Kategorie: Wirtschaft Seite 51 von 54

Am Rande beobachtet, kritische Edition

Wo Licht ist, da ist auch Schatten, und den will ich in meinen heutigen Randbeobachtungen nicht aussparen. Im als-ob-leben?-Blog macht sich der Autor grundlegende kritische Gedanken zur aktuellen Lage und Situation, gerade auch im Angesicht der „Finanzkrise“, die von vielen Mainstreammedien noch arg verniedlicht wird. Gerne wird dort ja auch der Eindruck vermittelt, dass die Politik, unsere Regierung, alles im Griff habe und planvoll handele. Und die Kinder bringt der Weihnachtsmann…:

wenn man sich in diesen tagen quer durch den mainstream von print- und onlinemedien arbeitet, so ist die polarisierung im angesicht des kommenden jahres 2009 nicht zu übersehen – während auf der einen seite wahlweise bilder von scharfkantigen eisbergen, unermesslichen abgründen und verheerenden großbränden dominieren (die durch die krise generierten bilder werden hoffentlich in bälde einmal von psychohistorikern näher betrachtet werden), lässt sich die verfassung der anderen seite auf einen begriff bringen: “crisis? what crisis?” und allerhöchstens wird eine – inzwischen immerhin von “klitzeklein” auf “etwas größer” mutierte – rezession zugestanden, nach der aber “alles wieder so sein wird wie vorher”.

letzteres lässt sich mit halbwegs funktionierenden wahrnehmungsfähigkeiten nur als drohung begreifen. weiter mit dem zwang zum exponentiellen wachstum, weiter mit der umverteilung von unten nach oben, mehr konsum, mehr straßen, mehr autos, mehr müll. und vor allem mehr psychophysisches elend bei der ungebremsten expansion der dingwelt. das ist nicht nur der wunsch der “eliten”, sondern auch derjenige ihrer medial sedierten und konsum als sinnstiftend empfindenden braven untertanen, für deren idealtypische form das wort “ich-ag” die am treffendsten auf den punkt bringende metapher darstellt.

horst_koehlerIn die gleiche Kerbe, also der Verdrängung und Verharmlosung, schlug auch unser Bundespräsident Horst Köhler in seiner an Weltfremdheit kaum zu überbietenden Weihnachtsansprache – da darf sich niemand über Politikverdrossenheit wundern. Entsprechend hart gehen einige Blogs auch mit ihm & seiner Rede ins Gericht. Duckhome drückt es direkt aus: „Köhler, halt’s Maul“, die NachDenkSeiten widmen diesem „Phänomen“ gleich zwei Beiträge: „Köhlers Weihnachtsansprache: Beliebig und belanglos“ und „Bundespräsident Köhler stützt die Propaganda der Regierenden, statt dem Volk mit einem ehrlichen Wort beizuspringen“:

Insbesondere Horst Köhler muss wegen seiner engen Verflechtung mit diesem Milieu [der Finanzwelt] gewusst haben, dass sich die Hauptverantwortlichen der Bundesregierung, nämlich Bundeskanzler Schröder, Bundeswirtschaftsminister Clement und der damalige Bundesfinanzminister Eichel zu Beginn des Jahres 2003 mit den Spitzenvertretern der Finanzwirtschaft trafen.
Schon damals, zu Beginn des Jahres 2003 hatten die Verantwortlichen in der Bundesregierung mit den Spitzen der Banken und der Versicherungswirtschaft darüber beraten, wie man die Kredite notleidender Banken auf eine Auffanggesellschaft, eine so genannte „Bad Bank“ auslagern, bündeln und als Wertpapiere verpacken und weiterverkaufen könnte. Damals wurde beraten, der Staat solle als Entlastung für die Risiken einstehen und eine Garantie abgeben.
Schon damals war also erkennbar, dass es riesige Risiken gibt und schon damals gab es das unverschämte Begehren, solche von privaten Wirtschaftssubjekten erzeugten Risiken auf uns Steuerzahler abzuladen.
Ein in Finanzfragen bewanderter und eng mit der Finanzwirtschaft verflochtener Bundespräsident musste auch diesen Vorgang kennen.

Ach ja, die Wirtschaftskrise, dieses Thema wird uns 2009 sicher ordentlich in Atem halten. In England gab es zum Jahresende noch mal einen richtigen Kaufrausch, da viele Kaufhäuser Rabatte von bis zu 90% anboten. Dennoch, die Aussichten auch in Großbritannien sind düster: „Torschlusspanik“:

In Großbritannien wird gewarnt, dass der Konsumrausch zum Jahresende zur Verödung der Einkaufszonen führen könnte. Gegenwärtig scheint die Maxime des guten, also systemstabilisierenden Handelns zu sein, möglichst viel zu konsumieren. Wer kauft, dient der Gesellschaft oder deren Wirtschaftssystem, das gilt auch für Vorschläge, wie die Konsumkraft der Menschen verbessert werden kann. Egal was, Hauptsache, der Laden läuft, und Morgen ist ein anderer Tag. Das ist Panik, vor allem eine Panik, die nichts besser macht, denn der bedingungslose Konsum, das Leben auf Pump, das Schwelgen in hohen Renditen, hat schließlich die Krise hervorgebracht.

Woolworth muss trotzdem ein Viertel seiner Häuser schließen, andere Ketten folgen oder sind bereits gefolgt, die Preise sollen weiter fallen, die Verluste steigen. Ende des nächsten Monats dürfte jedes zehnte Geschäft in den Einkaufsstraßen der Städte leer stehen, wird gewarnt. Die Schulden der Geschäfte und Ketten steigen, die Gewinne sinken.

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Drei Artikel über unsere Konsumgesellschaft

einkaufswagen-alleineIn den letzten Tagen bin ich beim Herumstöbern im Netz auf drei sehr lesenswerte konsumkritische Artikel gestoßen, deren grundsätzlichen Aussagen der Bundesregierung und ihren Kaufappellen sicher nicht gefallen dürften, die jedoch, jeder auf seine Art, die (oft negativen) Facetten unserer Konsumgesellschaft beleuchten. Sicherlich ist es kein Zufall, dass gerade vor Weihnachten der eine oder andere mal innehält und sich so seine Gedanken über das Treiben, das sich in den Innenstädten und Shoppingcentern der Welt macht, denn zu keiner anderen Jahreszeit steht der Konsum so dermaßen offen im Mittelpunkt des allgemeinen Treibens. Aus einem spontanen, freudigen Schenkakt ist über die Jahre ein echter Krampf geworden – als ich selbst noch an diesem Ritual teilnahm (seit Jahren verschenke ich nichts mehr zu Weihnachten) waren die Tage vor dem Fest von echtem Stress begleitet, da ich ja noch auf Teufel komm raus irgendetwas für den einen oder anderen finden musste. Und so wurde viel Unnützes ausgetauscht und womöglich direkt nach den Feiertagen nie wieder benutzt. (Wobei schenken und beschenkt werden durchaus auch Spaß machen kann, das ist klar.)

Unter anderem darum dreht sich auch der Artikel von Wolfgang Neef „Glück vom Konsum abkoppeln aus der taz – für den Autoren hat „die Verschleißwirtschaft keine Zukunft”:

Dass just dieses Wachstum das Problem sein könnte, wird immer noch verdrängt, obgleich schon das EU-Weißbuch 1993 auf unser falsches Entwicklungsmodell aufmerksam machte: Wir rationalisieren seit 200 Jahren in ungebremstem Tempo, ersetzen menschliche Arbeitskraft durch Energie- und Rohstoffaufwand und handeln uns damit Arbeitslosigkeit und Umweltkrise gleichzeitig ein. Zudem pflegen wir einen Innovationswahn: Statt die Technik auf die wesentlichen Lebensbedürfnisse zu beziehen, erfinden wir laufend neue Spielzeuge. Um diese dann zu vermarkten, werden bis dahin nicht existierende Bedürfnisse durch die Werbung neu erzeugt.

(…) Wo liegt der Ausweg? Abgesehen von der nötigen intellektuellen Dekonstruktion des Neoliberalismus geht es darum, echte Alternativen in Ökonomie und Technik zu finden – und zwar jenseits der Gebetsmühle, sie müssten sich “rechnen”. Kenneth Boulding hat dafür eine schöne Metapher geprägt: Wir brauchen eine “Raumfahrer-Ökonomie”, die mit begrenzten Ressourcen arbeitet. “Fortschritt” ist damit jene soziale und technische Innovation, die die Vorräte weitgehend unangetastet lässt und den Verwertbarkeit erhöht. Also: Weniger Produktion und weniger Verbrauch – bei gleichzeitig besserer Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse.

Auf die widersinnige und das ganze System letztlich als hohles Gerüst entlarvende, mantraartig von den Regierungschefs vorgebetete Konsumaufforderung an uns Bürger geht der Feldpolitik-Blog in „Kauft um Euer Leben!” weiter ein und wirft auch die Frage auf, ob dieses „Hamsterrad” aus mehr arbeiten, um mehr zu konsumieren usw. uns wirklich etwas bringt:

Werden weniger Autos gekauft, fahren die Autoproduzenten ihre Produktion zurück. Sie entlassen Leute und stornieren Aufträge bei Zulieferern, was letztlich entlang der Wertschöpfungskette zu Entlassungen und Einsparungen führt. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sieht so aus, daß ja eigentlich nur das WENIGER gekauft wird, was offenbar gar nicht so dringend GEBRAUCHT wird. Aus gesellschaftlicher Sicht heißt das, daß wir mit derselben Menge an Autos klarkommen. Wir haben also erstmal denselben Wohlstand wie zuvor. Aber: Wir sparen Zeit! Muss bei selbem Wohlstandsniveau weniger Arbeitszeit investiert werden, so bleibt mehr Freizeit! Das mag zynisch gegenüber jenen klingen, die grade von Entlassungen bedroht sind, soll aber folgendes verdeutlichen:

Wir jammern darüber, daß wir selbst und unsere Mitmenschen weniger einkaufen. Warum nutzen wir diese Situation nicht einmal, um darüber nachzudenken, warum wir Wirtschaft bislang so organisiert haben, dass möglichst VIEL zu tun ist? Was ist so gut daran, möglichst viele Autos zu herzustellen und möglichst jedes Jahr noch ein Stück Wachstum obendraufzulegen? Steigern die überfüllten Strassen unser Wohlbefinden? Macht Arbeit so viel Spaß, daß wir immer mehr davon haben müssen?

In die gleiche Richtung zielt auch „Ihr Kinderlein, kaufet, so kaufet doch ein” auf Spiegel Online:

Shoppen für das Vaterland wird sich bei uns nicht machen lassen. Das klingt wie “Ficken für den Frieden”, das ist ein Witz, das ist Satire. In einer düsteren Prognose auf 2009 beklagt ein Wirtschaftsexperte das “Fehlen sportlicher Großereignisse” im kommenden Jahr. So ist der Mensch: rührend. Frauen brauchen Einladungen, um Geld für ein neues Kleid locker zu machen, Männer Fußballweltmeisterschaften, um einen großen neuen Flachbildfernseher als absolut notwendig zu empfinden. Auch das ein Witz. Zumindest dem Fernsehgerätemarkt und den Fähnchenherstellern wäre mit einer eingeschobenen Sonderweltmeisterschaft geholfen.

Werbung wird längst als Schmieröl der Wirtschaft empfunden. Nichts geht ohne Anzeigengeschäfte. Vorbei die Zeiten, da man der Werbung vorwarf, Konsumterror auszuüben. Exzessives Shoppen war ein Sport der Spaßgesellschaft. Es ist aber auch neurotisch. Etwas zu kaufen, was man nicht unbedingt braucht, ist eine Ersatzhandlung. Dass die Regierungen ihre Bürger nun dazu bewegen wollen, dem Wachstum der Wirtschaft zuliebe ein bisschen unsolide und verschwenderisch zu sein, ist nicht ohne Komik.

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Buchtipp: Tobias Plettenbacher – Neues Geld, neue Welt

„Ich glaube, dass wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildendes Element haben, was unsere Wirtschaft fortwährend krank macht… Meiner Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktionieren, dass es immer wieder zusammenbricht und dann wieder von vorn begonnen wird. Diese Zusammenbrüche nennt man dann Kriege, Wirtschaftskrisen oder Inflationen, je nachdem, aber das bedeutet nur, dass dieses System in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer vernünftigen Eindämmung führen würde.“ Michael Ende, dt. Autor 1992

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Dass Geld und der Geldkreislauf in der Form, wie wir sie derzeit kennen und nutzen, viele Probleme mit sich bringt (insbesondere die Zinseszinsproblematik), hatte ich ja schon an einigen Stellen erörtert (hier oder hier). Dennoch ist dies für die meisten Menschen ein Thema, über das sie eigentlich nie wirklich nachdenken – Geld scheint einfach da zu sein, man geht zur Bank, um sich neues Geld zu holen und kauft anschließend damit ein. Darüber, dass unser jetziges System keineswegs ein naturgegebener, unveränderlicher Zustand ist, haben sich jedoch in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten bereits so manche Experten Gedanken gemacht. Gerade in der heutigen Zeit, in der die „Finanzkrise” die systemimmanenten Fehler eigentlich für jedermann offenbart, sind neue Ideen, wie man Währungen anders organisieren kann, vonnöten.

Tobias Plettenbacher, Mitglied von Attac in Österreich und Mitinitiator von timeSOZIAL, hat sich solche Gedanken gemacht. In seinem Buch „Neues Geld, neue Welt. Die drohende Wirtschaftskrise – Ursachen und Auswege”, das im planet Verlag erschienen ist, das er jedoch auch als kostenlosen pdf-Download (in CC-Lizenz) anbietet, bietet er auf gut 150 Seiten eine leicht verständliche Einführung ins Thema Geld und alternative Währungssysteme.

Insgesamt 5 Teile umfasst sein Werk – im ersten Teil geht der Autor auf das „normale” Geld ein und arbeitet die einzelnen Probleme heraus, die dieses für die Gesellschaft, die Umwelt und auch die Wirtschaft (vor allem die kleinen und mittelständischen Betriebe) mit sich bringt. Denn wer jetzt auf „gierige Banker” etc. schimpft, macht es sich zu leicht. Teil zwei schildert theoretische Lösungsansätze, um aus dem Zinsdilemma und dem zerstörerischen Finanzsystem heraus zu kommen. Hier wird u.a. die Tobin-Steuer, aber auch Vollgeld und Geldökologie angesprochen. Im dritten Teil beleuchtet Plettenbacher dann die Geschichte von alternativen Währungssystemen, die von den Herrschenden auch früher nicht gerne gesehen und oftmals, wenn diese neuen Währungen zu erfolgreich zu werden drohten, abgewürgt und verboten wurden. Das bekannteste Beispiel war das „Wörgl-Experiment” in Österreich Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Teil Nummer 4 wendet sich anschließend der Gegenwart zu und beschreibt die Vielzahl von Initiativen, die es weltweit im Bereich komplementärer und alternativer Währungen gibt – vom Chiemgauer regional über den VOLMEtaler (Hagen), das LETS-System in den USA und schließlich dem größten und erfolgreichsten Projekt in diesem Bereich, dem Pflegemodell Fureai Kippu in Japan mit mehreren Millionen Mitgliedern. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel hier schon getan wird, ohne dass die Mainstreammedien darüber nennenswert berichten würden. Im abschließenden Teil des Buches versucht sich Tobias Plettenbacher an einem Komplementären Gesamtmodell, das als Anregung und Grundlage für weitere Überlegungen dienen soll.

Flankiert von zahlreichen Zitaten aus mehreren Jahrhunderten bietet der Autor somit einen zwar sicherlich etwas vereinfachten, aber dennoch gerade für den Laien gut nachvollziehbaren Einstieg in die doch etwas beschwerlich erscheinende Materie Geld und Währungssysteme. Und bei einem unschlagbaren Preis von 0 € für das pdf gibt es sowieso keinen Grund, nicht zumindest einen Blick hinein zu werfen.

> Download des Buches als pdf-File (2.8 MB) <

„Geld und damit Liquidität bleiben in der Region. Wertschöpfung passiert für und in der Region… Regiogeld unterstützt eine Wirtschaftskultur, die auf Kooperation und nicht auf Konkurrenz aufbaut… Regiogeld löst die Abhängigkeit von globalen Tendenzen auf, stärkt die regionale Ökonomie und Identität.“ Slogans der Anhalt Dessau AG

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Das Pharma-Kartell

Am Dienstag letzter Woche gab es eine der seltenen Sternstunden des deutschen Fernsehens – das ZDF-Magazin Frontal 21, dessen konzern- und politikkritischen Beiträge auch sonst meist sehr zu empfehlen sind, brachte ein 45-minütiges Special über die unheilige Allianz von Politik und Pharma-Industrie/-Lobby: Das Pharma-Kartell – Wie Patienten betrogen werden.

Drastisch und ungeschönt wird uns hier vorgeführt, wie die Pharmariesen wie Lilly vor Korruption nicht zurückschrecken, um ihre Interessen durchzusetzen, und dabei auch leichtfertig die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzen. Ebenfalls Gänsehaut löst es aus, wenn man sieht, wie die Presse (in dem Beitrag z.B. die ach so seriöse Apotheken-Umschau, aber auch die Vogue und andere Verlage/Magazine) gerne Geld entgegen nimmt, um dann positiv über gewisse Mittel zu berichten etc. (Ein Grund mehr, diese ganze Verdummungspresse, die einem da so am Zeitschriftenstand entgegengrinst, links liegen zu lassen.) Soviel zur „freien Marktwirtschaft”… Schaut Euch diese Sendung mal an, sie steht stand kostenlos in der ZDF-Mediathek zur Verfügung und zum Glück immer noch bei YouTube.

Auf ein paar inhaltliche Schwächen in dieser Dokumentation geht der Blog „Stationäre Aufnahme” näher ein.

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Gastkommentar: „Die Zeit der Experten ist vorbei”

Dieser längere Artikel von Volker Viehoff erschien dieser Woche im wirsinddasgeld-Blog, und da ich ihn für sehr gelungen und auch erhellend für die derzeitige Verwirrung in Wirtschaft und Politik halte (und für eine gute Ergänzung zu meinen eigenen Überlegungen neulich), möchte ich ihn hier (mit freundlicher Erlaubnis) auch noch einmal in Gänze bringen.

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Die Zeit der Experten ist vorbei

Es sei „erschreckend“ gewesen, sagte Frau Maischberger, dass die Experten in Ihren Talkrunden ihr nichts wirklich  Erklärendes zu den Geschehnissen diese „Weltfinanzherbstes“ hätten mitteilen können.

Eine aufschlussreiche Mitteilung.

Es waren Experten, die dieses System kreiert haben. Und sie haben jeder ihren Teil dazu beigetragen, ohne ein Ganzes oder die Wirkungszusammenhänge des Ganzen noch zu überschauen. Die Laiendarsteller in diesem Drama hatten sich derweil in die trügerische und bequeme Sicherheit gewiegt, dass die Sache so kompliziert sei, das sie sowieso nur von Experten zu verstehen wäre.

Bezeichnend ist die vielgehörte Aussage von „Geldanlegern“, die im nachherein bekannten, gar nicht verstanden zu haben, in was sie denn da überhaupt ihr Geld angelegt hätten.

Wie kann so etwas passieren? Und wie kann dies offensichtlich weltweit geschehen? Welche Haltung kommt da langsam zutage und was ist das für einen seltsame  „Täter – Opfergemeinschaft“? Finanzkonstrukteure, die nicht mehr wissen, wie sich das auswirkt, was sie erschaffen, Anleger, die nicht mehr wissen, was sie kaufen und Vermittler, die nicht mehr wissen, was sie da durchgehandelt haben?

Dies scheint allen drei Akteuren (man müsste fast sagen: „Passeure“) gemein zu sein: Das Nichtwissen, vielleicht auch das Nichtwissenwollen dessen, was sie tun. Stattdessen sich leiten, besser: antreiben zu lassen von etwas, was man wohl so beschreiben könnte: Gewinnstreben ohne wirklichen Einsatz.
Was geht hier vor? Auf welchen Haltungen beruhen solche Handlungen?

Es wird bald offensichtlich, was sich hier zeigt: Ein eklatante Vermeidung, ein systematisches Aus-dem-Weg-Gehen dessen, was für wahrhaft menschliches Existieren doch unvermeidlich ist: Verantwortung zu übernehmen für die eigenen Handlungen oder Unterlassungen.

Die ganze Geschichte der Neuzeit als Vorläuferin der Moderne und dessen, worin wir uns gerade befinden, scheint sich in der Konsequenz unserer Tage unter einer Leitmaxime zusammen fassen zu lassen. Diese lautet in etwa: „Handle stets so, dass sich ein ( vermeintlicher ) Vorteil aus Deiner Handlung für Dich ergibt und vermiede alles, was Dich an die möglichen oder erahnten tatsächlichen Folgen Deines Handelns oder Unterlassens erinnern könnte.“ Ein kantiger Imperativ – mit verheerenden Auswirkungen.

Folgen einzelne Individuen dieser Spur ist das für sie selber in. der Regel bedauerlich; sind diese  „Neurotiker des Geistes“ dann in herrschender Stellung ist es für die davon  Betroffenen fatal. Handelt hiernach ein ganzes Zeitalter, ereignet sich, was gerade geschieht: Eine Katastrophe. Global.
Wie kommt so etwas zustande? Wie hat es sich entwickeln können, dass so eine „seelische Fehlhaltung“ zum öffentlich-unrechtlichen Allgemeingut wurde?

Es würde zu kurz greifen, zöge man nur die Geschichte des deutschen Scheiterns der Zwangskollektivierung 1933- 1989 hier zurate. Es stimmt zwar, dass die dort verordnete absolute Priorität des „Gemeinwohls“ – so wie es die Machthaber es verstanden wissen wollten – zu einer heftigen Reaktion nach Abschaffung der Tyrannei geführt haben. Die 5 Reichsmark Scheidemünze des 3ten Reiches zierte nicht nur Hakenkreuz und Hindenburgkopf, sondern am Rande stand der Satz zu lesen: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“.

Das derzeitige Geldgebaren ist wohl eher so zu umschreiben: Aus maximalem Eigennutz entsteht Gemeinwohl irgendwie von alleine. Was es dazu braucht, um so einer „Logik“ folgen zu können ist eine unheilvolle Vermengung von wissenschaftlicher Theorien, geschichtlichem Vergessen, diskursbestimmender  Pressebeherrschung, indoktrinierender Lobbyarbeit, und vor allem jede Menge individueller Bereitschaft  sein Leben mit einem Höchstmaß an  Unbewusstheit „zu führen“. Man müsste eher sagen: Führen zu lassen. Vom Sich-Führen-lassen dieser Art ist es nicht weit bis zum Verführt werden.

Die Frage ist: Wer verführt hier wen?

Dazu müssen wir näher an das Epizentrum dieses „Bewusstseinsbebens“ heran kommen. Vielleicht müssen wir uns  von einer  Vorstellung verabschieden, ohne die modernes Menschenbewusstsein scheinbar gar nicht auszukommen vermag: Es gibt Schuldige, das sind die anderen und hinter fast allem steckt eine verborgene Absicht von Unterdrückung und Beherrschung.

Die Sache liegt wohl tiefer, als wir bislang bereit waren anzuerkennen. Und das wohl aus – nicht gutem, aber – nachvollziehbarem Grunde.

Die Neuzeit hat dem Menschen glauben machen wollen, er könne sein Existenz selbstbestimmt, selbstherrlich und von daher willkürlich führen. Dazu müsse er „den Mut haben sich seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Was anfangs nicht verraten wurde: Dafür braucht einige Generationen später der Einzelne Experten, die ihm erklären müssen, wie die Systeme, die sein Verstand sich ausgedacht hat und von dessen funktionieren er mittlerweile fast total abhängig geworden ist, denn überhaupt noch funktionieren.
Der derzeitige Medienstar der Genforscherszene beispielweise, Craig Vester, hat angemerkt dass „ die Bevölkerung  es sich deshalb auch nicht mehr leisten (kann), die Wissenschaften nicht zu verstehen: Wenn du kein wissenschaftliches Verständnis hast, während unsere Zukunft gleichzeitig komplett auf wissenschaftlichen Erfolgen aufbaut, dann überlässt du anderen die Gestaltung deiner eigenen individuellen Zukunft. Das sind beängstigende Aussichten.“

Wenn das schon ein „ausgewiesener Experte“ von sich gibt – was heißt das aber für die Verlässlichkeit von Expertentum überhaupt? Galten Experten zwar lange schon als ein wenig seltsam, mitunter  auch als krude Fachidioten, so hat man ihnen dennoch nicht abgesprochen „etwas zu verstehen“, was letztlich von Belang oder sogar von existentieller Bedeutung ist. Was sich aber jetzt zeigt ist, dass die Experten von dem, was wir meinten, dass sie es verstünden ( und beherrschen!) selber keine Ahnung mehr zu haben scheinen.

Das ist allerdings eine beängstigende Vorstellung, mehr – eine erschütternde Tatsache. Die „Finanzkrise“ ist nur Symptom. Sie steht, als wirksam gewordener Ausdruck für unsrem Umgang mit dem „Lebensmittel Geld“ stellvertretend für eine tiefwurzelnde Fehlhaltung, eine grundlegendes Missverstehen unsrer Existenz als Mensch.

Da tut sich der wahre Abgrund auf.

Wenn davon gesprochen wird, dass  weltweit „das Vertrauen“ der Marktteilnehmer ineinander  verloren gegangen sei, ist das doch also nicht nur ein Manko, ein Problem, dass es schnell zu lösen gelte. Es ist – fast möchte man sagen – eine erste Reaktion der Reste des gesunden Menschenverstandes. Eine Art „Vollbremsung“ vor dem Abgrund, in den die massenweise Abgabe der Verantwortung für die eigenen Handlungen an die Kaste der Experten, die mit „hohepriesterlichem“ Nimbus die Prozession der Wissenschaftsgläubigen zielsicher an den Rand desselben geführt haben. Offensichtich ohne wirklich zu wissen, was sie da tun! Und ohne „Unrechtsbewusstsein“. „Wer plant, wer forscht, wer treibt voran und wer will? Das wissen nicht einmal die Forscher. Frag einen Forscher und die Dürftigkeit einer Antwort wird an die eines Feldmarschalls grenzen, der Millionen Tode befiehlt und niemals über den Tod nachdachte“. So urteile der 1975 verstorbene Philologe und Byzantinist Erhart Kästner über die Unsäglichkeit des modernen Wissenschaftsbetriebes. Dieser Spezies verdanken wir die verantwortungslosen Weltwirtschaftsmodelle, die dann diese „Subspezies“ der Finanzexperten erst hervorbrachte, denen heute vor Ratlosigkeit bei Maischberger auf dem Sofa nichts Vernünftiges mehr einfällt. Es wird Zeit aus dem Tiefschlaf der Aufklärung aufzuwachen. Halten wir den Film an. Schluss mit „Eyes wide shut….“!

Der Mensch wird nur Mensch in der Entscheidung. Er kommt nicht umhin alle seine Handlungen und Unterlassungen als Frucht immer wieder zu treffender, zu erringender Entscheidungen zu begreifen. Entscheidungen sind, wie das Wort sagt, die Beendigung einer Scheidung. Etwas Geschiedenes wird Entschieden. Dadurch entsteht ein Weg, der Richtung gibt und zu dem man stehen kann, wodurch allein Verantwortung entsteht. Warum wird den Managern, bei aller Übertreibung, denn zurecht verantwortungsloses Handeln vorgeworfen? Ein Vorwurf, der seltsam verhallt? Weil diese, stellvertretend für alle „Marktteilnehmer“, vom Kleinanleger bis zum Politiker im Verwaltungsrat der Landesbank, ihre eigenen Handlungen letztlich nicht als eigene Handlungen erleben!

Ein unheimliches Phänomen wird hier sichtbar. Angedeutet und vorbereitet hat sich diese verhängnisreiche Entwicklung schon lange.

Es ist  bei der Suche nach hilfreichen Gegenwartsanalysen m.E. immer von größtem Aufschluss (und auch bestürzender Bewahrheitung), in den Archiven einige Jahrzehnte zurück zu blättern. Was dort mitunter über die damals anbrechende Zukunft ausgesagt wurde, ist heute oftmals zu deutende Gegenwart.

So auch die Aussagen, die der Theologe Romano Guardini um 1950 in seinem Werk „ Die Macht“ über das Wesen der anbrechenden Zeit systematisch organisierter Verantwortungslosigkeit auszusagen hatte.
„Es gibt keine nicht-verantwortete Macht.(..) Deren Wirkung ist immer Tat – oder wenigstens Zulassung – und steht als solche in der Verantwortung einer menschlichen Instanz, einer Person. Das ist auch dann so, wenn der Mensch, der sie ausübt, diese Verantwortung nicht will. (..) Sobald auf die Frage: wer hat das getan? weder ein „Ich“ noch ein“ Wir“; weder eine Person noch eine Personengemeinschaft mehr antwortet, scheint Machtausübung zur Naturwirkung zu werden.“

Er führt weiter aus, dass Macht immer dann zur Gefahr werde, wenn hinter ihr überhaupt kein ansprechbarer Wille mehr stehe, sondern nur einen anonyme Organisation, in welcher „ jeder durch benachbarte Instanzen geleitet, überwacht und dadurch – scheinbar- der Verantwortung enthoben“ sei.

Diese dann nicht mehr vom Bewusstsein einer Person getragene Handlung lasse dann  im Handelnden einen eigentümlichen leeren Raum entstehen. Da er sich nur als ein „Element in einem Zusammenhang“ erlebe, scheine er selber als „Subjekt der Handlung“ auszufallen.

Was aber als Folge dann geschieht, weist  in aller Dramatik auf die eigentliche Dimension dieses Missverstehens menschlichen Existierens hin. Es zeigt unweigerlich das, wovor das moderne Bewusstsein immer noch beharrlich die Augen verschließt, obwohl seine Wirkungen sich allenthalben explosionsartig ausbreiten: Diese Leere, die dort entstehe, wo die Person übersehen, verleugnet und vergewaltigt werde, bleibe nun nicht.  Was sich in diese hineinzwänge, ergieße, sei nichts anderes als das Böse – als Theologe wird er deutlicher: Der Böse.

Es gehört zu den fürchterlichsten Folgen neuzeitlicher Irrtümer über die Wirklichkeit, dass sie, wie Kästner es formulierte, das Böse nicht kenne. „Soviel Hilfe hatte es nie.“

Wer einigermaßen seine eigenen Seelenabgründe erkundet hat, weiß wovon hier die Rede ist. Und er sieht schmerzerfüllt, dass, solange hier nicht mutiger gedacht, gesprochen und beschrieben wird, alle wirtschaftlichen „Rettungsmaßnahmen“ oberflächlicher Art so viel Nutzen wie Löcher ins Wasser zu graben. Es wird die letzten Kräfte  sinnlos verbrauchen.

Sie hätten in einen „bodenlosen Abgrund“ geschaut, bekannte ein Wall Street Banker in den frühen Oktobertagen. Peer Steinbrück und Angela Merkel seien „erbleicht“, als Ihnen geschildert, welches unbeherrschbare Chaos unmittelbar bevorstehe, wenn die HRE Bank nicht gerettet werde. Hier waren wir nahe dran am wirklichen Geschehen. Was noch fehlte? Der Mut wirklich zu sehen, was man sieht.

Nun versuchen alle wieder die Experten ihren „Job“ machen zu lassen, nachdem sich die Lust an Managerschelte erschöpft hat. Wir versuchen noch einmal den Bannzauber der Wissenschaft über das Desaster zu werfen, um ohne radikaler Infragestellung unserer inneren Daseinshaltung doch noch irgendwie durchzukommen.

Das wird nicht gut gehen.

Und am Ende wird uns dabei kein Experte mehr zu Seite stehen. Die notwendende Hilfe kommt auch nicht „von oben“. Sie wartet innen. In jedem Einzelnen. Und hier ist jeder Experte – wenn er sich nur traut.

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Surftipp: Credit Card Reform

Die sehr laxe und verschwenderische Ausgabe von Kreditkarten, in Verbindung mit gleichzeitiger großzügiger Einräumung von Ratenrückzahlungen der Kreditkartenschulden seitens der Banken, treibt vor allem in den USA immer mehr Haushalte in den Ruin – dieses künstliche Anfeuern der Konsumnachfrage ist ja mit Schuld an der „Finanzkrise”. Doch nun regt sich vermehrt Widerstand gegen diese Praxis. Statt den Leuten also Kredite hinterherzuwerfen, so dass diese Geld verkonsumieren, das sie gar nicht haben, spricht sich die amerikanische Aktion Credit Card Reform für einen verantwortungsvolleren Umgang mit diesem Zahlungsmittel aus und will auch den Gesetzgeber dazu bewegen, dass Firmen wie Visa (Citibank) oder Mastercard strengere Auflagen befolgen müssen, um die gefährliche Verschuldungswelle zu stoppen.

Unter anderem soll die massive Werbung für Kreditkarten bei Schülern und Studenten aufhören und den Firmen soll untersagt werden, die Zinsraten während der Vertragslaufzeiten einfach so willkürlich hochsetzen zu können (Citibank macht das tatsächlich regelmäßig, auch hierzulande).

Zu der ganzen Problematik gibt es auch ein sehr amüsantes Musikvideo von den Austin Lounge Lizards, das zudem gut in die Vorweihnachtszeit passt:

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The Story of Stuff – Die Produktionskette und ihre Hintergründe

Passend zu meinen Konsumgedanken von gestern hier ein ausgesprochen unterhaltsam und gut gemachter Kurzfilm, der den Irrsinn unseres Wirtschafts„kreislaufs” (eher eine Sackgasse) anschaulich und zugespitzt verdeutlicht und nun in synchronisierter Fassung vorliegt (gefunden via Privatseiten & Utopia). Diesen Film solltet Ihr Euch unbedingt ansehen, denn er bringt so ziemlich alle Grundproblematiken, die unser (Konsumenten-)Leben heutzutage betreffen, zur Sprache und auf den Punkt! Dank seiner knuffigen Machart kann man ihn übrigens auch gut Leuten zeigen, die sich sonst vielleicht nicht so für „die Problematik” interessieren.

Jedes Produkt hat seine eigene Geschichte. Und diese Geschichte ist oftmals viel länger als wir auf den ersten Blick erkennen können. Sie beginnt beim Anbau der Rohstoffe, geht über die Herstellung, den Vertrieb und unseren eigenen Konsum, und endet noch lange nicht im heimischen Mülleimer.

Die amerikanische Aktivistin und Moderatorin Annie Leonard hilft uns mit ihrem Video „The Story of Stuff“, den kompletten Konsumkreislauf und die damit verbundenen sozialen und ökologischen Folgen zu verstehen. Der wahre Preis unserer Produkte steht schließlich nicht auf dem Preisschild der Verpackung.


Story of Stuff – German from UTOPIA AG on Vimeo.

Wenn ich etwas zu entscheiden hätte, würde ich dafür sorgen, dass dieses Video in den Schulen gezeigt wird – so viel lernen Schüler sonst in einem Schuljahr…

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„Das System steckt nicht in einer Krise – die Krise ist das System” (Teil 2/2)

[Dies ist die Fortsetzung meines gestrigen Beitrags]

Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren auch ein gesteigertes Bewusstsein bei den Verbrauchern gebildet, dass der eigene Konsum ein Mittel ist, um Veränderungen zu bewirken – die sog. „Nachhaltigkeit” ist aus aktuellen Diskussionen und auch Firmenbroschüren nicht mehr wegzudenken. Biowaren sind „in” (man denke nur an die Bionade, deren riesiger Erfolg sicher alle überrascht, mich eingeschlossen), und die Marketingfuzzis haben mit den LOHAS ein neues Marktsegment ausgemacht, das seit einer Weile mit entsprechenden Produkten, Magazinen und Blogs bedacht wird. Dies ist per se erst einmal durchaus positiv zu sehen, denn wenn statt monoformer Industrieware ökologisch verträglichere Lebensmittel auf den Tisch kommen, entlastet das die Umwelt und ist zudem natürlich gesünder für die Menschen.

ABER: kann es das schon gewesen sein, dieser „nachhaltige” oder „politische” Konsum, der die Firmen zum Umdenken bewegen und dazu führen soll, dass Konzerne mit übler Firmenhistorie in Bezug auf die Ausbeutung von Mensch und Umwelt und Sozialstandards (und das betrifft fast alle großen Unternehmen; siehe auch das „Neue Schwarzbuch Markenfirmen”) zur Besinnung kommen und „der Kapitalismus” plötzlich ein freundlicheres Antlitz bekommt? Einfach nur etwas „fairer” konsumieren, also einfach ein paar Produkte auf dem Tisch austauschen (statt der normalen Aldi-Milch Bio-Milch von Aldi nehmen z.B.), und ansonsten alles so weiterlaufen lassen? Ich habe da leider so meine leisen Zweifel. Denn es besteht die Gefahr, dass kleinere Verbesserungen der Situation schon als ausreichend angesehen werden und die Kernproblematik weiter vor sich hin gären darf und zukünftige Entwicklungen damit weiter erschwert.

Mit meinen Zweifeln stehe damit nicht alleine da – Reto Stauss hat sich in den vergangenen Wochen in seinem Blog des öfteren mit dieser Frage beschäftigt. So konstatiert er in „Den Nachhaltigkeits-Graben überwinden”:

Es gilt Brücken über den Nachhaltigkeitsgraben zu erkennen und zu beschreiten. Patentrezepte gibt es keine, wir können nur weitermachen, im Kleinen und Kleinsten, offline und online, im Sichtbaren und Unsichtbaren.

Die Anzahl und Art der Kommentare deuten darauf hin, dass die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln nicht nur von mir wahrgenommen wird und dass sich viele persönlich und im grösseren Zusammenhang die Frage stellen, warum Veränderungen trotz entsprechender Erkenntnis nicht schneller und nachhaltiger umgesetzt werden.

Und in „Green New Deal – Makulatur Gesellschaftsvertrag“ legt er kurz darauf noch einmal nach:

Allen Vorschlägen gemeinsam ist, dass der Staat rettend mit Geld einspringen soll, das System aber nicht wirklich in Frage gestellt wird. Ein bisschen mehr Kontrolle der Wirtschaft, ein bisschen mehr Umweltschutz, ein bisschen Umstellen auf erneuerbare Energiequellen – alles Pflästerli-Politik.

Grundproblem ist das Anreizsystem in der kapitalistischen Marktwirtschaft (“Mehr, billiger!”) in Kombination mit der Fortschrittsgläubigkeit (“Die technologische Lösung ist nah!”), welche keine Grenze kennt. Obwohl praktisch Konsens, löst “Konsumverzicht” verbreitet Denkblockaden aus. “Weniger” ist keine Option.

Ähnlich sieht es auch der Blog landscaping in „Zukunftsfähig ohne Systemwandel?” (und wenn von unserem „System” und seinen Problemen die Rede ist, geht es übrigens nicht nur um die marktwirtschaftlichen Prinzipien oder das Konsumieren, sondern vor allem auch um die Zinseszinsproblematik, das Schöpfen von Geld aus Schuld und dem systemimmanenten exponentiellen Wachstumszwang):

Kann es zu einer nachhaltig, zukunftsfähigen Entwicklung kommen, wenn nicht grundsätzlich ein Systemwandel angestrebt wird? Die Frage wirkt für viele lähmend. Denn sie stellt grundsätzliche Prinzipien unserer derzeitigen Gesellschaft in Frage (Kapitalismus, Neoliberalismus, Zinswirtschaft, Individualismus, persönliche Freiheit, …). Für mich dagegen wirkt es zunehmend lähmend, wenn kleine Details laufend bejubelt werden und damit die Weltrettung angekündigt wird und dabei ganz vergessen wird, dass der globale Effekt vielleicht minimal ist.

Etwas drastischer fällt das Urteil der Krisis-Website (Beiträge zur Kritik an der Warengesellschaft) in ihrem „Crashkurs – Flugblatt zur Finanzkrise” aus:

Die Welt ist zu reich für den Kapitalismus

Die aktuelle Finanzmarktkrise markiert den Wendepunkt in der Epoche des fiktiven Kapitals und damit erreicht die fundamentale Krise des Kapitalismus, die sich schon in den 1970er Jahren abzeichnete eine neue Stufe. Diese Krise ist nicht nur die eines spezifischen „angelsächsischen Systems“ des „Neoliberalismus“, wie unter Mobilisierung antiamerikanischer Affekte mit teils deutlich antisemitischem Einschlag überall behauptet wird. Vielmehr zeigt sich nun, dass die Welt für die armselige kapitalistische Produktionsweise längst zu reich ist; dass die Gesellschaft auseinanderbrechen, verwildern und in Elend, Gewalt und Irrationalismus versinken muss, wenn es nicht gelingt, diese zu überwinden.

Interessant sind in dem Zusammenhang beispielsweise auch noch die Krisis-Beiträge „Weltgesellschaft ohne Geld” und „Vom Elend marktwirtschaftsgläubiger Kapitalistenkritik”. (Das Schimpfen auf die „bösen Banker” und „raffgierigen Manager” hat ja derzeit in allen Mainstreammedien Hochkonjunktur, lenkt aber von den eigentlichen Ursachen der Probleme nur ab und soll den potentiellen Zorn der Leute ein wenig kanalisieren, vermute ich mal.)

Es ist nicht nur zu befürchten, dass die Krise erst am Anfang steht und Millionen Menschen unmittelbar treffen wird, sondern auch, dass sich derlei Pseudo-Kritik irgendwann einmal äußerst handfest austoben wird. Auch das Ressentiment wird zur materiellen Gewalt, wenn es die Massen ergreift. Wehe dem, der dann zu den Bösewichten und ihren Handlangern gezählt wird. Noch ist Zeit, um der billigen Haut-den-Ackermann-Nummer ernsthafte Kapitalismuskritik entgegenzusetzen.

Und das Social Innovation Network stellt sich halbherziger „Systemkritik” ähnlich eindeutig entgegen („Umverteiler aller Flügel – Erteilt Euch!”):

Schadet die Krise der Revolution oder nützt sie ihr, lautet dabei die klassische Frage. Die übliche Antwort darauf ist, eine Krise schade der revolutionären Umgestaltung. Denn in der Krise werden die Leute rechtsextrem. Und das sei noch übler als der Kapitalismus schon üblicherweise ist. Auch der so genannte radikale Flügel teilt diese Einschätzung zumeist. Wir haben es offenbar mit einem hegemonialen Denkmuster zu tun. Will jemand ernst genommen werden, so hat er sich innerhalb dieses Musters zu bewegen. Was sich abseits davon äußert, wird ausgeblendet, weil es nicht in den Rahmen des Diskurses passt.

Dennoch wagt es der Autor P.M. (nein, das bin nicht ich ;-) in seinem Buch „SubComA – Nachhaltig vorsorgen für das Leben nach der Wirtschaft”, die ausgelatschten Pfade zu verlassen und einen radikaleren Blick über den Tellerrand zu tätigen – dies vielleicht als (durchaus utopisch geprägte) Anregung für eigene Überlegungen. Dieses Buch gibt es übrigens auch als kostenlosen pdf-Download auf seiner Website.

Was ist das für eine Welt, in der trotz gigantischer Fortschritte der Produktivität der Anteil der Armen stetig wächst? Was ist das für ein Wirtschaftssystem, das auf sklavereiartigen Arbeitsbedingungen im Süden und Sozialabbau im Norden beruht? Was ist das für eine Landwirtschaft, die mit Erosion, Bodenversalzung, und vergifteten Gewässern ihre eigene Grundlage zerstört? Was ist das für eine Weltordnung, die überall zu Bürgerkriegen, Massakern, Flüchtlingsbewegungen und hilflosen militärischen Interventionen führt?

Die Stimmung ist gekippt. Globalisierung, New Economy, Informationsgesellschaft, Modernisierung und wie all die hochtrabenden Begriffe noch heißen mögen, haben begonnen ihren Glanz zu verlieren. Immer mehr Menschen merken, daß auch die New Economy nur die alte Tretmühle ist, nur schneller, riskanter und mehr Lebensbereiche durchdringend. Die Modernisierungsgewinnerinnen von heute sind die Modernisierungsverliererinnen von morgen – am Schluß sind wir alle Verliererinnen. Und daneben melden sich immer lauter auch jene, die seit 500 Jahren immer nur Modernisierungsverliererinnen waren. (…)

Der Zweck dieses Buches besteht darin, jenem Teil der Bewegung Argumente zur Verfügung zu stellen, der nicht mehr an die Reformierbarkeit des kapitalistischen Systems und dessen Weltorganisationen glaubt und daher eine planetarische Alternative dazu verwirklichen will. Es geht um theoretische Überlegungen und die Auswertung praktischer Erfahrungen, um inspirierende Ideen und um die Diskussion von Umsetzungsszenarien.

Konkrete Ideen, Neues zu wagen und zu denken, findet Ihr auch in Retos Postings hier, hier oder hier. Denn es gibt natürlich keine Patentrezepte zur Lösung. An dieser Stelle kommt auch noch ein weiterer wichtiger Faktor ins Spiel: es reicht nämlich nicht, nur anderen Leuten oder anonymen „Sachzwängen” Schuld zuzuweisen – wir müssen auch in der Lage sein, aus unserer eigenen „comfort zone”, aus der eigenen Bequemlichkeit auszubrechen, von bisherigen Gewohnheiten abzuweichen. Und so etwas kann seine Zeit dauern. Auf jeden Fall lohnt es sich nicht, auf irgendeine „Revolution” zu warten, sondern man fängt am besten schon bei sich selbst an, Energie aus dem aktuellen Konsumsystem abzuziehen; indem man weniger bei Konzernen kauft, die das ganze Hamsterrad in Gang halten; indem man die Hatz nach immer mehr Geld, um sich davon dann immer mehr „leisten” zu können, hinterfragt. Es bleibt also spannend!

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„Das System steckt nicht in einer Krise – die Krise ist das System” (Teil 1/2)

Wenn man sich erst einmal in die Materie Culture Jamming, Konzernkritik, Nachhaltigkeit usw. einliest und Informationen, die gerade zu Zeiten dieser „Finanzkrise” von allen Seiten auf uns einströmen, miteinander verquickt, wird einem eigentlich relativ bald klar, dass Konsumkritik mehr ist als nur das Nachdenken über ein paar Justierungen am eigenen Konsumverhalten (kein Kauf bei Discountern, mehr Bio etc.). Wer das Dogma „Kaufen macht glücklich” bzw. „Mehr Konsum ist besser als weniger Konsum” in Frage zu stellen beginnt, rüttelt damit nämlich automatisch auch an den Grund„werten”, die unser Wirtschafts- und Alltagsleben mittlerweile nahezu komplett durchdrungen haben. Ich denke, dass dieses Rütteln jedoch absolut angebracht und notwendig ist, um (noch) Schlimmeres zu verhindern!

In der letzten Zeit wird zunehmend deutlich, dass genau dieses System des permanenten Wirtschaftswachstums, in dem wir in der westlichen Welt uns so bequem eingerichtet haben, größere Risse bekommt und eventuell gar auf einen großen Knall zu steuert. Gerade wenn man sieht, wie verzweifelt die Politik aktuell versucht, das System nun hektisch mit Abermilliarden von Euro und US$ zu stützen (Milliarden, die letztlich von uns allen erst erwirtschaftet werden müssen und für die auch noch unsere Kinder und Kindeskinder blechen werden), dämmert es immer mehr Menschen, dass hier wohl etwas grundlegend falsch läuft.

Nach den nutzlosen Steuererleichterungen für alle Neu-Pkw-Käufer ist das neueste Beispiel die hanebüchene Idee einiger „Spitzenpolitiker” in der SPD, 500 €-Konsumgutscheine auszugeben, um den Konsum endlich wieder anzukurbeln. Hier geht es gar nicht mehr um sinnvolle Investitionen oder gar eine bedürfniszentrierte Produktion o.ä., sondern um das reine Geldausgeben als Hauptsinn und -zweck eines jeden Bürgers. (Frankreich hat diesen Blödsinn übrigens gerade beschlossen – 200 € pro Familie gibt’s für insg. 3.8 Mio Familien; eine kurze Party, deren Kosten, wie gesagt, zukünftige Generationen tragen dürfen.)

Diese kommentierte Aussage eines Users im Tagesschauforum aus dem als-ob-leben?-Blog trifft den Nagel auf den Kopf:

“Was ich an diesem “Konsumgutschein” interessant finde, ist wie offen auf diese Weise unser Wirtschaftssystem als das entlarvt wird, was es ist…nämlich ein auf (möglichst) immer weiter ansteigendem Konsum basierendes System.

Ein System, in dem der Idealbürger offensichtlich jemand ist, der, wenn er nicht gerade fleißig arbeitet (egal was er dabei macht… die Sinnfrage stellt sich gar nicht), das erworbene Geld sofort wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückspült.

Ich frage mich, wie es in einem solchen System möglich sein soll “nachhaltig” zu wirtschaften. Wie soll ein System, das auf dem grenzenlosen Konsum basiert mit “weniger” auskommen? Weniger Müll? Weniger Umweltverschmutzung? Weniger Energieverbrauch? Unmöglich, wenn gleichzeitig “immer mehr” konsumiert werden muss.”

und ich ergänze das mit dem auszug aus einem alten kommentar meinerseits zum beitrag über die toten der hiesigen “sozialpolitik”:

“egal, aus welcher perspektive ich mir die zustände auch betrachte: die “party” namens westlicher lebensstil ist zu ende. definitiv. jedes weitere aufschieben dieser einsicht und v.a. der daraus folgenden konsequenzen ist untrennbar verbunden mit einer täglich größer werdenden existenziellen gefährdung all dessen, was sich als unsere menschliche substanz begreifen ließe, ja inzwischen sogar der biologischen und ökologischen grundlagen unserer existenz.

Wie hilflos die Politiker sind und wie sehr ihr Denken in diesem System gefangen ist, sieht man an all diesen „Rettungspaketen” und „Programmen” – nach dem Motto: wenn die Menschen nur schön wieder kaufen, wird alles gut… Auf der n-tv-Seite kann man u.a. lesen („Gutscheine für alle – Konjunkturprogramm 2.0”)

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, warnte davor und erklärte, ein Großteil der Summe würde investiert in Dinge, die “man ohnehin kaufen wollte”.

Es ist schon bezeichnend, dass befürchtet wird, dass die Leute Sachen kaufen, „die sie ohnehin kaufen wollten” – dass also ein Weg aus der Krise eher darin gesehen wird, dass die Bürger demnach Dinge kaufen sollen, die sie nicht kaufen wollen, sprich: sich überflüssigem, sinnlosem Konsum hingeben. Noch bezeichnender sind vielleicht die Pläne einiger CDU-Politiker, die „Finanzkrise” mal schnell dazu zu nutzen, Klimaziele zu verwässern und statt dessen das Land mit weiteren Straßen und Kohlekraftwerken (!) zuzupflastern. Dreister und kurzsichtiger geht es wirklich nicht mehr.

Oettinger und Rüttgers machten sich – ähnlich wie es Bundestagsfraktionschef Volker Kauder auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart – für andere Konjunkturhilfen stark. “So könnte man noch einmal zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Bundesfernstraßen stecken (…)” Rüttgers will den Bau neuer Kohlekraftwerke fördern, um die Konjunktur anzuschieben, ohne staatliches Geld auszugeben. Es sei möglich, “Geld zu mobilisieren, das bei den Energieversorgern vorhanden ist. Dazu müssten nur die Investitionsbedingungen etwa beim Emissionshandel verbessert werden.”

Was aus alledem deutlich wird: in politischen Kreisen findet eine reine Symptombekämpfung statt – ein „thinking outside the box”, sprich allein das Nachdenken über neue, andersartige, ungewohnte Wege scheint schon völlig unvorstellbar (und ist vermutlich auch unerwünscht, solange starke Interessensgruppen von der Fortführung der derzeitigen Verhältnisse blendend profitieren). Man kann hier zumindest eine erstaunliche Naivität oder Betriebsblindheit konstatieren, gespeist durch ein z.B. auch von den Wirtschafts„wissenschaften” vermitteltes Weltbild (Ideologie), das im Prinzip von bis in alle Ewigkeit gültigen stabilen Bedingungen ausgeht, in der die Märkte ihr magisches Wirken zum Wohle aller vollziehen werden. Oder wie es der FDPler Rainer Brüderle neulich im Bundestag unmissverständlich ausdrückte (diese Aussage nehme ich nur als Beispiel für das festgefahrene Denken, aus dem es für die meisten Politiker, quer durch alle Parteien, offenbar kein Entrinnen gibt):

Was wir nicht brauchen, ist eine Debatte über die Systemfrage. Ohne Frage ist die soziale Marktwirtschaft die überlegene Wirtschaftordnung. Leider ist es aber so: Selbst wenn Sie ein Auto mit tollen Airbags und Radarsteuerung bauen, wenn der Falsche am Steuer sitzt, fährt er trotzdem gegen die Wand. Das liegt aber nicht am Auto, das liegt nicht an der sozialen Marktwirtschaft, sondern an der falschen Handhabung. Seit Jahren wird gegen den Geist der sozialen Marktwirtschaft verstoßen, indem man in die Märkte hinein interveniert.

Von politischer Seite her sind also kaum irgendwelche zukunftsweisenden Lösungsansätze oder gar neue Ideen zu erwarten (obwohl mit Die Basis gerade eine, zumindest auf dem Papier, ganz interessante neue Partei gegründet wurde), hier werden lieber altbekannte Fronten abgesteckt, Phrasen gedroschen, in den eingefahrenen Gedankenbahnen herumgeschwebt („Neoliberalismus” hier, „demokratischer Sozialismus” dort), und der politische Gegner beharkt und diffamiert.

Kurz und gut – wir müssen es (auch) selber richten, wenn wir etwas gegen den Zerfall der Welt tun wollen, allein auf „den Staat” zu warten bringt wohl leider nichts.

[Fortsetzung folgt – morgen]

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Gefangen im Hamsterrad des Konsums

Reto vom Nachhaltig beobachtet-Blog hat in der letzten Zeit eine ganze Reihe spannender Beiträge veröffentlicht – so machte er die Leser unlängst auf ein Interview mit dem Schweizer Autoren Marcel Haenggi aufmerksam. Hänggi hat das Buch „Wir Schwätzer im Treibhaus” geschrieben, in dem er ausführt, dass all die ganzen technologischen (Effizienz-)Fortschritte nicht dazu geführt haben, unseren CO2-Ausstoß und unseren Rohstoffverbrauch zu senken – da jede Verbesserung dazu führt, die entsprechende Technik dann um so intensiver einzusetzen, weil sie ja nun „nicht mehr so schädlich” ist, so dass in der Summe gar kein positiver Nutzen herausspringt (der sog. „Rebound-Effekt”).

Ein anderes Beispiel für «Rebound» ist der Verkehr. Die Mobilität nimmt rasant zu mit den entsprechenden Folgen wie Lärm, Landschaftsverbrauch und Luftverschmutzung. Dabei befriedigen wir heute dieselben Bedürfnisse wie vor 50 Jahren: Wir fahren zur Arbeit, tätigen unsere Einkäufe, gestalten die Freizeit und fahren in die Ferien. (…) Aus Sicht des Klimas wäre es also zentral, weniger zu arbeiten, weniger zu verdienen und damit auch weniger zu konsumieren. (…)

Dies ist ein Manko vieler Energieszenarien: Sie tun so, als ob die Nachfrage autonom wüchse und man das Angebot wie ein Naturgesetz daran anpassen müsse. So funktioniert auch die These der Stromlücke, die man hierzulande angeblich dringend mit neuen AKW oder Gaskraftwerken stopfen muss. Doch in Tat und Wahrheit kann man mit der Steuerung durchaus beim Angebot ansetzen – und damit die Nachfrage lenken.

Ich denke, ich werde mir das Buch demnächst mal zulegen und dann hier rezensieren.

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