Kategorie: Gesellschaft Seite 41 von 43

Aufstehen für ein freies Internet – Mahnwache am morgigen Freitag in Berlin

http_Diesem Aufruf des Chaos Computer Clubs sowie von Netzpolitik gegen die unselige Internetzensur-Entscheidung der Bundesregierung schließe ich mich gerne an – die Mediendemokratie steht wieder einmal auf dem Spiel. Man sollte den Verantwortlichen für das neue Gesetz zumindest zeigen, dass sie damit auf Widerstand stoßen und nicht alles klaglos hingenommen wird, was in der Politik so ausgebrütet wird. Also alle in und um Berlin morgen früh aufstehen!

Am Freitag Vormittag machen die Internetausdrucker Ernst: Der erste deutsche Zensurvertrag soll unter Dach und Fach gebracht werden. Wir wollen dabei und präsent sein, wenn die größten deutschen Internetprovider händchenhaltend mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen den Vertrag unterzeichnen werden, mit dem sie sich ohne jegliche gesetzliche Grundlage verpflichten, unliebsame Inhalte nach Gutdünken des Bundeskriminalamtes (BKA) zu sperren und zu filtern.

Die Internetanbieter werden dabei knallhart erpresst: Um nicht in einem Atemzug mit Kinderschändern erwähnt zu werden, sollen sie am offenen Verstoß gegen das Grundgesetz mitwirken. Dabei soll es vorerst nur um die Erschwerung des Zugangs zu strafbaren Inhalten gehen. Zur Erweiterung des Systems auf die Zensur beliebiger anderer Webseiten ist lediglich eine Anpassung der Filterliste notwendig.

Jeder weiß, dass Kindesmissbrauch mit den geplanten Geheimlisten nicht bekämpft werden kann. Auch die Verbreitung von Bildern und Filmen missbrauchter Kinder ließe sich einfacher verhindern: Ginge es ihr wirklich darum, könnte Zensursula die Betreiber der Server mit den Mitteln des Rechtsstaats belangen. Die Strafverfolgungsbehörden könnten die Anbieter und Produzenten zwar effektiv verfolgen, tun es aber nicht. Denn eine bessere Ausstattung und mehr Zusammenarbeit der Ermittler sind nicht geplant. Damit entsteht erst der angeblich rechtsfreie Raum, von dem die Internetausdrucker so gern reden. Deswegen:

Wer keine Lust mehr hat auf die dreisten Lügen, wer was dagegen hat, dass Zensursula mit dem BKA geheime Sperrlisten ohne jegliche Gesetzesgrundlage vereinbart, wer offenen Verfassungsbruch nicht toleriert, wer ein unzensiertes Internet genauso wichtig findet wie wir, der nimmt seinen Hund, seine Kinder und alle seine Freunde und Kollegen am Freitag, dem 17. April 2009, mit zum Reichstagsufer am S-Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte.

Wir wissen, dass 9 Uhr eine Herausforderung ist, aber die Devise lautet: Aufstehn für ein freies Internet!

Wann?

  • Am Freitag, den 17. April 2009
  • Zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr

Wo?

  • Vor dem Presse- & Besucherzentrum der Bundesregierung
  • Reichstagsufer 14 | U- und S-Bhf. Berlin-Friedrichstraße
  • [Externer Link]Karte

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Interessante Fragen – Bela B., Lidl, Aldi, Cola Light

yellow_signs_3Ich finde es immer wieder spannend, zu sehen, auf Grund welcher Suchbegriffe/Fragen so mancher Besucher auf meinen Blog stößt – und einige dieser Fragen will ich hier jetzt einfach mal direkt beantworten, um die Suche nach Informationen zukünftig zu verkürzen.

bela b. werbung h&m

Seit einiger Zeit kommen auffällig viele Besucher via Google auf meinen Artikel über Tobi Schlegls Buch „Zu spät“ (in dem er Bela B. von der Band Die Ärzte interviewt), die obige Suchbegriffe eingegeben haben. Das hat mich stutzig gemacht – sollte Bela B., der doch in Schlegls Buch noch derart auf nachhaltige Entwicklung und so setzte, wirklich für H&M und damit für unter oft dubiosen Bedingungen hergestellte Massenmode Reklame machen? Tatsächlich – an der Bushaltestelle bei mir um die Ecke prangt so ein Plakat, und der Typ darauf sieht irgendwie Bela B. recht ähnlich. Doch eine weitere Recherche ergibt – es handelt sich dabei um den exzentrischen amerikanischen Schauspieler Vincent Gallo. Wäre das auch geklärt. Und ich bin irgendwie beruhigt, dass Bela B. nicht „umgefallen“ ist.

wieso verdrängen Lidl&co Mitarbeiter die eigene Ausbeutung?

Eine sehr interessante Frage – ich vermute mal, dass viele Mitarbeiter dies zähneknirschend ertragen, weil sie ganz einfach auf das Geld angewiesen sind. Die Discountmilliardäre nutzen die Notlage vieler Menschen halt schamlos aus…

was hat Aldi mit nachhaltigkeit zu tun?

Einfache Antwort: absolut nichts! :-) Discounter sind das Gegenteil von Nachhaltigkeit, auch wenn inzwischen ein paar Biowaren im Sortiment auftauchen – es geht bei diesem Geschäftsmodell letztlich nur um den schnellen, maximalen Warendurchsatz und die Verdrängung anderer Anbieter, koste es die Umwelt & die Gesellschaft, was es wolle. Zu den üblen Folgen des Discountwahns für uns alle habe ich in meinem Blog ja nun schon oft genug berichtet.

cola light mastmittel?

Ja, in der Tat, die künstlichen Süßstoffe, der in Cola Light und ähnlichen Getränken verwendet werden, die ja angeblich die schlanke Linie fördern sollen, werden auch in der Schweinemast zum schnellen Aufpäppeln der armen Tiere eingesetzt (siehe auch hier).

Abwrackprämie Nachhaltigkeit

Diese Frage ist eben grad eingetrudelt – nein, auch die Abwrackprämie ist nicht nachhaltig, trotz des von der Politik ausgegebenen euphemistischen Namens „Umweltprämie“. Die Vernichtung von funktionsfähigen Sachwerten ist nicht besonders clever, und die Produktion eines Neuwagens kostet soviel Energie und belastet die Umwelt so stark, dass man mit diesem neuen Wagen erst einmal jahrelang fahren muss, um das wieder reinzuholen, selbst wenn das neue Auto 1 oder 2 Liter pro 100 km weniger verbrauchen sollte. Leute, die nur wenig fahren, werden diesen Rucksack an Umweltbelastung durch die Produktion vermutlich nie wieder reinholen. Das Ganze ist nichts weiter als eine Subventionierung der Autobranche aus Steuermitteln und ein Versuch, sich bei den Wählern einzuschleimen. Also sehr erbärmlich! (Siehe auch hier.)

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Lesetipps: Schaeffler, die Krise und die deutsche Wut

Damit Euch in der Vorbereitung auf Ostern bzw. am heutigen Karfreitag nicht gar zu langweilig wird, habe ich heute drei Leseempfehlungen parat – Artikel, die ich jüngst im Netz gefunden habe und die ich für so interessant halte, dass ich sie unbedingt auch hier vorstellen möchte.

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© miamiamia, stpck.xchng

Zuvorderst ist das der ausgesprochen großartige Beitrag „Ist Hopfen und Malz schon verloren? Die Abwesenheit von kritischem Verstand und das Versagen der Medien ist zum Verzweifeln“ von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten, in dem er eine schonungslose und ernüchternde Analyse des Krisenmanagements und der einlullenden Medienberichterstattung sowie der Leichtgläubigkeit vieler Mitbürger wagt. Es lohnt sich, diesen Artikel komplett durchzulesen, trotz der beachtlichen Länge.

In der Debatte um die Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt sich eine erstaunliche Bereitschaft zur Anpassung an gängige Denkmuster. Wenn die politische Führung und die Hauptmedien die gleichen Parolen verkünden und Denkmuster anbieten, dann wird das auch in breiten Kreisen geglaubt, selbst dann, wenn an jeder Ecke Zweifelhaftes sichtbar ist. Im Bericht des NachDenkSeiten-Lesers ist von Nachplappern und Gleichschaltung die Rede. Das entspricht auch meiner Beobachtung.

Im Bericht wird auch die trotzige Reaktion auf Zweifel und Kritik beschrieben. Auch das entspricht meiner Erfahrung. Man will sich ungern die gerade angelernten Erklärungen aus der Hand nehmen lassen.

Vermutlich spielt bei der bereitwilligen Konzentration auf die angebotenen Denkmuster auch eine Rolle, dass man sich in kritischen Situationen gerne mit der Mehrheit um die Führung versammelt.

Diese Neigung wird zunehmend zu einem großen Problem: Die demokratische Kontrolle setzt aus, es gibt keine Sanktionen mehr auf Fehler, selbst auf schlimmes Versagen nicht. Das hat viel mit der Ausbreitung von Public Relations-Agenturen und ihrem Einfluss auf die Medien zu tun.

Die Medien beschäftigen sich nahezu nicht mit dem kriminellen Charakter vieler Finanzgeschäfte.
Wer faule Forderungen verpackt und sie als Wertpapiere weiterverkauft, ist aus meiner Sicht ein Betrüger. Diese Ansicht wird auch von Fachleuten geteilt. Wer solche Wertpapiere kauft, wie die IKB, ist ein Hehler. Dieser kriminelle Charakter der Hintergründe und Ursachen der Finanzkrise wird von den Medien nicht recherchiert und auch von der Wissenschaft mit Ausnahme einiger weniger Fachleute nicht hinterfragt.

Also unbedingt weiterlesen! Ebenfalls spannend und zum eben genannten Thema passend, wenn auch (natürlich) deutlich staatstragender: Die FAZ fragt sich „Finanzkrise: Wohin nur mit unserer Wut?“:

Die Isländer jagen ihre Regierung fort, die Franzosen nehmen Manager in Geiselhaft. Briten hauen in London auf den Putz. Und die Deutschen? Sie delegieren die eher kleineren Demonstrationen auf das klassische Protestpersonal aus Ökos, Antiglobalisten und Gewerkschaftern. Außerdem kaufen sie 1,2 Millionen subventionierte Autos. (…)

(…) Eine Erklärung dafür, dass die Deutschen ihr eigenes System für unschuldig halten, liegt in der ziemlich deutschen Tradition, die Wirtschaft zweizuteilen. Noch heute wird sie in der Wortwahl für den Industriesektor deutlich. Er repräsentiert die “reale Wirtschaft”. In ihr bauen Menschen prima Maschinen und Autos, verkaufen sie in die ganze Welt und teilen die Erlöse einigermaßen fair zwischen Unternehmern und Arbeitern. In der anderen Welt regieren Kredit, Zins, schlaue Köpfe, die komplizierte Wertpapiere erfinden und gewaltige Gehälter einstreichen.

Die Zweiteilung ist mit handfesten Werturteilen verbunden. Die reale Wirtschaft wird mit Attributen wie Anständigkeit, Sorgfalt und Sparsamkeit versehen. Die Finanzwelt dagegen gilt als parasitär. Sie saugt die produzierende Welt aus. (…)

Und apropos Wirtschaft – wer erinnert sich nicht noch an die Krokodilstränen der Frau Schaeffler, die staatliche Hilfe für ihr angeschlagenes Unternehmen haben möchte. Tatsächlich gehört diese Firma aber zu den Kriegsgewinnlern und hat, ähnlich wie z.B. Deutsche Bank, BASF, Dresdner Bank oder Krupp von der Zusammenarbeit mit den Nazis während des 2. Weltkriegs und den Enteignungen der Juden massiv profitiert. Im NPD-Blog wird dieses Thema aktuell aufgegriffen: „Vom Ursprung deutschen Reichtums: Die Schaeffler AG“ (siehe auch bei German Foreign Policy):

Berichte über ein NS-Lager im ehemaligen deutschen Katscher (heute Kietrz/Südpolen) haben nach einem Bericht von German-Foreign-Policy.com neue Erkenntnisse über die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe geliefert. Wie aus den Berichten hervorgehe, bediente sich die damalige Schaeffler AG in den letzten Kriegsjahren der Arbeitskraft von Gefangenen, die im “Polenlager Nr. 92″ in Katscher interniert waren.

(…) Die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe, die ihre Gründung offiziell immer noch auf das Jahr 1946 datiere, sei mittlerweile in Umrissen bekannt. Demnach übernahm Wilhelm Schaeffler 1940 im damals schlesischen Katscher (heute: Kietrz/Südpolen) eine Textilfabrik, deren jüdischer Vorbesitzer im Jahr 1933 hatte fliehen müssen. Schaeffler stieg den Angaben zufolge bald in die Rüstungsproduktion ein und verdiente Geld mit der Produktion für die Wehrmacht und den deutschen Vernichtungskrieg in Osteuropa.

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Auch Dreijährige folgen schon der Mehrheit

menschenmenge-2Interessante Studie, die österreichische Die Presse da veröffentlicht hat: „Auch Dreijährige folgen schon der Masse“ [via]:

Wenn Menschen zu einem Thema keine klare, eigene Meinung haben, schließen sie sich gewöhnlich dem Urteil der Mehrheit an. Diese Tendenz zeigt sich nicht erst in der Pubertät, in der die Meinung einer Gruppe für Kinder sehr wichtig wird. Sondern sie beginnt schon im Vorschulalter, wie eine US-Studie eindeutig zeigt.

Psychologen der Universität Harvard  ließen für diese Untersuchung Kinder im Alter von drei bis vier Jahren mehrere Personen beobachten. Diese stritten sich über den Namen eines Gegenstands. Bis auf eine Ausnahme teilten alle Beteiligten die gleiche Ansicht. Die Kinder schlossen sich dieser Mehrheitsmeinung an.

Offenbar erkannten sie auch schnell, wer denn der “Außenseiter” war. Und der war offensichtlich gebrandmarkt. Denn in einem Zusatzversuch blieben zwei der vorher Streitenden in dem Raum – darunter die Person mit der zuvor abweichenden Meinung. Stritten beide dann über die Bezeichnung eines neuen Objektes, folgten die Kinder dem Urteil jenes Menschen, der im vorherigen Experiment die Mehrheit vertreten hatte.

Das erklärt wohl so manches…

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The Culture of Commercialism, Nachtrag

Dem gestern von mir übersetzten Artikel „The culture of commercialism“ hat das Media Awareness Network eine unglaublich geschönte und unterschwellig manipulative Einleitung „spendiert“, die ich nicht unkommentiert stehen lassen möchte – man lese sich nur mal diesen Absatz hier durch:

Of course, no one would advocate a ban on marketing. Ads provide information that can be helpful to us as consumers. Ads increase our understanding of the product choices available to us. And in an economy based on free enterprise, ads play a vital role for the business community. Ads are a valid part of modern life.

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© rcsmith, stock.xchng

Kleines Suchspiel: wieviele Halb- und Unwahrheiten sowie Verzerrungen und Verharmlosungen hat der Autor dieser Zeilen in dem kurzen Absatz untergebracht? Schon der erste Satz – „no one…“ – ist schlicht falsch, und das vorangestellte „of course“ eine Frechheit. Es gibt glücklicherweise viele Menschen, die Reklame in größerem Umfange aus den öffentlichen Räumen etc. verbannen wollen. Das fängt mit den Adbusters an, geht aber auch über eine Reihe von Initiativen wie Ban Billboard Blight und der IG Plakat | Raum | Gesellschaft bis hin zu der von mir neulich erwähnten schwedischen Partei, die sich für ein Werbeverbot in Radio & Fernsehen ausspricht. Vermutlich will wirklich kaum jemand JEDE Form der Werbung abschaffen, denn ein gewisses Anpreisen von Waren & Dienstleistungen gehört selbstredend auch dazu, um auf sich/seine Firma aufmerksam zu machen, nur in der Form, wie es heutzutage betrieben wird, überwiegen die Nachteile „of course“ bei weitem.

Dass Werbung tatsächliche Informationen zur Verfügung stellt, wie der Autor behauptet, ist auch eine sehr naive Sichtweise. Klar enthalten die meisten Anzeigen etc. AUCH Informationen, nur sind diese natürlich durch die jeweilige Konzernbrille gefiltert, es wird viel weggelassen und oft ja auch einfach die Unwahrheit erzählt. Diese paar Produktinformationen kann sich also jeder auch aus anderen (objektiveren) Quellen holen.

Reklame verdeutlicht uns die Wahlmöglichkeiten der verfügbaren Produkte? Soso. Vor allem in den teuren Medien (TV, Radio, überregionale Zeitungen) können auf Grund der hohen Preise nur die großen Unternehmen werben, so dass nur die immergleichen Marken angepriesen werden und uns eine Wahlmöglichkeit vorgegaukelt wird, die de facto gar nicht existiert. Man denke da nur an die vielen Marken, die Nestlé oder Coca Cola oder Unilever vertreiben – man unterstützt also oft den gleichen Konzern, egal welchen beworbenen Schokoriegel man nun kauft. Echte Alternativen finden kaum statt. Und, nein, die Wahl zwischen Coca Cola und Pepsi Cola ist KEINE wirkliche Alternative. ;-)

„Ads play a vital role for the business community“ – das ist die m.E. einzig zutreffende Aussage. Für die Wirtschaft, vor allem natürlich die Reklameindustrie selbst, ist Werbung wichtig. Jedoch nur in einer Wirtschaft, in der immer mehr Kram unter die Leute gebracht werden muss und ein großer Verdrängungswettkampf den sog. „freien Markt“ ad absurdum führt. Und dass Wirtschaftswachstum nichts ist, was man noch weiter anstacheln sollte durch Reklame, hat ja auch schon „The Story of Stuff“ klar gemacht. Von daher ist Reklame in der heutigen Form also nur „vital“ für ein System, das den Planeten schrittweise zugrunde richtet.

„Ads are a valid part of modern life.“ Das ist so einfach nur eine schlichte Behauptung ohne Substanz. Die Art, wie Reklame bzw. die Kommerzialisierung sich durch alle Bereiche des Lebens gefressen hat, ist kein „valid part“ mehr, wie ich finde. Und der Artikel „The Culture of Commercialism“ belegt dies ja dann auch dementsprechend. Man muss dem Media Awareness Network, das obige Einleitung geschrieben hat, immerhin zugute halten, dass es den kritischen Artikel über die Kommerzkultur überhaupt anbietet.

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Fernsehtipp: heute ARTE Themenabend

arteIn seiner Woche der Ernährung bringt der Fernsehsender ARTE heute Abend einige spannende Sendungen/Filme, die anzuschauen sich lohnen könnte/dürfte – wenn schon fernsehen, dann doch bitte solche Beiträge:

19:00 Früher schmeckte alles besser
Brot, Butter, Marmelade und Wurst – wie steht es um die Qualität unserer alltäglichen Lebensmittel?

21:00 We Feed the World – Essen global
Massentierhaltung, alle Sorten von Obst und Gemüse zu jeder Jahreszeit im Überfluss, aber ohne Geschmack: Wie gehen wir mit unserer Nahrung um? Der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer hat sich auf Spurensuche begeben…

22:35 Euer Hunger – Unser Profit
Wie die EU den Hunger subventioniert

23:15 Die Biosprit-Lüge
Um nicht weiter vom Erdöl abhängig zu sein, fördert die europäische Politik nachwachsende Rohstoffe.

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The Culture of Commercialism

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© clix, stock.xchng

Bei meinen Recherchen stieß ich in der letzten Zeit auch auf einige interessante amerikanische Quellen, die sich mit Konsum- und Werbekritik auseinandersetzen. So entstand in den 90er Jahren in Washington das Center for the Study of Commercialism, das sich intensiv mit dem Themenfeld befasst(e) und auch einige Studien herausgab. Leider existiert keine Website dieser Initiative und das letzte Lebenszeichen einiger der Initiatoren habe ich in einem Buch von 2005 gefunden. Deshalb muss ich auf eine Sekundärquelle ausweichen – das Media Awareness Network (offenbar ein Lernmaterialpool für Eltern und Lehrer) hat immerhin eine Zusammenfassung des Artikels „The Culture of Commercialism: A Critique” des CfoSoC online gestellt, als Diskussionspapier für Schüler und Studenten. Diesen komprimierten Text, den man vielleicht auch als eine Art Ultrakurzfassung meiner Serie „Werbung schadet“ betrachten kann, möchte ich Euch heute übersetzt vorstellen.

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Was sind die Auswirkungen von Werbung und Kommerzialismus?

  1. Kommerzialismus verzerrt unsere Kultur, indem jedes Ereignis in einen Anlass zum Konsumieren verwandelt wird. Anthropologen sagen, dass Ferien die Werte einer Kultur widerspiegeln. In Amerika ist jeder Urlaub ein Verkaufsereignis.
  2. Werbung projiziert falsche Bilder/Images. Zum Beispiel suggerieren Anzeigen, dass du nicht cool bist, wenn du kein teures Auto fährst, dass Rauchen bedeutet, dass du ein Freigeist bist oder dass Reife heißt, Alkohol zu trinken.
  3. Kommerzialismus trägt zu Umweltproblemen bei, indem es zu verschwenderischem Umgang mit natürlichen Ressourcen ermutigt. Ein Übermaß an Verpackung, Wegwerfgüter und Dinge zu kaufen, die wir gar nicht wirklich brauchen, trägt zum unnötigen Verbrauch von begrenzten Ressourcen bei. Die Produktion und Entsorgung der Dinge, die wir kaufen, führt zu weiteren Umweltproblemen, zu denen der Verlust von Lebensraum und erhöhte Luft- und Wasserverschmutzung gehören. Plakatwände erzeugen visuelle Verschmutzung.
  4. Werbung erhält Stereotype/Klischees aufrecht. Zu den Beispielen zählen Stereotypen im Zusammenhang mit der Rasse (Afro-Amerikaner als Musiker und Sportler), des Geschlechts (Frauen als Sexobjekt, Männer als Geschäftsleute) und der Klasse (der Mittelklasse-Weiße als soziale Norm).
  5. Werbetreibende beeinflussen den Inhalt von Zeitschriften und Sendungen. Die Zensur der Medien durch die Regierung ist illegal. Dennoch gibt es eine Fülle von dokumentierten Fällen, dass Zeitungen und andere Medien durch Werbetreibende zensiert werden. Beispielsweise kann ein Bierproduzent Druck auf ein Magazin, in dem es Werbefläche kauft, ausüben, damit keine Artikel über die Gefahren des Trinkens erscheinen.
  6. Das Sponsoring von gesellschaftlichen, Umwelt- oder anderen Non-Profit-Gruppen durch Konzerne kann diese Gruppen beeinflussen. Zum Beispiel kann die Unterstützung durch die Tabakindustrie eine Organisation davon abhalten, Anti-Raucher-Kampagnen zu unterstützen.
  7. Kommerzialismus hat unsere Politik beeinflusst. Viele Politiker versuchen Stimmen zu gewinnen mit Hilfe eines Images, das durch Werbung und Medienberichte erzeugt wurde. In der Vergangenheit versuchten Kandidaten Stimmen durch ihre politischen Standpunkte zu erlangen.
  8. Die öffentliche Wahrnehmung der Aktivitäten und Prioritäten eines Unternehmens kann durch Werbung verzerrt werden. Beispielsweise können Anzeigenkampagnen große Umweltverschmutzer als ökologisch bewusste Firmen darstellen, die für eine gute Sache spenden.
  9. Werbung kostet uns Geld. Die Wirtschaft wälzt den Großteil ihrer Werbekosten auf uns ab. Außerdem steigt der Preis eines Produkts, wenn es der Reklame gelingt, die Idee zu etablieren, dass ein bestimmtes Produkt uns Status oder ein cooles Image verschafft.
  10. Werbung kostet uns auch vieles an Steuern. Werbung stellt voll absetzbare Geschäftskosten dar. Aus diesem Grund erhalten kommunale und nationale Kassen Jahr für Jahr Milliarden von Dollar weniger an Steuern. Die Steuerquoten der Bürger müssen dies ausgleichen, so dass der einzelne Steuerzahler indirekt Werbung bezuschusst.
  11. Werbung kann irreführend sein. Sie fokussiert auf die Vorteile eines Produkts oder einer Dienstleistung und ignoriert die Nachteile.
  12. Werbung ermuntert zu einer Markenmentalität oder dazu, weniger auf der Basis der Qualität oder des Preises zu entscheiden, sondern mehr aufgrund des Namens/Herstellers.
  13. Werbung fördert Unzufriedenheit, Neid und Unsicherheit. Sie kann uns unattraktiv, uncool und unglücklich mit dem, was wir haben oder nicht haben, fühlen lassen.
  14. Unsere kommerzialisierte Gesellschaft legt hohen Wert auf die Erscheinung und ermutigt uns somit, mehr Wert auf unser Aussehen und das von anderen zu legen als auf den Charakter, Talente oder die Persönlichkeit.
  15. Konstantes Werbungs-Ausgesetztsein kann Materialismus und Egoismus fördern. Dies kann dazu führen, dass Menschen weniger dazu geneigt sind, anderen zu helfen. Statistiken zeigen, dass die Spendenbereitschaft in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Gleichzeitig gab es einen Rückgang in der öffentlichen Unterstützung von Regierungsprogrammen, die denjenigen helfen sollen, die vom Leben benachteiligt sind.
  16. Das Sponsoring von Wissenschaftsausstellungen und Kunstmuseen durch Unternehmen kann deren Inhalt beeinflussen und die Objektivität untergraben. Ist es zum Beispiel wahrscheinlich, dass eine von einer Firma, die Insektizide herstellt, gesponsorte Ausstellung die Beziehung von Menschen und Insekten in einer fairen und ausgewogenen Art und Weise behandelt?
  17. Werbung kostet viel Zeit. Der durchschnittliche Mensch verbringt fast eine Stunde am Tag damit, Werbung zu lesen, zu sehen der zu hören, im Fernsehen, Radio, Theater, auf Video, in Zeitungen und Zeitschriften, Mails, Briefen oder am Telefon. Wenn der durchschnittliche Amerikaner 75 Jahre alt ist, wird Werbung ihn 4 Jahre seines Lebens gekostet haben.
  18. Bezahltes Product Placement beeinflusst den Inhalt von Filmen, Fernsehshows, Büchern und Spielen. Das gefährdet künstlerische Integrität.
  19. Werbung preist Alkohol- und Tabakkonsum an, welcher jedes Jahr eine halbe Million Amerikaner das Leben kostet. Probleme, die mit Alkohol in Zusammenhang stehen, verletzen das Leben von mehr Menschen und kosten die Gesellschaft mehr Geld als alle illegalen Drogen zusammen genommen.
  20. Marketingleute stellen detaillierte elektronische Käuferprofile zusammen. Firmen verkaufen Mailinglisten für alles mögliche, vom Besitz ausländischer Autos bis hin zu sexuellen Vorlieben. Diese Computerdatenbanken stellen ein gefährliches Missbrauchspotential dar.
  21. Kommerzialismus hat sich in nahezu jeden Winkel unseres Lebens ausgebreitet. Viele Menschen stört es, diesem nicht entfliehen zu können.
  22. Werbung, die auf junge Kinder abzielt, dringt in die Eltern-Kind-Beziehung ein, kann die Autorität der Eltern untergraben und zu Spannungen führen.
  23. Kommerzialismus kann Werte wie Teilen, Zusammenarbeit und Genügsamkeit aushöhlen, die durch Familien, religiöse Institutionen und Schulen gefördert werden.
  24. Industrienahrung und die Reklame für diese neigen dazu, zu ungesunden Ernährungsgewohnheiten zu ermutigen.
  25. Die Kommerzialisierung von Schulmaterial und -ausrüstung kann unabhängige, ungestörte Ausbildung torpedieren.
  26. Das intensive Anpreisen von Shoppen und Kaufen hält uns von anderen Aktivitäten wie Lesen, Denken und Spielen ab. All die Werbung, der wir ausgesetzt sind, macht es leicht zu vergessen, wie viele (andere) Arten von Aktivitäten wir genießen können.
  27. Unsere kommerzialisierte Kultur ermuntert Menschen, Geld auszugeben, das sie gar nicht haben. Die Zahl der Amerikaner mit finanziellen Problemen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. (Anm. PM: Spätestens seit Ausbruch der „Finanzkrise“ wissen wir, dass dies in den vergangenen Jahren erst recht der Fall ist.)
  28. Werbung suggeriert, dass es eine einfache Lösung für alles gibt, vom Gesundsein bis hin dazu, Freunde zu haben.
  29. Viele Anzeigen implizieren, selbst wenn sie es nicht offen aussprechen, dass Glück etwas ist, das wir kaufen können. Wenn wir uns so verhalten, als wenn dies wahr wäre, begrenzen wir unseren persönlichen Horizont und unsere Fähigkeit, Erfüllung im Leben zu finden.
  30. Kommerzialismus preist nicht nur einzelne Produkte an. Er predigt Konsum als Lebensstil.

Was ist der kumulierte Effekt von all dieser Kommerzialisierung?

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© sufinawaz, stock.xchng

Kommerzialismus hat klare Parallelen zur industriellen Verschmutzung. So wie eine gemäßigte Menge an Müll von der natürlichen Umgebung absorbiert werden kann, können auch moderate Mengen an Kommerzialisierung von unserer kulturellen Umgebung verarbeitet werden. Große Mengen können jedoch beide Umgebungen überfordern, und dies ist heutzutage der Fall.

Jahrzehnte lang haben wir den Schaden, den industrielle Praktiken erzeugen, nicht erkannt, geschweige denn kontrolliert. In einigen Fällen wie der Luftverschmutzung durch kohleverbrennende Hochöfen, waren die Probleme offensichtlich, aber wir ignorierten sie oder rechtfertigten sie auf der Basis kurzfristiger wirtschaftlicher Gewinne. In anderen Fällen, so wie giftigen Chemikalien, die Luft und Wasser verschmutzen, wurden die Gefahren nicht einmal erkannt. So sieht es auch beim Kommerzialismus aus: wir entschuldigen seine offensichtlichen Defekte im Namen des wirtschaftlichen Fortschritts; wir versuchen nicht einmal, die subtileren Auswirkungen zu identifizieren.

Genauso wie mit der Verschmutzung vor mehreren Jahrzehnten bleiben die Folgen exzessiven Kommerzialismus schwach untersucht und unbewiesen. Unser Verstehen beruht auf einer Handvoll oft vorläufiger oder nicht beweiskräftiger akademischer Studien. Tatsache ist, dass Soziologen/Wissenschaftler trotz der Dominanz des Kommerzialismus in unserer Kultur kaum damit begonnen haben, die Konsequenzen und das Wesen des Kommerz zu erforschen. Zudem sind politische Regulierungen nicht angemessen ausgestattet, um Kommerzialismus zu bearbeiten. Agenturen, die sich mit den Täuschungen durch Werbung beschäftigen, haben nur sehr kleine Budgets – insgesamt nur ein Tausendstel von dem, was für Werbung ausgegeben wird –, so dass nur die aller offensichtlichsten Lügen in der Werbung gestoppt werden können. Andere Formen des Kommerzialismus bleiben komplett unerforscht.

Was sind also die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, wenn, wie Advertising Age (eine Fachzeitschrift für Leute, die in der Werbeindustrie arbeiten) schrieb, „Werbung in Massenmedien wie aus einer Schrotflinte kommt und jeden in ihrem Weg, auch Kinder, trifft“? Und was sind, jenseits der Werbung, die Folgen, in einer Kultur zu leben, wo selbst Schulen, Museen, Sport und nicht-kommerzielle Sender kommerzialisiert wurden? Verwandelt Kommerzialismus engagierte Bürger in bloße Konsumenten?

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Global Change 2009

Kleine, professionell gestaltete und unterhaltsam dargebotene Filme, die sich mit den aktuellen Problemen unserer Gesellschaft und der Wirtschaft befassen, liegen derzeit offenbar voll im Trend (man denke an „The Story of Stuff“ oder „Unsere kleine Welt“). Vor ein paar Tagen ist nun ein neuer Kurzfilm erschienen, der seine Kreise in den Weiten des Internets zieht – er stammt vom erst jüngst gegründeten Verein Global Change 2009, die sich ein hehres und recht aufgeblasen klingendes Ziel gesetzt haben:

Wir wollen den Menschen aus der Warum – Frage heraus Denkanstöße geben, wie wir einen erfolgreichen Weg in ein goldenes Zeitalter finden können.

Der dazugehörige Film soll Lösungswege aus der Krise und dem derzeitigen Wirtschaftssystem, dem von den Autoren sog. „Kapitalsozialismus“ aufzeigen. Ich will ihn hier einfach mal zur Diskussion stellen – was natürlich nicht heißen soll, dass ich etwa mit allem, was da gezeigt wird, überein stimme, sicher nicht, zumal so manche Behauptung, die in dem Film auftaucht, für mein Empfinden etwas sehr locker als Fakt/Naturgesetz hingestellt (z.B. das mit der „unsichtbaren Hand des Marktes“, dem „Eigennutz“, der „Förderung der Leistungsbereitschaft“ oder gar die sehr forsche Behauptung mit „ewigem Frieden“) oder sehr pathetisch bzw. naiv präsentiert wird. Aber ich finde, es kann niemals schaden, sich über die immensen Probleme, vor denen wir stehen, aus verschiedenen Perspektiven Gedanken zu machen. Eine einfache, allein seligmachende Lösung wird es eh nicht geben können. Gut gefallen mir auf jeden Fall die Einlassungen zu den Marktmonopolen, die ich hier im Blog ja auch des öfteren beklage (also Firmen mit übergroßer Marktmacht, wie die Discounter, Energiekonzerne etc.), und das bedingungslose Grundeinkommen halte ich auch für ein durchaus überlegenswertes Konzept.

Edit: Ich empfehle auf jeden Fall hier in den Kommentaren zu dem Film sich einmal den kritischen Beitrag von „Mitleser“ anzuschauen, der doch einiges von dem realativiert, was einem die Macher des Films als Lösung verkaufen wollen.


Global Change 2009 from Global Change 2009 e.V. on Vimeo.

(Übrigens sorry, dass ich schon wieder einen Film poste, aber ich habe gerade ziemlich viel zu tun – demnächst dann wieder mehr originärer Text.)

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Lesetipp: Krisenblues

Gestern bin ich wieder einmal auf einen interessanten Artikel gestoßen, der sehr gut zum Thema meines Blogs passt und den ich Euch deshalb auch ans Herz legen möchte. Schon aus dem Dezember 2008 stammt der Beitrag „Krisenblues” auf der die.hor.de-Site, aber seine Aussagen bleiben (leider) zeitlos aktuell. Sehr treffend und plastisch wird hier meiner Ansicht nach die Problematik, in der unsere Konsumgesellschaft steckt, dargelegt und mit der Malaise des Zwangs zum permanenten Wirtschaftswachstum verknüpft:

Es wird schlimmer. Jedes Jahr taugt das Zeug, das unsere Fabriken ausspucken, weniger. Mit Hunderten Millionen werden Sportschuhe beworben, deren Herstellungskosten Spezialisten in mühevoller Kleinarbeit Cent für Cent senken. Für einen halben Monatslohn kann man schließlich ein fast wertloses Produkt erwerben. Reines Image. Der Nahrung werden gesundheitsfördernde Stoffe zugesetzt. Gleicht das jeden Qualitätsverlust aus?

(…) Wir werden betrogen. Nicht nur um unser Geld, um unsere Lebenszeit, auch um unseren Stolz. Was ist das für ein Gefühl, das Arbeitsleben der Produktion von Müll zu widmen? Was kann der Chemieingenieur, der die Haltbarkeit von Leder senkt, seinen Enkeln erzählen? Wie kann der Verkäufer verderblicher Finanzprodukte morgens in den Spiegel sehen? Ich weiß es nicht. Aber mir fällt auf, dass kaum noch einer Sinn in seiner Arbeit sieht. Karriere ist wichtig – was man tut: egal.

(…) Zudem gefährdet die Rettung der Wirtschaft die Demokratie. Wenn Staaten sich für Generationen verschulden, sinkt ihr Handlungsspielraum. Nach der Rettung kommt der Ausverkauf. Jetzt am Leben erhalten, was gescheitert ist, bietet keine lohnende Perspektive, nur einen Aufschub. Vergleicht man den europäischen Alltag mit dem der Menschen im Kongo, einem an Rohstoffen sehr reichen Land, weiß man, was man beschützen will: einen der Mehrheit der Menschen unfassbaren Wohlstand. Niemand sagt, womit wir den verdient haben. Niemand denkt darüber nach, ob es einer ist. Schon der Gedanke daran, wie man im Westen altert und stirbt, müsste zur Panik führen. Manche mahnen vielleicht – unter den Millionen Stimmen hört man es nicht.

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Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf

Attac goes Culture Jamming – diese gelungene Aktion im Stile der YES MEN ist natürlich genau mein Ding. Und deshalb werde ich mich auch sogleich aktiv an der Verteilung des ausgesprochen authentisch wirkenden ZEIT-Fakes beteiligen. :-) Hier schon mal die dazugehörige offizielle Pressemitteilung:

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Pressemitteilung  – Attac, 21. März 2009

* Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf
* Aktive verteilen 150.000 Plagiate in mehr in als 90 Städten

attacAktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac haben am heutigen Samstag in Kiel und ca. 90 anderen Städten eine gefälschte Ausgabe der bekannten Wochenzeitung DIE ZEIT verteilt. Der Clou: Statt der Meldungen von gestern verkündet das täuschend echt gestaltete Plagiat die Nachrichten der Zukunft. „Am Ende des Tunnels” lautet die Schlagzeile auf dem Titelblatt, als Erscheinungsdatum ist der 1. Mai 2010 angeben. „Die Berichte über die globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise lassen viele Menschen hilflos zurück. Wir haben deshalb die Zeit weitergedreht und die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen – nicht über ein fernes Paradies, sondern über konkrete Verbesserungen, die denkbar und erstreitbar sind”, sagte die Attac-Aktivistin und DIE ZEIT-Redakteurin Jutta Sundermann. „Auf diese Weise wollen wir die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.”

Ca. 2000 Exemplare der gefälschten DIE ZEIT brachten die Attac-Aktivisten allein in Kiel unter die Leute. Fast alle Passanten nahmen das als „kostenlose Sonderausgabe” angepriesene Blatt gern entgegen. „Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie viele Empfänger erst mal oberflächlich rumgeblättert haben, bis sie dann nach einer Weile stutzten und interessiert weiterlasen.”, so ein Verantwortlicher. Bundesweit verteilte Attac rund 150.000 Plagiate in mehr als 90 Städten.

Als Autoren der Zukunftsausgabe der ZEIT konnte Attac neben eigenen Aktiven auch mehrere prominente Schreiber gewinnen. So berichtet der Journalist und Buchautor Harald Schumann („Der globale Countdown”) unter der Überschrift “Zeit der Abrechnung” von einem G20-Treffen in Brasilia, bei dem sich die Industrie- und Schwellenländer auf eine weitreichende Besteuerung großer Privatvermögen und internationaler Konzerne geeinigt haben. Lucas Zeise, prominenter Wirtschaftsjournalist, beschreibt in “Ende einer Ära” die Veränderung der deutschen Bankenlandschaft nach dem Untergang zahlreicher Privatinstitute. Der Kabarettist Matthias Deutschmann konstatiert das Ende des Kasinokapitalismus („Nicht die unsichtbare Hand des Marktes hat die Krise beendet. Wir waren es! We, the people!”) und gesteht: „Es gibt Momente, da kommen dem professionellen Zyniker die Tränen”. Und die Autorin Daniela Dahn schreibt über die neue internationale Fernsehstation Social TV, die es sozialen Bewegungen weltweit ermöglicht, ihre eigenen Themen ins Fernsehen zu bringen.

Weitere Artikel haben das Ende der NATO zum Thema, berichten von Schuldenerlassen für arme Länder, einer dezentralen Konferenz der Weltgesellschaft gegen Hunger und den positiven Auswirkungen der Bildungsproteste. Die letzte Seite blickt zurück auf die Demonstrationen am 28. März 2009 in Berlin und Frankfurt am Main: Die Proteste unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise” markierten bundesweit den Aufbruch der Zivilgesellschaft. DIE ZEIT-Redakteur Fabian Scheidler: „Kurzum: In unserer Ausgabe der ZEIT zeichnen wir das Bild einer Welt, wie sie denkbar wäre, wenn die Vorschläge der globalisierungskritischen Bewegung umgesetzt werden würden.”

Inspirieren ließen sich die Blattmacher von Attac von der US-amerikanischen Gruppe Yes-Men, die im vergangenen Jahr eine Zukunftsausgabe der New York Times veröffentlichte.

Für Rückfragen:
* Fabian Scheidler, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0151-2173 9858
* Jutta Sundermann, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0175- 866 6769

Im Internet:
* Online-Ausgabe der ZEIT:
http://www.die-zeit.net

* Druckausgabe zum kostenlosen Download:
http://www.die-zeit.net/pdf

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