Feb
14
2010
3

Surftipp: Utopia Watchblog

baum-asteAls vor längerer Zeit auf das Utopia-Portal stieß, fand ich die Grundidee, nämlich Menschen mit kritischem Bewusstsein und ökologischer Grundeinstellung zusammenzuführen, ihnen eine Web 2.0-Plattform zu bieten, auf der sie sich austauschen könnten, wo man über Sünden von Konzernen, aber auch positive Beispiele erfahren sollte, eigentlich prima. Wurde ja auch Zeit, dass die wachsende Zahl kritisch-politischer Konsumenten sich auf diese Weise vernetzt. Obwohl ich mich gleich angemeldet hatte, ließ meine Utopia-Aktivität durchaus zu wünschen übrig und diese Community geriet bei mir wieder ein wenig in Vergessenheit – allerdings nicht sehr lange, denn alsbald erreichten mich die E-Mail-Newsletter, in denen immer öfter unglaubliche Kooperationen mit Konzernen wie Schummelstromanbieter Entega (gehört teilweise zu E.ON!) oder der Deutschen Telekom bejubelt wurden und der Fokus also ganz eindeutig vermehrt auf die krampfhafte Begrünung des Konsums gelegt wurde. Hier ging es mitnichten mehr um wirkliche Änderungen der Strukturen, die die ganzen Msisstände zwangsläufig produzieren, sondern nur ums Beruhigen des Gewissens und darum, auch Großkonzernen die Gelegenheit zu geben, sich grünzuwaschen. Natürlich gibt es nachwievor auch viele gute Ideen und Projekte dort zu finden, das ist klar, nur ist mir persönlich das Ganze inzwischen doch vom ganzen Drumherum her zu LOHAS-esk.

Dass ich mit meiner kritischen Meinung nicht alleine dastehe, zeigen nicht nur diverse Diskussionen in der Blogosphäre, sondern auch der Utopia Watchblog von Andre Henze, den ich Euch als heutigen Surftipp empfehlen möchte. In seinem Blog befasst er sich mit  den vielen Dingen, die bei Utopia inzwischen komplett schief laufen und zeigt auf, wo die Widersprüche dieser Community liegen und wie sich das dahinterstehende Unternehmen (die Utopia AG (!)) unangemessen aufführt, wenn es um Kritik an ihrer Firmenpolitik geht.

So wird in „Da freut sich der Ökokapitalist“ das Utopia-Top 10-Ranking der „10 größten Abnehmer von Bio-Baumwolle“ seziert und deutlich gemacht, dass viele der Konzerne, die dort auftauchen, vielleicht beim Anbau der Baumwolle etwas weniger zerstören, als bei rein industriellem Baumwollanbau, aber hinterher wird das meiste dann doch mit ordentlich Chemie zugekleistert, und faire Arbeitsbedingungen o.ä. sind gar nicht erst in dieses dubiose Ranking eingeflossen (aus gutem Grund, man will ja keine potentiellen Werbepartner verprellen (sag ich mal so frech)):

(…) Wal-Mart, laut utopistischer Bestenliste auf Platz 1. der Biobaumwoll-Käufer, bezahlt z.B. keine Überstunden und sackt so »hunderte von Millionen Dollar jährlich« zusätzlich ein. Mithin hat man sich nach Sammelklagen auf einen 650-Millionen-Dollar-Vergleich eingelassen, aus Angst das mit dem diesjährigen Regierungswechsel alles noch teurer für den Ausbeuter werden könnte.
Von den 6000 Angestellten arbeiten 4800 in chinesischen Zulieferbetrieben, unter gefängnisähnliche Bedingungen.
Neuigkeiten über Wal-Mart lassen sich bei Labour-Net nachlesen.

C&A, der Zweitplatzierte, ist auch kein Saubermann. »Ausbeutung, sexuelle Belästigung und andere Missstände in Zulieferbetrieben« heißt es zusammenfassend im Neuen Schwarzbuch Markenfirmen und wird im Buch im Detail ausgeführt.

Der dritte im Utopia-Ranking, Nike, hat dermaßen viel Dreck am Stecken, dass gleich mehrere Organisationen ein Auge auf den Konzern haben. Als Einstieg darf der Abschnitt »Kritik« bei Wikipedia gelten.
Natürlich versucht Nike sich reinzuwaschen und hat sich u.a. bei der Initiative The Girl Effect eingekauft. Eine Replik auf die Ernsthaftigkeit derartiger Avancen kannst Du im Nike-Watch-Blog von Oxfam lesen Nike loves girls? Realy?.
(Derweil muss ich Verluste feststellen, www.sweatshopwatch.org scheint offline gegangen zu sein. Nach dem, noch existenten My-Space Profil zu urteilen, sogar schon vor zwei Jahren!)
Dass Nike nur handelt, wenn man der Firma ordentlich den Hintern versohlt und die Handlung dann weit hinter dem Erwarteten und Notwendigem zurückbleibt, kannst Du bei Fashioncheck im Nike-Artikel im Abschnitt »Violations of labour rights and public conflicts« nachlesen.

H&M beutet aus, billigt Missstände und engagiert sich mit Lippenbekenntnis. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man die kurzen Beiträge Kritik und Kontroversen auf Wikipedia ließt und mit dem Neuen Schwarzbuch Markenfirmen abgleicht. Eigentlich ist man schon gewillt sich zu bessern, bloß kosten darf es nichts. Das scheinheilige Marketing arbeitet schneller als die Produktion. Man wird bei vielen Organisationen Mitglied, nur die Lebensumstände z.B. der ArbeiterInnen in China wollen sich einfach nicht bessern.
Noch 2007 berichtete ein Schwedischer Fernsehsender darüber wie Hennes & Mauritz von Kinderarbeit profitiert.
Der Artikel Bekleidung hautnah (auf OneWorld, etwa aus dem Jahr 2006) beschreibt die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Bangladesch recht eindrücklich, und dürfte leider weitestgehend aktuell sein. (…)

Schon allein das Auftauchen von Konzernen wie Nike oder Wal-Mart auf so einer Liste, die dem unbedarften Betrachter ja vermutlich schon suggerieren soll, dass hier „irgendwie ökologisch korrekte Klamotten“ angeboten werden, führt das Ganze natürlich ad absurdum.

Schade, dass der Utopia-Watchblog keinen RSS-Feed besitzt, das würde es noch etwas bequemer machen, dort regelmäßig vorbeizuschauen, denn das scharfe Auge des Autors ist, wie man an obigem Beitrag schon sieht, nicht nur auf Utopias Gebaren gerichtet, sondern auch auf viele andere Fehlentwicklungen in der globalisierten Wirtschafts- und Konsumwelt.

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Aug
02
2009
5

Brennpunkt billig – Ausbeutung zum Schnäppchenpreis

cir-adbust-flyer-06-11Es ist ja schon eine Weile her, dass ich etwas zu dem schä(n)dlichen Treiben der Discounter geschrieben habe – heute erscheint es mir angebracht, dieses Thema mal wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Denn die Christliche Initiativ Romero e.V., die „Partei ergreift für die Menschen und Organisationen, die (z.B.) in Mittelamerika ihre Gesellschaft gerechter und zukunftsfähiger gestalten wollen“, hat ein neues Faltblatt namens „Brennpunkt billig – Ausbeutung zum Schnäppchepreis“ herausgebracht, in dem es um die schlimmen Arbeitsbedingungen in den Fabriken geht, die für Aldi, Lidl und Deichmann deren Billigbilligbillig-Waren herstellen. Jeder, der tatsächlich immer noch in diesen Läden einkauft, sollte sich den Flyer einmal herunterladen (hier als pdf), durchlesen und anschließend noch mal in sich gehen und darüber nachdenken, wen und welche Geschäftspraktiken er oder sie mit seinem/ihren Geld da unterstützt… (dazu empfehle ich wie üblich auch meine beide Discount-Grundsatzartikel „Profite auf Kosten der Allgemeinheit Teil 1“ und Teil 2)

Schnell noch bei Aldi oder Lidl einen Pullover und einen Schlafanzug in den Einkaufskorb? Keine Frage: Die Angebote sind meist verlockend, und jedE zweitE deutschE KonsumentIn greift deshalb auch beherzt zu. Die Billigtempel in Deutschland boomen: Angeheizt durch die Verarmungsprozesse im Zuge der weltweiten Finanzkrise und der Wirtschaftrezession seit 2008.
Allerdings geht die Billigproduktion zu einem großen Teil auf Kosten der ArbeiterInnen in den asiatischen, osteuropäischen und mittelamerikanischen Zulieferbetrieben, die unter miserablen Bedingungen arbeiten müssen.
Eine Näherin in Bangladesch beschreibt diese menschenunwürdigen Zustände, die in ihrer Fabrik an der Tagesordnung sind, denn auch mit den Worten: „Sie sagen Dinge, die ich nicht vor Ihnen wiederholen will. Du fühlst dich so schmutzig, dass du die Arbeit aufgeben möchtest.“

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Dazu passt dann auch noch diese erschreckende Meldung, die ich vor einiger Zeit im sum1-Blog gefunden habe – „H&M-Fabriken brennen in Bangladesh“:

(…) Ja da werden Textilarbeiter/innen erschossen die etwa unsere Klamotten für H&M schneidern. Echt? Wo denn? Na da wo die meisten hergestellt werden, in Bangladesh (neben China, Indien etc.). Einfach mal aufs Etikett schauen bei H&M-Klamotten, das steht oft “Made in Bangladesh”.

Nachdem nun also “wegen der Finanzkrise” Menschen entlassen, Löhne gekürzt oder gar nicht erst bezahlt wurden ist die Situation in Bangladesh erneut eskaliert, da gibt es nämlich permanent Hungerrevolten und Ausschreitungen, einfach mal nach Bangladesh riots in Google.com suchen. (…)

(…) Wenn Du also einen H&M Pulli trägst denk dran, dafür hungern und sterben Leute.

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Apr
16
2009
2

Interessante Fragen – Bela B., Lidl, Aldi, Cola Light

yellow_signs_3Ich finde es immer wieder spannend, zu sehen, auf Grund welcher Suchbegriffe/Fragen so mancher Besucher auf meinen Blog stößt – und einige dieser Fragen will ich hier jetzt einfach mal direkt beantworten, um die Suche nach Informationen zukünftig zu verkürzen.

bela b. werbung h&m

Seit einiger Zeit kommen auffällig viele Besucher via Google auf meinen Artikel über Tobi Schlegls Buch „Zu spät“ (in dem er Bela B. von der Band Die Ärzte interviewt), die obige Suchbegriffe eingegeben haben. Das hat mich stutzig gemacht – sollte Bela B., der doch in Schlegls Buch noch derart auf nachhaltige Entwicklung und so setzte, wirklich für H&M und damit für unter oft dubiosen Bedingungen hergestellte Massenmode Reklame machen? Tatsächlich – an der Bushaltestelle bei mir um die Ecke prangt so ein Plakat, und der Typ darauf sieht irgendwie Bela B. recht ähnlich. Doch eine weitere Recherche ergibt – es handelt sich dabei um den exzentrischen amerikanischen Schauspieler Vincent Gallo. Wäre das auch geklärt. Und ich bin irgendwie beruhigt, dass Bela B. nicht „umgefallen“ ist.

wieso verdrängen Lidl&co Mitarbeiter die eigene Ausbeutung?

Eine sehr interessante Frage – ich vermute mal, dass viele Mitarbeiter dies zähneknirschend ertragen, weil sie ganz einfach auf das Geld angewiesen sind. Die Discountmilliardäre nutzen die Notlage vieler Menschen halt schamlos aus…

was hat Aldi mit nachhaltigkeit zu tun?

Einfache Antwort: absolut nichts! :-) Discounter sind das Gegenteil von Nachhaltigkeit, auch wenn inzwischen ein paar Biowaren im Sortiment auftauchen – es geht bei diesem Geschäftsmodell letztlich nur um den schnellen, maximalen Warendurchsatz und die Verdrängung anderer Anbieter, koste es die Umwelt & die Gesellschaft, was es wolle. Zu den üblen Folgen des Discountwahns für uns alle habe ich in meinem Blog ja nun schon oft genug berichtet.

cola light mastmittel?

Ja, in der Tat, die künstlichen Süßstoffe, der in Cola Light und ähnlichen Getränken verwendet werden, die ja angeblich die schlanke Linie fördern sollen, werden auch in der Schweinemast zum schnellen Aufpäppeln der armen Tiere eingesetzt (siehe auch hier).

Abwrackprämie Nachhaltigkeit

Diese Frage ist eben grad eingetrudelt – nein, auch die Abwrackprämie ist nicht nachhaltig, trotz des von der Politik ausgegebenen euphemistischen Namens „Umweltprämie“. Die Vernichtung von funktionsfähigen Sachwerten ist nicht besonders clever, und die Produktion eines Neuwagens kostet soviel Energie und belastet die Umwelt so stark, dass man mit diesem neuen Wagen erst einmal jahrelang fahren muss, um das wieder reinzuholen, selbst wenn das neue Auto 1 oder 2 Liter pro 100 km weniger verbrauchen sollte. Leute, die nur wenig fahren, werden diesen Rucksack an Umweltbelastung durch die Produktion vermutlich nie wieder reinholen. Das Ganze ist nichts weiter als eine Subventionierung der Autobranche aus Steuermitteln und ein Versuch, sich bei den Wählern einzuschleimen. Also sehr erbärmlich! (Siehe auch hier.)

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Nov
25
2008
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Werbung gegen Realität, Teil 4: H&M

Der SWR sendete letzte Woche in ihrem TV-Magazin Report Mainz einen interessanten Beitrag über das schwedische Modehaus H&M – „Ausgebeutet für deutsche Billigmode?”. Denn obwohl H&M sich in Imagekampagnen als besonders sauber hinstellen (mal abgesehen davon, dass die Firma in ihrer Reklame ein sehr krankes, da besonders dürres Frauenideal transportiert), basiert doch immer noch vieles von ihrem Angebot auf der Ausbeutung von Arbeitnehmern in armen Ländern. D.h., damit unsereins sich schön billige Mode von der Stange kaufen kann, müssen anderswo schlimme Arbeitsbedingungen hingenommen werden. Mittlerweile ist man ja auch von den ganzen günstigen Angeboten der großen Ketten soweit „verdorben”, dass man Preise von 2 oder 3 Euro für ein T-Shirt für normal und angemessen hält und zurückzuckt, wenn man mal ein Hemd aus Fairtrade-Produktion sieht, das beispielsweise 15 oder 20 Euro kostet – was ja einem realeren Preis bei fairen Bedingungen und ökologischem Rohstoffanbau entspricht. Gerade die Discounter, allen voran KiK und die 1€-Läden, betreiben die Preisdrückerei offensiv als Geschäftsmodell und setzen damit die Arbeiter in den ärmeren Ländern der Welt weiter unter Druck. Die großen, weltweit operierenden Modekonzerne machen sich dies zunutze und sorgen für einen Preiskrieg in den Produktionsländern – sollte es mal in einem Land zu Lohnsteigerungen kommen, drohen die Firmen einfach damit, in eine benachbarte Region abzuwandern, die „unternehmerfreundlicher“ ist, also sich noch weniger um Menschen- und Arbeitsrechte kümmert. Dies ist die hässliche Seite der Globalisierung – eine Seite, die die Modefirmen in ihrer Reklame und Außendarstellung natürlich bewusst überspielen.

Mit verbindlichen Richtlinien will das schwedische Modeunternehmen H&M sicher stellen, dass ihre Produkte unter guten Arbeitsverhältnissen hergestellt werden. Doch die Wahrheit sieht leider anders aus, wie wir herausgefunden haben.

EDIT: Das Video ist zum Glück derweil auch bei YouTube verfügbar, nachdem es (12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei „Dank”) aus der ARD-Mediathek entfernt werden musste:

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