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Werbung gegen Realität, Teil 10: Zucker (vs. Stevia) und die Zucker-Mafia

zuckerWer kennt sie nicht, die immer mal wieder geschalteten großflächig angelegten Imagekampagnen der Zuckerindustrie, die uns suggerieren, dass Zucker ein ganz natürliches und folglich also gesundes „Lebensmittel“ sei. Okay, zum Schutz der Zähne sollte man vielleicht nicht allzuviel davon essen bzw. sich ausreichend oft die Zähne putzen, aber im Prinzip spricht ja wohl nichts gegen diese süße Versuchung, oder? Schön wär’s. Wie so oft bei derart aufgeblasenem PR-Gedöns wird hier versucht, mit viel Einsatz von Geld und medialer Aufmerksamkeit ein schädliches Produkt in einem besserem Licht dastehen zu lassen als es das verdient.

Das ist eigentlich nichts Neues. Tatsächlich berichtete DIE ZEIT bereits 1991 in „Die Zucker-Mafia“ von den unerfreulichen Methoden, mit denen uns Industriezucker ins Essen gemischt wird:

Überflüssig und ungesund: weil es keinen guten Grund gibt, ihre Produkte zu konsumieren, drückt die Zuckerindustrie ihre Erzeugnisse mit vielen Tricks in den Markt. Die süße Droge versteckt sich in ungezählten Lebensmitteln: Fischkonserven und Senf, Milchgetränken, Tütensuppen und Tomatenketchup.

(…) Glaubt man aber der Süß-Werbung, dann ist Zucker pure Natur. „Zucker ist Sonne zum Essen”, preist eine Werbebroschüre. Doch zwischen Sonne und Essen muß viel Arbeit, Chemie, Energie und Geld aufgewandt werden, um zu dem chemisch reinen süßen Kristall zu kommen, das wir in solchen Massen konsumieren.

(…) Zucker ist selbst in Massen billig, deshalb dient er nicht nur zum Süßen. Wenn der Göttinger Ernährungspsychologe Volker Pudel den Herstellern von Mischmilch zum Beispiel empfiehlt, etwas weniger Zucker in ihre Produkte zu tun, erfährt er mitunter Verblüffendes: „Ich höre dann immer von den Herren, daß der Zucker, wie sie sich ausdrücken, der Körper ist, also eine gewisse Masse bringt.” So wird schon mal das Volumen des Milch-Mischgetränks mit der Füllmasse Zucker vergrößert, weil man, so Pudel, „sonst was anderes reintun müßte, was möglicherweise teurer wäre”.

Wer weiß schon, daß Tomatenketchup zu fast einem Drittel aus Zucker bestehen kann: zehn Würfel in hundert Gramm, fünfzig in einer Flasche? Zucker findet sich in Tütensuppen, aber auch in dem Stoff, der unseren Speisen eigentlich die Schärfe geben soll: im Senf. Wer Zucker vermeiden will, müßte auf Fischkonserven verzichten. Und auch die sauren Gurken sind süßer, als ihr Name glauben macht.

Auf oe24.at fand sich unlängst die (ebenfalls nicht so neue) Erkenntnis: „Droge Zucker: Süßigkeiten können süchtig machen“.

Beim Konsum von Süßem wird in der Region des Nucleus Accumbens der Botenstoff Dopamin freigesetzt. Er gilt als chemisches Signal, das erst Motivation und im Laufe der Zeit Sucht auslöst. Ähnliche Veränderungen hatten die Forscher zuvor bei Ratten beobachtet, die nach Kokain oder Heroin süchtig waren.

Forschungsleiter Bart Hoebel sieht hier eine mögliche Erklärung für diverse Esssüchte. Was auch erklärt, warum der Kampf gegen Übergewicht so oft verloren wird.

In Großbritannien ist die Werbung für zucker- und fettreiche Produkte im Kinderfernsehen seit letztem Jahr verboten, was man sicherlich als kleinen Sieg gegen die Zucker-Mafia werten kann. Ob so etwas viel hilft, ist eine andere Frage, zumal wenn die Eltern sich selbst nur von Cola, Chips und Fertiggerichten ernähren, aber es ist immerhin ein Signal.

Nach einer Entscheidung eines Hamburger Gerichts darf Zucker seit 1992 offiziell sogar als Schadstoff bezeichnet werden… Um so erstaunlicher, dass Unternehmen nach wie vor ihre bis zur Halskrause gesüßten Produkte (man denke da nur an das Nestlé-Zeugs, Fruchtzwerge oder zuckrige „Frühstückscerealien“) als vermeintlich „gesund“ anpreisen dürfen.

Vor allem, da es seit einer Weile auch gesündere Alternativen gibt. Nein, natürlich nicht die industriell gefertigten Süßstoffe, die z.B. aus einer Cola light einen Giftcocktail machen. Sondern Stevia, eine Pflanze aus Paraguay, die auch Süß- oder Honigkraut genannt wird, deutlich körperverträglichere Eigenschaften besitzt und in vielen Ländern der Welt schon verwendet wird – nur in der EU nicht. Über diesen verbraucherfeindlichen und industriefreundlichen Fakt berichtete vorgestern auch die ARD-Sendung Plusminus:

Heute kann man bereits in vielen Ländern Stevia-Produkte kaufen, nur in der Europäischen Union nicht. Kein Stevia-Kraut, kein Pulver und keine flüssigen Auszüge dürfen als Lebensmittel auf den europäischen Markt gelangen – trotz nachgewiesener hervorragender Eigenschaften. Dr. Michael Bolz vom Klinikum Südstadt Rostock: „Diese süßmachenden Substanzen haben den Vorteil, dass sie keine Kalorien haben, dass sie den Blutzucker nicht erhöhen, möglicherweise auch blutdrucksenkend wirken.“ In anderen Ländern wurde das schon längst erkannt. In Japan, Australien, den USA oder der Schweiz stehen Stevia-Produkte in den Supermärkten im Regal.

Die Lobby der Zuckerindustrie verhindert die Zulassung durch die EU. Professor Jan Geuns von der Katholischen Universität in Leuven (Belgien) hat schon zig Anträge auf Zulassung von Stevia gestellt. Alle wurden abgelehnt. „Ich spreche das Wort Korruption nicht aus, aber vielleicht ist es so“, so der Professor, der die Süßpflanze erforscht.

Für die Zulassung dieser offensichtlich sehr sinnvollen Pflanze setzt sich derzeit auch das Projekt FreeStevia ein.

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ueber Macht Filmfestival – in 120 Städten Deutschlands

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Ich möchte Euch noch auf ein interessantes Filmfestival hinweisen, dass seit Januar in ausgewählten Städten zu sehen ist und sich bis zum Herbst in insgesamt 120 deutschen Städten präsentieren wird – ueber Macht. Rund 30 bundesweite und mehr als 1.000 regionale Verbände und Organisationen der Zivilgesellschaft sind beteiligt, die in den jeweiligen Städten Publikumsdiskussionen und Filmgespräche zu jeder Vorführung organisieren. Organisiert von Die Gesellschafter, werden hier 13 Filme internationaler Regisseure gezeigt, die sich mit verschiedenen Themen wie Globalisierung, Menschenrechte, Ausbeutung uvm. beschäftigen. Der von Attac geförderte Beitrag „Monsanto – mit Gift und Genen“ erscheint mir dabei besonders interessant.

Diese Woche sind die Filme in folgenden Städten zu bewundern:

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Unsere kleine Welt – Der Klimafilm

Wem die 21 Minuten des Kurzfilms „The Story of Stuff“ zu lang sind, um sich einen Eindruck von unsem verqueren Wirtschafts- und Konsumssystem zu verschaffen, der hat nun die Möglichkeit, sich noch kompakter zu informieren. Studenten der Fakultät Gestaltung an der Hochschule Augsburg haben den 3:50minütigen Film „Unsere kleine Welt“ erstellt. In diesem sehr schön gemachten und kurzweiligen Clip wird am Beispiel eines Ehepaars im Schrebergarten gezeigt, welche Wege viele unserer so als selbstverständlich erachteten Produkte bereits hinter sich haben und welche Auswirkungen unser ungezügelter Konsum für den Rest der Welt hat. Sehr zu empfehlen! Auf der Website des Projekts könnt Ihr Euch den Film auch in verschiedenen Formaten herunterladen. [via]


Unsere Kleine Welt – Der Klimafilm from Josef Buchner on Vimeo.

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„Konkurs im Kindergarten“ – die neoliberale Finanzkrise trifft jetzt auch die Kleinen

Na Mensch, im Fernsehen gibt es ja jetzt doch ab und an interessante Berichte – so beispielsweise im ZDF-Auslandsjournal von letzter Woche, in dem es um die Pleite des größten Betreibers von Kindergärten in Australien geht. Richtig: getreu dem neoliberalen Credo, dass alles, was einst Staats- = Bürgereigentum war, privatisiert werden müsse, um es vermeintlich viel effizienter betreiben zu können, sind 2/3 der Kindergärten in Downunder in den Händen einiger Unternehmen (1/3 ist genossenschaftlich/nachbarschaftlich organisiert). Und nun, in Zeiten der „Finanzkrise“, hat es also einen der Kindergartenbetreiber erwischt, der Konkurs anmelden muss, so dass viele Kinder plötzlich ihren Kita-Platz los sind. Vielleicht hilft solch ein Ereignis wenigstens dabei, dass mehr Menschen aus dem wolkigen Privatisierungs- & Kommerzialisierungstraum aufwachen… (Man muss dabei natürlich sehen, dass dies immer noch eine Art „Luxusproblem“ ist – insbesondere bei den im Film gezeigten Familien –, wenn man es mit den Problemen vergleicht, die sich anderswo in der Welt auf Grund der Finanzkrise auftürmen (Island, Guatemala, Lettland, Ukraine, Spanien, Bulgarien…).)

Die Finanzkrise hat ein neues Opfer: Australische Kinder. Banken machten die Kindertagesstättenkette ABC Learning Centres zum börsennotierten Milliardenkonzern. Mit der weltweiten Kreditkrise ist die Blase geplatzt, und das Unternehmen steht vor der Pleite. Tausende Kinder stehen heute ohne Betreuung da.

bild-2(zum Abspielen bitte aufs Bild klicken)

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Wissensbasis: Weltgesellschaft ohne Geld

bacher_old_red___Der eine oder andere hat es vielleicht schon bemerkt: seit heute gibt es eine neue Rubrik = Seite beim Konsumpf, nämlich die Wissensbasis. Hinter diesem etwas hochtrabenden Begriff verbirgt sich mein Versuch, vieles von dem, was in den täglichen Beiträgen meines Blogs an grundlegender Information verstreut auftaucht, zu bündeln und quasi als Ausgangspunkt für weitere Recherchen zu diversen Themengebieten, aber auch einzelnen Konzernen, zur Verfügung zu stellen. Dabei werde ich insbesondere auch interessante zielführende (längere) Artikel/Studien/Filme, denen ich im Internet begegne, aufführen und verlinken, selbst wenn ich auf diese im aktuellen Teil des Blogs nicht näher eingehe. Aber viele Texte sind einfach zu gut und beleuchten manche Aspekte, um die es mir beim Konsumpf geht, so treffend, dass ich sie allen zur Lektüre ans Herz legen möchte.

Die Wissensbasis soll natürlich nicht zu einer ausufernden reinen Linkliste verkommen, sondern schon ein gewisses, zum Teil von mir kommentiertes Konzentrat darstellen, d.h. ich werde eine handverlesene Vorauswahl vornehmen und sie in regelmäßigen Abständen auf den neusten Stand bringen und ergänzen. Gerade jetzt zu Beginn sind die meisten Rubriken natürlich noch leer, aber das wird sich im Laufe der nächsten Wochen & Monate ändern. Derzeit gibt es dort weiterführende, komprimierte Infos zu Culture Jamming/Werbekritik sowie zum Wirtschaftssystem. Auf einige besonders gelungene Artikel weise ich dann immer auch im Blog hin, so wie auch heute.

Auf der Krisis-Website (einem etablierten Magazin mit „Beiträgen zur Kritik der Warengesellschaft“) finden sich immer wieder hochlesenswerte Ausführungen – neulich empfahl ich ja schon den „Crashkurs – Flugblatt zur aktuellen Krise”. Schon etwas älter, aus dem Jahre 1996, um genau zu sein, aber immer noch bzw. jetzt gerade wieder aktuell ist auch „Weltgesellschaft ohne Geld – Überlegungen zu einer Perspektive jenseits der Warenform“ von Norbert Trenkle. In diesem sehr ausführlichen Artikel legt der Autor eine Analyse unseres derzeitigen Wirtschaftssystems vor, deren Rückgrat die Erzielung von Gewinnen und eben Geld darstellt, und auf insgesamt 19 Seiten versucht Trenkle, der Vorstellung eines anderen Wirtschaftens (eines lokaleren, auf tatsächliche Bedürfnisse abgestimmten und untereinander vernetzten) den Geschmack der vollkommenen Utopie zu nehmen. Auch wenn kein vollkommen schlüssiges oder gar einfach umzusetzendes Handlungsmodell entwickelt wird (dazu sind wir in unseren Vorstellungen vermutlich viel zu stark von dem bisherigen Wirtschaftssystem und seinen Prämissen, seinem Menschen- und Weltbild geprägt), so enthält „Weltgesellschaft ohne Geld“ doch viele gute Denkanstöße. Hier ein paar Auszüge aus dem ersten, Ist-analysierenden Teil des Textes – es lohnt sich, auch den Rest zu lesen!

Im Zeitalter postmoderner Desillusionierung mag es geradezu anstößig erscheinen, Gedanken zu einer gesellschaftlichen Perspektive jenseits der Warenform vorzulegen. Handelt es sich dabei nicht um die längst schon »dekonstruierten« Allmachtsphantasien des weißen Mannes? Sind es die letzten Fiebertraume des abendländischen Subjekts, das noch im röchelnden Todeskampf die Welt unter seine universalistischen Großkonzepte zu subsumieren geneigt ist? Es wäre zu einfach, solche Verdächtigungen als bloße Abwehrhaltungen derjenigen abzutun, die sich längst schon mit dem Bestehenden arrangiert haben. Die Skepsis gegenüber Zukunftsentwürfen, die den Anspruch auf Verallgemeinerungsfähigkeit erheben, ist grundsätzlich ernst zu nehmen, auch wenn sie permanent dafür instrumentalisiert wird, jeden Gedanken an eine gesellschaftliche Transformation, die diesen Namen verdient, schon im Vorfeld abzublocken.

(…) Nun kann es natürlich nicht darum gehen, eine dieser »Utopien« herauszugreifen und in sektiererischer Manier zum Dogma zu erheben. Der Anspruch, eine grundsätzlich verallgemeinerungsfähige gesellschaftliche Perspektive jenseits von Markt und Staat zu entwickeln, muß seine Legitimation vielmehr in der dezidierten und präzisen Kritik des warenförmigen Fetischismus finden.

(…) Nichts ist in der totalen Welt der Ware wohl selbstverständlicher als die Existenz des Geldes. Die Erfahrung, dass nur wer über Geld verfügt, auch als Subjekt anerkannt wird und Zugang zum gesellschaftlichen Reichtum erhält, hat sich tief ins Bewusstsein der Menschen eingegraben; und daher rührt schon der einfache Gedanke an die Aufhebung der Warenform an eine fundamentale Angst. Es ist geradeso, als würde jemand vorschlagen, die Atemluft abzustellen. Längst schon erscheint den modernen Geldsubjekten der Zwang, sich immer und überall zu verkaufen, als tiefste Naturnotwendigkeit. Die Idee, gesellschaftlicher Reichtum könnte auch anders als in der Warenform existieren, kommt diesem verrückten Bewusstsein völlig verrückt vor. Selbst kritisch denkende Menschen wehren einen solchen Gedanken im allgemeinen als geradezu hirnverbrannt ab und erheben fast schon reflexhaft den Vorwurf (meist unter Verweis auf Stalin und Pol Pot), hier wolle jemand entweder zur bäuerlich-kargen Dorfwirtschaft zurück oder strebe gar eine totalitaristische »Diktatur über die Bedürfnisse« an.

(…) Zugleich bekommen die atomisierten Individuen aber auch immer direkter die Irrationalitäten der kapitalistischen Moderne buchstäblich am eigenen Leibe zu spüren, und müssen versuchen, diese in irgendeiner Weise individuell zu kompensieren: angefangen mit der täglichen Bewältigung des mörderischen Straßenverkehrs über die Sorge um die von Stress und allgegenwärtigen Giften bedrohte körperliche und psychische Gesundheit bis hin zur Kinderbetreuung inmitten einer strukturell kinderfeindlichen Welt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

(…) Anders ausgedrückt: Es geht nicht einfach um »Komplexitätsreduktion«, sondern vielmehr um die Entwicklung von neuen Formen gesellschaftlicher Komplexität, die wirkliche qualitative Vielfalt zulassen und zugleich nicht die blinde Herrschaft des sozialen Zusammenhangs über die Individuen implizieren.

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Der Geist des Geldes

bild-51Unlängst hatte der Film „Let’s make money“ erstaunlich großen Zulauf in unseren Kinos, und das, obwohl es sich nicht um den neuesten realitätsverneinenden Disney-Schmock, sondern um eine relativ schonungslose Betrachtungsweise des globalisierten Wirtschaftstreibens handelte. Ein wichtiges Thema, das zum Verständnis der aktuellen Misere jedoch unerlässlich ist, fehlte leider, trotz des Titels: nämlich ein Blick auf unser Geldsystem, auf dessen Grundlage unser Wirtschaftssystem überhaupt nur „funktionieren“ kann und letztlich viele Irrwege im „realen Wirtschaften“ schon vorzeichnet, wenn nicht gar erzwingt. Ende 2007 drehte Filmemacher Yorick Niess eine interessante und erhellende Dokumentation zu dieser Problematik und ergänzt damit „Let’s make money“ perfekt: „Der Geist des Geldes“, die es leider nicht bis in unsere Kinos schaffte – damals war die Zeit vielleicht noch nicht reif (genug). Dabei wäre ihm eine ähnliche Aufmerksamkeit und Beachtung definitiv zu wünschen. Man kann sich den Film jedoch inzwischen auf DVD für faire 13 € bei der INWO (Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung) bestellen und momentan auch noch bei Google Video in voller Länge und akzeptabler Qualität kostenlos ansehen (allerdings wird gemunkelt, dass Google seinen Videoservice bald einstellt – also schnell noch nutzen!).

Der Film macht sich mit auf die Suche nach dem magischen Geist des Geldes. Knapp 3.000 Jahre Geschichte haben unseren Umgang mit Geld verändert.
Der Film schärft den Blick auf unser Zahlungsmittel.

Im heutigen Geld lauern Gefahren:
„Unsere Demokratie ist tödlich bedroht!“, warnt Autor und UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler.
Rechtsanwalt Harald Wozniewski sieht einen modernen Feudalismus.
Der Präsident vom Institut für Weltwirtschaft erklärt, warum Umweltschutz keine Chance hat.
„Das Geld wird unsere Religionen ersetzen!“, meint Philosoph Jochen Weiß.

Es ist die einzige deutsche Dokumentation, die auch Erfolgsautor Bernard A. Lietaer anführen kann – Miterfinder des Euros und ehemaliger Zentralbanker. Filmemacher Yorick Niess hat über ein Jahr hinweg das Geld erforscht und aktuelle Trends gesammelt. Die Aufnahmen haben ihn in fünf Länder geführt. Geld regiert die Welt. Doch die Erfindung verändert sich heute rasant. Wer den Geist des Geldes versteht, kann seine Zukunft mitgestalten.

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Bertelsmann und die Bertelsmann-Stiftung – die schleichende Untergrabung der Demokratie

krakeDie Auflistung all der Sender, Zeitschriften und sonstigen Firmen, die sich im Laufe der Jahrzehnte unter dem Dach des Gütersloher Medienmolochs Bertelsmann versammelt haben, ist ja eigentlich schon erschreckend genug – doch ich möchte in meinem heutigen Artikel verdeutlichen, wieso diese Marktmacht auf dem Mediensektor nicht nur zu einer Verzerrung der Meinungsbildung führt (das kann man, wie gesagt, allein schon aus der Vielzahl der Beteiligungen schließen), sondern Bertelsmann sich zudem mit der Bertelsmann-Stiftung aktiv um Stimmungsmache und Beeinflussung politischer und sonstiger gesellschaftlicher Kreise bemüht. Hier ist eine Art „Gegenmacht“ entstanden, eine in viele Lebensbereiche herein reichende Krake, die jeden freiheitlich-demokratisch gesinnten, auf Pluralität bedachten Menschen erschaudern lassen müsste.

Tatsächlich wird diese Entwicklung durchaus auch von immer mehr Menschen als Bedrohung empfunden – so findet dieses Wochenende die 4. Bertelsmann-kritische Tagung in Gütersloh statt „Zur Kritik der Staatsmodernisierung durch das Wirken von Bertelsmann in der neoliberalen Ära.” Auf der Website zu dieser Tagung, die an der sich auch Attac und verdi beteiligen, finden sich eine ganze Reihe interessanter Artikel und Texte, die das weltweite Tun des Konzerns genauer unter die Lupe nehmen, beispielsweise auch in Lateinamerika. Es wird auch auf das Informationsportal Bertelsmannkritik.de verwiesen, das eine sehr umfangreiche, fast schon erschlagend detaillierte Wissensdatenbank zu allen Bereichen, in denen sich dieses Unternehmen betätigt, zur Verfügung stellt – die gesammelte Infos gibt es auch als kompakte 106seitige pdf-Broschüre zum Download.

Wir wollen die Berechtigung der Bertelsmann-Stiftung und ihren Status der Gemeinnützigkeit in Frage stellen. Mit diesen Informationen wollen wir dazu beitragen, das eigene Unbehagen auf der Arbeit, in der Schule oder im Krankenhaus ernst zu nehmen. Sich die Widersprüche des Alltags klar zu machen ist notwendig, um aktiv werden und organisiert eingreifen zu können.

„Die Bertelsmann-Stiftung ist eine der mächtigsten Denkfabriken im Lande und als solche Leitakteur für ähnlich operierende Berater und Stiftungen. Sie greift aktiv in die Politik auf allen Ebenen von Regierungspolitik bis zur Kommune und zu Netzwerken von Einzeleinrichtungen ein. Dabei versucht sie, wesentliche Bereiche der Gesellschaft betriebswirtschaftlichen Modellen und Motivationstechniken zu unterwerfen. Die soziale Umverteilung von unten nach oben wie Hartz IV, die Gesundheitsreform, die Einführung von Studiengebühren und Studienkonten, Abwälzung gesellschaftlicher Kosten auf die Einzelnen, Unterstützung von undemokratischen kostenträchtigen Privatisierungsvorgängen sind von der Bertelsmann-Stiftung mitentwickelt worden. Ebenso greift das Bertelsmann-Institut Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) mit Vorschlägen zur verstärkten Militarisierung und geostrategischen Ausrichtung der deutschen und europäischen Außenpolitik in die internationale Politik ein.“

518690_magazines_2Wenn man sich ein wenig im Internet umschaut, findet man vor allem abseits der Mainstreammedien (die, wie oben schon erwähnt, zu einem nicht geringen Teil ja direkt oder indirekt von Bertelsmann beeinflusst werden) jede Menge Bedenken und kritischer Kommentare zum Wirken Bertelsmanns und seiner Stiftung in unserer Gesellschaft. Ein paar möchte ich beispielhaft herausgreifen.

Hans-Dieter Hey führt in seinem Artikel „CDU will zurück ins 18. Jahrhundert“ in der Neuen Rheinischen Zeitung einige wichtige Eckpunkte des Bertelsmannschen Treibens auf:

Am 17. Oktober 2007 kam aus Gütersloh frohe Botschaft für Arbeitgeber. Die dort ansässige „Bertelsmann-Stiftung“ teilte stolz mit, dass ein von ihr selbst in Auftrag gegebener Entwurf für ein neues Arbeitsgesetzbuch von der Politik dankbar aufgegriffen wurde. „Was im Sozialrecht möglich ist, sollte im Arbeitsrecht auch möglich sein“, wurde verkündet. Die Bertelsmann-Stiftung hatte zuvor schon maßgeblich an der „Reform der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ mitgewirkt – bekannt als Hartz IV.

(…) Bertelsmann ist nicht der nette Bücheronkel von nebenan. Die Bertelsmann-Stiftung ist ein knallharter neoliberaler Think Tank mit hohem Einfluss in der Politik. Seine Bedeutung wird offenbar immer noch unterschätzt. Der Diplom-Soziologe Steffen Roski, Mitglied im Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler(BdWi) und  bei Attac: “Die ‘Nebenregierung in Gütersloh’ wirtschaftet de facto mit öffentlichem Geld, weil der Bertelsmann-Eigentümer Mohn durch die Übertragung von drei Vierteln des Aktienkapitals auf die Stiftung gut zwei Milliarden Euro Erbschafts- oder Schenkungssteuer gespart habe und die jährliche Dividenden-Zahlung an die Stiftung steuerfrei sei. Insofern gebe sie mit ihrem Jahresetat von rund 60 Millionen Euro nicht mal annähernd soviel aus, wie sie den Fiskus koste. Der Soziologe und internationale Stiftungsforscher Frank Adloff nennt es einen unhaltbaren Zustand, dass sich die Stiftung vor keinem Parlament oder Rechnungshof für den Einsatz dieser Gelder rechtfertigen müsse.“

sender-1117294_parabolicAuf Indymedia wird die Mitverantwortung der Bertelsmann-Stiftung mit der seit einigen Jahren ablaufenden Entwicklung an deutschen Hochschulen (Studiengebühren, mehr auf direkte Verwertbarkeit der Studieninhalte für die Wirtschaft ausgelegte Studiengänge etc.) ausführlich dargelegt: „Bertelsmann und Studiengebühren: Es reicht!“:

Das von der Bertelsmann Stiftung und der HRK gegründete CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) fordert erneut allgemeine Studiengebühren. Und sie sind nicht nur im Bildungsbereich aktiv. Es reicht! Warum Kaufen wir eigentlich noch Artikel der Bertelsmann Gruppe?

In eine Pressemitteilung von 31.10.2003 fordert das CHE erneut allgemeine Studiengebühren. Überraschen kann das eigentlich niemand: In Deutschland kommt dem Mitte der 90-er Jahre von der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann Stiftung gegründeten Centrum für Hochschulentwicklung, das CHE, bei der neo-liberalen Umstrukturierung eine Schlüsselrolle zu. Das CHE, mit Sitz in Gütersloh, der Ort, wo sowohl die Bertelsmann Stiftung als auch der Mutterkonzern Bertelsmann ihren Hauptsitz haben, ist mittlerweile als relativ unabhängige (sie sind nur das Kapital vom Mutterkonzern Bertelsmann verpflichtet) und damit auch parlamentarische unkontrollierte Kraft, überall gut vertreten. Schon während der 23. Wahlperiode des deutschen Bundestages (1994-1998) hatte der Leiter vom CHE, Professor Detlef Müller-Böling, enge Beziehungen zum damaligen Wissenschaftsminister Jürgen Rüttgers (CDU). Rüttgers berief Müller-Böling an den runden Tisch, an dem das neue Hochschulrahmengesetz entwickelt wurde. Auch gab es Kontakte zu dem ehemaligen Bundespräsident Roman Herzog (auch CDU), unter dessen Schirmherrschaft der Initiativkreis Bildung tätig wurde. Dieser Impulsgeber des CHE sollte Vorschläge zur Erneuerung des Bildungswesens entwickeln. Auch auf Länderebene ist das CHE aktiv, so leiten sie in Niedersachsen den Wissenschaftlichen Beirat. Mit viel Geduld arbeitet das CHE an die Gewichtsverlagerung von staatlich-normativ-rechtlichen Steuerungsmedien zugunsten pekuniärer, entparlamentarisierter und kontraktualer Steuerungsmedien hin.

Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten referierte letzten Oktober an der Fernuniversität Hagen „Drahtzieher hinter den Kulissen – der Einfluss des Bertelsmann-Konzerns auf die Hochschulen” und geht dort mit der euphemistisch „Hochschulreform“ genannten Umbildung der Studiengänge hart ins Gericht. Wie schon beschrieben, hat die Bertelsmann-Stiftung bei dieser Entwicklung seine Hand sehr wesentlich mit im Spiel.

An die Stelle der Reflexion des Stoffes und der selbständigen systematischen Erarbeitung und Anwendung wissenschaftlicher Methoden auf neue Fragestellungen ist der „workload“ getreten, also der Arbeitsaufwand für das Lernen gemessen in Zeiteinheiten zum Erwerb von „Kreditpunkten“. Die „hohen Schulen“ wurden zu Ausbildungs-Fabriken.

Die Masse der Studierenden wird künftig durch ein Kurzstudium geschleust, der Übergang zu einem „wissenschaftlichen“ Master-Abschluss steht nur noch einem kleinen Teil der Studierenden offen. Der Bologna-Prozess wird als Selektionsinstrument eingesetzt und entpuppte sich als Sparprogramm zu Lasten der Studierenden.

(…) An die Stelle einer der Gesellschaft und der Allgemeinheit verpflichteten demokratisch verantworteten Forschung und Lehre ist die „unternehmerische“ Hochschule getreten, die durch die Gesetze des Wettbewerbs auf dem Wissenschafts- und Ausbildungsmarkt gesteuert werden soll. Steuerzahler und Parlamente werden zu Zahlmeistern degradiert, die die Hochschulen zwar noch weit überwiegend „bezuschussen“ dürfen, aber alle wesentlichen Entscheidungen treffen Hochschulräte, die als eine Art Aufsichtsrat die „Fachaufsicht“ über die Hochschulen führen.

„Manager erobern die Kontrolle an den Unis“ schreibt unverblümt das Handelsblatt vom 12. Oktober 2007, denn die externen Mitglieder der Hochschulräte kommen weit überrepräsentiert aus Unternehmen und Unternehmensverbänden.

Auf Duckhome berichtet Jochen Hoff in „Die Krake MohnBertelsmann fasst fester zu“ über die weitere Ausbreitung des Konzerns über seine 100%-Beteiligung an Arvato u.a. auch auf webmiles, das Payback-System (geplant) und den Adressenvertrieb AZ Direct, mit den entsprechenden Implikationen für die Informationsfülle, die sich fortan in Gütersloh ansammelt.

Eine Vielzahl von kritischen Quellen und Berichte (u.a. von Heise/Telepolis), anhand derer man sich noch weiter zur Bertelsmann-Problematik informieren kann, hat auch Grilleaus Blog zusammengetragen – wem das hier also alles noch nicht reichen sollte, kann sich von weiteren Artikeln erschüttern lassen.

Ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, sich möglichst den Produkten aus dem Hause Bertelsmann zu enthalten (siehe die Liste zu Beginn) und insbesondere dem, was in dessen Medien in die Landschaft geblasen wird, nicht unbedingt zu trauen (RTL sendet beispielsweise eh nur Murks ohne Inhalt – das ist BILD mit Ton…).

Nachtrag vom 27.1.2009: Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten hat auf der Bertelsmann-kritischen Tagung wiederum einen, wie ich finde, sehr spannenden Vortrag gehalten – „Das Centrum für Hochschulentwicklung und die Hocchschulreformen“:

Mohn und mit ihm die Bertelsmann Stiftung vertreten eine Art deutschen Sonderweg in die wirtschaftsliberal globalisierte Welt, der auf eine korporatistische Unternehmenskultur setzt,

  • der den Sozialstaat als überdehnt oder gar überholt betrachtet
  • und der eine über den Wettbewerb hergestellte Effizienz als Steuerungsinstrument an die Stelle von Mitbestimmung und demokratischer Gestaltung setzen will

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Der Public Eye People’s Award 2009

public-eye-awards-logo2009Auf diese interessante Preisvergabe möchte ich Euch doch noch unbedingt hinweisen – den Public Eye People’s Award 2009, ein Gemeinschaftsprojekt der Erklärung von Bern und von Greenpeace.

Zusammen zeigen wir den Akteuren der Weltwirtschaft, dass menschen- und umweltverachtende Geschäftspraktiken Konsequenzen haben für die davon Betroffenen, aber auch für das Firmenimage. Die übelsten Unternehmen des Jahres erhalten Schmähpreise, die vorbildlichste Initiative wird mit dem Public Eye Positive Award geehrt.

HIER dürft Ihr noch bis zum 27. Januar mit abstimmen, wer „ausgezeichnet“ werden soll – die nominierten Firmen sind Nestlé, UBS, Tesco, bkw energie, Newmont Mining und BNP Parisbas. Auf der Website könnt Ihr Euch über die Hintergründe, die zu der Nominierung durch die Jury geführt haben, näher informieren. Zum Beispiel über Newmont Mining:

Die Newmont Mining Corporation im Goldrausch: Im Osten Ghanas möchte das amerikanische Bergbauunternehmen eine riesige Goldmine errichten und dabei ein einzigartiges Waldgebiet zerstören. Trotz lokaler und internationaler Proteste bleibt die Newmont Mining Corporation jedoch blind gegenüber den sozialen und ökologischen Folgen ihrer Goldgier: Wenn das Mammutprojekt realisiert wird, verlieren rund 10’000 Kleinbauern ihr Land, Tausende von Menschen werden zwangsweise umgesiedelt. Von einer angemessenen Entschädigung will der Konzern jedoch nichts wissen. Im Juli 2008, vor einer öffentlichen Anhörung zum Projekt, zahlte Newmont einflussreichen Dorfvorstehern hohe Geldsummen. Um Gold zu gewinnen, setzt der Konzern auf Zyanid. Durch diese Art des Abbaus entsteht giftiges Abfallgestein, das sowohl die Böden als auch die Flüsse massiv verschmutzt. In einem derart kontaminierten Gebiet ist es unmöglich, Landwirtschaft zu betreiben, und das in einem Land, in dem über 60% der Menschen von der Landwirtschaft leben. Auch die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Ost-Ghanas ist bedroht, wenn das geschützte Waldgebiet wie geplant zerstört wird.

Von ähnlichem Kaliber sind auch die anderen Firmenprofile, d.h. wen Ihr auch wählt, es trifft auf jeden Fall ein Unternehmen, das es sich „redlich“ verdient hat. :-) [via]

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Eine Stadt für die Menschen

Manchmal, wenn ich so durch Kiel gehe, vorbei an den komplett mit Automobilen zugestellten Straßenrändern, mich zwischen peinlichen Geländewagen hindurchquetsche und den niemals, nicht mal Nachts, enden wollenden Verkehrslärm auszublenden versuche, steigt ein wunderlicher, gar wundersamer Gedanke in mir auf: wie wäre es wohl, wenn unsere Städte nicht um die Autos herum errichtet wären? Wenn sich die Infrastruktur nicht primär danach richtete, wie man möglichst schnell von A nach B fahren kann? Wenn all das hässliche, aufdringliche Blech auf vier Rädern, das 24 Stunden nonstop das Stadtbild bestimmt, nicht da wäre und man demzufolge auch keinen „Parkraum“ benötigt? Kurz: wie sähe eine „Stadt für die Menschen“ aus? Diese Frage stellte sich unlängst auch der Stuttgart Blog – anhand eines Dokumentationsbandes über Stuttgart im letzten Jahrhundert. Bis in die 1930er Jahre hinein war die Stadt nämlich autofrei, was sich auch direkt in der Architektur niederschlug:

stuttgart-bopser_400Die Menschen haben sich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit der (in nahezu jeder Straße vorhandenen) Straßenbahn fortbewegt und das hat funktioniert. Die Räume zwischen den Häusern (heute besser als Straßen bekannt) war für die Menschen da und nicht für die Autos. Große Plätze wie z.B. der Charlottenplatz oder der Österreichische Platz waren keine stinkenden Verkehrsknotenpunkte, sondern Plätze, auf denen sich Menschen aufhielten und lebten.

Doch plötzlich kam das Auto. Irgendwann nach dem Krieg wurde das plötzlich modern, dass sich jeder mit seinem eigenen Fahrzeug fortbewegen kann. Obwohl wir heute wissen, dass diese extrem teure, laute, gefährliche, antiquierte Form des Individualverkehrs die Luft verpestet und die Lebensqualität enorm einschränkt, ist die Stadt seit dem Durchbruch dieser „Technologie“ vollkommen auf das Auto fixiert. Menschen werden an den Straßenrand bzw. auf die wenigen verbleibenden und somit völlig überlaufenen Fußgängerzonen verbannt. Ist die Zeit denn nicht reif für eine Art Rückbesinnung bzw einen weiteren Schritt, was den Personenverkehr in der Stadt betrifft?

(…) Natürlich muss es ausgereifte Alternativkonzepte geben, und ich bin mir sicher, dass sich in diesem Bereich schon viel getan hätte, wenn die Autoindustrie keine so bedeutende Rolle in Politik und Wirtschaft inne hätte, um die Existenz dieser eigentlich antiquierten Verkehrsform aufrecht zu erhalten.

Tja, doch die Realität sieht leider anders aus. Das jüngst „geschnürte“ Konjunkturpaket II enthält weitere Maßnahmen zur Stützung und Stärkung dieser Fetischindustrie – die Vorstellung, dass die dort genannte Abwrackprämie für Altautos z.B. nur dann gezahlt werden würde, wenn man sein Auto ganz abschafft (und nicht einen Neuwagen kauft), ist in diesen Zeiten, bei dieser Regierung, natürlich illusorisch, wenn nicht gar ketzerisch. (Die Frankfurter Rundschau schlug kürzlich ein ausgewogeneres Konjunkturpaket vor, nämlich ein „Programm für wahrhaft Bedürftige“.)

Übrigens gibt es tatsächlich Orte auf der Welt, wo der Rückbau von Straßen/Autobahnen keine Utopie, sondern Realität ist – nämlich in Seoul. In „Es gibt keine Zukunft ohne Umwelt“ beschreibt Prof. Hermann Knoflacher, dass dem Autoverkehr nicht überall alles geopfert wird (siehe dazu auch seinen Artikel „Der Einfluss des Autos auf die Stadt“):

Der jüngst gewählte Präsident von Südkorea hat die Zeichen der Zeit schon vor Jahren erkannt, als er noch Bürgermeister von Seoul war. Die 5,8 km lange Autobahn mitten durch die Stadt hätte saniert werden müssen. Er entschied sich, der Stadt wieder Leben zu schenken und die lokale Wirtschaft zu unterstützen. Die Autobahn war nicht die Lebensader der lokalen Wirtschaft, sondern strangulierte diese. Also wurde beschlossen, sie um der Zukunft willen abzureißen.

(…) Unsere Politiker, die der Bevölkerung neue Fahrbahnen versprechen, merken wahrscheinlich gar nicht, dass sie damit den Menschen die Türen in die Zukunft verbauen. Wer diese Politiker wählt, darf sich nicht wundern, wenn er und seine Kinder immer weniger Freiheit und Chancen im Leben haben werden.

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„Notleidende Banken“ zum Unwort des Jahres 2008 gewählt

Da hat die alljährlich tagende unabhängige Jury von Journalisten und Sprachwissenschaftlern genau das richtige Un-Wort 2008 erkoren: „Notleidende Banken“. Ein Begriff, der die Realität verdreht und verharmlost. Denn notleidend sind nicht die „armen“ Banken, sondern allenfalls die etwaig gefeuerten Mitarbeiter. Und betroffen sind die Kunden, die um ihre Einlagen gebracht wurden. Und die Gesellschaft als Ganzes, die nun für die Unfähigkeit dieser Branche bürgen muss und all die Jahre zuvor auch schon unter den absurden Renditevorgaben der Finanzinstitute zu leiden hatte. Schließlich arbeitet Geld (entgegen den Reklamesprüchen) nicht – andere Menschen/Firmen = wir alle müssen arbeiten und immer noch eine Schippe drauflegen, damit sich das angelegte Geld vermehrt und die Banken ihre Ausschüttungen vornehmen können. Und nun soll das Casino ja mit Hilfe des Staates unverändert fortgeführt werden. Schönen Dank. („Notleidende Kredite“ halte ich übrigens für noch unwortiger…)

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