Die Krake des Kommerz: Immer mehr Unternehmen bezahlen Blogger für geschönte Beiträge

wwwDie Glaubwürdigkeit und Freiheit des Internets ist seit jeher verschiedensten Gefahren und Angriffen ausgesetzt – neben den bekannten Ansinnen der Zensur und Sperre von missliebigen Websites zersetzt auch die fortschreitende Kommerzialisierung immer mehr den virtuellen Raum und zerstört die Werbefreiheit und damit auch Unabhängigkeit von Weblogs und Portalen. Mittlerweile werden ja beispielsweise auch bei Youtube Reklamebotschaften in einige Videos eingeblendet, und Myspace (seit jeher eine Werbeschleuder) nervt einen nach der Anmeldung nicht selten mit ganzflächiger Firmenpropaganda, zusätzlich zu dem sonstigen lästigen Bannergeblinke. „www“ steht bei solchen Seiten wohl für „weltweite Werbung“…

Besonders perfide ist die Strategie von manchen Firmen, sich die Glaubwürdigkeit, die Blogger durch ihr Schreiben erlangt haben, zu erkaufen und sie dafür zu bezahlen, geschönte Produktbeschreibungen und -lobpreisungen zu verfassen und im Web zu verbreiten. [via Grilleau] Pressetext.at berichtet aktuell über die derzeitige Entwicklung in den USA:

Einem aktuellen Bericht des Wall Street Journals zufolge hat diese Praxis in den Vereinigten Staaten inzwischen ein derartiges Ausmaß erreicht, dass die “Blogosphäre” um ihre Reputation bangt und die Federal Trade Commission (FTC) laut über die Einführung eigener Richtlinien nachdenkt, die Missbrauchsversuche verhindern sollen.

(…) “Im Gegensatz zum Internet haben Produktreviews in Magazinen oft das Problem, dass sie nicht als vollkommen objektiv angesehen werden. Bei User-generiertem Content ist die Gefahr, dass sich ein Autor eines Testberichts vom Hersteller kaufen lässt, nicht in dem Ausmaß gegeben”, erklärt der Brandflow-Geschäftsführer. Mit der Vorstellung, dass das Internet ein geschützter Bereich der Authentizität sei, könne es aber bereits in einigen wenigen Jahren vorbei sein. “Die Unternehmen versuchen immer stärker, diese Glaubwürdigkeitsbarriere zu durchbrechen und Meinungen, die online verbreitet werden, bewusst zu manipulieren”, betont Hübner.

Siehe dazu auch den Artikel in der Business WeekThe FTC takes on paid posts – The Federal Trade Commission wants bloggers to disclose when they’ve been wooed with cash or freebies from companies they cover“.

Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch an die Marketingabteilungen der Konzerne, die in ihrem Bestreben, auch noch den hintersten Winkel des Planeten durchzukommerzialisieren und jeden Menschen zu korrumpieren, offenbar niemals Ruhe geben. Übrigens habe ich auch schon zwei Anfragen von solchen PR-Leuten bekommen, die mir großzügig anboten, kostenlos einen Artikel für meinen Blog zu schreiben, wenn sie darin auf ihre kommerziellen Websites bzw. offenbar die von Kunden (z.B. ein Onlineshop) verweisen dürften. Das habe ich natürlich dankend abgelehnt.

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Subvertise

Hier eine kleine Anregung für alle Leser, sich doch mal wieder das Recht herauszunehmen, auf Reklame adäquat zu antworten. Adbusting bzw. Subvertising heißt das Zauberwort!

(Leider habe ich den Clip nur mit diesen etwas nervigen Untertiteln gefunden… Und www.subvertise.org hat inzwischen übrigens das Zeitliche gesegnet, schade.)

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Surftipp: Erklärung von Bern / Kinderarbeit für Schokolade

Nicht nur die aktuelle Ausgabe des Greenpeace Magazins befasst sich mit einem Thema, über das viele Konsumenten in den westlichen Industrieländern vermutlich wenig Gedanken machen, wenn sie ihre 60 Cent-Schokolade im Supermarkt kaufen – nämlich dem bitteren Beigeschmack, den solch niedrige Preise und die industrielle Massenproduktion für die Menschen in den Kakao-Produzentenländern haben.

Fast zehn Kilogramm Schokolade verspeist der Durchschnittsdeutsche jedes Jahr. Für diesen alltäglichen, selbstverständlichen Genuss schuften in der Elfenbeinküste Kindersklaven, oft gerade mal zehn Jahre alt, unter katastrophalen Bedingungen in Kakaoplantagen.

schoggihase_ausverkauft_endNein, auch in der Schweiz hat sich deshalb eine eigene Initiative gegründet, die sich aktiv dafür einsetzt, diese Zustände bei der Schokoladeherstellung bzw. Kakaoernte, vor allem die Kinderarbeit, nicht länger zu dulden – die Erklärung von Bern.

Obwohl die Schweiz als Schokoladenland gilt, ist bei uns kaum bekannt, dass in vielen Schokoladesorten Kinderarbeit steckt.
60 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos kommt aus Westafrika. Kinderarbeit und Kindersklaverei ist auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste gängig und werden von den Schokoladeherstellern seit Jahren bewusst in Kauf genommen.

Die Schweizerischen Schokoladenkonzerne gehören zu den grössten der Welt. Sie haben die Möglichkeit, die ausbeuterische Kinderarbeit zu beenden.

Darum fordert die EvB
* die Ausbeutung von Kindern auf Kakaoplantagen zu verhindern.
* Kakaopreise zu zahlen, die den Bauern erlaubt, faire Löhne an erwachsene Beschäftigte zu zahlen.
* den Kakaobauern durch Abnahmegarantien eine finanzielle Sicherheit zu schaffen.

KonsumentInnen haben Macht. Machen Sie Druck. Fragen Sie mit der Postkarte der EvB die Hersteller ihrer Lieblings-Schoggi, ob in dieser Schokolade garantiert keine Kinderarbeit steckt. Verlangen Sie von den Konzernen, alles zu unternehmen, damit nie wieder Kinder für Schweizer Schoggi leiden müssen.

Die Aktivitäten meiner speziellen „Freunde“ von der Genbude Nestlé kommentiert die EvB folgendermaßen:

Nestlé blockt den Dialog ab. Die firmeneigene Website ist mit CSR- und anderen Berichten sehr grosszügig gestaltet, Informationen zum Kerngeschäft sind jedoch nicht zugänglich. Das soziale Engagement vor Ort wird facettenreich beschrieben, das Hauptproblem, nämlich die konkreten Arbeitsbedingungen, wird hingegen mit keinem Wort erwähnt. Es geht nicht an, dass die Konsumierenden mit solchen Ablenkungsmanövern abgespiesen werden.

Nestlé hat als weltweit zweitgrösster Akteur im Kakao-Buisness direkte Kontrolle über die Lieferkette. Der Konzern besitzt damit reichlich Möglichkeiten, dem Elend auf den Plantagen entgegen zu treten. Der Ursprung der Missstände liegt nicht einfach bei den Kakaobauern, sondern bei den Strukturen des internationalen Kakaohandels, welche von mächtigen Unternehmen wie Nestlé massgeblich beeinflusst werden. Nestlé könnte mit dem Preis, den sie für Kakao bezahlt, die Lebensbedingungen der Bauern nachhaltig verbessern. Daher sollte der Konzern über seine konkrete Preispolitik offen kommunizieren und die Konsumierenden nicht mit Feigenblatt-Projekten abspeisen.

(c) International Labour Rights Forum

(c) International Labour Rights Forum

Wie sehr Aufklärung im Konsumbereich dringend nötig ist, zeigte mir eine Erfahrung, die ich unlängst in einem Supermarkt hatte – dort reagierte die Kassiererin auf den Hinweis eines Freundes, der mit mir Gepa-Schokolade kaufte, dass in der „normalen“ Industrie-Schokolade ja Kinderarbeit stecke, mit der gleichgültigen Aussage, dass die Kinder dort auf diese Wiese wenigstens etwas verdienen. Solange diese bräsige, satte Ignoranz den Grundtenor in unserer Gesellschaft darstellt, wird sich sicherlich nichts ändern, behaupte ich mal so.

Fraglich bleibt für mich bei all diesen eindeutig löblichen Aktionen natürlich immer, ob es überhaupt möglich ist, in diesem System der Profitmaximierung und des „ewigen“ Wirtschaftswachstums für faire Bedingungen weltweit zu sorgen oder ob nicht vielmehr bei der Fortführung der kapitalistischen Produktionsweisen immer eine kleine Gruppe privilegierter Menschen (zu denen wir in Deutschland bzw. Europa fraglos gehören) auf Kosten des Großteils der Welt lebt. Mit dieser Frage setzte sich neulich auch Klaus-Werner Lobo in seiner jetzt!-Kolumne in der Süddeutschen Zeitung auseinander – Zum Beispiel Konsum – LOHAS werden die Welt nicht retten.

(…) Weil es erstens unmöglich ist, weltweit agierende Konzerne mit Tausenden Zulieferbetrieben so umfassend zu kontrollieren, dass man sie „freisprechen“ könnte. Zweitens hat jeder Multi, der seine Profite auf Basis der Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern erwirtschaftet, ein systematisches Interesse daran, diese Unterschiede aufrecht zu erhalten: Das liegt nicht an „bösen“ oder unwilligen ManagerInnen, sondern an einem Wirtschaftssystem, das Ausbeutung ökonomisch belohnt und so zur Geschäftsgrundlage macht.

(…) Ein Beispiel für die Blauäugigkeit vieler Lohas ist auch das deutsche „Internetportal für strategischen Konsum und nachhaltigen Lebensstil“ Utopia. „Kaufe dir eine bessere Welt“, heißt es da, als ob es nicht im Gegenteil darum ginge, die Welt vor ihren Verkäufern zu retten. Weil man „nicht von Spenden oder anderen gemeinnützigen Zuwendungen abhängig sein“ will, finanziert sich Utopia „durch das private Engagement der Gründer und erste Kooperationen“. Darunter auch Konzerne wie OTTO und Henkel. OTTO stand 2006 im „Schwarzbuch Markenfirmen“ noch für „Ausbeutung, sexuelle Belästigungen und andere Missstände in Zulieferbetrieben“, die Kampagne für Saubere Kleidung vermutet, dass China, die Türkei und Indien die Hauptlieferländer für Textilien sind. Überall dort sind desaströse Arbeitsbedingungen die Regel. Im Dezember 2006 wurde einem OTTO-Lieferanten sogar Kinderarbeit vorgeworfen. Immer mehr Utopia-User beklagen sich übrigens, dass ihr Account wegen kritischer Bemerkungen gelöscht worden sei.

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Surftipp: Aktion ÜBERWACH! sowie Neues vom elektronischen Polizeistaat

aktion-uberwachDas ist doch mal eine hübsche Idee – als Reaktion und Gegenaktion zu den von politischer Seite immer weiter zunehmenden Überwachungsphantasien und -realitäten haben sich einige engagierte Menschen zusammen getan und die Aktion ÜBERWACH! ins Leben gegründet. Die ursprünglich aus Schweden stammende Idee ist dabei plausibel und einleuchtend und basiert auf dem Prinzip „Wie du mir, so ich dir“:

Die große Koalition aus CDU & SPD will Deutschland in Zeiten des internationalen Terrors zu einem sicheren Land für uns alle machen. Das klingt auf den ersten Blick gut, ist es aber auf den zweiten gar nicht

Denn das wenig mehr an Sicherheit sollen wir, die Bürger dieses Landes, teuer mit einem großen Verlust an persönlicher Freiheit bezahlen. De facto droht die Bundesrepublik Deutschland durch die geplanten Maßnahmen zu einem präventiven Überwachungsstaat umgebaut zu werden.

Die Aktion “ÜBERWACH!” will auf diese besorgniserregende Entwicklung aufmerksam machen, indem sie den Spieß umdreht und den Geruch der Überwachung den Bundes- und Landesministerien, sowie den Regierungs- und Oppositionsparteien selbst unter die Nase reibt.

(…) Es werden Zugriffe der Bundes- und Landesministerien, sowie von Regierungs- und Oppositionsparteien auf teilnehmende Blogs, Foren und Webauftritte überwacht. Dabei werden ausschließlich der Zeitpunkt des Zugriffs, die zugreifende Institution und die URL der besuchten Seite protokolliert und auf Vorrat gespeichert.

So kann man auf der ÜBERWACH!-Seite genau verfolgen, welche staatlichen Stellen, also Parteien oder Ministerien sich welche (kritischen) Blogs, die an der Aktion teilnehmen, wann angeschaut haben etc. – dies zu sehen ist schon durchaus erstaunlich. Ich werde mal sehen, den für diese Aktion nötigen Programmcode auch in meinen Blog einzubauen, denn jeder, der eine Website oder einen Blog betreibt, kann und soll mitmachen.

sneak_a_peekAch so, wer meint, bei uns sei es doch gar nicht so schlimm mit der Online-Überwachung, der schaue sich bitte mal diese Statistik an (via; und hier die ganze Studie als pdf) – Deutschland nimmt weltweit einen „guten“ 10. Platz ein, was elektronische Polizeistaatlichkeit angeht, dabei ist das neue Zensursula-Gesetz noch gar nicht berücksichtigt worden:

  1. China
  2. Nordkorea
  3. Weißrussland
  4. Russland
  5. Großbritannien
  6. USA
  7. Singapur
  8. Israel
  9. Frankreich
  10. Deutschland

Die Liste ist natürlich etwas verfälscht, da es sicher viele Entwicklungsländer gibt, in denen viel größere Repressionen stattfinden, die nur technisch nicht so weit entwickelt sind bzw. deren Bürger nicht flächendeckend Internetzugang haben, den man deshalb auch nicht so rigoros überwachen muss.

Spannend finde ich dazu auch die auf daten-speicherung.de zu findende Aufstellung all der Sicherheits- und Überwachungs-Gesetze, die seit 1956 in Deutschland bezüglich der Beschneidung der Persönlichkeitsrechte der Bürger erlassen wurden, und welche Parteien diesen zugestimmt haben. Neben dem üblichen Muster (Regierung stimmt zu, Opposition lehnt ab) gibt es immer wieder auch erstaunliche Abweichungen. In der Summe sind Die Linke (deren Mitglieder jedoch zum Teil bis 1989 in der DDR noch ganz andere Überwachungsmaßnahmen mitgetragen haben dürften) und die FDP (die in diesem Feld ihrem Namen „Freie Demokraten“ wenigstens mal gerecht wird) die Parteien, die sich am geringsten an solchen Gesetzen beteiligt haben. Seht Euch diese Auflistung mal an!

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Die Subversiv Messe in den Tagesthemen

Na sowas – da hat es die dieser Tage im österreichischen Linz stattfindende Subversiv Messe doch tatsächlich bis hinein in die absoluten Mainstreammedien geschafft – die staatstragenden Tagesthemen berichteten vorgestern immerhin volle 3 Minuten in Bild und Ton von dem Projekt. Die Moderatorin wirkt zwar eher amüsiert bzw. verwirrt, so als könne sie mit dem Thema Subversion eher wenig anfangen, aber ich finde es doch schön, dass solche Culture Jamming-Praktiken wenigstens zu nachtschlafender Stunde mal kurz im Fernsehen zu sehen sind. Sogar der Antipreneur-Shop findet lobende Erwähnung! Das wirkliche umstürzlerische Potential mancher Anbieter auf dieser Messe haben die Macher der Tagesthemen aber wohl nicht erkannt bzw. begriffen, denke ich mal, jedenfalls wirkt die Auswahl der vorgestellten Projekte etwas ratlos…

(Übrigens sorry, dass ich aktuell mal wieder eher weniger eigenen Inhalt liefere und auf viele „Fremdquellen“ zurückgreife, aber momentan bin ich zeitlich ziemlich in Bedrängnis, so dass keine rechte Muße für ausufernde Eigentexte bleibt. Das ändert sich aber auch wieder, versprochen!)

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Der neue Verpackungs-Schmu

Als ich vor einigen Wochen über die neue EU-Verpackungsverordnung berichtete, mutmaßte ich (und nicht nur ich), dass diese Aufweichungen der Richtlinien die Hersteller dazu animieren würde, eine gewisse Kreativität in Bezug auf Verpackungsgröße, geringerem Inhalt und gleichbleibendem Preis an den Tag zu legen. Nun schrieb mich gerade ein Leser an und wies mich auf die aktuelle Vorgehensweise bei der Zentis Fruchtkonfitüre hin – auf deren Website wird vollmundig vom „praktischen und formschönen 200-g-Schalenbecher“ geschrieben, allerdings lasse man die nicht unwichtige Information unter den Tisch fallen, dass der Becher bislang 225g enthielt. Ach so, der Preis sei natürlich gleich geblieben, trotz über 10% Gewichtsreduktion. Ich kann diese Information nun nicht aus eigener Anschauung verifizieren, da ich industriell gefertigte und gezuckerte Marmelade („50% Fruchtanteil“, na super…) seit vielen Jahren nicht mehr kaufe, aber so etwas passt eindeutig in die Strategien vieler großer Konzerne (siehe auch abgespeist.de).

Ich habe auf jeden Fall gleich mal bei Zentis angefragt, wie es sich denn mit dem Preis der neuverpackten Marmelade verhalte, also ob dieser dementsprechend auch um 10% gesenkt werde, und erhielt jetzt diesen erklärenden Brief, den ich auszugsweise wiedergebe:

Mit der Reduzierung der Bechergröße haben wir auf den allgemeinen Trend zu kleineren Verpackungen reagiert.

(…) Neben dieser Aufwertung müssen aber auch die gestiegenen Rohstoffpreise der Vergangenheit, die gestiegenen Energiepreise sowie andere Preisfaktoren für die neue Frühstückskonfitüre beachtet werden. Alle Faktoren zusammen machten eine Verteuerung unumgänglich.

(…) Da die grundlegende Überarbeitung aber bereits feststand, haben wir uns dazu entschlossen, die Preiserhöhung erst mit der neu gestalteten Verpackung umzusetzen.

Naja, es ist aber schon ulkig, dass man mit der Preiserhöhung so lange wartete, bis man eh eine kleinere Verpackung auf den Markt bringt, wahscheinlich in der (vermutlich berechtigten) Hoffnung, dass der normale Kunde die kleinere Verpackung nicht als solche wahrnimmt. Die NDR-Sendung Markt brachte Anfang der Woche übrigens einen passenden Bericht zum Thema Preisgestaltung – „Neue Mogelpackungen: Schmu beim Grundpreis“:

Seit dem 11. April 2009 ist diese 95-Gramm-Tafel nun erlaubt. Laut einer EU-Richtlinie müssen sich Lebensmittelhersteller nicht mehr an die bisher geltenden Verpackungsstandards für Grundnahrungsmittel halten. Diese Richtlinie wird in Deutschland in der sogenannten Verpackungsverordnung umgesetzt.

Wurde Milch bisher in den festen Größen 0,5, 0,75 oder 1 Liter verkauft, sind nun auch 0,85 oder 0,96 Liter möglich. Mehl oder Zucker können in 275-Gramm-Packungen, Butter in 75 Gramm, Wasser in 1,25 Liter-Flaschen verkauft werden. Gleiches gilt für Kaffee oder Schokolade. Einzig in der Spirituosen-Abteilung ist Verlass auf alte Größen. Die Verpackungsgrößen für Alkoholisches sind noch nicht freigegeben.  Verbraucherschützerin Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg befürchtet, dass “die Verpackungen alle verkleinert werden, ohne dass man das auf den ersten Blick erkennt. Das ist ein deutlicher Nutzen für den Anbieter, denn er verkauft weniger Ware für den gleichen Preis, und für uns eine versteckte Preiserhöhung.“

Beispiele dafür gibt es genug: Anbieter von Kosmetik-, Hygiene-, Putz- oder Süßwaren können schon seit Jahren freie Mengen wählen: Die ehemalige Pampers-Packung hatte zum Beispiel 44 Windeln, die neue hat nur noch 40. Der Preis ist gleich geblieben: 8,95 Euro. Beispiel Calgonit, Spezialsalz für den Geschirrspüler: Die alte Packung beinhaltet 1,8 Kilo Salz, die neue nur noch 1,5 Kilo. Beide kosten aber 5,99 Euro. Der alte Bärenmarke Schüttel-Shake hat einen Inhalt von 475 Milliliterb, der neue nur noch 400 Milliliter – beide kosten aber 76 Cent.

(…) Besonders wachsam sollten Kunden sein, die meist zu den gleichen Produkten greifen. Sie achten aus Gewohnheit meist weder auf den Preis noch auf die Packungsgröße. Doch auch für alle anderen Verbraucher gilt: Augen auf im Supermarkt. Um nicht auf Mogelpackungen reinzufallen, ist es wichtig, sowohl die Füllmenge als auch den Grundpreis zu kontrollieren.

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Weise Worte (9) (Discounter)

Das Sündenregister mancher Discounter kommt dem Begriff „kriminelle Vereinigung“ ziemlich nahe. Allen voran marschiert Lidl: Mitarbeiter werden überwacht, Autos und Taschen des Personals durchwühlt, Betriebsratswahlen verhindert, Kontrolleure besuchen kranke Mitarbeiter zuhause, Kassierer können vor lauter Stress nicht mehr pinkeln und denken über Windeln nach. Unfassbare Arbeitsbedingungen, sauber dokumentiert, für jeden nachlesbar. Einkaufen bei Lidl und Konsorten bedeutet Kumpanei und Unterstützung für soziales Dumping steinzeitlicher Prägung.

Zur Produktqualität sollte man sich die Pestizid-Tests anschauen. Hier waren die Discounter immer wieder auffällig. Reichlich Gift und Galle für alle. Erinnern Sie sich noch an den stinkenden Gammelfleischberg? An Umetikettierungen abgelaufenen Hackfleischs? Auch hier glänzten die Discounter. Bei solchen Preisen und entsprechend schmalen Margen kann es sich niemand leisten, verdorbene Ware wegzuschmeißen. Neues Datum drauf, basta, der Appetit kommt beim Essen. Und die Olivenöle? Die stammen aus angefaulter Massenware, von Planierraupen zusammengeschaufelt, mit Heißdampf gereinigt. Schwer lecker!

Die Preise treiben einem ohnehin Tränen in die Augen. T-Shirts für 5,99 – das geht nur mit Kinderarbeit und nackter Ausbeutung. Weine für 1,59 – welche Winzerfamilie, welche Kulturlandschaft soll da überleben? Milch billiger als Wasser – auf Kosten von Bauern und Tieren.

Das alles hat die Billigeinkäufer nie interessiert, das soziale Gewissen wird an der Kasse abgegeben. Aber Geiz war noch nie geil. Geiz ist riegeldumm.

Manfred Kriener ist einer von zwei Chefredakteuren des Umweltmagazins „Zeozwei” – taz 1.5.2009

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Glaubenskriege

Woher wissen wir, was wir zu wissen glauben? Können wir dem vertrauen, was uns die Medien jeden Tag als „News“, als „Nachricht“, als „objektive Wahrheit“ präsentieren? Wieviele der Bilder, die tagtäglich auf die Menschheit einströmen, sind überhaupt real, welche sind lediglich inszeniert oder verzerrt und wollen nur eine Meinungsbeeinflussung in eine bestimmte Richtung bewirken? U.a. mit diesen Fragen befasst sich der Verwirrung stiftende Kurzfilm „Glaubenskriege“ von Julian Wiehl, dem Hauptakteur hinter der Wiener Plattform für Video- und Filmproduktionen Kerubia Film [via]:

Ein medienreflektierender Kurzfilm welcher über politische Komponenten der Frage nach der Manipulation der Medien nachgeht. Hinter jeder Kamera steckt ein Mensch und hinter jedem Film eine Ideologie. Komprimiert, intensiv und überraschend bis zum Ende.

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Parteien-Alternativen: Piratenpartei, Die Basis, Die Guten

So langsam naht ja die Europawahl (Stichtag: 7.6.) – und damit auch die im wahrsten Sinne des Wortes Qual der Wahl… Inwieweit die fünf (bzw. sechs, wenn man die CSU als eigenständige Partei wertet) großen, etablierten Parteien nach all den Geschehnissen der letzten Monate und Jahre für einen freiheitsliebenden Menschen überhaupt noch wählbar sind, muss jeder für sich selbst entscheiden, Fakt aber ist, dass die Unzufriedenheit der Bürger mit der derzeit betriebenen Politik wächst. Und so gründen sich mittlerweile auch wieder einige neue Parteien, die antreten, um etwas frischen Wind in das erstarrte System zu bringen.

piratenpartei-logoDie größten Erfolgsaussichten, tatsächlich eine nennenswerte Zahl von Stimmen zu erringen, hat sicherlich die Piratenpartei, die 2006 in Berlin gegründet wurde, basisdemokratisch organisiert ist und sich vor allem für den Datenschutz, für Bürgerrechte und Open Access (statt Patentwahn) einsetzt. Momentan existiert zwar noch kein vollständiges Parteiprogramm, doch als Korrektiv zum derzeit parteiübergreifend grassierenden Überwachungskrampf sind die Piraten sicherlich sehr wichtig. Immerhin hat diese neue Partei genug Unterstützerunterschriften gesammelt, um bei den Europawahlen antreten zu dürfen – um auch bei der Bundestagswahl im September zugelassen zu werden, benötigt die Piratenpartei allerdings noch zusätzliche Unterschriften; knapp die Hälfte hat sie derzeit immerhin schon beisammen. Auf dieser Seite könnt Ihr Euch das entsprechende Unterstützerformular herunterladen, um dabei zu helfen, die Bürgerrechte hierzulande zu stärken.

Wir lehnen Patente auf Lebewesen und Gene, auf Geschäftsideen und auch auf Software einhellig ab, weil sie unzumutbare und unver­antwortliche Konsequenzen haben, weil sie die Entwicklung der Wissensgesellschaft be­hindern, weil sie gemeine Güter ohne Gegen­leistung und ohne Not privatisieren und weil sie kein Erfindungspotential im ursprünglichen Sinne besitzen. Die gute Entwicklung klein- und mittelständischer IT-Unternehmen in ganz Europa hat beispielsweise gezeigt, dass auf dem Softwaresektor Patente vollkommen un­nötig sind.

Die Abkehr vom „Prinzip der Geheimhaltung“, der Verwaltungs- und Politikvorstellung eines überkommenen Staatsbegriffs und die Beto­nung des „Prinzips der Öffentlichkeit“, das einen mündigen Bürger in den Mittelpunkt staatlichen Handelns und Gestaltens stellt, schafft nach der festen Überzeugung der Pira­tenpartei die unabdingbaren Voraussetzun­gen für eine moderne Wissensgesellschaft in einer freiheitlichen und demokratischen Ord­nung.

Ein paar Hintergrundinformationen zum Wahlprogramm und den Absichten der Piratenpartei findet ihr auch im Büttchenbunt-Blog. Und wer meint, dass seine Stimme, die er für diese Partei gibt, letztlich verloren ist, sollte sich den Bericht Piratenpartei kann mit Sitz im EU-Parlament rechnen im österreichischen Der Standard anschauen, denn tatsächlich werden die Piraten in Schweden wohl über die 5%-Hürde kommen und damit mindestens einen Sitz im Europaparlament erringen!

bild-6Neben den Piraten sind mir noch zwei andere neugegründete Parteien ins Auge gestochen, auch wenn diese vermutlich deutlich schlechtere Chancen haben, viele Stimmen auf sich zu vereinen bzw. überhaupt zu den großen Wahlen antreten zu dürfen. Die Basis ist letztes Jahr zum ersten Mal auf der politischen Bühne aufgetaucht und hat sich, wie der Name schon vermuten lässt, wirkliche Basisdemokratie auf die Fahnen geschrieben:

Auch die Partei “DIE BASIS” verspricht Basisdemokratie, aber sie hat diesen Gedanken zu Ende gedacht. Sie verspricht nicht nur Basisdemokratie, sie hat auch ihren gesamten Aufbau so gestaltet, dass kein Einzelner an der Basis vorbeikommt. Sie hat ihre Satzung, die einzig wirklich einklagbare und deshalb sehr formal und allgemein gehaltene Grundlage einer Partei so gestaltet, dass sie die formalen Vorschriften einhält und dennoch detailliert die Regeln definiert, dass die Basis das einzig bestimmende Glied dieser Partei ist, denn diese Satzung wurde nicht allgemein gestaltet, sondern legt genau fest, wie Basisdemokratie abgewickelt werden muss.

  • Die Partei “DIE BASIS” hat wie jede andere Partei auch ihre Funktionäre, nur mit einem Unterschied: Sie haben keine Macht, denn sie haben keine Entscheidungsbefugnis. Diese liegt ausschließlich bei der Basis, der Summe aller Mitglieder.
  • Die Partei “DIE BASIS” hat wie alle Parteien ihre “Experten”. Aber diese Experten kommen aus den Reihen der Mitglieder, sind keine interessengeleiteten und von Verbänden geführte Rammböcke zur Zerschlagung der Demokratie, sondern einfach Leute mit Fachwissen, die für jedes politische Vorhaben ausarbeiten, was dafür und was dagegen spricht und diese Ausarbeitung als Empfehlung bei einem Vorhaben einbringen, aber entscheiden kann nur die Basis.

Leider ist die offizielle Website von Die Basis ink. Parteiprogramm aktuell nicht erreichbar, sondern nur noch das Forum.

bild-7Dritte im Bunde sind Die Guten – der Name klingt zwar irgendwie nicht besonders politisch und seriös, dennoch vertritt die erst dieses Jahr durch junge Aktivisten in Thüringen gegründete Partei durchaus unterstützenswerte Ansichten. Radio Utopie berichtete unlängst über die Pressekonferenz. Zur Europawahl wird die neue Partei noch nicht antreten, aber es ist beabsichtigt, an den Kommunalwahlen und Landtagswahlen in Thüringen teilzunehmen.

Mit Mitgliedern aus dem gesamten Bundesgebiet hat sich eine Gemeinschaft von Menschen zusammengefunden, welche nicht mehr länger hinnehmen wollen, wie die hiesige Politik sich nach wie vor fälschlicherweise Demokratie nennt, dabei Mensch und Umwelt von einer rücksichtslosen Industrie vergiftet werden. Bestehend aus einer vielschichtigen Mischung von Jugendlichen, Künstlern, Arbeitnehmern und Arbeitslosen möchten -die Guten- für eine Wende in der Politik eintreten.
Die Partei identifiziert sich als Organisation, welche die Menschen wieder zueinander führen, den Glauben an die eigene politische Wirkung eines Jeden stärken möchte und einen uneingeschränkten Respekt gegenüber jedem Leben fordert. Sie verstehen sich als Anwalt aller Gruppen und Minderheiten, welche in der aktuellen politischen Landschaft keine Stimme finden..

Die Guten stehen für: Vernunft, Freiheit, Toleranz, Ehrlichkeit, Moral, Offenheit, Transparenz, Entschlossenheit, Frieden, Vertrauen, Interesse, Wachsamkeit, Orientierung,, Aufklärung, Information, Nachhaltigkeit, Selbstständigkeit, aktives Handeln, Mitentscheidung, Mitbestimmung, Selbstbestimmung, Kommunikation, Veränderung, Bewusstsein für Freiheit Recht, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Grundgesetz, Menschenrechte, Zivilcourage, freie Entfaltung und freies Wissen.

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Wem gehört die Welt?

Sehr oft stoße ich beim Schlendern durchs Netz auf interessante Artikel und Gedanken, die ich unbedingt auch in meinem Blog verbreiten möchte. Manchmal geraten solche Beiträge aber dann auch aus ungeklärten Gründen und ungerechtfertigterweise bei mir wieder ein wenig in Vergessenheit, und erst ein Frühjahrsputz meiner Datenbestände spült diese wieder zurück an die Oberfläche.

sugar-economySo ist es mir gerade mit der hochinteressanten Studie „Wem gehört die Welt?“ der ETC-Group gegangen, die bereits Ende letzten Jahres erschien (jedoch nichts an Aktualität eingebüßt hat) und über die ich damals im Commons Blog erfuhr. In Marschrichtung Zuckerökonomie – wem gehört dann die Natur? schauen sich die Autoren die 48seitige Originalstudie (die es hier als kostenlosen pdf-Download auf Englisch gibt) genauer an und kommen dabei zu erschreckenden Ergebnissen. Denn tatsächlich schreitet die sogenannte Kommodifizierung, also die kommerzielle Verwertung unserer Erde, also der natürlichen Ressourcen, der Biomasse, immer weiter voran (siehe auch: „Ein Viertel der Welt-Biomasse ist bereits kommodifiziert”). Die Konzentration der Marktmacht in immer weniger Händen ist dabei, so denke ich, eine besonders große Gefahr für die Zukunft, für die Gesellschaft und Demokratie. Leider lässt sich diese Entwicklung hin zu immer größeren, mächtigeren und einflussreicheren Konzernen in diesem Wirtschaftssystem quasi systemimmanent in fast allen ökonomischen Bereichen feststellen. (Man muss ja nur mal in eine x-beliebige Einkaufsstraße gehen – dort machen sich die immer gleichen Ketten breit und verdrängen gewachsene Strukturen mit ihrem uniformen Kram.) Aber zurück zur ETC-Group-Studie:

Zentrale Themen: Ernährung, Landwirtschaft, Gesundheit, Biotech aber auch Soft- und Hardwareproduktion sowie die strategischen Bewegungen auf globaler Ebene, um noch die letzten natürlichen Reserven der kapitalistischen Landnahme einzuverleiben. Kurz: ETC bringt die Zahlen zur Einzäunung der Nahrungskette als “ultimate enclosure” (Vandana Shiva).

Teil des Reports sind die aktuellen TOP 10 Listen der Aufkäufer unserer Lebensgrundlagen und der Wissensallmende. Letztere umfassen genetische und andere immaterielle Ressourcen, die in der Regel in biologische Ressourcen eingeschrieben sind, somit den gesamten Saatgut- und Pharmabereich aber auch Informationen und kulturelle Inhalte.

Beim Saatgut sieht das im Jahr 2007 so aus: (Zahlen der ETC Group)

1. Monsanto (US)                                 23% (Anteil am globalen Markt)
2. DuPont (US)                                     15%
3. Syngenta (Switzerland)                     9%
4. Groupe Limagrain (France)               6%
5. Land O’ Lakes (US)                            4%
Die Top 10
halten damit  67%. Die Top 5 sind mit 57 % mit von der Partie.

Bei Pestiziden liegt nach wie vor “Deutschland ganz vorn” (Man ist hier ja so gern Weltspitze. Es gibt eben zweifelhafte Weltrekorde.)

1. Bayer (Germany)                             19%
2. Syngenta (Switzerland)                  19%
3. BASF (Germany)                              11%
4. Dow AgroSciences (USA)               10%
5. Monsanto (USA)                                9%
Dann weiter mit DuPont (USA), Makhteshim Agan (Israel), Nufarm (Australia), Sumitomo Chemical (Japan), Arysta Lifescience (Japan).
Hier halten 10 Firmen 89% der Anteile am Globalen Markt und 5 Firmen 68 %.

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