Fernsehtipp: Eco-Crimes

Heute läuft ausnahmsweise mal wieder was Interessantes im Fernsehen – die dreiteilige Dokureihe „Eco-Crimes – Verbrechen gegen die Natur“. Die ARD sendet heute ab 23 Uhr eine 90 minütige Zusammenfassung der drei, jeweils 45 Minuten langen Teile, und im WDR werden alle drei Teile – „Ozonkiller“, „Tibet-Connection“ und „Piratenfischer“ am Montag, den 23.11. ab 22 Uhr hintereinander weg ausgestrahlt.

Aus Anlass der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen widmet sich das WDR-Fernsehen dem Thema Umwelt mit einem brisanten Dreiteiler: eco-crimes. Das organisierte Verbrechen hat ein neues Betätigungsfeld. Experten nennen es in einem Atemzug mit Waffen- und Drogenschmuggel. Milliardengeschäfte zu Lasten des Kostbarsten, was die Natur zu bieten hat. Schwarzhandel mit dem Teuersten, das Umweltgesetze verbieten. Die vielen internationalen Abkommen zum Schutz der Umwelt wiegen die Öffentlichkeit in trügerischer Sicherheit. Sie können nicht verhindern, dass die schützenden Schichten der Atmosphäre durchlöchert, Meere leer gefischt und ganze Tierarten ausgerottet werden. Es mangelt nicht an neuen Paragraphen, sondern am politischen Willen, bestehende Gesetze und Konventionen auch durchzusetzen. Es fehlt an Kontrolleuren, Ausrüstung und Geld, um den Umweltverbrechern das Handwerk zu legen.

Diese dreiteilige Filmreihe dokumentiert zum ersten Mal, wie inter-national operierende Netzwerke von Wilderern, Piraten, Schmugglern und Kartellen über die Schätze der Natur herfallen und dadurch die natürlichen Lebensgrundlagen bedrohen. “eco-crimes” zeigen aber auch, wie engagierte Menschen den Kampf gegen diese Umwelt-Mafia aufgenommen haben: hartnäckige Zollbeamte, mutige Fischereikontrolleure, entschlossene Staatsanwälte und vor allem die Mitarbeiter regierungsunabhängiger Umweltschutzorganisationen, die “undercover” recherchieren und dabei ihr Leben riskieren. Mit ihrer Unterstützung sowie anhand von Gerichtsakten, Verhörprotokollen und Zeugenaussagen zeichnet jede Folge einen authentischen Fall von “eco-crimes” nach. Einen, der uns alle betrifft: der Handel mit verbotenen Chemikalien, die die Ozonschicht zerstören – die illegale Fischerei auf den Weltmeeren – das Geschäft mit seltenen Tierarten.

Die Filme sind das Ergebnis einer über dreijährigen Recherche der Filmemacher Heinz Greuling und Thomas Weidenbach. Die Dreharbeiten fanden rund um den Globus statt. Die Filmemacher konnten auf seltene und zum größten Teil noch nie im Fernsehen gezeigte Beweisvideos von Behörden, dem Militär und Umweltdetektiven zurückgreifen. Einige Szenen der Filme wurden aufwendig nachgestellt, an den Originalschauplätzen und mit Hilfe der echten Ermittler, die selber vor der Kamera mitwirken.

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Weise Worte (16)

Billig ist nicht gut genug

Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften.

Es ist unklug zuviel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zuwenig zu bezahlen.

Wenn wir zuviel bezahlen, verlieren wir etwas Geld, das ist alles. Wenn wir dagegen zu wenig bezahlen, verlieren wir manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.

Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen wir das niedrigste Angebot an, müssen wir für das Risiko, das wir eingehen, etwas hinzurechnen.

Und wenn wir das tun, dann haben wir auch genug Geld, um etwas Besseres zu bezahlen.

John Ruskin
(Engl. Sozialreformer 1819–1900)

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Nuking the climate – Strahlendes Klima

Atomstrom ist ja – entgegen den Phrasen von gewissen, derzeit an der Regierung seienden Parteien und den mit ihnen verbandelten Energiekonzernen – alles andere als ein „sauberes Geschäft“. Gerade der radioaktiv Abfall macht die Stromproduktion auf diese überholte und veraltete Weise gefährlich und gerade im Hinblick auf zukünftige Generationen nicht tolerierbar. Das dachten sich auch das junge Team von „Nuking the climate – Strahlendes Klima“, die aus Sorge um die Umweltschäden durch Atomkraftwerke nicht nur eine eigene Website ins Leben gerufen, sondern auch den aufklärenden Dokumentarfilm „Uranium is not a country – Eine Spurensuche nach der Herkunft von Atomstrom“ gedreht haben, den man sich auch kostenlos im Netz anschauen kann (wer das Projekt unterstützen möchte, kann sich auch die DVD bestellen und Vorführungen organisieren).


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Die Geschichte des Geldes

kenwai-falschgeldWann immer Kritik an unserem Wirtschaftssystem laut wird, schafft es ein Aspekt erstaunlich oft, unter dem Radar hindurchzuschlüpfen: die Problematik unseres Geldsystems. Auch im Studium wird darüber, wo das Geld eigentlich her kommt und was WIRKLICH dahinter steht, nur am Rande gestriffen. Dabei ist gerade die Zinsproblematik die treibende Kraft, die hinter vielen wirtschaftlichen Malaisen steht. Umso verwunderlicher, dass auch keine Partei sich dieses Themas im politischen Feld annimmt, um dort wenn nicht für direkte Änderungen, so doch wenigstens für etwas mehr Bewusstsein bei den Bürgern zu sorgen. Aber zum Glück gibt es Menschen, die sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen – beispielsweise per Film („Money as debt – Geld als Schuld“ oder „Der Geist des Geldes“), oder per Buch.

Als Ergänzung zu ihrem neuen Buch „Falschgeld – Die Herrschaft des Nichts über die Wirklichkeit“, Anfang Oktober im EWK-Verlag erschienen, veröffentlicht Samirah KenawiDie Geschichte des Geldes“ als kostenlosen pdf-Download. Zwar wird die Thematik auch in dem Buch abgehandelt, doch findet sich dort nur eine verkürzte Version – damit der Leser aber auch den kompletten Überblick über die Entwicklung des Geldes (von der manch einer kaum eine Ahnung hat – selbst im VWL- oder BWL-Studium wird dies nicht ernstlich thematisiert) erhält, dürfen wir uns diese Ausführungen gratis herunterladen und am Bildschirm durchlesen. Mit stolzen 74 Seiten ist diese Online-Ergänzung eigentlich schon selbst ein kleines Büchlein für sich.

>> Download des Kapitels „Geschichte des Geldes“

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Aldi – Mutter aller Discounter

Leider lief die Doku „Aldi – Mutter aller Discounter“ vor zwei Tagen im NDR zu nachtschlafener Zeit, gut versteckt, so dass sie sicherlich kaum jemand gesehen und damit auch niemanden aufgeschreckt haben dürfte. Zum Glück gibt es diesen Beitrag zu den Nordischen Filmtagen 2009 noch bis zum, 9. November als Video on Demand auf der NDR-Website zu sehen. So wichtig es auch ist, über die Umtriebe der Discounter aufzuklären, so haben einige User im Netz bereits angemerkt, dass die Dokumentation immer noch zu weichgespült ist und das ganze Ausmaß an Ausbeutung und Zerstörung, die Aldi & all die anderen Discounter (die im Umgang mit den MitartbeiterInnen oft ja sogar noch schlimmer sind als Aldi, siehe eben Lidl oder Schlecker) mit sich bringen (siehe z.B. HIER), letztlich nur andeutet. Es ist auch deprimierend und erschreckend zu sehen, wie einige der Akteure, die dieses Discountkonzept vorantreiben und propagieren, z.B. Dieter Brandes, so komplett ohne jedes Bewusstsein dafür sind, was sie damit auf der Welt und in der Gesellschaft anrichten. Auf das Schwarzbuch Aldi, das in dem Film erwähnt wird, darf man jedenfalls schon gespannt sein!

Edit: am 12.12. um 22:30 Uhr strahlt der Fernsehsender Phoenix diese Sendung noch einmal aus!

Das erfolgreichste deutsche Handelsunternehmen gibt sich auch im 50. Jahr seines Bestehens betont sparsam: Musik und Dekoration suchen die Verbraucher in den Filialen vergeblich. Die Jubiläumsfeier lassen sich die Brüder Karl und Theo Albrecht keinen Cent kosten, sie fällt schlichtweg aus. Geschickt hat sich der Discounter bisher jedem Blick hinter die Pappkartons entzogen und sich vor öffentlicher Kritik versteckt. In seinem NDR Film versucht Rasmus Gerlach erstmals Licht ins Dunkel zu bringen. Der Filmemacher begleitete Gewerkschaftsjournalisten bei ihrer Recherchearbeit für ein “Schwarzbuch” zur Situation der Aldi-Belegschaft. Erste Nachforschungen des Teams ergaben, dass Aldi-Süd die Wahl von Betriebsräten behindert. Aldi-Nord soll massiven Druck auf gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter ausüben und kritische Angestellte mit gezielten Testkäufen mundtot machen. Die Albrecht-Brüder schafften es an die Weltspitze: Aldi ist heute in 17 Nationen vertreten. Der Konzern exportierte aber auch die Nöte der Belegschaft: Ständige Mehrarbeit ist an der Tagesordnung.

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„Unsere Demokratie ist in Not“

Aus akutem Zeitmangel möchte ich heute nur kurz auf einen bemerkenswerten Artikel von Albrecht Müller auf seinen NachDenkSeiten hinweisen – „Unsere Demokratie ist in Not – mehr als allgemein wahrgenommen wird“. Er geht anhand dreier aktueller Beispiele aus der Politik – der hingemauschelten Jamaika-Koalition im Saarland, der neubeschlossenen Privatisierung der Bahn und des Festhaltens an Staatssekretär Asmussen auch in der neuen Koalition (obwohl er von der SPD ist…) – der Frage nach, wieso am Willen der Wähler, des Volkes, vorbei regiert wird und welche Gefahren darin lauern. Ein Beitrag, den zu lesen und zu verbreiten sich lohnt – hier gibt es ihn als druckfähige pdf-Version.

Der Einfluss auf politische Entscheidungen läuft auf verschiedenen Wegen. Zum Beispiel:

  1. Mit Hilfe von Lobbyarbeit
  2. Mit der direkten Platzierung von gewogenen Personen in politischen Ämtern.
  3. Mit Hilfe der politischen Korruption durch private Vergünstigungen
  4. Mit Hilfe der Propaganda

Diese vier Möglichkeiten sind eng miteinander verwoben. Die Meinungsmache spielt bei allen mit, sozusagen neben dem Geld als Schmiermittel der besonderen Art. So war zum Beispiel die Rettung der Industriekreditbank (IKB) mit Hilfe der öffentlichen 8 Milliarden dadurch publizistisch vorbereitet worden, dass man die private IKB zu einer öffentlichen Bank erklärt hat. Die über 100 Milliarden für die HRE, die 18 Milliarden für die Commerzbank und der 480-Milliarden-Rettungsschirm waren nur deshalb durchzusetzen, weil unseren politischen Eliten wie auch dem Volk erzählt worden ist, alle Banken seien systemrelevant, keine dürfe eingehen. Und auch dadurch, dass uns verschwiegen worden ist, wer die eigentlichen Profiteure dieser Rettung waren. Alleine über 40 Milliarden für ausländische Banken, Fonds, etc.!

Auch jetzt setzt die Propaganda zur Vorbereitung und Rechtfertigung von Entscheidungen ein. So heißt es in dem zitierten Artikel der Financial Times Deutschland, mit dem Koalitionsvertrag setze sich Schwarz-Gelb für eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte ein. Und es wird dabei insinuiert, Asmussen habe diese Richtung in der alten Regierung verfolgt. Das Festhalten am Brandstifter Asmussen wird als Stärkung der Feuerwehr dargestellt. Das ist eine ziemlich klare Täuschung. Von den entscheidenden Personen, vom Team Schwarz-Gelb plus Asmussen ist eine wirkliche Kontrolle der Finanzwirtschaft nicht zu erwarten. (…)

Wenn Finanzmittel in Höhe von Milliarden in den Händen von egoistischen und zynischen Personen sind, dann entsteht eine brisante Mischung. Das könnte unsere Zukunft prägen. Die wertkonservativen Kräfte sind ziemlich von der Bildfläche verschwunden, so mein Eindruck. Es bleiben die Zyniker. Es bleiben die Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied-Prediger. Der aggressive Umgang mit der sozialen Unterschicht belegt diese Veränderung.
Der Schritt vom Zynismus zur Gewalt, von Egoismus zur Kriminalität ist nicht groß. Zur Mafia auch nicht. Allerdings immer ziemlich fein angezogen. Und inzwischen großbürgerlich daherkommend.

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Rettet die Haie!

Eher zufällig stolperte ich gestern im ZDF auf die Doku „Hannes Jaenicke: im Einsatz für Haie“, die mich wieder einmal sehr erschüttert hat. Zwar enthielt sie für mich, der ich letztes Jahr auch schon „Sharkwater“ gesehen hatte, nicht wirklich viel Neues, aber sie zeigt dennoch eindrücklich, dass der Mensch das schlimmste und gewissenloseste (und vor allem auch dümmste) Raubtier der Erde ist und in seiner grenzenlosen Gier und Ignoranz seinen Mitlebewesen (und in letzter Konsequenz auch sich selbst) übel mitspielt. Wer, verblendet von Hollywood-Schrott wie „Der weiße Hai“, immer noch meint, dass Haie böse und gefährlich seien, sollte sich diese Doku auf jeden Fall anschauen – jedes Jahr sterben mehr Menschen weltweit an herabfallenden Kokosnüssen als an Haiangriffen (insgesamt nur eine Handvoll), und gleichzeitig werden vom Menschen 100 Millionen (!) dieser bemerkenswerten und fürs Überleben der gesamten Meeresfauna so wichtigen Tiere bestialisch abgeschlachtet.

Also bitte alle zukünftig keine Haiprodukte mehr kaufen (z.B. Schillerlocken) und jeden in seinem Bekanntenkreis, der sowas noch tut, darüber aufklären, was er damit anrichtet. Die Dokumentation mit teils sehr schönen, teils aber auch den Magen umdrehenden Bildern (wenn die Brutalität der Menschen gezeigt wird) gibt es derzeit noch komplett online auf der ZDF-Seite zu sehen (unten auf den Screenshot klicken).

Sie haben ein schlechtes Image und gelten als gefährliche Killer, doch eigentlich hätten die Haie mehr Grund den Menschen zu fürchten. Mittlerweile sind viele Haiarten vom Aussterben bedroht – eine Gefahr für die Ökologie der Meere.

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Der K(r)ampf ums Wasser, Teil 2: Wie privatisierte Wasserwerke abkassieren und Kommunen bluten müssen

Zweiter Teil der aktuellen Medienberichterstattung über die Entwicklung auf dem Wassermarkt (auf die Problematik mit dem unsinnigen, durch die halbe Welt gekarrten Wasser in Plastikflaschen oder den Schmu mit “Tafelwasser“ à la Bonaqua will ich hier nicht weiter eingehen) – das Magazin Nano wurde letzte Woche mal dem Auftrag gerecht, den die öffentlich-rechtlichen Sender EIGENTLICH haben, nämlich investigativ und kritisch tätig zu sein (statt sich in die selben seichten Gewässer zu begeben, in denen die privaten TV-Anstalten herumdümpeln). Gleich zwei Beiträge in einer Sendung befassten sich mit der Wasserversorgung in Deutschland. In dem ersten Beitrag, „Kartellamt überprüft einige Wasserversorger“, sieht man sehr „schön“, dass die Abzock- und Selbstbedienungsmentalität, die sich aus Oligopolen und Monopolen ergibt, stets nachteilig für die Menschen ist:

“Wir werden schauen, wo Missbrauch stattfindet und konsequent dagegen vorgehen”, so Posch am 14. Juni 2009. Die Wasserversorger mussten damit ihre Hoffnung auf eine laxere Vorgehensweise des Ministeriums begraben. Das hessische Kartellamt gilt bundesweit als Vorreiter für eine schärfere Preisaufsicht. Verfahren unter anderem gegen die Frankfurter Mainova und die Stadtwerke Kassel hatte Poschs Vorgänger Alois Riehl (CDU) angestoßen, der für sein hartes Vorgehen gegen Energiekonzerne bundesweit bekanntgeworden war.

Im zweiten Beitrag, „Kommunen mussten für die Leasingverträge büßen – Cross Border-Leasing bringt vor allem Banken Geld“, geht es um die unsäglichen Finanzkonstrukte namens Cross Border-Leasing, also einer neuen Art der Privatisierung der Wasserversorgung, die nicht zuletzt auf Grund der Finanzkrise zu Lasten der Bürger ging und geht:

“Bei solchen Verträgen gibt es eine Nachhaftung, selbst wenn sie aufgelöst sind”, weiß Rügemer. “Das betrifft zum Beispiel noch jahrelang Steuerfragen. Zum anderen sind bei allen Cross-Border-Leasing-Verträgen Deutsche Landesbanken beteiligt. Selbst wenn sie aussteigen, präsentieren sie ihre Ausfälle in den Rettungspaketen gegenüber ihren Landesregierungen. Wir haben nur eine Verschiebung auf den Landeshaushalt und letztlich auf den Steuerpflichtigen.”

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„An der Kette“ – wie große Buchketten wie Thalia den Buchmarkt zerstören

Jetzt mal ehrlich – wer von Euch kauft Bücher noch beim kleinen Buchladen um die Ecke (sofern dieser überhaupt noch existiert), wer bestellt diese nicht mittlerweile eher bei multinationalen Großkonzernen wie Amazon oder bei der Filiale einer großen Kette? Auch ich muss gestehen, dass ich viele Bücher im Internet bestelle (dort in der Regel dann aber gebrauchte, also antiquarisch), obwohl nur 500 Meter vom mir entfernt ein sympathisches Buchgeschäft existiert. Schon oft habe ich mir Gedanken darüber gemacht, welche die Vielfalt und das Lokalkolorit zerstörende verheerende Wirkung der diesem Wirtschaftssystem immanente Zwang zum ewigen Wachstum hat – denn nicht nur muss letztlich jede Firma immer höhere Gewinne machen, Unternehmen müssen halt, um dies zu erreichen, auch immer größer werden, sich immer weiter ausbreiten. Und das geht nur auf Kosten anderer Geschäfte. Dieser auf allen Bereichen zu beobachtende Trend – man schaue sich nur die trostlosen einheitlich-genormten Innenstädte mittlerer deutscher Großstädte wie Kiel an: in der Fußgängerzone stolpert man hier inzwischen gleich vier Mal über H&M-Läden! – greift leider auch auf dem Büchermarkt mit voller Wucht um sich. Wobei die Buchpreisbindung die totale Auslöschung aller alternativen Angebote derzeit noch verhindert oder wenigstens bremst, da die Großkonzerne wenigstens nicht mit Dumpingpreisen operieren können, wie sonst auf dem von den FDP-Gläubigen als so heilsbringend beschworenen „freien Markt“, in dem Marktmacht alles ist.

Das Jetzt!-Magazin der Süddeutschen Zeitung thematisierte unlängst diese Entwicklung in einem seltenen Moment luzider Weitsicht – „An der Kette“:

Welche Literatur in den Ladenregalen steht und beworben wird, das liegt immer seltener in der Hand der Verlage. Die Buchwelt klagt zwar stets über das Internet. Doch inzwischen ist klar, dass es zur Zerstörung einer ganzen Branche keiner neuen Medien bedarf: Ein Konzern wie Thalia besorgt das auf seine Weise.

Wie ich gerade sehe, habe ich mit meinem Hinweis auf diesen Artikel etwas zu lange gewartet, denn inzwischen ist der nicht mehr online und muss statt dessen für satte 2 € im SZ-Archiv erworben werden (oder HIER gratis). Ob sich das lohnt, muss jeder für sich selbst entscheiden, der Artikel ist auf jeden Fall sehr gut und zeigt in erschreckender Weise, wie Thalia den deutschen Buchmarkt aufmischt, monopolisiert und durch Druck auf die Verlage auch das Verlagsprogramm mitbestimmt. Die Vielfalt, das kulturelle Angebot und auch die künstlerische Freiheit sind in diesem Umfeld Opfer des Profitstrebens der Großen in der Branche. Wer als Verlag da nicht mitziehen will, wird ausgelistet, sprich, die Bücher werden nicht mehr in die Regale der Geschäfte gestellt, sondern können nur noch auf speziellen Wunsch eines Kunden bestellt werden. Da viele Menschen sich von dem beeinflussen lassen, was Charts/Ranglisten aussagen, aber auch durch die ausliegenden und besonders präsentierten und beworbenen Werke, verfestigt sich hier der Trend zu immer mehr Mainstream und immer geringerer Buntheit des Geschmacks. So wie McDoof und Coca Cola versuchen, den Erdball mit einem normierten Produkt zu beglücken, greift eine vergleichbare Entwicklung auch auf dem Büchermarkt.

Die Nordhessische bezieht sich in „Buchhandel: Wie man Verlage aussaugt und den Markt zerstört“ ebenfalls auf den Bericht aus der Süddeutschen, fasst diesen meines Erachtens kurz, aber präzise zusammen (so spart man 2 € ;-) ) und gibt noch einen weiteren Einblick in die Misere:

[…] Das Modell der Discounter und später auch anderer Branchen, den „Zulieferern“ immer größere Rabatte abzunötigen, hat auch hier Schule gemacht und zeigt, dass es letztlich gleichgültig ist, ob man Bücher, Toastbrot oder Blinker verkauft. […]

[…] Interessant an dem Artikel ist, dass die Großverlage bislang das Spiel der Ketten mitspielen und sich somit in die Abhängigkeit der Großhändler begeben. […]

[…] Ein weiterer Faktor ist der Kunde, der es auch in der Hand hat, wo er einkauft, ob er lieber große Handelsketten oder lieber Autoren unterstützen möchte. […]

Der Autor verweist hier auch auf das YouTube-Video eines lokalen Kasseler Buchhändlers, der darin über die Vorgehensweisen der großen Ketten aufklärt (und Werbung für sich macht, was ich in diesem Ausnahmefalle aber mal toleriere) – sollte das Video nicht abspielen, bitte auf den HQ-Button drücken (notfalls direkt auf der YT-Seite):

Auch der Fefe-Blog hat das in gewohnt bissiger Manier schon kommentiert:

Kurzer Realitätsabgleich: Nicht die Internet-Raubkopierer machen die Verlage kaputt, sondern große Buchhandels-Ketten. Die Details lösen Brechreiz aus. Die haben den Buchhandel walmartisiert und kassieren laut dieses Artikels über 50% des Buchpreises als Profit, wollten gar eines Tages von den Verlagen noch ihre neuen Filialen finanziert kriegen.

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Der K(r)ampf ums Wasser, Teil 1: Umweltbelastung durch Discounter-Einweg

Meiner langen Liste der Discounter-Sünden und -Nachteile möchte/muss ich heute einen weiteren Punkt hinzufügen, der mir selbst bislang auch noch gar nicht so bewusst war – aber tatsächlich fördert gerade der „Erfolg“ der Discounterketten die Entwicklung hin zu Einwegflaschen, insbesondere beim Wasser. Und da Einweg ökologisch ein ziemlicher Schmarrn im Vergleich zum Mehrwegsystem ist, helfen die Billigheimer also auch hier tatkräftig mit, durch ihr Geschäftsmodell den Lebensraum der Menschen weiter zu zerstören. Genau darum ging es in der letzten NDR-markt-Sendung – „Einweg-Pfand: Schlechtes Geschäft für die Umwelt” zeigt gut auf, welche Aspekte (auch politische) hier alles mit hineinspielen:

(…) Das sei eine Katastrophe, meint die Deutsche Umwelthilfe. Sie hält die Tatsache, dass sich Mehrweg gerade im Wasserbereich im freien Fall befände, für ein ökologisches Desaster. Das Problem: Mineralwasser in Einwegflaschen ist bei Kunden beliebt. Denn zum einen sind die Flaschen aus dünnem Plastik deutlich leichter als die aus Glas und zum anderen wird gerade Wasser in Einwegflaschen seit der Einführung der Pfandpflicht besonders billig feilgeboten. Im Mineralwasser-Segment fechten die großen Discounter besonders hart ihren Preiskampf aus. Bei Lidl, Aldi, Norma, Netto und Penny etwa kostet der Liter Wasser in der Flasche nur noch 13 Cent und damit knapp die Hälfte des Pfandbetrags für die Flasche (zur Erinnerung: 25 Cent). Clemens Stroetmann von der Stiftung Initiative Mehrweg und ehemaliger Staatssekretär im Bundesumweltministerium sieht darin reine Lockangebote und vermutet, dass diese Preise sogar unter den Herstellungskosten liegen. (…)

Gas in Flaschen – Betrug am Verbraucher
Aber auch die Hersteller teurer Markenwasser setzen auf Einwegflaschen. Die Abfüller wenden sogar Tricks an, um ihre Einwegflaschen als Mehrwegverpackung zu tarnen. Beispielsweise pumpen sie Gas in die Flaschen, damit diese bis zum Öffnen fest wie die Mehrwegflaschen aus dickerem Plastik sind. Einige versehen ihre Flaschen bewusst nicht mit dem Einweglogo, geschweige denn dem Wort “Einwegflasche”. “So verschweigt man, dass es Einweg ist”, erklärt Clemens Stroetmann. Seine Einschätzung: “Im Grunde genommen ist das kriminelle Energie und Betrug am Verbraucher”.

Für die Discounter zählt anscheinend nur das Geschäft, nicht der Umweltschutz. Die Genossenschaft Deutscher Brunnen schätzt: Die großen Discountmärkte erwirtschaften mit Einwegflaschen Mehrerlöse von bis zu 400 Millionen Euro im Jahr. Möglich ist das unter anderem durch “Pfandschlupf” (nicht oder anderswo zurückgebrachte Flaschen) sowie durch den günstigeren Anschaffungspreis für Einwegflaschen. Außerdem ersparen sie sich ein aufwändiges Mehrweg-Kreislaufsystem mit entsprechender Transportlogistik und Reinigungsanlagen.

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