Kategorie: Tierschutz Seite 5 von 6

Veggie Street Day Juli/August 2010

Die Zahl der Menschen, die aus guten Gründen kein Fleisch mehr isst, nimmt immer weiter zu, immer mehr Menschen leben vegetarisch oder sogar vegan. Das zeigt sich z.B. darin, dass selbst  Mainstreampresse wie der Stern neulich „Esst weniger Fleisch“ titelte, oder dass die neue Ausgabe des Greenpeace Magazins dem Aspekt des fleischlosen Essens einen eigenen Abschnitt widmet – „Der Vegetarier-Boom“:

Hunderttausende Menschen zwischen Flensburg und Lindau verzichten freiwillig auf Fleisch. Die meisten tun es aus Liebe zu Tieren und Umwelt. Der Klimawandel und der wachsende Hunger in der Welt liefern ihnen neue Argumente. […]

Für alle, die sich auch mal konkret und vor Ort über dieses Thema informieren wollen, gibt es den Veggie Street Day, der in diesem Jahr gleich in zwei Städten stattfinden wir – am 17.7. in Stuttgart (Kronprinzstraße/Büchsenstraße) und am 14.8. in Dortmund (Reinoldikirchplatz):

Auf dem Veggie Street Day (VSD) zeigen wir, wie groß die Bandbreite an tierleidfreien Produkten, vom Veggie-Burger über pflanzliche und tierversuchsfreie Kosmetik, bis hin zum lederfreien Schuh ist. Das große Angebot an Informations- und Verkaufsständen bietet dem Besucher die Möglichkeit, Neues zu entdecken und zu probieren. Dazu gibt es ein buntes Unterhaltungsprogramm mit vielen Künstlern, die sich bewusst für ein Leben ohne tierische Produkte entschieden haben und ihre positiven Erfahrungen teilen möchten.

[via Sysiphos Periodical]

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Genfood auf dem Tisch und die Folgen des Anbaus

In der letzten markt-Sendung des WDR gab es diesmal zwei bemerkenswerte Berichte, die sich mit der ungewollten Ausbreitung von genmanipulierten Futter- und Lebensmitteln befasste – „Genfood auf dem Tisch?“ und „Genfood: Die Folgen des Anbaus“. Wieder einmal wird deutlich – egal, wie die gesundheitlichen Folgen von solchen Lebensmitteln auch sein mögen –, dass hier Konzern- und Wirtschaftsinteressen vor den Wünschen der Bürger gehen, die mehrheitlich solche Nahrung ablehnen. Erschreckend an dem Film ist auch der Teil über die Folgen des vermehrten Gifteinsatzes für zB Monsanto-Mais, der direkt den Menschen in den jeweiligen Ländern schadet. Von den Folgen für die Regenwälder, die für den stetig wachsenden Futtermittelbedarf gerodet werden, mal ganz zu schweigen. Auch wenn das Rindfleisch von McDonald’s inzwischen aus deutschen Ställen kommen mag, so stammt das Futter eben doch wieder aus Übersee und sorgt dort für einen inakzeptablen Raubbau an der Natur – und das alles nur, damit hierzulande Leute schön billig und möglichst täglich ihre fettigen Burger essen können.

Zwei Drittel aller Deutschen wollen keine gentechnisch veränderten Nahrungsmittel. Doch haben sie überhaupt noch die Wahl? markt-Scanner durchleuchtet das Essen von heute auf Spuren von Gentechnik.

[…] Bei der Tierfütterung ist Gentechnik inzwischen Alltag, berichtet Alexander Hissting von Greenpeace: „Bei Milch, Eiern und Fleisch kann man in der Regel davon ausgehen, dass Gentechnik verfüttert wurde. Nur bei einer kleinen Menge von Produkten, zum Beispiel Bioprodukten oder solchen, die speziell gekennzeichnet sind, wurde auf Gentechnik verzichtet. Ansonsten ist Gentechnik der Regelfall in der Tierfütterung.“

Auch Anbieter von Milchprodukten, die sich besonders naturnah geben, wie Weihenstephan oder Bärenmarke, akzeptieren Gentechnik. Danone und Müllermilch wollen ebenfalls nicht auf Gentechnik verzichten, so das Ergebnis einer Umfrage von Greenpeace. Auch die Firma Kraft (Milka) achtet nicht darauf, dass Gentechnik in der Milch vermieden wird. Dr. Oetker hat nicht zugesichert, auf Gentechnik im Tierfutter zu verzichten. Auch die Hersteller von Lünebest haben bisher keine Anstalten gemacht, auf die Zulieferer entsprechend einzuwirken.[…]

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Petition zur Strafbarkeit der Bestechung von Abgeordneten

108e2Das Internet ist ja eine prima Plattform für basisdemokratische Strukturen und für Protest. Seit einiger Zeit gewinnen webbasierte Petitionen und Unterschriftenaktionen immer mehr Anhänger, da man hier mit relativ wenig Aufwand eine große Zahl von Menschen erreichen kann. Eine neue Aktion ist die Initiative §108e, die sich für schärfere Regeln in Bezug auf die Bestechlichkeit von Abgeordneten in Deutschland einsetzt. Ich zitiere:

Es gibt zwei große Lücken im gegenwärtigen Strafrecht bezüglich Abgeordnetenbestechung. Es ist NICHT strafbar:

  • einen Abgeordneten zu Gunsten dritter zu bestechen (Familie, Freunde, etc)
  • einen Abgeordneten außerhalb des Parlaments und seinen Ausschüssen zu bestechen (z.B. in Fraktionssitzungen, in denen grundlegende Entscheidungen zur Parlamentsarbeit der Fraktion gefällt werden)

Seit 2003 gibt es das UN-Abkommen UNCAC (United Nations Convention against Corruption), das Deutschland zwar unterzeichnet, aber bis heute nicht umgesetzt hat. Wir fordern die Umsetzung, um wirksam gegen Abgeordnetenbestechung vorgehen zu können!

Mit Hinblick auf die aktuellen Sponsoringskandale in der deutschen Politik ist das eine Haltung des Bundestages, die für uns nicht verständlich ist. Klare Regelungen die Abgeordnetenbestechung verbieten sollten in einer Demokratie zum Standard gehören. Die Weigerung selbige zu erlassen hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Ende Februar reichte daher der ehemalige Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss eine Petition beim Bundestag ein, die eine Ratifizierung der UN-Konvention und eine angemessene Regelung des StGB §108e forderte. Zu unser aller Verblüffung lehnte der Petitionsausschuss es ab diese Petition öffentlich zu behandeln – weshalb auch die gewohnte Behandlung als ePetition auf dem Bundestagsserver unmöglich ist. Das Thema Abgeordnetenbestechung ist aber zu wichtig um es hinter verschlossenen Türen zu verhandeln. Die Initiative 108e setzt sich daher für eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema ein. Wir fordern eine öffentliche Behandlung der Petition – aber vor Allem fordern wir eine Neuregelung der strafrechtlichen Rahmen zur Abgeordnetenbestechung.

Also bitte alle mitmachen – man muss am Ende ein pdf ausdrucken und unterschrieben zurückschicken, aber dieser Aufwand hält sich ja nun wirklich in Grenzen.

Andere Websites, auf denen man seine Unterschrift für sinnvolle Kampagnen hinterlassen kann, sind zum einen natürlich Campact („Demokratie in Aktion“) und die Initiative Rettet den Regenwald e.V., die sich vor allem für Umwelt- und Tierschutz einsetzen (neueste Aktion: Nestlé an seine wachsweichen Palmöl-Versprechungen erinnern, die es nach den weltweiten Protesten einging).

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Der Preis ist billig, aber das Fleisch ist schwach

ster-heft_22_2010_300Großartiger Titel für einen Podcast, oder? „Der Preis ist billig, aber das Fleisch ist schwach“, von Michael Streck und Stephan Draf. Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen Teil der Titelgeschichte des Stern (!) „Esst weniger Fleisch! Was der Massenkonsum in Deutschland anrichtet“, der sich also in seiner aktuellen Ausgabe (vom 27. Mai 2010) kritisch mit der industriellen Fleischproduktion und seinen Folgen für Welt und Gesellschaft auseinandersetzt. Eigentlich sollte es jedem, der nicht komplett ignorant mit Scheuklappen durchs Leben läuft, klar sein, dass Fleisch beim Discounter oder in Billigimbissen nichts taugt und zudem unter skandalösen Zuständen hergestellt wird (NOCH skandalöser als sowieso schon). Vegetarismus ist eine echte Alternative.

Wir essen jeden Tag Rind, Huhn und Schwein. Weil sie kaum etwas kosten. Scheinbar.
In Wahrheit ist der Preis gewaltig. Menschen, Tiere und Umwelt zahlen teuer für diese Unersättlichkeit. Es ist Zeit umzukehren.

>> hier gibt es den Podcast als mp3 zum kostenlosen Herunterladen

Die Albert Schweitzer-Stiftung wies zudem dieser Tage auf erschütternde Recherchen der Tierrechtsorganisation Mercy for Animals hin, die in den USA in einem Betrieb in Ohio nachgeforscht und mit versteckter Kamera die Grausamkeiten gefilmt hat, die den Tieren dort tagtäglich angetan werden – „‘Milchviehhaltung’ undercover“:

[…] Dazu zählen unzählige Schläge und Tritte gegen Köpfe, Körper und Euter, Stiche mit der Mistgabel und das Verdrehen von Schwänzen, bis diese mehrfach brechen. Mitarbeiter des Betriebs geben außerdem vor der versteckten Kamera damit an, Kühe und Kälber auf diese Weise malträtiert zu haben, bis sie nur  noch stöhnende Laute von sich geben konnten oder sogar gestorben sind.

Auch wenn es angesichts der Grausamkeiten schwer fällt, wollen wir hier vor allem die strategische Bedeutung des Videos beleuchten: Ohio ist der wichtigste Staat der US-Massentierhalter, und Tierschutzorganisationen sind gerade dabei, eine Volksabstimmung über die Einführung von Tierschutz-Mindeststandards ins Leben zu rufen. Die Agrarindustrie hat bereits jetzt einen zweistelligen Millionenbetrag organisiert, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Tierschutzgesetze unnötig sind, weil sich die Industrie am besten selbst kontrolliert.

Durch die Veröffentlichung des Undercover-Videos, das voraussichtlich von mehreren Nachrichtensendern aufgegriffen werden wird, sinken die Chancen der Massentierhalter, mit ihrer Millionen-Kampagne Erfolg zu haben, gewaltig. […]

Wer ganz hartgesotten ist und dies selbst sehen will, kann das Video HIER finden (Vorsicht, das Video startet sofort!) – die Albert Schweitzer-Stiftung warnt jedenfalls vor der Betrachtung des Films wegen zu schrecklicher Bilder… Mit welcher Berechtigung sich der Mensch für die „Krone der Schöpfung“ hält, ist angesichts solcher Zustände nicht nachzuvollziehen.

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Werktags-Vegetarier

sm-m-i-mEs gibt viele Gründe, den immensen Fleisch- und Milchproduktekonsum der Industriestaaten kritisch zu hinterfragen. „Klimaschützer“ beziehen sich gerne darauf, dass Kühe & Rinder für einen nicht geringen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich sind. Andere bemängeln den immensen Verbrauch von Energie und Wasser und Futtermitteln, der nötig ist, um diese Fleischmassen zu „produzieren“. Tierschützer und mitfühlende Menschen machen sich vor allem Gedanken um die Qualen, die Tiere bei der Auzucht und der Massenhaltung erleiden, von den moralischen Bedenken, Mitgeschöpfe aufzuessen ganz zu schweigen. Und ungesund ist solch eine Fleischvöllerei auch noch.

All dies führt zu einer logischen Konsequenz: Unser Fleisch- & Milchkonsum muss erheblich gesenkt werden, um diese gefährliche Entwicklung aufzuhalten. Wie bei jeder grundsätzlichen Entscheidung stellt sich immer die Frage, inwieweit man auf eine 100%ige Umsetzung einer Verhaltensänderung drängen soll (und damit vermutlich viele Leute abschreckt) oder ob eine Bewegung in die richtige Richtung (in diesem Fall: zumindest weniger Fleisch zu essen) nicht immerhin besser als nichts ist. Wobei eine bloß teilweise Umsetzung die Gefahr birgt, dass die grundlegenden Strukturen erhalten bleiben. Im Falle des Fleischkonsums halte ich den Ansatz, das Leid der Tiere und die Schäden für die Umwelt zu verringern, indem Fleisch in seiner Bedeutung für den Speisezettel zumindest deutlich zurückgeht, für den Anfang für durchaus angemessen und sinnvoll. Passenderweise im Mikroferkel-Blog fand ich den interessanten Begriff und die Idee des „Werktags-Vegetariers“ (er bezieht sich dabei auf ein Interview mit dem foodwatch-Chef Thilo Bode „Es gibt kein Menschenrecht auf Steak“ – denn nicht jedem ist es gegeben, sofort komplett auf das Essen von Fleisch zu verzichten oder gar gleich vegan zu leben:

Wer dem Laster des Fleischgenusses nicht gänzlich abschwören will, dem bietet sich nun ein neues und semantisch gut verpacktes Konzept: Werde Werktagsvegetarier!

Der Fleischgenuss bleibt dir erhalten. Fleisch wird sogar wieder etwas Besonderes. Und wenn du dir dann am wohlverdienten Wochenende ein saftiges Steak gönnst, dann darf es auch etwas Gutes sein, z.B. vom Bio-Bauern nebenan. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Und nach einigen Wochen stellt sicherlich der eine oder andere fest, dass ein „saftiges Steak“, ob nun bio oder nicht, auch am Wochenende verzichtbar ist. ;-)

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Have a break? Kritik an KitKat

Auch der Industrieschokoriegel KitKat gehört zum großen Nestlé-Imperium, und wie eigentlich immer, wenn Nestlé etwas produziert und mit viel Reklamegetöse unters Volk bringt, geht es zu Lasten von Umwelt und Gesellschaft. Bei der Produktion ihres Schokokrams verwendet Nestlé nämlich in diesem Falle speziell Palmöl, für das Regenwälder in Indonesien rücksichtslos gerodet und die dortige Tierwelt wie z.B. Orang-Utans vertrieben wird. Greenpeace hat deshalb einen passenden, sehr drastischen Anti-Werbespot zu diesem Produkt gemacht, wobei ich ja sowieso empfehle, generell nichs aus dem Hause Nestlé zu kaufen (z.B. deshalb oder deshalb):

Mehr dazu auch HIER. (diese Website ist übrigens ein abschreckendes Beispiel dafür, wie man mit einer Überfrachtung an Reklameeinblendungen alles zukleistern und die Lesbarkeit stark reduzieren kann)

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Bionahrung

Weil es so gut zu meinen gestrigen Ausführungen zur Industrieschokolade passt, hier noch ein etwas älterer Beitrag über Bionahrung, der tatsächlich in der n-tv/RTL2 (!)-Sendung Welt der Wunder gelaufen ist! Selten, dass dort mal solch kritische Töne angeschlagen werden, deucht mir, auch wenn die Aufmachung & Machart halt schon eindeutig das typische Privatfernseh-„Niveau“ aufweist. Und über die eine oder andere Facette der Sendung kann man sicherlich vortrefflich streiten – aber wenigstens werden solche Thematiken überhaupt mal auf diesen Sendern behandelt und damit auch denjenigen näher gebracht, die sich sonst vielleicht herzlich wenig um Ernährung und die mit der konventionellen Landwirtschaft verbundenen Folgen und Schäden befassen.

(Hinweis: Bis Minute 16 vorspulen, da geht es dann los.)

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Buchbesprechung: Tanja Busse „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“

tanja-busse-die-einkaufs-revolutionEs gibt so Bücher, die liegen lange in meinem Regal herum, bevor ich mich endlich an sie heran wage. Tanja Busses „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“ gehört dazu – gekauft Anfang 2008 ließ ich es erst einmal ungelesen, da sich andere Werke in den Vordergrund schoben, Lasns „Culture Jamming“ oder auch “No Logo!“ beispielsweise. Meine anfängliche Ansicht, dass man mit Konsum wirklich etwas verändern könne (wie es Titel und Umschlagstext von Busses Buch auch nahelegen), wurde durch diese Lektüre deutlich untergraben. Zudem hatten mich einige Kolumnen, die Tanja Busse im Greenpeace Magazin schrieb (u.a. eine, in der sie über den Kauf ihrer 10.000 €-Küche berichtet), vermuten lassen, dass sie zu den Vertretern der LOHAS-Fraktion gehört und ihrem Buch darum eher wenig revolutionäres Potential innewohnt.

Soweit also meine Vorurteile. Nach der Lektüre des Buches muss ich nun doch ein wenig Abbitte leisten. Denn auch wenn es sich bei der „Einkaufs-Revolution“ sicher nicht um ein subversiv-umstürzlerisches Traktat handelt, legt die Autorin doch den Finger auf viele Wunden in unserem Einkaufs- und Produktionsverhalten. Vor allem auf diejenigen Leser, die bisher blind und ignorant durch den Supermarkt und die Shopping-Malls gegangen sind, dürfte so manch heilsamer Schock in den einzelnen Kapiteln warten. Auch Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker werden sich nach den gut 300 Seiten bestätigt fühlen, denn Tanja Busse wirft auch den einen oder anderen Blick auf Grundsätzliches, das in unserem System seit jeher und vor allem in den letzten Jahrzehnten komplett schief läuft.

So werden die sattsam bekannten schlimmen Zustände geschildert, die in den Sweatshops herrschen, die die teuren Markenklamotten herstellen, die Dank Reklame überteuert unters Konsumvolk gebracht werden. Genauso wie die gewaltigen Mengen an Gift, die bei der normalen industriellen Produktion von Kleidung Verwendung finden und am Ende auf unserer Haut landen – oder das Gift, das bei der Plastikherstellung als Weichmacher etc. zum Einsatz kommt, von den Behören aber sehr lax überprüft wird.

Den Hauptteil in Busses Buch nehmen ihre Ausführungen zur industrialisierten Landwirtschaft und dem Bioanbau ein. Sehr eindringlich und bedrückend wird hier geschildert, wie riesige Schweinemastfarmen das Land überziehen, um unter schlimmsten Bedingungen für die Tiere und fatalen Folgen für die Gesundheit der Nahrung möglichst billiges Fleisch für die Discounter und Sonderangebote der Supermärkte herzustellen. Auch wenn sich das Loblied der Autorin auf biologische Landwirtschaft zum Teil etwas zu naiv anhört, so wird doch deutlich gemacht, dass es keine andere Lösung gibt, um den Verfall der Nahrungsqualität und die Zerstörung der Natur zu stoppen, als eine Abkehr vom reinen auf Masse und Kostendrücken ausgelegten Anbau.

In den fünfziger Jahren hat der amerikanische Journalist Vance Packard beschrieben, wie die Werbefachleute mit tiefenpsychologischen Methoden das Bewusstsein der Konsumenten infiltrieren, und sein Buch Die geheimen Verführer verkaufte sich millionenfach. Inzwischen haben die Verführten aber verstanden, dass sie verführt werden, und die Botschaften der Werber gehen nicht länger ungefiltert in ihre Köpfe. Doch angesichts des gigantischen Etats der Werbung wäre es naiv, ihren Einfluss zu leugnen. 29 Milliarden Euro geben Unternehmen allein in Deutschland aus, damit wir vergessen, dass die Dinge, die wir kaufen, auch hergestellt werden. Damit wir denken, die Waren kämen aus der Werbung wie der Strom aus der Steckdose. Diese 29 Milliarden Euro lenken unsere Aufmerksamkeit auf das, was die Unternehmen uns zeigen möchten: dass Autos erotisch sind, Tütensuppen familienstiftend und französische Zigaretten Garanten immerwährender Freiheit. Darauf, dass wir weniger ein Produkt kaufen als eine Marke. Und dass uns der Geist dieser Marke ziert und schmückt und teilhaben lässt an ihrem globalen Erfolg. Just do it – und denk nicht drüber nach!

Diese 29 Milliarden Euro wirken, wie sie sollen: Sie machen, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, uns zu fragen, auf welche Weise die Waren hergestellt werden, von wem und unter welchen Umständen. Sie bewirken, dass wir nicht kapieren, dass diese Umstände etwas mit uns zu tun haben könnten, dass wir mit unseren Einkäufen diese Umstände bestimmen.

Nur bei Skandalen fällt das Scheinwerferlicht kurz auf diesen Zusammenhang. Während der BSE-Krise im Winter 2000 etwa, als man erfuhr, dass die Kühe, deren Milch wir trinken, mit geschroteten Schafsleichen gefüttert wurden, oder Ende 2005, als tonnenweise vergammeltes Fleisch in den Kühltheken entdeckt wurde: Da bemerkten Politiker und Kommentatoren plötzlich, dass die Nachfrage die Qualität bestimmt (»Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist gerade bei Lebensmitteln hoch gefährlich«, sagte Landwirtschaftsminister Horst Seehofer Anfang Dezember 2005 der Bild-Zeitung). Nur ihre Politik, die solche Zustände ermöglichte und erleichterte, änderte das nicht, im Gegenteil. Es gibt Hunderte von Büchern über Konsum und darüber, was Konsumieren aus den Konsumenten macht, aber die meisten – selbst viele der klassischen Einkaufsratgeber – ignorieren die Entstehung der Waren und betrachten den Konsum als Lifestyle oder spekulieren über das Verhältnis von Konsum und Konsument. (…)

Wenn man mag, kann man es Betrug nennen, wie sich die Waren uns präsentieren: Der Joghurtbecher zeigt Himbeeren, die im Himbeerjoghurt aber fehlen. Und der Nike-Spot zeigt den kleinen Jungen als Ballkünstler, nicht als Fabrikarbeiter, und eine Werbekampagne darf ungestraft behaupten, McDonalds lasse kleine Mädchen als Qualitäts-Scouts seine Pommes-frites-Produktion überwachen. Niemand aber empfindet das als Betrug, weil jeder weiß, dass Werbung Geschichten erzählt und keine Fakten. Was das angeht, ist der Konsument aufgeklärt. Doch wer etwas verkaufen will und dafür wirbt, weiß, dass er der Macht seiner Bilder vertrauen kann; dass sie wirken, wenn man sie wahrnimmt, auch ohne dass man sie für wahr nimmt. Und also hat der Joghurt ohne Himbeeren sein Image als Himbeerjoghurt, und der schöne neue Pullover sieht aus wie ein schöner neuer Pullover.

Ab und zu ahnt man beim Einkaufen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht, etwa wenn man bei Ikea einen handgewebten Teppich (60 x 90 cm) für 1,89 Euro entdeckt. (»Liebe Mitarbeiter von Ikea, Sie haben kürzlich in Hamburg-Schnelsen einen handgeknüpften Teppich 60 mal 90 für 1,89 angeboten. Wie viel Lohn haben die Teppichknüpfer für das Knüpfen bekommen?

(…) Meistens erstickt man sein Unbehagen mit dem Ohnmachtsgefühl, es ohnehin nicht ändern zu können. Und es stimmt ja auch: Wir sind ohnmächtig.

Aber nur, solange alle an diese Ohnmacht glauben. (…)

Eine Botschaft des Buches ist klar – jeder, der einfach so die „normalen“ Waren in den Einkaufskorb legt, ohne sich darüber Gedanken zu machen, welches Geschäftsmodell, welche Ausbeutung usw. er damit direkt unterstützt, darf sich auch nicht beklagen, wenn er minderwertige Qualität in Händen hält und auch viele gesellschaftliche Entwicklungen in die falsche Richtung gehen. Natürlich wird mit dem bloßen Ändern des eigenen Kaufverhaltens noch nicht die Welt gerettet, aber es wird doch ein Signal gesetzt, weche Produktionsweisen unsere Zustimmung finden und welche nicht. S0 kann man „Die Einkaufs-Revolution“ mit gutem Gewissen vor allem denjenigen empfehlen (oder schenken / leihen ;-), die im Einkauf bisher keine politische Komponente sehen und nur nach Kategorien wie „die haben doch so lustige Werbung“ oder „ach, das schmeckt aber doch so gut“ entscheiden, ohne zu wissen, was sie damit anrichten. Denn locker lesbar und leicht verständlich, aber aufgrund der Thematik natürlich nicht immer leicht verdaulich, wird der Leser über viele schlimme und bedenkliche Hintergründe aufgeklärt, die sonst hinter der schillernden Fassade von bunter Reklame und geschwätzigen Green Washing versteckt werden.

Tanja Busse „Die Einkaufs-Revolution – Konsumenten entdecken ihre Macht“, Heyne 2008, 320 S., 8.95 €

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Werbung gegen Realität, Teil 14 – Dem Hamburger auf der Spur

Schon des öfteren habe ich mir gewünscht, dass die Medien, die die Verdummungskampagnen der Reklame ausstrahlen und abdrucken, mit diesen Inhalten kritsch ins Gericht gehen, statt sie einfach nur kommentarlos neben den sonstigen „Content“ zu stellen. Letzte Woche gab es dann tatsächlich eine jener seltenen Sternstunden, nämlich im Beitrag „Fast Food – Dem Hamburger auf der Spur“ des WDR-Magazins markt. Dort wird die Reklame des McDonald’s-Konzerns mit der Realität konfrontiert, und dies in Gegenwart eines Konzernsprechers. Also eigentlich das perfekte Setting, um diesen Herrn mal so richtig ins Schwitzen und in Erklärungsnöte zu bringen – leider unterbleibt die Frage bzw. Feststellung, dass das, was McD da in seiner Werbung zeigt, nicht der Wahrheit entspricht, in dem Sinne, dass der wirkliche volle Umfang verschleiert wird, so dass der Firmensprecher sich herauswinden kann, schade. Dass industrielle Fleischproduktion sowieso tierundwürdig ist, muss ich hier nicht eigens erwähnen – immerhin erfreulich, dass der Sender da doch einige schockierende Bilder zeigt, die im Kontrast zum marketingiduzierten Image eines „leckeren, gesunden Burgers“ stehen. Guten Appetit, kann man da nur sagen…

In einem Werbespot stellt sich ein junger Mann als Qualitätsscout von McDonald’s vor: „Hallo, ich bin Martin Vollmer. Als Qualitätsscout von McDonald‘s will ich mal sehen, wo das Rindfleisch für BigMac und Co. herkommt.“ Er stellt den Schneiderhof vor. Auch wir wollen wissen, wo das Fleisch herkommt und besuchen den Schneiderhof. Und in der Tat handelt es sich bei dem Hof offenbar um einen Vorzeigebetrieb. Er bietet seinen Kühen einen Traumstall, ideal für Werbeaufnahmen.

Wenige Autominuten weiter sieht es jedoch schon ganz anders aus. Milchvieh in Süddeutschland steht oft in dunkeln Ställen. Am Hals angebunden können sich die Tiere nur hoch und runter bewegen, oft ein Leben lang. Konkrete gesetzliche Vorschriften fehlen. (…)

(…) Die Tierhaltung ist also offensichtlich egal, solange ausreichend Muskel- und Fettgewebe vorhanden ist. (…)

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Subventionen für Limo und Fleisch

Der Irrsinn der EU-Subventionen ist ja schon seit vielen Jahren ein heißdiskutiertes Thema, und trotz aller Absichtsbekundungen, hier mit dem Wirrwarr aufzuräumen, ist herzlich wenig passiert. Ganz abgesehen davon, dass viele Billigexporte in Länder der Dritten Welt die dortigen einheimischen Bauern belasten und Firmen zerstören, zeigte die ZDF-Sendung WISO in „Agrarsubventionen für Limo und Fleisch“, dass hierzulande auch große Konzerne ordentlich vom EU-Topf profitieren und somit Teile ihrer Gewinne aus den Steuergeldern der Bürger stammen, wie man an Südzucker oder Tönnies sieht. Unglaublich, dass dies einfach so hingenommen und höchst selten angesprochen wird.

Die Agrarsubventionen der EU sind nicht einfach zu verstehen. Eigentlich sollen sie den Bauern helfen, aber ein bedeutender Teil des Geldes landet nicht bei den Landwirten, sondern bei großen Unternehmen.

Erstaunlicherweise hat sich sogar das Privatfernsehen vor einiger Zeit mal dieses Themas gewidmet und auch auf die Mitverantwortung des Käufers für viele Fehlentwicklungen im Bereich der Landwirtschaft etc. hingewiesen – in einer Deutlichkeit, die man vom Privat-TV niemals erwarten würde (wenngleich der Stil der Reportage schon als grenzwertig zu bezeichnen ist); wann wird schon mal direkt darauf hingewiesen, dass die Kunden durch ihre Gier nach immer billigerem Zeug diesen Trend zur stetigen Qualitätssenkung selbst befeuern? In Welt der Wunder auf RTL2 (!) und n-tv lief der folgende Beitrag über die katastrophale Agrarpolitik der EU, die darauf abzielt, die industrielle Verwertungslandwirtschaft immer größer und größer zu machen, zu Lasten der Vielfalt, der Gesundheit und auch der Umwelt.

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