Kategorie: Globalisierung Seite 14 von 19

Lidl mal wieder: Discounter täuscht Verbraucher – Menschenrechtler verklagen Lidl

liddl-lohnt-sichDas Thema Discounter wird wohl ein heißes bleiben, solange es diese Form des ausbeuterischen und zerstörerischen Handels und Handelns geben wird. Nachdem KiK vor ein paar Tagen eine eigene Fernsehsendung gewidmet wurde, ist nun wieder die Urmutter aller Skandalfirmen an der Reihe: Lidl. All die teuren TV-Reklamespots und Imagekampagnen haben nichst genutzt, die Menschen lassen sich nicht so leicht hinters Licht führen, wie sich das die Konzernleitung vermutlich wünschen würde. Besonders interessant darin finde ich, dass ausgerechnet diese Werbung Lidl nun zum Verhängnis wird, wie u.a. der Stern zu berichten weiß: „Discounter täuscht Verbraucher: Menschenrechtler verklagen Lidl“:

(…) Verbraucherschützer und Menschenrechtler gehen gerichtlich gegen Deutschlands zweitgrößten Discounter Lidl vor. Das Unternehmen löse Versprechen über faire Arbeitsbedingungen bei seinen Bekleidungslieferanten in Bangladesch nicht ein, erklärte die Verbraucherzentrale Hamburg am Donnerstag. Gemeinsam mit der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) und dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) habe sie daher Klage beim Landgericht Heilbronn wegen irreführender Werbung eingereicht. “Lidl täuscht die Verbraucher”, sagte der Geschäftsführer der Hamburger Verbraucherzentrale, Günter Hörmann in Hamburg. (…)

Lidl hatte in Anzeigen zu seinen Kleidungskollektionen nach Angaben der Verbraucherzentrale stets darauf verwiesen, sich “weltweit für faire Arbeitsbedingungen” einzusetzen. Das Unternehmen arbeite nur mit Produzenten zusammen, “die bereit sind und nachweisen können, soziale Verantwortung aktiv zu übernehmen”, hieß es demzufolge darin. (…) “Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen der öffentlichen Darstellung Lidls und den tatsächlichen Verhältnissen in den Produktionsstätten der Lieferanten”, erklärte ECCHR-Sprecherin Miriam Saage-Maaß zur Begründung der Klage. Die CCC warf dem Discounter vor, sich “ein Sozialmäntelchen” umzuhängen und mit der Werbung “Schönfärberei” zu betreiben. Nach Darstellung der Verbraucherzentale war Lidl zuvor wegen seiner angeblich irreführenden Werbung abgemahnt worden, hatte aber nicht reagiert. Deshalb sei die Klage eingereicht worden.

Auch der Spiegel greift das Thema auf – „Juristen leiten Hungerlohn-Klage gegen Lidl ein“, wie die taz („Nähen für Lidl bringt Hungerlohn“) oder Die Zeit („Dumpinglöhne in Fernost“) und ebenso das Nachrichtenportal Ostholstein: „Hängt sich Lidl ein Sozialmäntelchen um?“ (Antwort: ja! Das ist das Discount-Prinzip.) Nicht vergessen werden darf bei diesen Berichten natürlich, dass Aldi oder andere Billigheimer da kein Stück besser sind, wie z.B. die Studie des Südwind-Instituts letztes Jahr ergab. Und selbst viele teure Marken lassen ihre Klamotten unter unwürdigen Bedingungen produzieren…

(Dass Werbung irreführend ist und schadet, ist natürlich nichts Neues für unsereins, aber schön, dass auch die Mainstreammedien dies immer öfter konstatieren.)

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Fernsehtipp: Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters

Es wird mal wieder Zeit, an die Umtriebe der Discounter und ihren vielen schädlichen Folgen für Gesellschaft und Umwelt zu erinnern. Löblicherweise wagt sich der NDR in der Reihe Panorama – Die Reporter an dieses Thema und berichtet heute Abend um 22:35 in N3 in „Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters“ darüber, was hinter den „tollen“ Billigbilligbilligpreisen steckt, mit denen KiK, Lidl, Aldi & Co. jede Woche werben.

Oberhausen: eine Promi-Veranstaltung mit Verona Pooth. Auf dem roten Teppich präsentiert sich die Werbe-Ikone in einem Outfit des Textildiscounters KiK. Wohl keine 30 Euro kostet ihre Abendgarderobe. Das neue Werbegesicht der Billigkette soll offenbar vermitteln, dass KiK nicht nur günstig, sondern auch gesellschaftsfähig ist. Doch Fragen zu Produktionsmethoden und Dumpinglöhnen will Pooth nicht beantworten. Auch die Geschäftsführung von KiK schweigt. Dabei gibt es viele Vorwürfe, die damit unbeantwortet bleiben: Verkäuferinnen, die kaum von ihrem Gehalt leben können. Druck und Kontrollen am Arbeitsplatz. Ausbeutung von Menschen in den Produktionsländern wie Bangladesch.

NDR Chefreporter Christoph Lütgert zeigt „Innenansichten“ einer Billigkette, die wie kaum ein anderes Unternehmen expandiert. In insgesamt über 2.800 Ladengeschäften werden Klamotten zu Schleuderpreisen angeboten. Der Film von Christoph Lütgert zeigt, wie die Billigpreise zustande kommen – und wie Menschen dafür teuer bezahlen müssen.

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Die Geschichte des abgefüllten Wassers

Letztes Jahr machte der Film „The Story of Stuff“ der amerikanischen Aktivisten Annie Leonard im Netz die Runde – ein schön animierter Kurzfilm, der den Wahnsinn unseres Wirtschaftssystems mit seinen Mechanismen von Reklame, Marketing und rücksichtsloser Produktion, leicht verständlich und unterhaltsam skizzierte. Nun hat sich das Team der Free Range Studios wieder an ein kritisches Thema gewagt, nämlich die Tendenz, dass eine kleine Zahl von Großkonzernen, darunter Nestlé und Coca Cola, dabei sind, sich die Wasserquellen dieser Welt unter den Nagel zu reißen und das Naturgut völlig überteuert in Flaschen weiterzuverkaufen; oft zum Nachteil der Menschen, die in der Nähe der Quellen wohnen. „The Story of Bottled Water“ könnte wiederum ein prägnanter Augenöffner für alle jene Menschen sein, die diese Firmen bei ihrer Privatisierung der Allgemeingüter gewähren lassen oder durch den Kauf des Wassers noch unterstützen. Der Film ist auch ein Lehrstück dafür, dass Werbung schadet, denn via Marketing wird einem Flaschenwasser als das alleinig sinnvolle angepriesen und Wasser aus dem Wasserhahn diffamiert.

… to tell the story of manufactured demand—how you get Americans to buy more than half a billion bottles of water every week when it already flows from the tap. Over seven minutes, the film explores the bottled water industry’s attacks on tap water and its use of seductive, environmental-themed advertising to cover up the mountains of plastic waste it produces. The film concludes with a call to ‘take back the tap,’ not only by making a personal commitment to avoid bottled water, but by supporting investments in clean, available tap water for all.

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Ein paar Lesetipps: Das Finanzsystem ist durchgefallen | Gentech-Saatgut macht alles teurer | Westliches Konsumniveau nicht haltbar

Heute möchet ich Euch wieder mal auf ein paar interessante Artikel hinweisen, über die ich unlängst stolperte. Zum einen „Gemessen am Nutzen für das Gemeinwohl, ist unser Finanzsystem durchgefallen – Entwickeln wir ein neues!“ von Dieter Sprock im neuen Zeit-Fragen, in dem er den Kosten unseres Finanzsystems für die Gesellschaft auf den Grund geht und für eine verstärkte Beschäftigung mit Genossenschaften u.ä. plädiert:

Die Finanzkrise hat in zahlreichen Ländern rund um den Erdball die Realwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen und unzählige Menschen ihrer Existenzgrundlage beraubt; Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger haben weltweit dramatisch zugenommen. Sie hat aber auch die Einsicht reifen lassen, dass es so nicht weitergehen kann. Immer mehr Menschen fragen sich, wie das alles zusammenhängt. In diesem Sinn ist die Krise auch eine Chance für Veränderungen, die es zu nutzen gilt. (…)

(…) Der Genossenschaftsgedanke, auf den Raiff­eisen sich stützte und den er weiterentwickelte, beinhaltet mehr als eine blosse Anleitung für wirtschaftliche Zweckverbände. Er verkörpert Grundwerte des menschlichen Zusammen­lebens in Gleichwertigkeit und Freiheit.
Überall tun Menschen sich zusammen, in Handwerkskooperationen, Nachbarschaftshilfen, Quartiervereinen, in Städte- und Länderbündnissen. Die Zusammenarbeit ist länderübergreifend und weltumspannend. Sie darf nicht länger durch ein Zwangssystem behindert werden, das in betrügerischer Absicht das Wort «frei» auf seine Fahne schreibt, damit aber die Freiheit meint, die Welt zu versklaven, indem es alles Denken und Handeln dem Profitdenken unterwirft. (…)

seed_prices_cover_2009Mit den „Heilsverpsrechen“ der Gentech-Saatgut-Hersteller und der tatsächlichen Realität befasst sich Sysiphos Periodical in „Preisanstieg – die Segnung des Gentech-Saatguts“. Er bezieht sich dabei auf eine neue Studie, die nachweist, dass durch die vermehrte Bentuzung von gentechnisch veränderten Saatgut mitnichten etwas gegen den Hunger auf der WElt getan wird (wie es Monsanto & Co. gerne behaupten), sondern der Nahrungsmittelanbau nur noch teurer geworden ist:

(…) Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt auf, dass die Einführung der Gentechnik in die US-Landwirtschaft zu dramatischen Preisanstiegen von bis zu 230 Prozent beim Saatgut geführt hat. Der dramatische Preisanstieg wird in einer Studie des ‘US Organic Centers’ aufgezeigt. Diese basiert auf der Entwicklung der Saatgutpreise der letzten 35 Jahre anhand offizieller Daten aus dem US-Landwirtschaftministerium. In den 25 Jahren von 1975 bis 2000 stiegen die Saatgutpreise für Sojabohnen um insgesamt 63 Prozent. Zwischen 2001-2010 stiegen die Preise um 230 Prozent. Gentech-Maissaatgut kostet jetzt 70 Prozent mehr als konventionelles Maissatgut. Monsanto ist in den USA klarer Marktführer und füllt sich die Taschen; ca. 90 Prozent des in den USA verkauften Gentech-Saatguts stammt aus den Labors Monsanto. (…)

In der taz setzt man sich intensiver mit dem Thema Konsum auseinander – „Konsum jenseits der Kapazitäten“:

5 Prozent der Weltbevölkerung sind für 32 Prozent des weltweiten Konsums verantwortlich. Das geht aus dem Bericht “Zur Lage der Welt 2010” hervor, den das renommierte Washingtoner Worldwatch-Institut erarbeitet hat. In Berlin wurde gestern die 300 Seiten starke deutsche Fassung vorgestellt, die die Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit Germanwatch ausgearbeitet hat. Tenor: Würden alle Menschen so leben wie wir, böten die sich selbst erneuernden Ressourcen der Erde gerade Platz für 2,1 Milliarden Menschen. Aktuell leben aber bereits knapp 7 Milliarden auf dem Planeten.

Nick Reimer kommentiert dies in selbiger taz: „Sich die Welt schönkaufen“:

(…) Solange nur innerhalb des kapitalistischen Systems nach einer Lösung dieser Menschheitsfragen gesucht wird, wird sich keine Lösung finden. Denn dieses System gründet auf Wachstum, das wir uns eigentlich nicht mehr leisten können. Außerdem werden die Umweltkosten nicht einkalkuliert: Die kapitalistische Wirtschaftswissenschaft definiert das Wasser der Flüsse oder die Luft als “öffentliche Güter”, die niemand besitzt. Ergo haben sie keinen Preis und können von jedem uneingeschränkt genutzt werden. Längst hat die Ressourcen- und Klimakrise diese Idee als Irrwitz offenbart. Was fehlt, ist ein System, um den Fehler zu korrigieren.

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Industrieschokolade und Schokoguerilla


chocHeute möchte ich mich mal einem meiner Lieblings-Nahrungsmittel zuwenden – der Schokolade. Wer von Euch kauft und isst noch die handelsübliche Industrieschokolade, womöglich noch von den mit Reklame penetrant beworbenen Großmarken wie Milka, Nestlé, Alpia usw.? Dies ist für jeden kritischen Konsumenten keine gute Idee – mal ganz abgesehen davon, dass man die globalisierten Konzerne sowieso nicht mit seinem Geld mästen sollte, muss einem einfach klar sein, welche Art von Anbau und Produktion man damit unterstützt. Denn gerade bei konventionellen Industriewaren – anders, als es einem die Werbung mit Handarbeit unter Verwendung bester Zutaten suggerieren soll – bedeutet dies, dass alles, was in so einer Schokolade steckt, unter maximalen Kostensenkungskriterien hergestellt werden. Sprich: die Milch kommt von Kühen, die in Massentierhaltung aufwachsen und durch entsprechendes Kraftfutter zur maximalen Leistung angetrieben werden (weshalb diese schon sehr früh zugrunde gehen) – Hauptsache billig! Gleiches gilt für die restlichen Ingredenzien, die, sofern sie vom Feld und nicht aus dem Chemiebaukasten stammen, mit viel Pestiziden etc. angebaut werden. Kurz: wer keine Bioschokolade kauft, muss sich mit solch einem Zeug begnügen, das zudem ja meist auch deutlich schlechter (weil viel zu süß) schmeckt als die Biovariante.

Und wie sieht es mit dem Kakao aus? Angeregt durch einen Artikel in Klaus Werner-Lobos Uns die Welt-Blog empfehle ich z.B. diesen Beitrag in der Zeit – „Kakaoanbau – so süß, und doch so bitter“, der klar macht, dass Kakao, der nicht Fair-Trade gehandelt wird, zu einem Großteil unter ausbeuterischen und menschenunwürdigen Bedingungen aus den Anbauländern ins reiche Europa kommt (dies gilt übrigens auch für die meisten anderen Nicht-Fairtrade-Sachen!):

(…) Allerdings hat der Genuss auch einen bitteren Beigeschmack, von dem viele Verbraucher gar nichts ahnen. Noch immer werden Kakaobohnen häufig von Kindern angebaut, unter menschenunwürdigen Bedingungen.

An der Elfenbeinküste – von dort stammen 40 Prozent des weltweit gehandelten Rohkakaos – arbeiten laut Schätzungen der Organisation Anti-Slavery International rund 200.000 Kinder im Kakaoanbau. Und obwohl sich die Schokoladenindustrie vor rund zehn Jahren verpflichtet hat, derlei Missstände zu beseitigen, kommen jüngste Berichte zu einem anderen Schluss: Eine im September erschienene Studie des kirchennahen Instituts Südwind belegt, dass sich die Lage in den betroffenen Staaten, wenn überhaupt, nur unwesentlich gewandelt hat. Zur Verbesserung der Situation gebe es »bislang nur ein paar Pilotprojekte«, so Friedel Hütz-Adams, Autor der Studie.

Auch die Umweltorganisation Greenpeace stieß auf alarmierende Zustände. Sie berichtet von Zehnjährigen, die im Kakaogürtel der Elfenbeinküste durch die harte Arbeit wie müde Alte aussehen und unter Hautkrankheiten sowie schweren Verletzungen leiden, teils zugefügt von Arbeitgebern. Sie müssten ohne Schutzkleidung mit Macheten und Pestiziden hantieren, stundenlang unter sengender Hitze für Hungerlöhne arbeiten, würden teils aus Mali und Burkina Faso verschleppt und auf Plantagen eingesperrt, nur mit einem Minimum an Essen und Trinken. (…)

Deshalb ruft Kalus Werner-Lobo in „Schokoguerilla wieder unterwegs – und Kraft Foods ist sauer“ auch dazu auf, die Augen beim Einkauf aufzumachen und Verbraucher aufzuklären:

Eine meiner Lieblingsaktionen fand statt, nachdem ich mit einer Gruppe Jugendlicher im Saarland einen Workshop gehalten hatte. Ich hatte ihnen von den westafrikanischen Kindersklaven in der Kakaoernte für Firmen wie Kraft, Nestlé und andere erzählt. Die Kids waren stinksauer. Und sie wollten etwas tun. So entstand die Idee, KonsumentInnen über die Zustände in Afrika zu informieren. Wir kauften Klebeetiketten, auf die wir folgenden Text druckten: „Verbraucherinformation der Schokoguerrilla: Der Kakao für dieses Produkt wurde von Kindersklaven geerntet. Weitere Infos: www.markenfirmen.com“. Auf diese Homepage stellten wir kurzfristig detailliertere Hintergrundinfos. Dann schwärmten die Jugendlichen in Fünfergruppen aus, um die Aufkleber in allen örtlichen Supermärkten auf jedes Kakao- und Schokoladeprodukt zu kleben. In einem Geschäft wurde die selbsternannte „Schokoguerrilla“ vom Kaufhausdetektiv erwischt. Doch sie waren gut vorbereitet: Wir hatten diesen Fall bereits vorher in Rollenspielen geprobt. Die Jugendlichen hielten dem erstaunten Wachmann einen Kurzvortrag über die Produktionsbedingungen an der Elfenbeinküste, worauf dieser sagte: „Eigentlich habt ihr recht“. Am nächsten Tag klebte die „Verbraucherinformation“ noch immer auf allen Milka- und KitKat-Riegeln.

Die geschilderte Aktion, solch aufklärerische Aufkleber in Supermärkten auf die Schokoladen der entsprechenden Hersteller (das sind quasi alle; Ritter Sport kann man hier allerdings ausklammern) zu kleben, kann ich auch nur voll und ganz unterstützen.

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Weitere Informationen findet Ihr beispielsweise auch im Themenheft „Kinderschokolade“ des Greenpeace Magazins (online) sowie auf der Website der Erklärung von Bern, die sich schon seit Langem für faire Bedingungen beim Kakaoanbau und -handel einsetzt.

Dem typischen Einwand „ja, aber Bio & Fairtrade, das ist doch sooo teuer“ kann ich nur entgegnen, dass man sich eben darüber im Klaren sein muss, was der Griff zu einer 50-Cent-Schokolade bedeutet – besser ist es, dann lieber auf Ethik, Geschmack und Qualität zu setzen (z.B. mit den GEPA-Produkten) und halt mal eine Tafel weniger zu konsumieren. Davon haben alle was, nicht zuletzt die eigenen Geschmacksknospen! (Und für alle Veganer unter den Lesern: ja, sicherlich ist es noch besser in Bezug auf Tierausbeutung, ganz auf Schokolade aus Milch zu verzichten – aber das wäre ein Thema für einen eigenen Blogbeitrag.)

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Buchbesprechung: Tanja Busse „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“

tanja-busse-die-einkaufs-revolutionEs gibt so Bücher, die liegen lange in meinem Regal herum, bevor ich mich endlich an sie heran wage. Tanja Busses „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“ gehört dazu – gekauft Anfang 2008 ließ ich es erst einmal ungelesen, da sich andere Werke in den Vordergrund schoben, Lasns „Culture Jamming“ oder auch “No Logo!“ beispielsweise. Meine anfängliche Ansicht, dass man mit Konsum wirklich etwas verändern könne (wie es Titel und Umschlagstext von Busses Buch auch nahelegen), wurde durch diese Lektüre deutlich untergraben. Zudem hatten mich einige Kolumnen, die Tanja Busse im Greenpeace Magazin schrieb (u.a. eine, in der sie über den Kauf ihrer 10.000 €-Küche berichtet), vermuten lassen, dass sie zu den Vertretern der LOHAS-Fraktion gehört und ihrem Buch darum eher wenig revolutionäres Potential innewohnt.

Soweit also meine Vorurteile. Nach der Lektüre des Buches muss ich nun doch ein wenig Abbitte leisten. Denn auch wenn es sich bei der „Einkaufs-Revolution“ sicher nicht um ein subversiv-umstürzlerisches Traktat handelt, legt die Autorin doch den Finger auf viele Wunden in unserem Einkaufs- und Produktionsverhalten. Vor allem auf diejenigen Leser, die bisher blind und ignorant durch den Supermarkt und die Shopping-Malls gegangen sind, dürfte so manch heilsamer Schock in den einzelnen Kapiteln warten. Auch Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker werden sich nach den gut 300 Seiten bestätigt fühlen, denn Tanja Busse wirft auch den einen oder anderen Blick auf Grundsätzliches, das in unserem System seit jeher und vor allem in den letzten Jahrzehnten komplett schief läuft.

So werden die sattsam bekannten schlimmen Zustände geschildert, die in den Sweatshops herrschen, die die teuren Markenklamotten herstellen, die Dank Reklame überteuert unters Konsumvolk gebracht werden. Genauso wie die gewaltigen Mengen an Gift, die bei der normalen industriellen Produktion von Kleidung Verwendung finden und am Ende auf unserer Haut landen – oder das Gift, das bei der Plastikherstellung als Weichmacher etc. zum Einsatz kommt, von den Behören aber sehr lax überprüft wird.

Den Hauptteil in Busses Buch nehmen ihre Ausführungen zur industrialisierten Landwirtschaft und dem Bioanbau ein. Sehr eindringlich und bedrückend wird hier geschildert, wie riesige Schweinemastfarmen das Land überziehen, um unter schlimmsten Bedingungen für die Tiere und fatalen Folgen für die Gesundheit der Nahrung möglichst billiges Fleisch für die Discounter und Sonderangebote der Supermärkte herzustellen. Auch wenn sich das Loblied der Autorin auf biologische Landwirtschaft zum Teil etwas zu naiv anhört, so wird doch deutlich gemacht, dass es keine andere Lösung gibt, um den Verfall der Nahrungsqualität und die Zerstörung der Natur zu stoppen, als eine Abkehr vom reinen auf Masse und Kostendrücken ausgelegten Anbau.

In den fünfziger Jahren hat der amerikanische Journalist Vance Packard beschrieben, wie die Werbefachleute mit tiefenpsychologischen Methoden das Bewusstsein der Konsumenten infiltrieren, und sein Buch Die geheimen Verführer verkaufte sich millionenfach. Inzwischen haben die Verführten aber verstanden, dass sie verführt werden, und die Botschaften der Werber gehen nicht länger ungefiltert in ihre Köpfe. Doch angesichts des gigantischen Etats der Werbung wäre es naiv, ihren Einfluss zu leugnen. 29 Milliarden Euro geben Unternehmen allein in Deutschland aus, damit wir vergessen, dass die Dinge, die wir kaufen, auch hergestellt werden. Damit wir denken, die Waren kämen aus der Werbung wie der Strom aus der Steckdose. Diese 29 Milliarden Euro lenken unsere Aufmerksamkeit auf das, was die Unternehmen uns zeigen möchten: dass Autos erotisch sind, Tütensuppen familienstiftend und französische Zigaretten Garanten immerwährender Freiheit. Darauf, dass wir weniger ein Produkt kaufen als eine Marke. Und dass uns der Geist dieser Marke ziert und schmückt und teilhaben lässt an ihrem globalen Erfolg. Just do it – und denk nicht drüber nach!

Diese 29 Milliarden Euro wirken, wie sie sollen: Sie machen, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, uns zu fragen, auf welche Weise die Waren hergestellt werden, von wem und unter welchen Umständen. Sie bewirken, dass wir nicht kapieren, dass diese Umstände etwas mit uns zu tun haben könnten, dass wir mit unseren Einkäufen diese Umstände bestimmen.

Nur bei Skandalen fällt das Scheinwerferlicht kurz auf diesen Zusammenhang. Während der BSE-Krise im Winter 2000 etwa, als man erfuhr, dass die Kühe, deren Milch wir trinken, mit geschroteten Schafsleichen gefüttert wurden, oder Ende 2005, als tonnenweise vergammeltes Fleisch in den Kühltheken entdeckt wurde: Da bemerkten Politiker und Kommentatoren plötzlich, dass die Nachfrage die Qualität bestimmt (»Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist gerade bei Lebensmitteln hoch gefährlich«, sagte Landwirtschaftsminister Horst Seehofer Anfang Dezember 2005 der Bild-Zeitung). Nur ihre Politik, die solche Zustände ermöglichte und erleichterte, änderte das nicht, im Gegenteil. Es gibt Hunderte von Büchern über Konsum und darüber, was Konsumieren aus den Konsumenten macht, aber die meisten – selbst viele der klassischen Einkaufsratgeber – ignorieren die Entstehung der Waren und betrachten den Konsum als Lifestyle oder spekulieren über das Verhältnis von Konsum und Konsument. (…)

Wenn man mag, kann man es Betrug nennen, wie sich die Waren uns präsentieren: Der Joghurtbecher zeigt Himbeeren, die im Himbeerjoghurt aber fehlen. Und der Nike-Spot zeigt den kleinen Jungen als Ballkünstler, nicht als Fabrikarbeiter, und eine Werbekampagne darf ungestraft behaupten, McDonalds lasse kleine Mädchen als Qualitäts-Scouts seine Pommes-frites-Produktion überwachen. Niemand aber empfindet das als Betrug, weil jeder weiß, dass Werbung Geschichten erzählt und keine Fakten. Was das angeht, ist der Konsument aufgeklärt. Doch wer etwas verkaufen will und dafür wirbt, weiß, dass er der Macht seiner Bilder vertrauen kann; dass sie wirken, wenn man sie wahrnimmt, auch ohne dass man sie für wahr nimmt. Und also hat der Joghurt ohne Himbeeren sein Image als Himbeerjoghurt, und der schöne neue Pullover sieht aus wie ein schöner neuer Pullover.

Ab und zu ahnt man beim Einkaufen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht, etwa wenn man bei Ikea einen handgewebten Teppich (60 x 90 cm) für 1,89 Euro entdeckt. (»Liebe Mitarbeiter von Ikea, Sie haben kürzlich in Hamburg-Schnelsen einen handgeknüpften Teppich 60 mal 90 für 1,89 angeboten. Wie viel Lohn haben die Teppichknüpfer für das Knüpfen bekommen?

(…) Meistens erstickt man sein Unbehagen mit dem Ohnmachtsgefühl, es ohnehin nicht ändern zu können. Und es stimmt ja auch: Wir sind ohnmächtig.

Aber nur, solange alle an diese Ohnmacht glauben. (…)

Eine Botschaft des Buches ist klar – jeder, der einfach so die „normalen“ Waren in den Einkaufskorb legt, ohne sich darüber Gedanken zu machen, welches Geschäftsmodell, welche Ausbeutung usw. er damit direkt unterstützt, darf sich auch nicht beklagen, wenn er minderwertige Qualität in Händen hält und auch viele gesellschaftliche Entwicklungen in die falsche Richtung gehen. Natürlich wird mit dem bloßen Ändern des eigenen Kaufverhaltens noch nicht die Welt gerettet, aber es wird doch ein Signal gesetzt, weche Produktionsweisen unsere Zustimmung finden und welche nicht. S0 kann man „Die Einkaufs-Revolution“ mit gutem Gewissen vor allem denjenigen empfehlen (oder schenken / leihen ;-), die im Einkauf bisher keine politische Komponente sehen und nur nach Kategorien wie „die haben doch so lustige Werbung“ oder „ach, das schmeckt aber doch so gut“ entscheiden, ohne zu wissen, was sie damit anrichten. Denn locker lesbar und leicht verständlich, aber aufgrund der Thematik natürlich nicht immer leicht verdaulich, wird der Leser über viele schlimme und bedenkliche Hintergründe aufgeklärt, die sonst hinter der schillernden Fassade von bunter Reklame und geschwätzigen Green Washing versteckt werden.

Tanja Busse „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“, Heyne 2008, 320 S., 8.95 €

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Radiotipps für den März

radio_isolated_on_white_with_clipping_pathKaum hat man sich’s versehen ist auch schon wieder ein neuer Monat da – und wieder einmal bringt er einige spannende Radiosendungen auf Deutschlandradio Kultur bzw. im Deutschlandfunk, die ich Euch heute schon mal vorstellen will. Wie üblich kann man die meisten Features nach der offiziellen Ausstrahlung (hoffentlich) auch auf den Websites der Sender als mp3 herunterladen oder zumindest dort nachhören.

DLR-K
Mo. 1.3. – 19:30 Uhr

Zeitfragen
“Kratzer an einem deutschen Statussymbol”
Das Auto zwischen Fortschrittsvehikel und Leitfossil
Von Heiner Dahl

DLF
Di. 02.03.2010 · 19:15 Uhr

Freiwerdende Gebiete – Schrumpfen als Chance
Von Anselm Weidner
In 40 Jahren werden zehn Millionen weniger Menschen in Deutschland leben; der Osten Deutschlands hat schon seit dem Mauerfall über zwei Millionen Menschen verloren. Leerwerdende Regionen, verlassene Dörfer in Vorpommern, in Brandenburg, ebenso wie in Südost-Niedersachsen oder Nordhessen: In den Zeiten des Abschieds vom Wachstum entstehen hierzulande immer ungleichere Lebensverhältnisse in immer disparateren Räumen.
Wenn schließlich irgendwo ein Zigarettenautomat als letztes Relikt der öffentlichen Versorgung steht, kann man darüber klagen oder wie die “Raumpioniere” in Ost und West, von denen Anselm Weidner berichtet, “schrumpfende Regionen” als “frei werdende Gebiete” für neue Ideen, Projekte und Lebensweisen nutzen.

DLF
Fr. 05.03.2010 · 19:15 Uhr
Nicht weniger. Besser
Zur politischen Ökonomie des Schrumpfens

Von Matthias Greffrath
In der Volkswirtschaftslehre gibt es keine Theorie des Schrumpfens. Wachstum ist erwünscht und soll der Normalfall sein, Schrumpfen gilt als Störung. Aber was passierte eigentlich also, wenn wir die Konsequenz aus der Klimakrise und den Verwerfungen der globalen Ökonomie, aus der Kritik an Konsumismus, Naturzerstörung, Beschleunigung ziehen?
Wenn wir weniger, aber besser essen und öfter selbst kochen; nur einmal im Jahr, aber dafür gut vorbereitet reisen; unsere Möbel, Mäntel, Motorräder nicht alle Jahre wechseln; und nur noch so viel arbeiten, wie es uns gut tut – kurzum, wenn wir nachhaltig und vernünftig leben: Wäre das der GAU für unser Wirtschaftssystem, das Elend für Millionen von Arbeitern? Und wenn nicht: Was steht unserer Vernunft im Wege – um uns herum und in uns selbst?

DLR-K
Mo. 15.3. – 19:30 Uhr
Zeitfragen
“Beton statt Bildung”

Das Konjunkturpaket und seine Folgen
Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster

DLF
Fr. 19.03.2010 · 20:10 Uhr
Auf Suche nach dem idealen Leben

Theo Pinkus und Amalie de Sassi
Von Jochanan Shelliem
Sie waren ein Jahrhundertpaar. Theo Pinkus und Amalie de Sassi, ein Paar, das zu den wichtigsten Protagonisten der unabhängigen Linken nicht allein in der Schweiz wurde, zum Gedächtnis der Alpenrepublik. Zum Energiezentrum, das der Schweizer Staatsschutz fünf Jahrzehnte lang überwachen ließ: Amalie, die Frauenrechtlerin. Theo, der Kommunist.
1929 empfängt Theo Pinkus das Parteibuch der KPD aus der Hand von Wilhelm Pieck. Der SA entkommt er knapp. In ihrer Züricher Wohnung sammeln Theo und Amalie verbotene Bücher. Aus ihrer Buchhandlung entwickelt sich die Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung.
1972 gründet Theo Pinkus die Utopisten-Begegnungsstätte Salecina. Hier diskutieren Herbert Marcuse, Carola Bloch, Max Frisch, hier treffen sich Lehrlinge aus Mailand mit Spontis aus West-Berlin.
Theo und Amalie bringen die jungen Alternativen mit den alten Kämpfern zusammen, das hält sie selbst frisch.
2009 wäre er 100 geworden, 2010 sie. Endlich erschließt die Züricher Zentralbibliothek die Sammlung des revolutionär-bibliophilen Paares.

DLR-K
Do. 25. 3 – 19:30 Uhr
Forschung und Gesellschaft
“Kein Blut am Handy”

Der geochemische Fingerabdruck für das kongolesische Coltan
Von Jan Lublinski

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Andalusien: Gemüsesklaven mit Zeitverträgen

Bevor beim nächsten Einkauf bedenkenlos zu Obst und Gemüse aus Spanien gegriffen wird, sollte man sich vielleicht mal den erschreckenden Artikel „Andalusien: Gemüsesklaven mit Zeitverträgen“ durchlesen:

(…) Spanien wirbt seit Jahren schon Saisonarbeiter aus Osteuropa an ? neuerdings auch aus den Heimatländern der Bootsflüchtlinge. Nach denVorstellungen der Regierung in Madrid sollen Zeitarbeitsverträge das Problem des illegalen Massenmigration lösen (jährlich über 6000 registrierte). Fördergelder sollen helfen, die mörderische Flucht der Menschen über das offene Meer in wenig seetauglichen Booten in geregelte Bahnen zu lenken. Aufgrund der humanitären Katastrophe auf den Kanaren und an der Südküste handelt Madrid zurzeit mit mehreren westafrikanischen Ländern solche Abkommen aus. Ab der Winterernteperiode 2007/08 sollen dem Agrobusiness diese neuen Saisonniers zur Verfügung stehen. Funktioniert dieses Modell können die Bauern besser auf illegal Beschäftigte verzichten.

Die illegal Eingewanderten könen vertrieben werden, da sie nicht mehr als billiges Arbeitskräftereservoir benötigt werden; oder der Staat schiebt ab. Spanien und Marokko haben wenig Skrupel “Papierlose” einfach in der Sahara auszusetzen. Oder der rassistische Mob jagt sie aus dem Dorf, wie im Februar 2000 die Marokkaner in El Ejido. (…)

Genau wie die illegal eingewanderten Landsleute erleiden diese SaisonarbeiterInnen – mit scheinbar “guten Verträgen” – Rechtlosigkeit und Rassismus pur. Sie haben sich gewehrt und dieses Spiel nicht mitgespielt. Wenn sich diese schäbige Behandlung auch in den Herkunftsländern herumspricht, wird es nichts mit dem neuen Modell “internationale Sicherheit durch Zeitarbeit”. Beim Genuss von spanischem Treibhausgemüse bleibt ein bitterer Geschmack?

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IKEA – Lebst du noch oder brennst du schon?

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© jkleske, stock.xchng

Heute will ich mich gleich wieder dem Thema Konzernkritik widmen. Grundsätzlich gibt es ja bei der Beschäftigung mit den dunklen Seiten großer Unternehmen zwei Komponenten: zum einen eine grundsätzliche, die darin bergündet liegt, dass Firmen in diesem System nur groß und einflussreich werden können, wenn sie die Spielregeln der Globalisierung ausnutzen, Einkommensunterschiede ausnutzen, Arbeitnehmer gegeneinander ausspielen, Kosten drücken, Lieferanten unter Druck setzen, Konkurrenten vom Markt verdrängen, um ihre eigene Marktmacht auszubauen und somit einen weltweit genormten, uniformen Konsumgeschmack durchzusetzen. Diesen Teil, den grundsätzlichen, erwähne ich in meinem Blog natürlich auch immer wieder, allerdings nicht explizit bei jedem einzelnen Unternehmen, um das es hier geht, weil besagte Spielregeln eben letztlich quasi für alle Großfirmen gelten (vielleicht mag es auch Ausnahmen geben, das vermag ich nicht zu beurteilen, bezweifle es aber). Jeder, der größeren wie kleineren Konzernen sein Geld überlässt, unterstützt diese Sachen sowieso, das ist der Lauf des Kapitalismus (schon allein deswegen ist es ein Gebot der Stunde, möglichst wenig zu konsumieren). Die zweite Komponente der Konzernkritik geht dann eher auf die spezifischen Verfehlungen und Schwächen der Firmenpolitik ein – denn nicht jedes Unternehmen setzt seine Ellenbogen gleich schamlos ein und nicht jedes richet gleich viel Schaden an.

Langer Rede, kurzer Sinn – auch zu IKEA, dem landauf, landab so beliebten Möbelhaus, gibt es das eine oder andere kritische zu vermerken. Als Unternehmen dieser Größe, das oft preiswerte Waren in den Markt drückt, hat IKEA natürlich eine Mitverantwortung für die Ressorcenvergeudung, die unsere Ex-und-hopp-Gesellschaft „auszeichnet“. Möbel. die einen Umzug nicht überleben, sondern nach kurzer Zeit neu gekauft werden müssen, sind sicherlich kein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Aber auch gerade in ihrer zuweiligen billigen Aktionsware stecken Ausbeutung und Umweltzerstörung, das sollte jedem bewusst sein, der sich einmal kurz darüber Gedanken macht, wieso wohl ein Teppich für wenige Euro angeboten werden kann. Hier unterscheiden sich die grundlegenden Mechanismen letztlich nicht von denen der Discounter. Das Greenpeace Magazin schreibt nun aktuell in „Palmöl – wann geht IKEA ein Licht auf?“ über die allseits so beliebten, spottbilligen Teelichter und auch über das Herumeiern des Unternehmens, wenn es um ökologisch verträglicheren Holzanbau geht:

Das Einrichtungshaus Ikea hatte ambitionierte Ziele in Sachen ökologisch nachhaltiger Holzproduktion. Bis Ende 2009 sollten 30 Prozent des verwendeten Holzes bei Ikea aus ökologischer Forstwirtschaft mit dem FSC-Siegel stammen. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Nun wurde bekannt, dass ein Großteil der Kerzen und Teelichter des Möbelriesen aus Palmöl hergestellt wird, für das riesige Urwaldflächen gerodet werden. (…)

(…) Und selbst diejenigen Holzprodukte des Konzerns, die aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen, tragen kein Siegel. Schon vor zwei Jahren gab Ikea zu: „Ein FSC-Logo oder auch andere Label gibt es an keinem Ikea-Produkt“. Dies bestätigen auch die letzten Holzrecherchen von Greenpeace. Dem Ikea-Kunden wird es so unmöglich gemacht, sich bewusst für oder gegen ökologische Holzprodukte  zu entscheiden. (…)

Wer gegen diesen Unsinn, Urwald für billige Teelichter (die in der Regel ja kaum zur Hälfte ausbrennen und dann weggeschmissen werden) protestieren will, der kann über die Website des Rettet den Regenwald e.V. eine vorbereitete Protestmail an das Unternehmen schicken. Und natürlich am besten den Kram nicht mehr kaufen.

ikea1(…) Mit seiner Marktposition hat IKEA die Möglichkeit, ein wichtiges Zeichen gegen die Verwendung von Palmöl zu setzen. Es gibt keinen Grund, am Palmöl festzuhalten. Doch bislang scheint in dem Unternehmen kein tieferes Problembewusstsein zu existieren. Dem Wissen, welche Folgen die Verwendung von Palmöl für die Anbaugebiete hat, lässt IKEA bislang keine Taten folgen.

Fordern Sie IKEA mit Ihrer Unterschrift auf, Kerzen aus Palmöl aus dem Angebot zu nehmen. Rettet den Regenwald übergibt das Schreiben mit allen Unterzeichnern am Ende der Aktion an IKEA Deutschland.

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Porto Alegres grüne Agenda

Den spannenden Artikel „Porto Alegres grüne Agenda“ von Gerhard Dilger, den ich auf Wir Klimaretter gefunden habe und den ich freundlicherweise komplett „abdrucken“ darf, möchte ich Euch heute als Leseempfehlung mit auf den Weg geben – er zeigt u.a., dass der in den westlichen Industrienationen mantraartig wiederholte und geradezu beschworene Wachstumszwang in anderen Gegenden längst ernsthaft in Frage gestellt wird. In Südamerika ist man gedanklich also schon weiter als unsere Politiker-Betonköpfe.

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Fünf Tage lang ringt die Weltbürgerbewegung im brasilianischen Porto Alegre um eine gemeinsame Plattform. Zwischen Klimawandel, Gemeingütern und dem Prinzip des “Guten Lebens” bleibt die Botschaft des Weltsozialforums dennoch diffus

Aus Porto Alegre GERHARD DILGER

Das Weltsozialforum ergrünt. Wohl kein Konzept wurde auf dem 10. Geburtstag des Forums in Porto Alegre öfter beschworen als jenes vom Guten Leben, das seine Wurzeln im Denken der Andenindianer hat und bereits in den neuen Verfassungen Ecuadors und Boliviens verankert ist.

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Auftaktdemonstration zum Weltsozialforum 2010. (Fotos: Dilger)

Brasiliens grüne Präsidentschaftskandidatin Marina Silva bezog sich in einer umjubelten Rede ebenso darauf wie der portugiesische Soziologe Boaventura de Sousa Santos, der sich wünscht, dass das “Gute Leben” einmal den westlich geprägten Entwicklungsbegriff ablösen möge. Oder Daniel Pascual vom “Komitee für die Einheit der Kleinbauern” aus Guatemala, der ähnlich wie seine Kollegen aus Kolumbien oder Peru die Offensive von Bergbau- und Agrarmultis in seinem Land schilderte. Pascual bedauerte aber auch: “Leider ist die Zeit hier viel zu kurz, um das zu systematischer auszuarbeiten.”

So zeigten die auf einen kruden Antikapitalismus fixierten Gruppen aus Brasilien, die per Akklamation eine umfangreiche “Erklärung der sozialen Bewegungen” verabschiedeten, nur wenig Interesse für den indigen geprägten Diskurs ihrer Gäste. Auch die alternative Klimakonferenz, zu der der bolivianische Präsident Evo Morales im April nach Cochabamba lädt, spielt in ihren Planungen noch keine Rolle.

Allerdings war das Forum, das am Freitag nach fünf Tagen zu Ende ging, auch keines jener wuselnden Großereignisse, für die Porto Alegre ab 2001 bekannt geworden ist. Schon wegen des enormen Aufwands finden die zentralisierten Megaevents seit 2005 nur noch alle zwei Jahre statt. 2010 sind noch gut 30 regionale und thematische Foren in aller Welt geplant, darunter Anfang Juli das Europäische Sozialforum in Istanbul.

Immerhin 35.000 TeilnehmerInnen kamen zum südbrasilianischen Regionalforum in den Großraum Porto Alegre. Die internationale Debatte blieb auf das Strategieseminar beschränkt, auf dem “Elemente für eine neue Agenda” diskutiert wurden. Eigentlich hatten die Organisatoren geplant, die wichtigsten Aspekte der zwölf Podiumsdiskussionen mit Blick auf die künftigen Foren zu bündeln. Stattdessen gab es eine allgemeine Aussprache, die Botschaft blieb diffus.

MarinaSilvaDilgerMarina Silva bereitet sich auf die Präsidentschaftswahl im Oktober vor

Dabei wird seit dem Weltsozialforum 2009 in Belém mit dem Guten Leben und dem Komplex “Gemeingüter” in Umrissen ein mögliche Plattform sichtbar, auf der sich die unterschiedlichsten Diskurse zusammenführen ließen: “Gutes Leben heißt nicht Streben nach mehr Konsum, sondern nach Autonomie, Selbstbestimmung, vor allem Selbstentfaltung”, sagt Silke Helfrich aus Jena, die über Gemeingüter referierte. “Bei den Kämpfen um Wasser und Land, um Wissen oder Software, geht es um Zugangsrechte und um gesellschaftliche Kontrolle, auch um die Frage, wie wir produzieren.”

Die Brücke zwischen der antikapitalistischen Linken und den Gemeingütern schlug Edgardo Lander: “Als globales System steht der Kapitalismus dem Erhalt des Lebens entgegen”, sagte der venezolanische Soziologe, “wir müssen die Wachstumslogik radikal überwinden und zu einer Umverteilung des Zugangs zu Gemeingütern kommen.”

Ohne eine kritische Bilanz des Realsozialismus mit seiner “ebenso zerstörerischen Entwicklungslogik” sei es sinnlos, von einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts zu reden, betonte Lander in Anspielung auf sein Heimatland. Die südamerikanischen Linksregierungen hielten nicht nur am herkömmlichen Fortschrittsdenken fest, sondern hätte es sogar vertieft: “Lula hat die Gentechnik in der Landwirtschaft zugelassen, und unter Hugo Chávez ist die Wirtschaft Venezuelas abhängiger vom Erdöl als vor zehn Jahren.

Den zahlreichen Stimmen, die die Niederlage des Neoliberalismus auf der diskursiven Ebene feierten, hielt Lander entgegen: “Die kapitalistische Gesellschaft hat eine unglaubliche Globalisierung der Subjektivität erreicht. Die Vorstellung, das Leben sei gleichbedeutend mit Konsum, ist tief verwurzelt”. Die Lage sei alles andere als rosig, schloss er: “Die individualistischen Muster des Konsums und auch der Wissensproduktion stehen vor dem endgültigen Sieg.”

Derzeit habe das Finanzsystem Vorrang vor der „Realwirtschaft“ und der Umwelt, analysierte Susan George, nun gelte es, diese Reihenfolge umzudrehen. Der „New Green Deal“, der ihr vorschwebt, hat die Vergesellschaftung der Banken zum Ausgangspunkt. Geld für den ökosozialen Umbau der Welt gäbe es genug, rechnete die Attac-Denkerin vor: „Das Vermögen der reichsten 8,5 Millionen Menschen der Welt beläuft sich auf 38 Billionen Dollar, ein Drittel davon ist in Steuerparadiesen versteckt“.

Der Geograph David Harvey aus New York sieht das Grundübel in der Prämisse eines jährlichen Wachstums von durchschnittlich drei Prozent, zu dem sich Liberale wie Sozialisten bekennen würden. Die Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte seien die Folge des „Problems, den Mehrwert zu absorbieren“, meint Harvey.

Das derzeitige Krisenmanagement stelle diese Wachstumslogik ebenso wenig in Frage wie die Umverteilung von unten nach oben: Über zwei Millionen US-Amerikaner hätten in den letzten drei Jahren ihre Wohnungen verloren, während allein 2008 die Manager von neun US-Banken Prämien in Höhe von 32 Milliarden Dollar eingestrichen hätten. „Für den Übergang zu einer nichtkapitalistischen Ordnung brauchen wir ein Bündnis zwischen den Unzufriedenen und den Enteigneten“, sagte Harvey.

Den düsteren Globalanalysen setzte Paul Singer funktionierende Beispiele aus der Solidarwirtschaft entgegen. „Wir müssen auch über kurzfristige Lösungen reden“, sagte der austrobrasilianische Ökonom, der seit 2003 als Staatssekretär für solidarische Ökonomie amtiert. 2007 waren über 1,7 Millionen BrasilianerInnen in 22 000 Kooperativen beschäftigt, berichtete er, und Jahr für Jahr kämen Tausende selbstverwaltete Betriebe hinzu.

Der bolivianische UN-Botschafter Pablo Solón warb für den Weltgipfel der Völker über den Klimawandel und die Rechte der Mutter Erde, der vom 19. bis 22. April in Cochabamba stattfindet. “Wir dürfen nicht zulassen, dass der Kapitalismus die Erde vollends zerstört”, sagte Solón. “Die Rechte der Menschheit können nur garantiert werden, wenn wir die Rechte der Mutter Erde respektieren”. In Cochabamba solle eine “Allgemeine Erklärung der Naturrechte” ausgearbeitet werden, denn “wir dürfen die Natur nicht länger wie einen Sklaven behandeln”.

Auch Solón bekannte sich zum “Guten Leben”, das er als “Teilen statt Wettbewerb” umschrieb. “Gegen die Folgen des Klimawandels stellt man 10 Milliarden Dollar bereit, für den Krieg 1,3 Billionen”, hob er hervor und stellte das Projekt von Evo Morales vor, der sich für ein weltweites Referendum über solche Prioritäten einsetzt.

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Pablo Solón wirbt für alternativen Klimagipfel in Cochabamba

Dass der Weg über Cochabamba nach Mexiko selbst für die vielfach zersplitterte Umweltszene nicht leicht sein wird, weiß auch Fátima Melo vom brasilianischen Netzwerk für die Integration der Völker. “Es reicht nicht mehr, antineoliberal oder antiimperialistisch zu sein”, sagte die Aktivistin aus Rio de Janeiro. “Mit dem Kampf um die Gemeingüter hat letztes Jahr in Belém ein neuer Zyklus für die Weltbürgerbewegung begonnen, der sich auch auf den Straßen Kopenhagens gezeigt hat.”

Nun gelte es, die Vielfalt der Bewegung zu nutzen, um auf die Politik Einfluss zu nehmen, meint Mello. Angesichts der Wachstumsfixierung auch der linken Regierungen, die in Brasilien, Ecuador oder Venezuela zu zahlreichen Konflikten mit indigenen Gemeinschaften und Organisationen führt, ist das keine leichte Aufgabe.

Pablo Solón lässt denn auch an der Stoßrichtung des Treffens in Cochabamba keine Zweifel aufkommen: “Gegen die Auswirkungen des kapitalistischen Systems auf das Klima müssen wir uns weltweit organisieren”. In Bolivien hingegen bleibe die Industrialisierung des Landes das oberste Ziel, “damit wir wirtschaftlich unabhängig werden und den Reichtum umverteilen können”.

In Porto Alegre sei man wieder einen Schritt vorangekommen, hieß es zum Abschluss allenthalben. Mehr sei kaum zu erwarten gewesen, findet auch Silke Helfrich: “Soziale Prozesse sind immer langsam, da muss man viel Geduld haben.”

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