werden.

Zahncremes,
wohlschmeckende wie antibakterielle, antiplaquetuelle und antiverfärbuelle, dazu unlösbar haftende Haftcremes, unendlich zarte Handcremes, extrem faltenglättende Tag- und Nachtcremes, versprechen gesunde Schönheit und schönste Gesundheit.

Papiere von der Rolle,
reiß- und ribbelfest, wunderweich-sanft, holzfrei und chlorfrei gebleicht, verwöhnen die zarteste Haut ebenso wie 6-fach-federnd gelagerte, tiefergelegte und hinter Gittern eingesperrte Rasierklingen.

Spül- und Waschmaschinenchemie
als Tabs, als Perls und als Liquids, für die rückstandsfrei radikale und zugleich absolut schonende, ja sogar Farbe, Form und Glanz regenerierende Schmutz- und Fleckentfernung bei allen Temperaturen zwischen 15 und 95 Grad Celsius, versprechen – gender-mainstreamend – sowohl höchstes Hausmanns- als auch höchstes Hausmänninnen-Glück.

Im Briefkasten
vermehren sich die Wurfsendungen der ortsansässigen Filialen aller großen Handelsketten wie von selbst, dazwischen finden sich die Hochglanzprospekte der billigsten Optiker aller Zeiten und der schärfsten Sexshops zwischen Hildesheim und Wanne-Eickel, obendrauf, füllig und jede Woche dreimal neu, die aktuellen Sonderangebote der drei oder vier großen Supermärkte im Umkreis von 15 Kilometern – und irgendwo zwischendrin der immer wieder originelle Flyer des Pizza-Homeservices mit dem Knüller der Woche: Zur 128×96 cm Mega-Leichenschmauspizza gibt es diesmal – so lange der Vorrat reicht – eine 3-Liter- Flasche Lambrusco Landwein, garantiert europäischen Ursprungs, gratis.

Im World Wide Web
unterwegs, zwischen blinkenden, aufpoppenden, plötzlich aus den Lautsprechern losdröhnenden, der Maus impertinent ausweichenden Werbebotschaften, und zu versuchen, dennoch zum eigentlichen Ziel zu navigieren, ist eine hohe Kunst. Wer sie nicht beherrscht, wird sich immer wieder aufs Neue im Nirwana der Internetwerbung verlieren.

Werbung ist überall.
Im Fernsehen, im Rundfunk, in den Tageszeitungen, auf Plakatwänden und Litfaßsäulen, sie kriecht aus den Werbebildschirmen an den Bahnhöfen, springt uns von den Werbebildschirmen in den Wartezimmern der Arztpraxen ebenso an, wie von den als Bande benutzten Werbebildschirmen in den Stadien – und wenn gerade Saison ist, wuchern an allen Straßenecken die Plakatständer der Parteien und lassen die daraufgeklebten Kandidaten hoffnungsfroh ins Volk grinsen.

Die allermeiste Werbung ist dabei einfach nur doof, zielt mit dem Holzhammer auf archaische Triebe und niedere Instinkte, versucht die Eitelkeit des Kunden auszunutzen und wird, damit sie auch ankommt, bis zum Erbrechen
wiederholt.

Ein kleiner Teil der Werbung bemüht sich, den potentiellen Käufer mit Humor zu überlisten. Ein winziger Teil appelliert sogar an die Intelligenz der Zielgruppe, beziehungsweise an das, was die Kreativen in den Agenturen und ihre Auftraggeber dafür halten.

Werbung, die wahre und vollständige Informationen über das beworbene Produkt transportiert, die neben seinen Vorteilen auch die Nachteile anspricht, die nicht nur den attraktiv erscheinenden Preis, sondern auch die Betriebs- und Folgekosten nennt und einem potentiellen Kunden
auch einmal vom Kauf abrät, wenn das Produkt nicht für ihn passt, ist so selten, dass mir lange keine mehr unter die Augen gekommen ist.

Fakt ist, dass auch noch die fieseste und blödeste Werbung, die man uns zumutet, funktioniert.

Warum das so ist, hat Vance Packard schon 1957 in seinem vielbeachteten Buch “Die geheimen Verführer – der Griff nach dem Unbewussten in jedermann” beschrieben. An den wesentlichen Prinzipien, mit deren Hilfe die Werbung den Verstand der Konsumenten ausschaltet oder austrickst, hat sich seitdem nichts geändert.

Der gravierende Unterschied zu 1957 ist, dass heute die Reaktionen der Kunden sehr viel schneller, sehr viel besser und präziser erfasst und ausgewertet werden können, als das damals der Fall war, was eine schnelle und gezielte Optimierung der Marketingstrategie und der Werbemaßnahmen ermöglicht.

  • Plakatwände hinter denen Kameras montiert sind, die die Gesichtszüge der Passanten beim Wahrnehmen der Werbung aufnehmen und ihre Bilder an Computer senden, die diese Reaktionen auswerten,
  • Kundenkarten jeder Art, die dem Einzelhandel verraten, wer sich regelmäßig mit welchem Mix aus Joghurt, Müsli, Frischgemüse und Präservativen oder aus Fertigmenüs, Pralinen, Cognac und Erotikmagazinen versorgt, und wie sich das Einkaufsverhalten der Karteninhaber infolge neuer Werbebotschaften verändert – oder nicht,
  • Cookies und Consorten, die jeden Internetuser begleiten, seine Suchanfragen protokollieren, seine Interessen erforschen, seine Einkäufe im Netz protokollieren und festhalten, auf welche Reize er anspricht,
  • Raffinierte Instrumente zur Erfolgsmessung von Werbebotschaften in Testmärkten,
  • usw.
  • usw.

alles das ermöglicht heute eine Feinsteuerung der Werbemittel, die jedem, der sich dieser Mittel und Methoden bewusst ist, gespenstisch erscheinen muss – denn der Versuch, der allgegenwärtigen Werbung zu entkommen, ist – will man nicht auf eigene Kosten zum Eremiten umschulen – aussichtslos.

Doch die Erscheinungsformen der Werbung, denen wir tagtäglich unentrinnbar ausgesetzt sind, sind nur die Spitze des Eisbergs, die Blüten der Verlockung. Sie lassen von dem Dschungelkrieg hinter den Kulissen, von dem unerbittlichen Zwang zu immer mehr Werbung, dem fast alle Unternehmen unterliegen, nichts ahnen.

Werbung ist Krieg.

Die Sieger in diesem Krieg gehen als Marktführer vom Schlachtfeld und verdienen sich ab dann dumm und dämlich.

Die Verlierer gehen in Insolvenzen und Übernahmen, in Geschäftsaufgaben und Totalausverkäufen unter.

Die Größenordnungen
Rund 30 Milliarden Euro fließen in Deutschland jährlich in die Werbewirtschaft. Das scheint, gemessen am BIP nicht viel, gerade einmal 1,25 Prozent. Kann dieses bisschen Geld tatsächlich zur kriegsentscheidenden Größe werden?

Oh ja. Doch zunächst einmal gilt es, die wahren Relationen aufzuzeigen.

Mit den 30 Milliarden, die in Deutschland jährlich von der Werbewirtschaft verbraten werden, zielen die Wirtschaftsunternehmen nicht auf die volkswirtschaftliche Gesamtleistung, sondern fast ausschließlich auf jenen Teil, der den Konsumenten davon als Kaufkraft zur Verfügung steht. Das ist weit weniger.

Die Arbeitnehmerentgelte, einschließlich der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung machen brutto gerade einmal die Hälfte des BIP aus. Wenn Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie die zurückfließenden Transferleistungen aus dem Steuersäckel und aus den Sozialkassen berücksichtigt werden, bleiben davon als freie Kaufkraft der Konsumenten noch etwa 800 Milliarden zur Verfügung.

Feststehende Ausgaben, wie Miete und Nebenkosten, Zins und Tilgung, langfristig laufende Versicherungsverträge mindern das per Werbung erreichbare Nachfragevolumen weiter, während es durch die Vergabe neuer Kredite erweitert wird.

Ich gehe in meinen Abschätzungen davon aus, dass sich die Gesamtaufwendungen der Werbewirtschaft in Deutschland auf ein Kaufkraftvolumen von rund 600 Milliarden Euro jährlich beziehen. Mag sein, dass es 50 oder 100 Milliarden mehr oder weniger sind – das ist gar nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass das Volumen der Massenkaufkraft von nur zwei Faktoren abhängt, nämlich von den Lohnabschlüssen und vom Kreditgebaren der Banken, und durch Werbung allenfalls marginal beeinflusst werden kann.

Werbung kann folglich – mangels Einfluss auf die verfügbare Kaufkraft – kein Wirtschaftswachstum hervorbringen.

Die Theorie, Werbung alleine könne Mehr-Umsätze generieren, die zu Wirtschaftswachstum führen, ist irrig.

Werbung zielt einzig darauf ab, den Umsatz des werbenden Unternehmens und damit seinen Marktanteil zu Lasten der Konkurrenten zu erhöhen oder zumindest zu halten. Die betriebswirtschaftliche Begründung dafür ist vielschichtig. Ein wesentlicher Ansatzpunkt findet sich in der sogenannten Fixkostendegression. Das klingt kompliziert, und ist eigentlich ganz einfach.

Fixkosten sind jene Kosten, die unabhängig vom Umfang der Produktion bzw. des Umsatzes in unveränderter Höhe dauerhaft anfallen. Das Gegenteil sind die variablen Kosten, die jedem einzelnen erzeugten Produkt, hauptsächlich in Form von Material- und Lohnkosten, direkt zugerechnet werden können.

Die verheerende Wirkung der Werbung auf den Markt.
Dargestellt an einem fiktiven Beispiel:

Hat ein Unternehmen einen Investitionskredit von 5 Millionen Euro aufgenommen und muss dafür jährlich 300.000 Euro Zinsen zahlen, dann handelt sich bei den Zinsen um Fixkosten. Auch die Abschreibung für die Investitionen, die 10 Jahre lang jährlich 500.000 Euro ausmacht, gehört zu den Fixkosten, die vollkommen unabhängig davon anfallen, wie viel produziert und verkauft wird.

Nehmen wir an, dieses Unternehmen verkauft hochwertige Regenschirme zum Preis von 15 Euro pro Stück an den Fachhandel,
nehmen wir weiter an, das Unternehmen muss pro Regenschirm Material- und Energiekosten in Höhe von 2 Euro sowie Lohnkosten in Höhe von 3 Euro aufwenden.

So bleibt (wenn wir alle anderen Kosten ausklammern) pro Schirm ein sogenannter “Deckungsbeitrag” von 10 Euro. Diese 10 Euro pro Schirm müssen nun zunächst verwendet werden, um die Fixkosten in Höhe von 800.000 Euro jährlich zu decken.

Das wiederum bedeutet:

  • erst wenn 80.000 Schirme verkauft sind, sind die 800.000 Euro Fixkosten von den “Deckungsbeiträgen” gedeckt.
  • Bis zum Schirm Nummer 79.999 macht das Unternehmen Verlust.
  • Erst mit Schirm Nummer 80.000 schreibt das Unternehmen eine schwarze Null.
  • Doch ab Schirm Nummer 80.001 wirft jeder weitere verkaufte Schirm 10 Euro Gewinn ab.

Nehmen wir nun an, unser Schirmproduzent könnte – aufgrund der Qualität seiner Produkte, die ihnen den Platz in den Regalen der Schirmfachgeschäfte sichert – ohne jeden Werbeaufwand pro Jahr 120.000 Schirme absetzen, so ergibt sich ein Jahresgewinn von 400.000 Euro.

Damit ist unser Schirmfabrikant recht zufrieden, er legt die Hände in den Schoß und freut sich seines Daseins.

Da schlägt er eines Tages, es ist Ende Oktober, seine Lieblings-Illustrierte auf. Und was springt ihm ins Gesicht? Eine ganzseitige Farbannonce der fernöstlichen Konkurrenz, mit der die neuen, modischen Modelle der Herbst- und Winterkollektion angepriesen werden.

Das macht ihn unruhig.
Für eine angemessene Reaktion sei es bereits zu spät, erklärt der stellvertretende Direktionsassistent einer namhaften Werbeagentur. Die Kampagne der Konkurrenz, die sich ja nicht auf diese eine Illustrierte und diese eine Ausgabe beschränkt, erreiche gut und gerne 70 bis 80 Prozent der Zielgruppe, meint er, und diese Zielgruppe sei eine modebewusste Zielgruppe, die auf neue Trends schnell reagiert und sich von der gut gemachten Kampagne sicherlich beeinflussen lässt – für heuer sind die Schirme verkauft. Aber für nächstes Jahr könne man miteinander eine eigene Kampagne entwickeln, um dem Verlust an Marktanteilen, der sicherlich zu erwarten ist, kraftvoll und kreativ entgegen zu treten.
Tatsächlich geht der Schirmabsatz unseres Herstellers in diesem Krisenjahr auf knapp unter 80.000 Stück zurück. Statt 400.000 Euro Gewinn schreibt er einen kleinen, aber dennoch schmerzhaften Verlust.
Die Agentur entwickelt ein Konzept – und stellt dafür 60.000 Euro in Rechnung. Für die Realisierung der Kampagne, die über vier Wochen lang, von Mitte Oktober bis Mitte November mit vielen intelligenten, viertelseitigen Farb- und Schwarz-Weiß-Anzeigen in ausgewählten Printmedien laufen soll, werden rund 340.000 Euro veranschlagt.

Die Bank des Schirmfabrikanten bewilligt einen auf ein Jahr Laufzeit begrenzten Kredit über 400.000 Euro – und weil das Risiko hoch ist, werden 10% Zinsen vereinbart.
Die Folge ist:
Die Fixkosten steigen von bisher 800.000 Euro auf 1.240.000 Euro.
Es müssen nicht mehr 80.000 sondern 124.000 Schirme verkauft werden, um die stückzahlunabhängigen Kosten, die jetzt auf 1,24 Millionen Euro gestiegen sind, bezahlen zu können, und
um den ursprünglichen Jahresgewinn von 400.000 Euro wieder zu erreichen, müssen 164.000 Schirme verkauft werden.
164.000 Schirme entsprechen aber einem Marktanteil von beinahe 20 Prozent im Segment höherwertiger Markenschirme, die zu Ladenpreisen zwischen 39 und 89 Euro zum Verkauf kommen. Das ist in einem Markt, den sich ein rundes Dutzend in- und ausländischer Hersteller teilen, ein verdammt großer Happen, um den hart gekämpft wird.
Aber lassen wir unseren Schirmfabrikanten mit Hilfe seiner Werbeagentur die Schlacht dieses Herbstes gewinnen.

Besser als erwartet werden seine Schirme nachgefragt, insgesamt werden sogar 194.000 Schirme verkauft.
Der Gewinn ist gestiegen,
allerdings nicht um 300.000 auf 700.000 Euro, wie erwartet, sondern nur um rund 150.000 auf 550.000 Euro. Es mussten neue Mitarbeiter eingestellt werden, die in der Anlernzeit noch nicht die volle Leistung erreichten, es gab Engpässe in der Materialversorgung, die durch teure ad hoc Einkäufe bei unbekannten Lieferanten überbrückt werden mussten, die Umstellung auf den 2-Schicht-Betrieb hat den Wartungsaufwand für die Maschinen erhöht und die Standzeiten der Werkzeuge verkürzt – und, was besonders schmerzt, der Anteil der Schirme, die wegen fehlerhafter Verarbeitung als Ausschuss entsorgt werden mussten, ist von 0,3 Prozent auf über 4 Prozent gestiegen. Trotzdem kam es zu einem Anstieg der Reklamationen und der Garantieleistungen.
Was hat die Werbung bewirkt?
Eine Hinwendung der Zielgruppe zu den Schirmen des Herstellers X – und die Abwendung der Zielgruppe von den Produkten der Hersteller A, B, C, … bis Y.
Die Konkurrenz hat insgesamt 74.000 Schirme weniger verkauft als in normalen Jahren und damit etwa 740.000 Euro weniger verdient.
Der Hersteller X hat 74.000 Schirme mehr verkauft, als in normalen Jahren und damit etwa 150.000 Euro mehr verdient.
Insgesamt hat die Branche ein schlechteres Geschäft gemacht als in den normalen Jahren vor dem Beginn des Werbungskrieges.
Der eigentliche Gewinner ist die Werbewirtschaft, die ein Umsatz-Plus von 400.000 Euro erzielen konnte.
Der Zwang zum Weiterwerben und weitere Zwangsläufigkeiten

Ein Wettbewerber, dessen Schirme zwar von hoher Qualität waren, aber fern aller modischen Strömungen seit Jahrzehnten in den gleichen Varianten von grau-uni, grau-gewürfelt, anthrazit-uni und anthrazit-fischgrät produziert und vermarktet wurden, hat aufgegeben. Das entspannt den Markt ein bisschen.
Drei weitere Wettbewerber hoffen einfach darauf, dass sich der Markt in der nächsten Saison normalisieren wird.
Sechs Wettbewerber beschließen, mit massiven Preissenkungen in den Markt zu gehen – und die asiatische Konkurrenz verdoppelt ihren Werbeetat und senkt die empfohlenen Ladenpreise um durchschnittlich 30 Prozent.
Unser Schirmhersteller hat dies von seiner Werbeagentur über deren Buschfunk erfahren, außerdem muss er ständig Anfragen von Fachhändlern nach seiner Preisliste für die neue Saison beantworten, da man seine Schirme nur noch ins Sortiment nehmen könne, wenn er sich den veränderten Marktpreisen einigermaßen anpasse.
Die Lage ist bedrohlich.
Letztlich wird beschlossen, die erfolgreiche Kampagne des Vorjahres mit leichten Modifikationen zu wiederholen, was wiederum 400.000 Euro + 40.000 Euro Zinsen kosten wird, und den Abgabepreis der Schirme um 20 Prozent von 15 auf 12 Euro zu senken, um den Handel nicht zu verprellen.
Das heißt, der Deckungsbeitrag pro Schirm sinkt von 10 auf 7 Euro.
Um die Fixkosten von 1,24 Mio Euro zu decken, müssen also 177.143 Schirme verkauft werden. Selbst wenn der Rekordumsatz des Vorjahres mit 194.000 Schirmen wieder erreicht werden sollte, sinkt der Jahresgewinn von 550.000 auf 118.000 Euro.
Da eine weitere Steigerung des Werbeetats nicht möglich ist, schon alleine weil die Bank sich weigert, die Kreditlinie auch nur um einen Cent zu erweitern, wird ein Kostensenkungsprogramm beschlossen.
Die Personalkosten, die im Vorjahr eine Höhe von 582.000 Euro erreichten, müssen um 200.000 Euro auf 1,97 Euro pro Schirm sinken, die Materialkosten von zuletzt 398.000 Euro sollen um mindestens 82.000 Euro auf 1,63 Euro pro Schirm fallen, so dass ein Deckungsbeitrag von 8,40 Euro pro Schirm verbleibt und bei unverändertem Umsatz wenigstens wieder mit einem Gewinn von 400.000 Euro gerechnet werden kann.
Man beschließt, die Materialkosteneinsparung durch Materialeinsparung zu realisieren. Die Schirmflächen werden um 10 Prozent reduziert, das wiederum ermöglicht eine Verkürzung wesentlicher Teile der Aufspannmechanik, kleinere Schirmhüllen usw., und es wird eine leichtere Stoffqualität gewählt.
Durch Vereinfachung der Fertigungsprozesse, insbesondere durch den Wegfall von Prüfschritten während der Herstellung, wird es möglich, die Produktivität der Mitarbeiter soweit zu erhöhen, dass insgesamt 6 Arbeiter und ein Qualitätskontrolleur freigestellt werden können.
Die Kostenziele werden erreicht. Die Umsatzziele nicht.
Trotz aller Anstrengungen können nur 120.000 Schirme verkauft werden. Dem Gesamtumsatz von 1.440.000 Euro stehen Personalkosten von 382.000 Euro, Materialkosten von 316.000 Euro, Werbeaufwand von 400.000 Euro, Abschreibungen von 500.000 Euro und Zinslasten von 340.000 Euro gegenüber.
Es ergibt sich ein Verlust von 498.000 Euro – und im Lager stehen 74.000 unverkäufliche Schirme.
Im nächsten Sommer wird das Unternehmen an einen großen, international agierenden Konkurrenten verkauft. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Werbung ist Krieg.
Den Konsumenten fällt dabei die Rolle von Bomben, Minen und Sprengfallen zu, und die Werbung liefert die Zünder, mit denen diese Sprengsätze zur Explosion gebracht werden.

Die Konsumenten, denen man einredet, blöd zu sein, wenn sie nicht den Sirenengesängen der Werbung folgen, sind natürlich auch dann nicht blöd, wenn sie ihnen folgen. Sie sind nur kurzsichtig.

Und so zerstören sie in ihrer Kurzsichtigkeit, mit dem guten Gefühl, eine gute, preiswerte Wahl getroffen zu haben, den Markt, die Vielfalt und den Wettbewerb.

Erst sind die Tante-Emma-Läden gestorben, dann die kleinen, kompetenten Fachhändler, jetzt kracht es bei den Großen. Baumärkte und Möbelhäuser, Drogeriemarkt- und Buchhandelsketten, Lebensmittelgroßverteiler, Schuh-Discounter, altmodische Kaufhäuser und Versandhändler sind angetreten, um die letzte große Schlacht um den Markt Europa auszutragen – im realen und im virtuellen Laden.

Von den Werbekampagnen der schon übergroßen Anbieter willenlos getrieben, wählen die Kunden – wie die dümmsten Kälber den Metzger – ihren künftigen Monopolisten selber.

Machen Sie endlich die Augen auf!

Großer Werbeaufwand ist kein Qualitätsmerkmal!

Schauspieler, die in Werbefilmen beglückt die Augen verdrehen, wenn sie sich das beworbene Produkt in die Haare schmieren, werden für diese Rolle engagiert und bezahlt. Die nehmen das nicht selbst!

Sportler, die sich vor den Karren der Werbung spannen lassen, haben womöglich ihr ganzes Leben lang hart trainiert, um auf dem Umweg über die Goldmedaille zum bestbezahlten Werbeschauspieler mutieren zu dürfen.

Gute, nützliche und preiswerte Produkte verkaufen sich von selbst, solange sie nicht mit Hilfe aggressiver Werbung von schlechten, unnützen und überteuerten Produkten verdrängt werden, von Produkten die sich ohne massive Werbung gar nicht verkaufen ließen.

Versuchen Sie doch einfach einmal,
beim nächsten Einkauf nur solche Produkte in den Wagen zu legen, die Ihnen noch nie in der Werbung begegnet sind.

Und dann schreiben Sie einen Erfahrungsbericht über die Produkte, die Sie neu für sich entdeckt haben – beleben Sie die Mund-zu-Mund-Propaganda im Internet.


Zum Schluss eine wahre Geschichte:

Es war einmal eine Vertreterversammlung einberufen worden.

Der Vertriebsvorstand und seine Außendienstler mussten sich vom Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft übel beschimpfen lassen, weil sie die Verkaufsziele weit verfehlt hatten.

Da fingen die Vertreter an zu klagen:

  • Wenn wir gute Produkte hätten, die einen klaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz bieten,
  • wenn wir Produkte hätten, deren Qualität anerkannt und durch Garantien abgesichert ist, oder
  • wenn wir wenigstens Produkte hätten, die nur so gut sind, wie die der Konkurrenz, aber entschieden billiger –

dann könnten wir die Verkaufsziele erfüllen.

Da erhob sich der Vorstandvorsitzende, trat ans Rednerpult und sprach:

Sie sollten dankbar sein, dass Sie die Gelegenheit haben, genau die Produkte zu verkaufen, die wir im Angebot haben.
Hätten wir die Produkte im Angebot, die Sie sich wünschen, meine Herren, dann bräuchte ich Sie nämlich nicht.

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Blick durchs Netz: McDoofs Verdummungskampagne, Milchmädchenrechner und die Rendite der Entmenschlichung

Reklame macht ja nicht nur doof, sie ist auch doof. Je größer der dahinter stehende Konzern, desto Gehirnwäsche, behaupte ich mal so frei von der Leber weg. Ein „schönes“ Beispiel liefert dafür gerade McDonald’s mit ihrer neuen Kampagne, in der sie die Grandezza ihrer Fritten- und Buletten-Jobs anpreisen, und das in einer Art, die so peinlich und dumm ist, dass ich den Clip hier sogar zeige (ist nämlich eindeutige Anti-Werbung):

Bleib passiv! kommentiert das alles sehr zutreffend – „McJob“:

“Mit 65 WIEDER arbeiten und das bei MC Donald’s? Aber es macht mir sooo vieel Spaß…”

Die Botschaft der Kampagne, die ähnlich bereits 2006 in Großbritannien lief: Das ach so freundliche Familienunternehmen hat ein riesiges Herz für die ganze Familie und bietet derart gute Arbeitsbedingungen, dass auch erfahrene Arbeitnehmer zufrieden sind.

Die Wahrheit: Die zunehmende Altersarmut in Deutschland zwingt schon heute viele ältere Menschen dazu, sich neben der Rente etwas hinzuverdienen zu müssen. Schwarz-Gelb-Rot-Grün machen’s möglich – die Industrie freut sich öffentlich. Diese Werbung ist noch geschmackloser als der angebotene Fraß. Wer hätte gedacht, dass das überhaupt möglich ist…

milchmaedchenrechner-schraeg-600px1-265x265Wollen wir mal hoffen, dass die Rechnung von McD nicht aufgeht – aber bei solch vertrackten Situationen hilft vielleicht der Milchmädchenrechner, das neueste Ultramegatiptopangebot des Antipreneurshops, beliebt sicher auch bei allen Politikern mit Schönrechenkünsten:

In Zeiten von Wirtschaftskrise und Milliardenkrediten darf einem der eigene Taschenrechner keinen Strich durch die Rechnung machen. Darum ist der Milchmädchenrechner ideal für alle, die große Summen zu verschleudern haben: Auf dem Maxi-Display haben Zahlen mit bis zu zwölf Stellen Platz. Da macht selbst das Schuldenmachen Spaß.

Mit seinem erweiterten Tastenfeld macht es der Milchmädchenrechner zum Kinderspiel, Fünfe gerade sein zu lassen. Zum Funktionsumfang gehören praktische Helferlein wie die „Devisenkreislauf“-Taste, „20 Prozent teurer“ und die ebenso neue und unverzichtbare Funktion „Pi mal Daumen“. (…)

Apropos Regierung und Schulden – die famosen Pläne von Schwarz-Gelb, den Atomausstieg voranzutreiben, erhalten neuen Gegenwind, diesmal sogar von dem von der FDP doch vermeintlich so liebkosten Mittelstand, wie die ZEIT berichtet (man beachte dazu auch die Leserkommentare!) „Die Stadtwerke bocken“:

(…) Große Stadtwerke haben am Dienstag in Berlin die Pläne der Bundesregierung zur Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken kritisiert. Sie fürchten, dass der Wettbewerb auf den Energiemärkten dadurch massiv behindert werde. “Wir sind gegen eine exklusive Technologie in exklusiven Händen”, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Hannover, Michael Feist. “Es darf durch eine Laufzeitverlängerung keine wettbewerbsverzerrenden Folgen geben.” (…)

(…) Wie die Politik allerdings erfolgreich Anreize zu mehr Wettbewerb und zum Ausbau der erneuerbaren Energien setzen will, wenn sie zugleich eine Laufzeitverlängerung beschließt, sagte Brüderle nicht. Weiterhin ist offen, wie ernst er seine Wettbewerbsforderungen tatsächlich meint. Das geplante Entflechtungsgesetz, das die Marktmacht großer Konzerne brechen soll, spielte Brüderle herunter: Es werde kein “Lex Energiewirtschaft” sein, sagte er. (…)

Von der FDP gibt’s also nichts Neues zu hören, die leben immer noch in ihrer idealisierten Welt von vor 20–30 Jahren. Überraschend hingegen ist, was die Financial Times Deutschland unlängst schreibt – in „Das Kapital: Die Rendite der Entmenschlichung“ werden Töne angeschlagen, wie man sie von so wirtschaftsnaher Presse kaum erwarten würde:

In der Freizeit konsumieren wir, und während der Arbeitszeit steigern wir unsere Produktivität dermaßen, dass wir morgen noch mehr unnützes Zeugs kaufen können. Die Schwachen bleiben auf der Strecke: Aus der ökonomischen wird eine Sinnkrise: Und die Anleger schauen wie immer weg. (…)

(…) Gleichwohl verlangt unser ökonomisches System – und noch kennen wir kein besseres -, dass wir unablässig mehr konsumieren, damit Massenarbeitslosigkeit und Verelendung abgewendet werden können. So wird aus der ökonomischen eine Sinnkrise, von der Ausbeutung der Erde mal ganz zu schweigen. Was wir wohl eigentlich bräuchten, wäre eine ökonomische Theorie des Schrumpfens. Unter anderem müsste sie vermutlich daran ansetzen, dass wir in der Schule nicht mehr nur den Nachwuchs der Produzenten und Konsumenten großziehen, sondern Menschen das Menschsein lehren. (…)

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Der Public Eye Award 2010

public-eye_Durch Ina von Bloggerpatenschaften wurde ich gerade noch rechtzeitig auf die derzeit (bis zum 26. Januar) laufende Abstimmungsphase zum Public Eye Award 2010 aufmerksam gemacht, mit dem Konzerne, die sich besonders um Ausbeutung, Umweltzerstörung und Vertuschung „verdient“ gemacht haben, „ausgezeichnet“ werden. Wer mitmachen möchte, bitte >> hier entlang. Auf jeden Fall wird es einen „würdigen“ Preisträger geben, wenn man sich die nominierten Firmen und ihr Sündenregister so anschaut…

Unternehmensverantwortung hier und jetzt

Mit den Public Eye Awards (vormals Public Eye on Davos) haben die Erklärung von Bern (EvB) und Pro Natura seit 2000 vor Ort einen kritischen Kontrapunkt zum Jahrestreffen des WEF in Davos gesetzt. An Stelle von Pro Natura trat 2009 neu Greenpeace Schweiz an die Seite der EvB als Trägerorganisation. Zusammen zeigen wir den Akteuren der Weltwirtschaft, dass Menschen und Umwelt verachtende Geschäftspraktiken Konsequenzen haben – primär für die davon Betroffenen, aber auch für das Firmenimage.

Die übelsten Unternehmen des Jahres erhalten von uns Schmähpreise. Zwei davon (die Kategorien «Global» und «Swiss») werden von einer internen Fachjury und der «People’s Award» per Internet-Abstimmung vom Publikum verliehen. Ab 2010 vergeben wir zudem einen «Greenwash Award», um der inflationär wachsenden Zahl an Institutionen Rechnung zu tragen, die mittels sozial-ökologischer Feigenblätter versuchen, das Image unbelehrbarar Konzerne schön zu färben.

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Na, erinnert sich noch jemand an die Schweinegrippe? Die „Pandemie“, die quasi die gesamte Bevölkerung ausrotten sollte und vor der wir nur sicher wären, wenn wir uns alle (vor allem die „Risikogruppen“ – und wer wäre das in dieser kranken Gesellschaft inzwischen nicht?) impfen ließen. Dummerweise half auch intensive Impfpropaganda von Seiten der Medien und Politik nicht so recht, die Länder bleiben auf den Impfstoffen massenweise sitzen. Aber egal, die Pharmaindustrie hat ihr Geschäft gemacht, nun wird es also Zeit, die nächste Sau durch’s Dorf zu treiben (sozusagen). Diese Krankheit ist natürlich sooo 2009, aber dennoch will ich sie hier noch einmal im Zusammenhang mit der Pharmalobby thematisieren. Das ARD-Magazin PlusMinus brachte nämlich im letzten Herbst einen interessanten Beitrag, der das ganze Pandemie- und Impfgerede in die richtige Perspektive rückt.

Transparency International Deutschland schrieb dazu (via Politische Unklarheiten):

Die […] Angaben vom März 2009 zeigen, dass die Mehrzahl der derzeit 16 Mitglieder [der Ständigen Impfkommission] mehr oder minder intensive Kontakte, darunter auch bezahlte Tätigkeiten, zu den wichtigsten Herstellern von Impfstoffen haben.

http://www.transparency.de/2009-09-14-Schweinegrippe.1494.0.html

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Wie man sich gegen Reklame, PR und andere Propaganda zur Wehr setzt – Teil 2/2

Dies ist Teil 2 meiner gestern begonnenen Übersetzung des Artikels „Counter-Propaganda Axioms“. (>> Teil 1)

Grundsatz 2: Wenn sie es herunterspielen, dreh auf/bohr nach („intensify“)

schlachDieser Grundsatz empfiehlt Wachsamkeit, Wissbegierde und aktives Engagement als angemessene Reaktion in manchen Situationen.

Überzeuger verschweigen oft die Nachteile, Probleme und negativen Auswirkungen, die im Zusammenhang mit ihren Angeboten stehen. Menschen, die in Firmen oder Regierungen an den Hebeln der Macht sitzen, versuchen oft, ihre Fehler, Inkompetenz, Verbrechen und Missbräuche zu vertuschen.

Die Motive für solche Auslassungen sind schwierig zu bewerten. Selbst wenn keine bösartigen Motive vorliegen, wird jeder versuchen, sich so gut wie möglich darzustellen und seine Schokoladenseite zu zeigen: das heißt, die eigenen „guten Seiten“ herauszustellen und die „schlechten“ herunterzuspielen. Statt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was die Motive oder Absichten der anderen sind, sollten Sie annehmen, dass ihre schlechten Seiten nicht beworben oder offen dargestellt werden. Machen Sie sich mehr Sorgen über die Konsequenzen: deren „Gutes“ muss nicht Ihr „Gutes“ sein.

Beim Kauf von Produkten besteht Nachforschung manchmal einfach im Lesen eines Etiketts, im Preisvergleich, dem Befragen eines früheren Besitzers, dem Gebrauch eines Verbraucherratgebers, Ausprobieren usw. Einige Situationen sind sehr viel komplexer. Verschiedene Intensitäten an Nachforschung sind angebracht: ein Autokauf erfordert mehr Sorgfalt als der eines billigen Schmuckstücks. Betrug, Täuschung, Fehlinterpretationen und Fehler existieren und neigen dazu, im Verborgenen/Dunkeln zu gedeihen. Hier sind wiederholte Beschwerden in er Regel effektiver als Einzelfälle; aufmerksamkeitserregende öffentliche Anprangerungen sind oft effektivere Reaktionen als private Beschwerden. Das quietschende Rad bekommt in der Regel das Öl!

Herunterspielen im politischen Bereich zu durchdringen ist in der Regel erheblich schwieriger. Die meisten Menschen haben nicht die Zeit, das Talent oder die Gelegenheit, komplexen Vertuschungen auf den Grund zu gehen. Aber als Bürger können wir, wenn wir uns dieser Problematik bewusst sind, eine freie Presse, investigative Journalisten, Gesetze zur Offenlegung und die Grundrechte von Reformern und Kritikern unterstützen. Das Establishment versucht normalerweise ihre Kritiker und Reformer als Verrückte, tückische Sonderlinge, unzuverlässige Nörgler, naive Fanatiker, opportunistische Gegner usw. zu bezeichnen. Einige Leute mögen zwar in diese Kategorien fallen, aber die Rolle der Reformer, die Funktion progressiver Kritiker ist es, das „Schlechte“ anzugreifen und oftmals das offenzulegen, was die Führungsschicht gerne unter den Teppich kehren möchte.

Weglassen und „freie Wahl”
Das Weglassen relevanter Informationen beeinflusst unseren Entscheidungsprozess. Wirkliche „freie Wahl“ hängt stark davon ab, dass wir alle Optionen, die gesamte Situation, sowohl die Vorteile wie auch die Nachteile, kennen, so dass wir diese verschiedenen Einflussfaktoren abwägen können, gute wie schlechte. Aus diesem Grunde muss die Information, die wir von anderen erhalten (Werbern oder Politikern) nicht nur der Wahrheit entsprechen, sondern auch adäquat/angemessen sein. Trotz des jüngsten Interesses an irreführenden Weglassungen und politischen Verschleierungen (von Nixons Watergate über Clintons Monica bis hin zu den Irak-Kriegen) hat niemand eine umfassende Analyse der Techniken des Verschweigens vorgenommen. Dennoch gibt es einige nützliche Dinge, die man dazu sagen kann und einige hilfreiche Arten, sich diesem schwierigen Thema zu nähern:

Weglassung – etwas, das nicht gesagt oder nicht getan wird – ist sehr schwer zu analysieren und sehr schwer zu entdecken. Zunächst sollte man nach negativen Folgen und den mit ihnen im Zusammenhang stehenden Gründen schauen. Bedenken sie auch, dass Weglassungen dynamisch sind, nicht statisch [Anm. PM: Hier gibt es im Original noch den Link zu einem weiteren Artikel von Prof. Rank, den ich dann demnächst vermutlich übersetzen werde]. Aussparungen sind Teil des Kommunikationsprozesses, den ALLE Menschen zu ihrem Vorteil zu nutzen versuchen. Auch Empfänger lassen oft Teile weg. sie „filtern“ oder „blockieren“ das „Schlechte“ – die Ideen und Fakten, die sie nicht hören wollen; sie können „selektives Hören“ betreiben, Vorurteile haben oder engstirnig sein, sie können leugnen (oder die Augen vor der Wahrheit verschließen oder sich selbst belügen), indem sie „den Fakten“ oder „der Realität“ nicht „ins Auge blicken“. Konsumenten ignorieren in ihrer Gier nach Besitzt oftmals die Probleme wie Schulden oder sinnlose Käufe. Bürger und Wähler sind oftmals blind für die Schwächen ihrer eigenen Partei oder Politik.

Cui Bono? (Wem nützt es?)

Der grundlegendste Gegenschlag zu jeder wichtigen Weglassung ist Enttarnung/Enthüllung: Wir müssen wissen, wer einen Vorteil davon hat, wer profitiert, wer gewinnt. Cui bono?

Deshalb ist es vernünftig, investigativen Journalismus, Whistleblower [das sind Mitarbeiter von Firmen, die Missstände nach außen hin bekannt machen; Anm. PM] und gute Offenlegungs-Regulierungen zu unterstützen, die von Regierungsstellen im Namen des Allgemeinwohls getroffen werden; durch Gewaltenteilung innerhalb der Regierung (wie Generalinspektoren und Ombudsmänner).

Unlängst hat der amerikanische Bundesgerichtshof in einer 5:4 Entscheidung, in der es um Whistleblower ging, sich dafür ausgesprochen, dass Regierungsmitarbeiter nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind. (Lesen Sie sich die unmittelbaren Reaktionen beider Seiten durch – Zitate von Associated Press – und verfolgen Sie die späteren Entwicklung im Internet.) [Anm. PM: Eigentlich eine Sauerei, diese Entscheidung des Gerichts, denn damit wird Duckmäusertum im politischen Bereich gefördert…]


Einige unerwünschte Reaktionen, die eine angemessene Verteidigung für den Einzelnen in gewissen Situationen darstellen, sind:

  • In Frage stellen
  • Beschweren
  • Vergleichen beim Einkauf
  • Klarstellen, Strukturieren
  • Demonstrieren, Streikposten aufstellen
  • Budgetanalyse
  • Prozessieren, Verklagen
  • Sich Reformgruppierungen anschließen
  • Nachforschungen unterstützen
  • Wählen
  • Whistle-blowing
  • Briefe schreiben

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Zwei Fernsehtipps: „Verführer Supermarkt“ und „Geld für alle!“

Schnell zwei Tipps für alle TV-Gucker – heute Abend (Di., 19.1.) um 23:15 22:30 Uhr läuft im NDR die Doku „Verführer Supermarkt“:

Jeder Deutsche kauft durchschnittlich dreimal wöchentlich ein. Doch was landet in seinem Einkaufswagen und weshalb? Eine Spurensuche nach Mogelpackungen, Qualitätsmängeln und verdeckte Preiserhöhungen.

Für “45 Min”, das neue Dokumentationsformat im NDR Fernsehen, sind die Autoren Carsten Rau und Hauke Wendler in die Welt hinter den Einkaufsregalen eingetaucht. Sie haben Märkte besucht, die Auszeichnungen erhalten haben, vor allem aber Umsatz machen sollen. Sie haben Kaufleute getroffen, die Mogelpackungen kritisieren und sie dennoch in ihren Märkten anbieten. Und immer wieder haben sie eine Antwort gehört: “Der Kunde kann doch selbst entscheiden.” – Kann er das wirklich?

Die aufwendig realisierte Dokumentation zeigt erstmals auch neue Technologien aus der Marktforschung. Virtuelle Einkaufswelten, in denen jeder Blick, jeder Griff ins Regal analysiert wird. Zum Wohle des Kunden, sagen die Marktforscher. Um ihnen noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, kritisieren Verbraucherschützer.

Und morgen (Mi., 20.1.) gibt es um 23:30 Uhr in der ARD die Sendung „Geld für alle!“:

US-Städte verwahrlost, Dubai “pleite”, Spekulanten im Gold- und Zinsrausch, Unternehmer in der Kreditklemme. Die deutsche Kanzlerin ist sauer auf ihre Banker, der Bundespräsident besorgt. Die “Bad Boys” agieren – die “Bad Banks” reagieren. Was hat sich seit der globalen Finanzkrise eigentlich geändert – außer, dass die Staaten unglaublich viel ärmer geworden sind und die Schaffenden um ihre Jobs bangen? Warum scheinen alle nationalen und internationalen Regeln nicht zu greifen? Die Experten streiten über Folgen der Finanzkrise und über neue Chancen. Die Politiker laborieren an den Symptomen. Frage nur: Ist unser Finanzsystem im Kern überhaupt “gut und funktional”? Gehen wir mit unserem Geld richtig um? Und taugen Begriffe wie “Wachstum” und “Arbeit” noch als praktische Symbole für den Weg in eine bessere Welt?
Die beiden ARD-Reporter und -Präsentatoren Tobias Schlegl und York Pijahn machen sich auf die Suche nach Alternativen. Gibt es realistische Möglichkeiten, den Zyklus der Krisen zu mildern, gar zu sprengen?

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Wie man sich gegen Reklame, PR und andere Propaganda zur Wehr setzt – Teil 1/2

Vor einer Weile begann ich ja schon mal mit der Übersetzung der Artikel zur Persuasion Analysis von Prof. Hugh Rank von der Governors State University in Illinois (>> „What’s wrong with advertising? Teil 1“). Bevor ich diese Artikelserie fortsetze, möchte ich mir heute einen Kernpunkt der Website von Prof. Rank vornehmen, und zwar „Counter-Propaganda Axioms“ (zu deutsch „Grundsätze der Gegen-Propaganda“), in dem er aus wissenschaftlicher Sicht die Beeinflussung durch Reklame und PR betrachtet und zwei grundsätzliche Arten des Widerstands gegen diese Propaganda vorstellt. Thematisch passt das also perfekt in den Konsumpf!


Grundsätze der Gegen-Propaganda

Zwei grundlegende Prinzipien für den Einzelnen, dem Druck der Propagandafeldzüge professioneller Verführer zu begegnen:

Grundsatz 1: Wenn sie Druck aufbauen, nimm den Schwung heraus („downplay“)
Grundsatz 2: Wenn sie es herunterspielen, dreh auf/bohr nach („intensify“)

something_on_your_mind_2Unter Propaganda verstehe ich hier organisiertes Überzeugen: sowohl Werbung und Public Relation wie auch politische und staatliche Versuche, uns zu überzeugen. Propaganda versucht Reaktionen bei den Menschen, die die Zielgruppe darstellen, hervorzurufen (jetzt oder später). Zwei allgemeine Kategorien sind: Befehls-Propaganda, die eine spezielle, sofortige Reaktion bewirken soll: „Kaufe dies… Tu das… Wähle… Mach mit… Kämpfe…“ (Jetzt!) Konditionierende Propaganda zielt darauf ab, die öffentliche Meinung, Verhalten und Annahmen zu formen, auf einer langfristig angelegten, breitgefächerten Basis, oft als Vorspiel für Befehls-Propaganda (später).

Unter Gegen-Propaganda verstehe ich hier den Versuch, den Einzelnen vor einem Propagandafeldzug beliebiger organisierter Verführer zu impfen oder zu immunisieren: von jedem Werbetreibenden, von jedem Politiker (links oder rechts) oder von irgendwelchen Regierungen (der eigenen oder ausländischen). Sie dürfen annehmen, dass die professionellen Überzeuger in Zukunft noch geschickter und organisierter werden als im Moment, so dass sie ein immer stärker zunehmendes Ungleichgewicht zwischen den professionellen Überzeugern und dem durchschnittlichen „Überzeugten“ – dem normalen Bürger – erzeugen.

Diese Gegen-Propaganda-Grundsätze sind Mittel zum Zweck – eine defensive Strategie oder „defensive Rhetorik“ für Empfänger. Das Ziel ist, die Situation zwischen den professionellen Überzeugern und dem Publikum anzugleichen, ein besseres Gleichgewicht zu suchen, eine Situation der Gegenseitigkeit zu erreichen, in der das Publikum sich eher auf Augenhöhe mit den Sprechern befindet. Realistische Annahmen müssen getroffen werden: Macht existiert, Schwäche existiert. Die Starken geben ihre Macht nicht freiwillig her. Totale Gleichheit wird niemals existieren. Dennoch ist ein Schritt hin zu mehr Ausgeglichenheit besser als ein Schritt weg davon.

Der amerikanische Staat war auf den realistischen Annahmen der Gewaltenteilung zwischen den verschiedenen Kräften errichtet worden. Das Ergebnis ist eine Art wackliges Gleichgewicht, ein ausgleichender Balanceakt, in der Regel von allen Teilnehmern angeprangert, immer die anderen zu bevorzugen. Wenn einige Bereiche der Gesellschaft zu mächtig werden, versuchen andere es wieder auszutarieren. Weil die organisierte Überzeugungsmaschinerie immer mächtiger und leistungsfähiger wird, muss mehr getan werden, um den Folgen zu begegnen: mehr Menschen müssen besser informiert sein und der Bildungssektor und die Gesetzgebung muss sich mehr für ein Gleichgewicht, Ausgeglichenheit, Fairness einsetzen. Deshalb ist das Ziel dieser Website, der großen Zahl der Menschen – den „Zu-Überzeugenden“ – dabei zu helfen, die vorhersagbaren Muster besser zu erkennen und zu verstehen, so dass sie besser mit den professionellen Überzeugern aller Art umgehen können.

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Grundsatz 1: Wenn sie Druck aufbauen, nimm den Schwung heraus („downplay“)

business_buddhaDieser Grundsatz empfiehlt Vorsicht, gesunde Skepsis und passiven Widerstand als angemessene Reaktion in einigen Situationen.

Verführer wollen Leute oft schnell, schnell, schnell zu einer Reaktion/Handlung drängen.

Ein Gefühl von Dringlichkeit („letzte Chance“, „jetzt oder nie“) zu erzeugen, eine Reaktion hervorzurufen und diese in eine spezielle Handlung zu kanalisieren („Kaufe dies… tu das… Komm zu uns“) sind häufige, vorhersehbare Teile des Überzeugungs-Prozesses – völlig unabhängig davon, ob das Produkt oder der „Zweck“ nun „gut“ oder „schlecht“ ist.

Nehmen Sie sich deshalb in Acht vor jeder intensiven Dringlichkeit, die eine schnelle Reaktion bewirken soll. Seien Sie vor allem in politischen Situationen skeptisch/vorsichtig, wenn irgendjemand die vermeintlichen Gefahren oder Bedrohungen durch den Gegner intensiv in den Vordergrund stellt.

Verführer wollen uns immer dazu bringen, etwas zu tun, in irgendeiner Art zu reagieren. Als Einzelner besteht unsere Waffe darin, nichts zu tun.

Nicht-Reaktion, Stille, Passivität ist oft eine sehr effektive Taktik. Wir kennen es aus Sprichworten („Schweigen ist Gold“) und aus der Literatur („Eine sanfte Antwort schreckt Zorn ab“), aber wir halten solche Stille oft für schwach oder feige. Wenn wir aber solch ein „Schwung herausnehmen“ als Teil einer Strategie sehen, können wir es besser zu schätzen wissen. Passiver Widerstand ist zum Beispiel eine extrem interessante Reaktion, die jedem Einzelnen zur Verfügung steht: denken Sie an Henry David Thoreau, Mahatma Gandhi, Martin Luther King.

Viele von uns wurden schon lange durch soziale Autoritäten (Eltern, Lehrer, Chefs, Regierungen, Werbetreibende) konditioniert, die unsere Aufmerksamkeit und unser Vertrauen verlangen. Solche Meinungsführer (inklusive Lehrer) legen hohen Wert auf enthusiastische Reaktionen durch ihr Publikum.

Aufgrund dieser allgemeinen Konditionierung benötigen manche Menschen Sanktionen, „die Erlaubnis, nein zu sagen“. Manche Leute fühlen sich schuldig, selbst wenn sie zu einem aggressiven Vertreter „nein“ sagen oder sie fühlen sich verpflichten, einem Verkäufer zuzuhören („ich wollte seine Gefühle nicht verletzen“). Weil wir darin trainiert wurden, höflich zu sein, nutzen Verkäufer dies oft zu ihrem eigenen Vorteil aus, indem sie an unsere Schuldgefühle appellieren.

Und so appelliert auch der politische Demagoge (oder religiöse oder rassistische Fanatiker) an unser Pflichtgefühl oder unsere Verpflichtungen gegenüber dem Land (oder gegenüber Gott oder einer Rasse), um uns zu einer Aktion zu bewegen.

Wenn wir die Formulierung „ein Zusammenbruch der Kommunikation“ hören, geht man normalerweise davon aus, dass eine unerwünschte Fehlfunktion stattgefunden hat. Aber solch ein Zusammenbruch kann etwas Gutes sein, wenn wir uns gedrängt, überwältigt oder überfordert fühlen: Wenn sie Druck aufbauen, nimm den Schwung heraus.

Zu den unerwünschten Reaktionen, die eine angemessene Verteidigung des Einzelnen in manchen Situationen darstellen, gehören:

  • Stille
  • Das Produkt nicht kaufen
  • Den Vertrag nicht unterzeichnen
  • Boykottieren
  • Nicht applaudieren
  • Den Telefonhörer auflegen
  • Das Zimmer verlassen
  • Die Augen schließen
  • Zu sagen „Ich schau mich nur mal um”
  • Nicht freiwillig teilnehmen
  • Nicht zuhören
  • Vom Thema abkommen
  • Ablenken
  • Triviale Fragen stellen
  • Verlangsamen, verzögern
  • Die Sache durcheinanderbringen
  • Das Falsche tun

Morgen folgt Teil 2 des Artikels mit Gegenpropaganda-Grundsatz Nr. 2.

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Bürgermeister zeigt Drogerie die rote Karte

Dem Drogeriediscountwiderling Schlecker weht derzeit der Gegenwind ordentlich ins Gesicht – selbst in der Mainstreampresse ist die unglaublich dreiste Vorgehensweise, altgediente Mitarbeiter in die Leiharbeit zu drängen, um sie hinterher zum halben Lohn wieder einzustellen, großes Thema. Dass mich so etwas freut, ist klar, denn hoffentlich wachen immer mehr Menschen auf und kaufen zukünftig woanders ein. Sehr aufbauend fand ich auch diese Nachricht „Bürgermeister zeigt Drogerie die rote Karte“ in den Nürnberger Nachrichten:

(…) Der früher selbst als Apotheker tätige Rathauschef ist nach eigenen Angaben «stinksauer» auf das Unternehmen – noch vor der Eröffnung Ende September hat Schalwig ein Zeichen gesetzt: In einer Rundmail an die Rathausmitarbeiter legte er den Angestellten nahe, künftig bei Einkäufen für die Gemeinde das neue Schlecker-XL-Geschäft zu meiden – ein Boykott-Aufruf also (…)

Das ist schon mal ein Anfang, auch wenn die sprichwörtlich schlechte Art, mit der Schlecker seine Mitarbeiter schon seit jeher behandelt, hier gar nicht zur Sprache kommt (genausowenig wie die grundsätzlichen vielen Nachteile des Discountprinzips).

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