Kategorie: Wirtschaft Seite 21 von 54

Weise Worte (24)

„Es ist geradezu das Wesen des Ökonomismus, dass er nicht schlagartig von unserer Lebenswelt Besitz nimmt, sondern schleichend, immer unterhalb der Erregungs- und Skandalschwelle. Jeder Einzelfall ist erträglich, aber in der Summe ist dann irgendwann alles von der Wirtschaft dominiert. Wer sich auf die Wirtschaft einlässt, wie es die Kunstwelt gerne tut, wird von ihr in Beschlag genommen, die Begriffe und Räume werden allmählich besetzt.“

Dirk Kurbjuweit, „Unser effizientes Leben“, 2005

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Surftipp: PPP-Irrweg – gegen Geheimverträge mit Großinvestoren

Public Private Partnership, oder auch kurz und griffig unter PPP bekannt, ist eine relativ neue Variante von Politik und Wirtschaft, mit der, unter dem Deckmantel der Finanzerleichterung für Kommunen, öffentliche Güter wie Infrastruktur und (staatliche/kommunale) Dienstleistungen Schritt für Schritt in private Hand überführt und somit oft der demokratischen Mitbestimmung entzogen werden. Schon einige Male berichtete ich in meinem Blog über die Nachteile, die mit diesem juristischen Konstrukt für die Gemeindeneinhergehen (z.B. in „PPP – vielleicht doch nicht immer so eine gute Idee“) – vor allem über die Risiken. Denn die Kommune verkauft ein öffentliches Gut wie die Wasserversorgung oder Straßen an einen Investor und mietet dieses dann sofort wieder zurück, was zunächst das Staatssäckel entlastet, denn die Mietkosten sind natürlich geringer als die Instandhaltungskosten vieler Gebäude etc. Allerdings bergen diese komplizierten und undurchsichtigen Vertragswerke viele Gefahren und geben zuweilen auch den Investoren die Macht über essentielle öffentliche Güter, über deren Verwendung die Bürger eigentlich selbst bestimmen sollten statt sie nach den Renditevorgaben der oft auch ortsfremden Investoren auszurichten.

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Regionale Währungen: Das Geld im Dorf lassen

Während das internationale Währungssystem in seinen Fugen ächzt und die Zinsbelastung des „normalen“ Geldes die Menschen im Hamsterrad immer weiter voran (und dem Abgrund entgegen) treibt, existiert mit dem Konzept des Regionalgeldes bereits seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts eine mögliche oder doch zumindest Ergänzung zum bisherigen Geldsystem. Die taz befasste sich neulich in ihrem interessanten Artikel „Das Geld im Dorf lassen“ mit den praktischen Umsetzungen und Auswirkungen der Regionalwährungen – das als kleiner Lesetipp für heute!

Einkaufen mit Parallelgeld: Im österreichischen Langenegg bezahlt man neben Euro mit “Talenten”. 150 neue Jobs sind in dem 1.100-Seelen-Ort entstanden.

(…) Einen zentralen Anteil daran hat Langeneggs eigene Währung, die die Gemeindevertreter vor zwei Jahren einstimmig eingeführt haben. Die “Talente”-Scheine mit Fotomotiven aus dem Dorf können im Lebensmittelladen, bei der Käserei, im Café, beim Tischler, dem Elektrotechniker, der Kfz-Werkstatt oder beim Frisör eingelöst werden. (…)

(…) “Am Anfang gab es einen Aufschrei: Was, schon wieder eine neue Währung”, berichtet Banker Karl Herburger. Doch er nahm sich viel Zeit, um den Sinn der Sache zu erklären. Schließlich gibt es in fast keinem Dorf von der Größe Langeneggs noch einen Dorfladen.

Erst ab 3.000 bis 5.000 Einwohnern gilt ein Geschäft als rentabel, und auch das nur, wenn der nächste Discounter weit genug weg ist. In Langenegg dagegen verdienen beim Supermarkt “Adeg” immerhin neun Leute ihr Geld, davon drei Azubis. Und auch das Geldhaus hat drei Angestellte. (…)

(…) “In der Wirtschaftskrise hat unser System deutlich profitiert”, berichtet Rolf Schilling, Vorstandsmitglied im Regiogeldverband und einer der führenden Köpfe in der Vorarlberger Tauschszene, der größten in Europa. Als die Banken auf dem Weltmarkt zu crashen drohten, sprang der Umsatz mit Talenten um 40 Prozent nach oben. (…)

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Wie die Banken den Euro verspielen und sich ihre Gesetze selber schreiben

Die Finanzkrise, wisst Ihr noch? Ein Gespenst ging um in der Welt. Düstere Prognosen machten die Runde, manche Mainstream- wie Indiemedien überschlugen sich geradezu darin, die Zukunft in den apokalyptischsten Farben zu malen (ich erinnere an die Prognose des LEAP, dass die USA im Sommer 2009 Staatsbankrott anmelden müssten); auch in meinem Blog habe ich 2008/2009 so manch unerfreulichen Ausblick gegeben (wer mag, kann sich ja mal durch’s Archiv klicken). Scheinbar ist, zumindest in Deutschland, das Schlimmste ausgeblieben – das öffentliche Leben funktioniert immer noch, wir haben Strom, Internet und fließend Wasser und auch die Supermarktregale sind nicht verwaist. Ist das nicht toll? Ein echtes Wunder, Ergebnis einer umsichtigen Politik und emsiger Arbeiter?

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Turbo-Mast überrollt Deutschland

Es ist schon sehr erstaunlich bis erschreckend – da mehren sich seit Jahren die mahnenden Stimmen, die vor zu viel Fleischkonsum warnen, die sowohl die gesundheitlichen Folgen wie auch die für die Umwelt, das Klima und nicht zuletzt die Tiere selbst thematisieren und vermehrt ins Licht der Öffentlichkeit bringen. Da wird sogar ein fleischkritisches Sachbuch – „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer –, das zu Vegetarismus animieren soll, zu einem Bestseller. Auch in den Medien machen immer wieder Skandale im Zusammenhang mit Massenkonsum und Billigfleisch die Runde. Und dennoch scheint die Expansionswut der industriellen Fleischproduktion ungebrochen zu sein, denn es werden immer mehr und immer größere Tierzuchthallten gebaut. Vermehrt machen sich auch ausländische Investoren daran, hierzulande gigantische Tier-Fabriken aus dem Boden zu stampfen, in denen zigtausende Schweine oder Hühner unter übelsten Bedingungen der Turbomast zugeführt, also in kürzester Zeit unter Einsatz von chemisch optimiertem Futter, Hormonen etc., zur Schlachtreife aufgepäppelt. Neben all den moralischen Bedenken und auch direkt gesundheitlichen Gefahren, die solch ein Industriefleisch mit sich bringt, zerstören diese Tier-KZs auch die umliegende Natur, z.B. durch eine schleichende Vergiftung des Bodens durch Ausbringung der riesigen Güllemengen, die im Produktionsprozess Tag für Tag anfallen.

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Systemalternative: Konzept Gemeinwohl-Ökonomie

Wer meinen Blog schon eine Weile verfolgt, wird wissen, dass ich mir an dieser Stelle auch immer mal wieder Gedanken darüber mache, wie eine sinnvolle und vor allem auch umsetzbare Alternative zu  unserem derzeit herrschenden kapitalistischen/marktradikalen Wirtschaftsmodell aussehen könnte. Denn dass dieses Prinzip des „immer mehr produzieren um immer mehr zu konsumieren“, weil die Wirtschaft am permanent notwendigen Wachstumstropf hängt, nicht nachhaltig ist, zeigt sich immer wieder und immer öfter, vor allem in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Das Wachstum, das Anleger und Spekulanten von „ihren“ Unternehmen erwarten, geht zu Lasten der Umwelt und oft genug zu Lasten einer vielfältigen und lebenswerten Gesellschaft, die nicht unter dem Druck der kompletten Kommerzialisierung und Vermarktung steht. Der „real existierende Sozialismus“ mit seiner staatlich gelenkten Wirtschaft („Staats-Kapitalismus“) hat sich als nicht durchführbare Variante erwiesen. Den Marktgesetzen mehr oder weniger freien Lauf zu lassen, weil die „unsichtbare Hand des Marktes“ schon alles richten wird, wenn man nur Konkurrenz, Eigennutz und Wettbewerb fördert, stehe ich ebenfalls skeptisch gegenüber, wie ich auch schon an einigen Stellen ausgeführt habe.

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Wie sich der DWS-Fonds der Deutschen Bank am „Land Grabbing“ beteiligt

Man kann ja nicht gerade behaupten, dass die Deutsche Bank zu den sympathischeren Unternehmen des Landes zählen würde. Banken haben eh spätestens seit der sog. „Finanzkrise“ (die offiziell ja vorüber sein soll) einen schlechten Ruf, den sie sich durch entsprechendes Geschäftsgebaren auch „hart“ „erarbeitet“, auf jeden Fall wohl verdient haben. Wenn ein Konzern wie die Deutsche Bank ein Renditeziel von 25% ausgibt, sollte es auch dem schlichtesten Gemüt klar sein, dass solche Raten nicht durch nachhaltiges oder umsichtiges kaufmännisches Handeln erreicht werden können, sondern letzten Endes nur durch Spekulation. Und dass diese in aller Regel nur einer kleinen Anzahl von Menschen nützt (meist den Anteilseignern/Aktionären), dafür aber auf dem Rücken der restlichen Gesellschaft erwirtschaftet wird, ist auch kein Geheimnis, auch wenn die Banken selbst dies natürlich durch Reklame und Imagekampagnen, die eine vermeintliche Kundenorientierung suggerieren, zu vertuschen versuchen. Zinsen sind ja generell eine Erfindung, die automatisch einen Umverteilungsprozess von unten nach oben sicherstellen – dies will ich in meinem heutigen Beitrag aber gar nicht thematisieren, das ist Stoff für weitere Beiträge.

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Kinderschinder – Der Preis für eine Tasse Kaffee

Irgendwie mag ich keinen Kaffee. Warum, weiß ich gar nicht so genau. Kaffee riecht toll, schmeckt mir aber nicht, ich kann nichts dagegen tun. Manch anderem Kaffeetrinker könnte der Appetit auf die nächste frisch aufgebrühte Tasse Industriekaffee aber vielleicht auch vergehen, wenn er sich die 3sat-Doku „Kinderschinder – Der Preis für eine Tasse Kaffee“ angeschaut hat. Wieder ein Grund mehr, bei seinem Konsum auf Fairtrade und Bio zu setzen, statt die großen Monopolisten (Nestlé & Co.) mit seinem Geld zu unterstützen!

Der Durchschnittsdeutsche trinkt mit fast 150 Litern pro Jahr mehr Kaffee als Wasser oder Bier. Trotz der verbotenen Preisabsprachen bekannter Röster kostet eine Tasse selbst gebrühter Kaffee oft nur etwa fünf Cent. Auf vielen Plantagen können die Arbeiter vom Lohn nicht menschenwürdig leben.

Kinderarbeit auf Guatemalas Kaffeeplantagen
Guatemala ist eine der ärmsten Kaffeeregionen, obwohl dort besonders hochwertige Bohnen angebaut werden. Die Reportage zeigt, wie Kinder auch für deutsche Röster auf Plantagen schuften, statt zur Schule zu gehen. Wie ganze Familien mit umgerechnet drei Euro am Tag zurechtkommen müssen. Und wie Kirche und Gewerkschaft in Guatemala einen schier aussichtslosen Kampf kämpfen. Denn über die Arbeits- und Lebensverhältnisse auf den Plantagen bestimmt nur einer: der Besitzer.

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The Story of Electronics – So funktioniert die HighTech-Industrie

Na, das ging ja jetzt flott – nur wenige Wochen nach The Story of Cosmetics präsentiert uns die US-Aktivistin Annie Leonhard mit The Story of Electronics eine weitere animierte Kurzdoku im Rahmen ihres ambitionierten The Story of Stuff-Projekts. Der gleichnamige Film, mit dem die Reihe letztes Jahr begann, zeigte auf amüsante wie gleichzeitig eindrückliche Weise, wie unser Wirtschaftssystem die Umwelt zerstört, wie Marketing & Reklame die Gesellschaft zersetzen und unser gifitiger Müll Natur wie Menschen belastet. Der neue Beitrag behandelt nun eine weitere Facette unseres modernen Lebens – unsere Abhängigkeit von elektronischen Gadgets (ohne die Ihr allerdings auch weder den Kurzfilm noch meine Zeilen hier lesen könntet) und die Umweltsauereien, die die Produktion dieser oft nur kurzlebigen Produkte nach sich zieht, deren Wegwerfcharakter durch das Anheizen von Moden, Hypes und Trends durch die Unternehmen natürlich noch verstärkt wird.

The Story of Electronics, released on November 9th, 2010 at storyofelectronics.org, takes on the electronics industry’s “design for the dump” mentality and champions product take back to spur companies to make less toxic, more easily recyclable and longer lasting products. Produced by Free Range Studios and hosted by Annie Leonard, the eight-minute film explains ‘planned obsolescence’—products designed to be replaced as quickly as possible—and its often hidden consequences for tech workers, the environment and us. The film concludes with an opportunity for viewers to send a message to electronics companies demanding that they “make ‘em safe, make ‘em last, and take ‘em back.”

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Zerstörung der Landwirtschaft durch Spekulation und Monokulturen für Biogasanlagen

Ich hatte vor einigen Wochen ja schon einmal darüber berichtet – bzw. mich auf einen Beitrag der Sendung Markt auf N3 bezogen („Der Mais ist heiß“) –, dass sich die (wie üblich) kurzsichtige Subventionierung von Maisanbau zur Erzeugung von Biogas durchaus nachteilig gestaltet. So gut die Idee ist, Reste aus der Landwirtschaft und nachwachsende Rohstoffe zur Energieerzeugung einzusetzen, um von fossilen Brennstoffen wegzukommen, so schädlich entwickelt sich dies nun nach einigen Jahren für die dortigen Landwirte, deren Pachten immer weiter steigen, so dass sich Monokulturen amerikanischen Stils ausbreiten und die Biodiversität und oft auch die Böden zerstören. Genauo bleibt natürlich die Möglichkeit der Bevölkerung auf der Strecke, sich regional selbst mit Lebensmitteln zu versorgen, wenn das, was angebaut wird, nur zur Energieerzeugung eingesetzt wird. Denn der auf diesen Felder angebaute Mais wandert ja nicht auf den Teller, sondern in besagte Biogasanlagen, die sich (Dank der Subventionen) finanziell erheblich besser rechnen als schnödes Essen.

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