Kategorie: Politik Seite 23 von 27

Kreative Buchführung von Banken und Regierungen

Buchführung ist für die meisten von uns sicher eine langweilige, staubtrockene und extrem schematische Angelegenheit, die man am besten einem Programm oder einem Steuerberater überlässt. Es gibt jedoch auch Menschen, die blühen beim Thema Buchführung erst so richtig auf und entwickeln dort ungeahnte Kreativität. Solche Leute findet man vornehmlich in der Politik und in den Banken und sonstigen großen Unternehmen, in denen „kreative Buchführung“ fast schon wichtiger wird als das Geschäft. Kann man doch mit passend hingebogenen Zahlen beispielsweise Aktionäre und die Börse beeindrucken und somit den eigenen Aktienkurs schön nach oben manipulieren. In der Politik werden statistische Kniffe schon seit jeher angewendet, beispielsweise um die Arbeitslosenzahlen „kreativ“ immer weiter sinken zu lassen, obwohl die Zahl derjenigen, die einen sicheren und gutbezahlten Job haben, immer weiter abnimmt. So wird aus einem tatsächlichen Reallohnverlust in den letzten Jahren ein toller Aufschwung herbeigeredet und medial entsprechend bejubelt usw. usf.

kramer-so-lugt-man-mit-statistik-kl(Viele Informationen über die Realität hinter den geschönten Zahlen findet man jeden Tag z.B,. im Blog Wirtschaftsquerschuss. Ein Lesetipp ist bei der Gelegenheit auch das großartige Buch „So lügt man mit Statistik“ von Walter Krämer, bei dessen Lektüre man trotz des vermeintlich trockenen Sujets nicht nur bestens unterhalten wird, sondern viel darüber lernt, was so in den Medien an Zahlenspielereien und -tricksereien getrieben wird. Sehr erhellend! Übrigens wurde mir dieses Werk damals in der Uni von einem VWL-Professor empfohlen, der seine Studenten zu einer entsprechend kritischen Haltung gegenüber Statistiken anregen wollte. Solche Anwandlungen von Aufklärung waren ansonsten im Studium leider Mangelware…)

Entgegen den vollmundigen Ankündigungen der Politiker, als Folge der „Finanzkrise“ nun endlich Transparenz im Finanzsystem einzuführen, wurden die Regelungen für die Bilanzierung bei Banken vor gar nicht so langer Zeit so zu Gunsten der Finanzinstitute verändert, dass sie nun ihre Quartalszahlen (und das waren in der Regel fette Verluste) so hindrehen können, dass sie mit einem Mal als strahlende Gewinne dastehen. Wer sich also über die unerklärliche Rallye an den Börsen gewundert haben sollte, hat nun eine Erklärung für den Unsinn, der an den Finanzmärkten so abgeht. Dies beschreibt Ralf Streck auf Telepolis in „Wie Banken ‚positive‘ Quartalsergebnisse herbeirechnen“ sehr zutreffend so:

Verluste werden in die Zukunft ausgelagert und ein Gewinn über neue Bilanzierungsregeln herbeigerechnet

Die Börsianer jubilieren wieder und der US-Präsident Barack Obama macht Zeichen aus, dass das Tal der Tränen durchschritten sein könnte. Unter den “Hoffnungsschimmern” dürfte Obama auch die Quartalsergebnisse von US-Banken wie Goldmann Sachs, JP Morgan und Wells Fargo im Blick gehabt haben. Sie haben alle nun schnell “positive” Quartalsergebnisse vermeldet. Goldmann Sachs soll zum Beispiel mitten in der tiefen Rezession 1,66 Milliarden US-Dollar an Gewinn gemacht haben, doppelt so viel als erwartet worden war.

Doch schaut man sich den angeblichen Gewinn etwas genauer an, dann bleibt im Fall von Goldmann Sachs eigentlich nichts übrig. So wurden Verluste von einer Milliarde Dollar, die in dem Institut im Dezember angefallen sind, schlicht in keinen Quartalsbericht aufgenommen. Der Trick liegt darin, dass die Berichtsperiode umgestellt wurde. Endete das vierte Quartal wie gewöhnlich im November, begann der neue Berichtszeitraum im Januar, womit der Dezemberverlust in einer Berichtslücke verschwunden ist.

(…) Ob es sich also bei solch aufgehübschten Zahlen um Lichter am Ende des Tunnels handelt, darf bezweifelt werden. Jedenfalls können, weil Vergleichbarkeit kaum gegeben ist, solche Zahlen nicht benutzt werden, um ein Ende der Bankenkrise herbeizufabulieren. Derlei Lichter könnten sich schnell als die Lampen eines entgegenkommenden Zugs auf Kollisionskurs entpuppen, wie andere Zahlen nahe legen.

wirtschaftsquerschuss-0-1-a-arb14001In die gleiche Kerbe schlägt auch Artur-P. Schmid auf MMNews – „USA: Statistik-Wunderland“:

Aus Schrumpfung wird Wachstum. Verluste werden Gewinne. Fast täglich neue Statistikwunder aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch die Beschleunigung des Niedergangs der US-Ökonomie vollzog sich viel schneller, als die Statistiken manipuliert werden konnten.

Das Szenario des totalen Finanz-Armageddons ist weit weniger weit entfernt, als manche Marktteilnehmer glauben, besonders diejenigen, die sich immer wieder von den Zentralbankstern und Bankstern einseifen lassen. Die Lügen sind mittlerweile so eklatant, dass selbst die Inflation kurzerhand mit Null angegeben wird.

(…) Anstatt offen von einer Depression zu sprechen, wird von einer Rezession gesprochen, die bereits Ende 2009 überwunden werden kann. Sogar die Deflation ist bei den Buchhaltungstricks der Zentralbankern ein willkommenes Manipulationsgeschenk.

Der Rechentrick: Je geringer die Inflationserwartungen sind, die eingerechnet werden, desto höher fällt das US-Bruttosozialprodukt aus.

Wohl dem, der nur an die Statistiken glauben kann, die er selbst gefälscht hat.

Verwandte Beiträge:

Aufstehen für ein freies Internet – Mahnwache am morgigen Freitag in Berlin

http_Diesem Aufruf des Chaos Computer Clubs sowie von Netzpolitik gegen die unselige Internetzensur-Entscheidung der Bundesregierung schließe ich mich gerne an – die Mediendemokratie steht wieder einmal auf dem Spiel. Man sollte den Verantwortlichen für das neue Gesetz zumindest zeigen, dass sie damit auf Widerstand stoßen und nicht alles klaglos hingenommen wird, was in der Politik so ausgebrütet wird. Also alle in und um Berlin morgen früh aufstehen!

Am Freitag Vormittag machen die Internetausdrucker Ernst: Der erste deutsche Zensurvertrag soll unter Dach und Fach gebracht werden. Wir wollen dabei und präsent sein, wenn die größten deutschen Internetprovider händchenhaltend mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen den Vertrag unterzeichnen werden, mit dem sie sich ohne jegliche gesetzliche Grundlage verpflichten, unliebsame Inhalte nach Gutdünken des Bundeskriminalamtes (BKA) zu sperren und zu filtern.

Die Internetanbieter werden dabei knallhart erpresst: Um nicht in einem Atemzug mit Kinderschändern erwähnt zu werden, sollen sie am offenen Verstoß gegen das Grundgesetz mitwirken. Dabei soll es vorerst nur um die Erschwerung des Zugangs zu strafbaren Inhalten gehen. Zur Erweiterung des Systems auf die Zensur beliebiger anderer Webseiten ist lediglich eine Anpassung der Filterliste notwendig.

Jeder weiß, dass Kindesmissbrauch mit den geplanten Geheimlisten nicht bekämpft werden kann. Auch die Verbreitung von Bildern und Filmen missbrauchter Kinder ließe sich einfacher verhindern: Ginge es ihr wirklich darum, könnte Zensursula die Betreiber der Server mit den Mitteln des Rechtsstaats belangen. Die Strafverfolgungsbehörden könnten die Anbieter und Produzenten zwar effektiv verfolgen, tun es aber nicht. Denn eine bessere Ausstattung und mehr Zusammenarbeit der Ermittler sind nicht geplant. Damit entsteht erst der angeblich rechtsfreie Raum, von dem die Internetausdrucker so gern reden. Deswegen:

Wer keine Lust mehr hat auf die dreisten Lügen, wer was dagegen hat, dass Zensursula mit dem BKA geheime Sperrlisten ohne jegliche Gesetzesgrundlage vereinbart, wer offenen Verfassungsbruch nicht toleriert, wer ein unzensiertes Internet genauso wichtig findet wie wir, der nimmt seinen Hund, seine Kinder und alle seine Freunde und Kollegen am Freitag, dem 17. April 2009, mit zum Reichstagsufer am S-Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte.

Wir wissen, dass 9 Uhr eine Herausforderung ist, aber die Devise lautet: Aufstehn für ein freies Internet!

Wann?

  • Am Freitag, den 17. April 2009
  • Zwischen 9 Uhr und 9:30 Uhr

Wo?

  • Vor dem Presse- & Besucherzentrum der Bundesregierung
  • Reichstagsufer 14 | U- und S-Bhf. Berlin-Friedrichstraße
  • [Externer Link]Karte

Verwandte Beiträge:

Lesetipps: Schaeffler, die Krise und die deutsche Wut

Damit Euch in der Vorbereitung auf Ostern bzw. am heutigen Karfreitag nicht gar zu langweilig wird, habe ich heute drei Leseempfehlungen parat – Artikel, die ich jüngst im Netz gefunden habe und die ich für so interessant halte, dass ich sie unbedingt auch hier vorstellen möchte.

988277_retro_tv

© miamiamia, stpck.xchng

Zuvorderst ist das der ausgesprochen großartige Beitrag „Ist Hopfen und Malz schon verloren? Die Abwesenheit von kritischem Verstand und das Versagen der Medien ist zum Verzweifeln“ von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten, in dem er eine schonungslose und ernüchternde Analyse des Krisenmanagements und der einlullenden Medienberichterstattung sowie der Leichtgläubigkeit vieler Mitbürger wagt. Es lohnt sich, diesen Artikel komplett durchzulesen, trotz der beachtlichen Länge.

In der Debatte um die Wirtschafts- und Finanzkrise zeigt sich eine erstaunliche Bereitschaft zur Anpassung an gängige Denkmuster. Wenn die politische Führung und die Hauptmedien die gleichen Parolen verkünden und Denkmuster anbieten, dann wird das auch in breiten Kreisen geglaubt, selbst dann, wenn an jeder Ecke Zweifelhaftes sichtbar ist. Im Bericht des NachDenkSeiten-Lesers ist von Nachplappern und Gleichschaltung die Rede. Das entspricht auch meiner Beobachtung.

Im Bericht wird auch die trotzige Reaktion auf Zweifel und Kritik beschrieben. Auch das entspricht meiner Erfahrung. Man will sich ungern die gerade angelernten Erklärungen aus der Hand nehmen lassen.

Vermutlich spielt bei der bereitwilligen Konzentration auf die angebotenen Denkmuster auch eine Rolle, dass man sich in kritischen Situationen gerne mit der Mehrheit um die Führung versammelt.

Diese Neigung wird zunehmend zu einem großen Problem: Die demokratische Kontrolle setzt aus, es gibt keine Sanktionen mehr auf Fehler, selbst auf schlimmes Versagen nicht. Das hat viel mit der Ausbreitung von Public Relations-Agenturen und ihrem Einfluss auf die Medien zu tun.

Die Medien beschäftigen sich nahezu nicht mit dem kriminellen Charakter vieler Finanzgeschäfte.
Wer faule Forderungen verpackt und sie als Wertpapiere weiterverkauft, ist aus meiner Sicht ein Betrüger. Diese Ansicht wird auch von Fachleuten geteilt. Wer solche Wertpapiere kauft, wie die IKB, ist ein Hehler. Dieser kriminelle Charakter der Hintergründe und Ursachen der Finanzkrise wird von den Medien nicht recherchiert und auch von der Wissenschaft mit Ausnahme einiger weniger Fachleute nicht hinterfragt.

Also unbedingt weiterlesen! Ebenfalls spannend und zum eben genannten Thema passend, wenn auch (natürlich) deutlich staatstragender: Die FAZ fragt sich „Finanzkrise: Wohin nur mit unserer Wut?“:

Die Isländer jagen ihre Regierung fort, die Franzosen nehmen Manager in Geiselhaft. Briten hauen in London auf den Putz. Und die Deutschen? Sie delegieren die eher kleineren Demonstrationen auf das klassische Protestpersonal aus Ökos, Antiglobalisten und Gewerkschaftern. Außerdem kaufen sie 1,2 Millionen subventionierte Autos. (…)

(…) Eine Erklärung dafür, dass die Deutschen ihr eigenes System für unschuldig halten, liegt in der ziemlich deutschen Tradition, die Wirtschaft zweizuteilen. Noch heute wird sie in der Wortwahl für den Industriesektor deutlich. Er repräsentiert die “reale Wirtschaft”. In ihr bauen Menschen prima Maschinen und Autos, verkaufen sie in die ganze Welt und teilen die Erlöse einigermaßen fair zwischen Unternehmern und Arbeitern. In der anderen Welt regieren Kredit, Zins, schlaue Köpfe, die komplizierte Wertpapiere erfinden und gewaltige Gehälter einstreichen.

Die Zweiteilung ist mit handfesten Werturteilen verbunden. Die reale Wirtschaft wird mit Attributen wie Anständigkeit, Sorgfalt und Sparsamkeit versehen. Die Finanzwelt dagegen gilt als parasitär. Sie saugt die produzierende Welt aus. (…)

Und apropos Wirtschaft – wer erinnert sich nicht noch an die Krokodilstränen der Frau Schaeffler, die staatliche Hilfe für ihr angeschlagenes Unternehmen haben möchte. Tatsächlich gehört diese Firma aber zu den Kriegsgewinnlern und hat, ähnlich wie z.B. Deutsche Bank, BASF, Dresdner Bank oder Krupp von der Zusammenarbeit mit den Nazis während des 2. Weltkriegs und den Enteignungen der Juden massiv profitiert. Im NPD-Blog wird dieses Thema aktuell aufgegriffen: „Vom Ursprung deutschen Reichtums: Die Schaeffler AG“ (siehe auch bei German Foreign Policy):

Berichte über ein NS-Lager im ehemaligen deutschen Katscher (heute Kietrz/Südpolen) haben nach einem Bericht von German-Foreign-Policy.com neue Erkenntnisse über die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe geliefert. Wie aus den Berichten hervorgehe, bediente sich die damalige Schaeffler AG in den letzten Kriegsjahren der Arbeitskraft von Gefangenen, die im “Polenlager Nr. 92″ in Katscher interniert waren.

(…) Die NS-Vergangenheit der Schaeffler Gruppe, die ihre Gründung offiziell immer noch auf das Jahr 1946 datiere, sei mittlerweile in Umrissen bekannt. Demnach übernahm Wilhelm Schaeffler 1940 im damals schlesischen Katscher (heute: Kietrz/Südpolen) eine Textilfabrik, deren jüdischer Vorbesitzer im Jahr 1933 hatte fliehen müssen. Schaeffler stieg den Angaben zufolge bald in die Rüstungsproduktion ein und verdiente Geld mit der Produktion für die Wehrmacht und den deutschen Vernichtungskrieg in Osteuropa.

Verwandte Beiträge:

Global Change 2009

Kleine, professionell gestaltete und unterhaltsam dargebotene Filme, die sich mit den aktuellen Problemen unserer Gesellschaft und der Wirtschaft befassen, liegen derzeit offenbar voll im Trend (man denke an „The Story of Stuff“ oder „Unsere kleine Welt“). Vor ein paar Tagen ist nun ein neuer Kurzfilm erschienen, der seine Kreise in den Weiten des Internets zieht – er stammt vom erst jüngst gegründeten Verein Global Change 2009, die sich ein hehres und recht aufgeblasen klingendes Ziel gesetzt haben:

Wir wollen den Menschen aus der Warum – Frage heraus Denkanstöße geben, wie wir einen erfolgreichen Weg in ein goldenes Zeitalter finden können.

Der dazugehörige Film soll Lösungswege aus der Krise und dem derzeitigen Wirtschaftssystem, dem von den Autoren sog. „Kapitalsozialismus“ aufzeigen. Ich will ihn hier einfach mal zur Diskussion stellen – was natürlich nicht heißen soll, dass ich etwa mit allem, was da gezeigt wird, überein stimme, sicher nicht, zumal so manche Behauptung, die in dem Film auftaucht, für mein Empfinden etwas sehr locker als Fakt/Naturgesetz hingestellt (z.B. das mit der „unsichtbaren Hand des Marktes“, dem „Eigennutz“, der „Förderung der Leistungsbereitschaft“ oder gar die sehr forsche Behauptung mit „ewigem Frieden“) oder sehr pathetisch bzw. naiv präsentiert wird. Aber ich finde, es kann niemals schaden, sich über die immensen Probleme, vor denen wir stehen, aus verschiedenen Perspektiven Gedanken zu machen. Eine einfache, allein seligmachende Lösung wird es eh nicht geben können. Gut gefallen mir auf jeden Fall die Einlassungen zu den Marktmonopolen, die ich hier im Blog ja auch des öfteren beklage (also Firmen mit übergroßer Marktmacht, wie die Discounter, Energiekonzerne etc.), und das bedingungslose Grundeinkommen halte ich auch für ein durchaus überlegenswertes Konzept.

Edit: Ich empfehle auf jeden Fall hier in den Kommentaren zu dem Film sich einmal den kritischen Beitrag von „Mitleser“ anzuschauen, der doch einiges von dem realativiert, was einem die Macher des Films als Lösung verkaufen wollen.


Global Change 2009 from Global Change 2009 e.V. on Vimeo.

(Übrigens sorry, dass ich schon wieder einen Film poste, aber ich habe gerade ziemlich viel zu tun – demnächst dann wieder mehr originärer Text.)

Verwandte Beiträge:

Buchbesprechung: Robert W. McChesney, John Nichols „Unsere Medien? Demokratie und Medienkonzerne in den USA“

mcchesney-nichols-unsere-medienNicht immer muss ein Buch dick und schwer sein (wie z.B. Naomi Kleins Bestseller „No Logo!“ oder „Das neue Schwarzbuch Markenfirmen“) um zu beeindrucken. Schlank und elegant kommt beispielsweise „Unsere Medien? Demokratie und Medienkonzerne in den USA“ von Robert McChesney, John Nichols u.a. daher, veröffentlicht in der Open Media-Reihe des Verlags Schwarzerfreitag aus Berlin. Die Open Media-Reihe wurde ursprünglich Anfang der 90er Jahre in Amerika ins Leben gerufen, als Opposition zum ersten Golfkrieg, und konnte bislang auch Autoren wie Noam Chomsky (der auch zu diesem Buch einen Kommentar beisteuert) gewinnen.

Der Titel macht bereits klar, worum es den beiden Autoren in ihrem Buch geht – sie wollen eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Entwicklung des Mediensektors in den USA bieten, die so oder in ähnlicher Form mittlerweile auch weltweit zu beobachten ist. Innerhalb weniger Jahrzehnte hat die Zahl der den Markt bestimmenden Konzerne von über 50 auf inzwischen nur noch 10 Big Player abgenommen. Solch eine Konzentration wäre auch auf anderen, „normalen“ Gütermärkten bereits bedrohlich und eine potentielle Gefahr für die freie Gesellschaft, aber gerade im Medienbereich, wo schließlich auch Meinungen gemacht und beeinflusst werden, ist dies mehr als nur eine latente Bedrohung der Demokratie.

McChesney (Professor an der University of Illinois) und Nichols (Korrespondent von The Nation) legen in ihrem dreigeteilten Werk (Teil 1: Analyse, Teil 2: Problembeschreibung/Unzufriedenheit und Teil 3: Aufbau einer Medienreform-Bewegung) den Finger sehr eindringlich auf mehrere Wunden, die sich diesbezüglich auftun. Die ursprüngliche Aufgabe der sog. „freien Presse“, die auch die Gründerväter der USA so in der Verfassung vorgesehen haben, war die Kontrolle derjenigen, die die politische Macht innehaben – sie sollte dazu dienen, „die Freiheit zu beschützen“, wie James Madison im 18. Jahrhundert schrieb.

Weit entfernt davon, die Zivilisation insgesamt zu stärken, liefert das Mediensystem, wie es zur Zeit in den Vereinigten Staaten opereriert, noch nicht einmal die Grundlagen für die Staatsbürgerschaft: Es beschützt nicht und dient nicht dem Allgemeinwohl. Es ist kein Mediensystem nach unserem Bedarf, aus unseren Händen oder in unserem Interesse – weil wir es heute nicht mit unseren Medien zu tun haben. Es sind deren Medien.

Doch wer sind sie? Eine Handvoll enormer Konglomerate, die sich die monopolistische Kontrolle über weite Teile der Medienlandschaft gesichert haben. Die Oligopole spotten der traditionellen Vorstellung einer freien Presse, in der jeder am freien Markt der Ideen teilhaben kann. Dabei werden die Monopole von Jahr zu Jahr erdrückender.

Wem dienen diese Medien? Zu allererst den Aktionären – große Medienunternehmen in den USA können hochprofitabel sein. Um diese Profitabilität aufrechtzuerhalten, dienen sie den Interessen der großen Konzerne, die weite Teie der Medien mit ihren Werbegeldern finanzieren. Um einer Regulierung im öffentlichen Interesse zu entgehen, dienen sie einer politischen Klasse, die sich revanchiert, indem sie den Medienkonzernen kostenlosen Zugang zu den öffentlichen Rundfunkfrequenzen gewährt und regelmäßig Grenzen der kommerziellen Kontrolle unserer Kommunikation einreißt. (…) Profit geht dabei immer vor Gesellschaft.

Bereits diese wenigen Absätze im vorderen Teil des Buches umreißen sehr gut, worin die Autoren die Probleme mit dem heutigen Mediensystem sehen – es dient primär kommerziellen Interessen und ist somit, auf Grund dieser Verquickung mit anderen Konzernen, weit davon entfernt, wirklich kritisch zu berichten. Diese mangelnde Kritik bewirkt aber nicht nur, Zuschauer und Leser primär als Zielgruppe für Konsum zu sehen, sondern lässt auch viele politische Geschehnisse, die eigentlich hinterfragt werden müssten, nahezu propagandistisch verbrämen.

Die Konzentration führt zu zwei zentralen Problemen: extreme Kommerzialisierung und Vernachlässigung des Dienstes am Bürger. Je besser die großen Medienkonzerne die Gesellschaften kommerziell durchdringen, desto weniger sind sie gewillt oder in der Lage, kreative oder redaktionell integre Inhalte zu erzeugen.

Ausführlich wird geschildert, wie diese Marktmachtkonzentration im Zeitungsbereich dazu führt, dass lokale Redaktionen nach und nach abgebaut und ausgedünnt werden, bis sie schließlich kaum noch in der Lage sind, kritisch zu recherchieren, sondern statt dessen PR-Meldungen etc. übernehmen, um ihr Blatt termingerecht füllen zu können. So etwas kann man ja auch hierzulande erkennen, wenn selbst honorige Zeitungen wie die FAZ Advertorials abdrucken; von Magazinen wie der Vogue, die eh nur aus Reklame und Produktlobhudeleien bestehen, ganz zu schweigen.

Die politische Kultur, die mit dem weltweiten Aufstieg des kommerziellen Mediensystems einhergeht, ähnelt immer mehr der der USA: An die Stelle informierter Debatten und eines kompletten Spektrums politischer Parteien treten ein leerer Journalismus und Wahlkämpfe, die von PR-Agenturen, Geld, schwachsinniger Werbung und eng begrenzten Debatten bestimmt werden. So entsteht eine Welt, in der der Markt und kommerzielle Werte die Demokratie und die Zivilkultur ersticken – eine Welt sich rasend ausbreitender Entpolitisierung, in der die wenigen Reichen immer weniger politische Hürden zu überwinden haben.

Glücklicherweise belassen es McChesney und Nichols nicht bei dieser bloßen Medienschelte, sondern stellen in dem Kapitel über den sich formierenden Widerstand gegen diese Form der Medienorientierung auch hoffnungsvolle Ansätze für wirklich freie Medien dar (denn wie „frei“ die Medienlandschaft z.B. in Deutschland ist, kann man sehen, wenn man sich die lange Liste der Produkte anschaut, die alleine Bertelsmann unter seinem Dach vereint). So gibt es in Schweden eine Partei, die auch das Verbot von Fernseh- und Radiowerbung in ihrem Programm hat (und immerhin bei Wahlen 10% der Stimmen erhält). In Neuseeland haben fortschrittliche Politiker eine Neuordnung des Rundfunks beschlossen, nach der Rundfunkfrequenzen öffentliches Eigentum sind, das die Bürger kontrollieren sollen – die Übernahme lokaler Stationen durch Großkonzerne wurde erschwert, der öffentliche Rundfunk ausgebaut etc. In Amerika selbst wird die Förderung des sog. „Mikroradios“ (nichtkommerzielle Gemeinderadiostationen) vorangetrieben und man versucht die Torpedierung dieser Projekte durch einige, den Medienkonglomeraten nahestehenden Teilen der Politik aufzuhalten.

Alles in allem ist „Unsere Medien?“ ein gleichermaßen erschreckendes, wie auch aufrüttelndes und Mut machendes Buch, das zudem leicht und locker zu lesen ist.

Robert W. McChesney, John Nichols „Unsere Medien? Demokratie und Medienkonzerne in den USA“, Schwarzerfreitag 2004, 151 S., 11,– €

Verwandte Beiträge:

Neue Studie: Berater der Finanzindustrie und Marktradikale sollen Finanzmärkte reformieren

bild-7Es gibt was Neues aus dem Hause Lobby Control, der Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, der unheiligen Vermengung von Politik und Wirtschaftsinteressen, die unsere Demokratie mittlerweile durchzieht, auf die Finger zu schauen. Gerade jetzt in der „Finanzkrise“ finden wundersame Ämterwanderungen statt und diejenige, die den ganzen Schlamassel mit angerichtet haben, sollen nun plötzlich dabei helfen, ihn wieder zu beseitigen. Dass es bei alledem wohl eher darum gehen dürfte, das bisherige System soweit wieder flott zu machen, auf dass es anschließend wie immer weitergehen kann, zeichnet sich dabei leider immer deutlicher ab. Von daher ist die neue Studie „Would you bank on them“ (pdf) entsprechend ernüchternd. Wer des Englischen mächtig ist, sollte sie sich mal zu Gemüte führen, um ein wenig besser zu wissen, was einem die Regierungen da aktuell als vermeintliche Lösung der Probleme andrehen wollen.

Eine Kurzstudie von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch nimmt die Expertengruppe unter die Lupe, die der EU-Kommission Vorschläge zur Reform der Finanzmärkte machen soll, und kritisiert die einseitige Besetzung. Vier von acht Mitgliedern der nach ihrem Vorsitzenden benannten “de Larosière-Gruppe” stehen in direkter Verbindung zu den Großen der Finanzbranche – GoldmanSachs, BNP Parisbas, CitiGroup und Lehman Brothers, andere sind für ihre marktradikalen Ansichten bekannt.

Die Vorschläge der Gruppe werden großen Einfluss auf die Verhandlungsposition der EU beim großen G20-Finanzgipfel Anfang April haben. Anstelle einer Expertengruppe mit einseitiger Ausrichtung und starken Verbindungen zum Finanzsektor damit zu beauftragen, hinter verschlossenen Türen Vorschläge zur Lösung der Finanzkrise auszuarbeiten, wäre ein offener und transparenter Konsultationsprozess nötig.

Auch die deutsche Expertengruppe „Neue Finanzarchitektur“ weist ein ähnliches Muster auf. Mit Otmar Issing, der auch in der Larosière-Gruppe vertreten ist, wird sie von einem GoldmanSachs-Berater und knallhartem Monetaristen geleitet. Auch viele der weiteren Mitglieder sind mit der Finanzbranche verflochten und moderate Stimmen in der Minderheit.

© svilen001, stock-xchng

© svilen001, stock-xchng

Dazu passt auch „Reichlich Parteispenden aus der Finanzbranche“, eine weitere Studie, diesmal aus den USA:

Eine aktuelle Studie der US-amerikanischen Organisation Wall Street Watch legt detailliert dar, wie sich die amerikanische Finanzindustrie in den letzten zehn Jahren systematisch politischen Einfluss in Washington gekauft und so auf Deregulierung gepocht und Regulierung verhindert hat. Von 1998 bis 2008 flossen 1,725 Mrd. Dollar an beide politischen Parteien, meist in Form der oft den Wahlkampf entscheidenden „campaign contributions“. Weitere 3,4 Mrd. Dollar wurden für direkte Lobbyingmaßnahmen aufgewendet. Im Jahr 2007 allein schwirrten laut Wall Street Watch an die 3000 Lobbyisten im Auftrag der Finanzindustrie um die 540 Kongressabgeordneten und 100 Senatoren.

Verwandte Beiträge:

Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf

Attac goes Culture Jamming – diese gelungene Aktion im Stile der YES MEN ist natürlich genau mein Ding. Und deshalb werde ich mich auch sogleich aktiv an der Verteilung des ausgesprochen authentisch wirkenden ZEIT-Fakes beteiligen. :-) Hier schon mal die dazugehörige offizielle Pressemitteilung:

________________________________________

Pressemitteilung  – Attac, 21. März 2009

* Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf
* Aktive verteilen 150.000 Plagiate in mehr in als 90 Städten

attacAktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac haben am heutigen Samstag in Kiel und ca. 90 anderen Städten eine gefälschte Ausgabe der bekannten Wochenzeitung DIE ZEIT verteilt. Der Clou: Statt der Meldungen von gestern verkündet das täuschend echt gestaltete Plagiat die Nachrichten der Zukunft. „Am Ende des Tunnels” lautet die Schlagzeile auf dem Titelblatt, als Erscheinungsdatum ist der 1. Mai 2010 angeben. „Die Berichte über die globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise lassen viele Menschen hilflos zurück. Wir haben deshalb die Zeit weitergedreht und die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen – nicht über ein fernes Paradies, sondern über konkrete Verbesserungen, die denkbar und erstreitbar sind”, sagte die Attac-Aktivistin und DIE ZEIT-Redakteurin Jutta Sundermann. „Auf diese Weise wollen wir die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.”

Ca. 2000 Exemplare der gefälschten DIE ZEIT brachten die Attac-Aktivisten allein in Kiel unter die Leute. Fast alle Passanten nahmen das als „kostenlose Sonderausgabe” angepriesene Blatt gern entgegen. „Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie viele Empfänger erst mal oberflächlich rumgeblättert haben, bis sie dann nach einer Weile stutzten und interessiert weiterlasen.”, so ein Verantwortlicher. Bundesweit verteilte Attac rund 150.000 Plagiate in mehr als 90 Städten.

Als Autoren der Zukunftsausgabe der ZEIT konnte Attac neben eigenen Aktiven auch mehrere prominente Schreiber gewinnen. So berichtet der Journalist und Buchautor Harald Schumann („Der globale Countdown”) unter der Überschrift “Zeit der Abrechnung” von einem G20-Treffen in Brasilia, bei dem sich die Industrie- und Schwellenländer auf eine weitreichende Besteuerung großer Privatvermögen und internationaler Konzerne geeinigt haben. Lucas Zeise, prominenter Wirtschaftsjournalist, beschreibt in “Ende einer Ära” die Veränderung der deutschen Bankenlandschaft nach dem Untergang zahlreicher Privatinstitute. Der Kabarettist Matthias Deutschmann konstatiert das Ende des Kasinokapitalismus („Nicht die unsichtbare Hand des Marktes hat die Krise beendet. Wir waren es! We, the people!”) und gesteht: „Es gibt Momente, da kommen dem professionellen Zyniker die Tränen”. Und die Autorin Daniela Dahn schreibt über die neue internationale Fernsehstation Social TV, die es sozialen Bewegungen weltweit ermöglicht, ihre eigenen Themen ins Fernsehen zu bringen.

Weitere Artikel haben das Ende der NATO zum Thema, berichten von Schuldenerlassen für arme Länder, einer dezentralen Konferenz der Weltgesellschaft gegen Hunger und den positiven Auswirkungen der Bildungsproteste. Die letzte Seite blickt zurück auf die Demonstrationen am 28. März 2009 in Berlin und Frankfurt am Main: Die Proteste unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise” markierten bundesweit den Aufbruch der Zivilgesellschaft. DIE ZEIT-Redakteur Fabian Scheidler: „Kurzum: In unserer Ausgabe der ZEIT zeichnen wir das Bild einer Welt, wie sie denkbar wäre, wenn die Vorschläge der globalisierungskritischen Bewegung umgesetzt werden würden.”

Inspirieren ließen sich die Blattmacher von Attac von der US-amerikanischen Gruppe Yes-Men, die im vergangenen Jahr eine Zukunftsausgabe der New York Times veröffentlichte.

Für Rückfragen:
* Fabian Scheidler, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0151-2173 9858
* Jutta Sundermann, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0175- 866 6769

Im Internet:
* Online-Ausgabe der ZEIT:
http://www.die-zeit.net

* Druckausgabe zum kostenlosen Download:
http://www.die-zeit.net/pdf

attac-zeit-anzeige5

Verwandte Beiträge:

Stoppt die Biopiraten

biopirateriePiraten, das sind wilde Gesellen, wie man sie heutzutage vermutlich am ehesten aus Hollywoodschmock der Marke „Fluch der Karibik“ kennt – oder aus den jüngsten Medienberichten über die bösen Banden vor Somalias Küsten, wie sie brave EU-Handelsschiffe ausplündern. Dass jedoch eine legalisierte Form der Piraterie seit vielen Jahren und Jahrzehnten weltweit betrieben wird, ohne dass Regierungen oder Armeen eingeschaltet werden, ja, dass diese Piraten nicht mit Kopftuch und Augenklappe, sondern in Anzug & Krawatte und im Namen großer Konzerne unterwegs sind, ist leider weniger bekannt. Biopiraterie nennt man die inzwischen beliebte, von Pharma- und Genkonzernen betriebene Form der Raubzüge, bei denen sie sich Patente und Eigentumsrechte auf Pflanzen (Heil- und Nutzpflanzen) sichern und so für sich exklusiv vermarktbar machen. Die Rechte der ansässigen Bevölkerungen, die dieses Wissen seit Jahrhunderten entwickelt haben und bewahren, werde dabei mit Füßen getreten – das einzig wichtige für diese Firmen ist, Profit aus jeder Pore dieses Planeten zu schlagen, und nicht, Rücksicht auf Menschen(-rechte) zu nehmen. Die Politiker der reichen westlichen Industrienationen interessiert dies naturgemäß eher wenig, schließlich profitieren „unsere“ Konzerne ja von der bestehenden Rechtslage und Machtverteilung.

Doch in den letzten Jahren regt sich vermehrt Widerstand – sowohl in den betroffenen Ländern vor Ort (z.B. gegen das Patent auf den indischen Neem-Baum), als auch bei uns. Dabei tut zunächst auch die Aufklärung über diese Form des Raubrittertums not, da weite Teile der Bevölkerung davon eben noch nie etwas gehört haben dürften. Von daher sind Bücher wie „Die Biopiraten – Milliardengeschäfte der Pharmaindustrie mit dem Bauplan der Natur” (Econ) von Michael Frein und Hartmut Meyer ein wichtiger Schritt, diese Problematik ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit zu heben. Ebenso wie die BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie, einer von der Bundeskoordination Internationalismus (ein Dachverband von über 120 Dritte-Welt- und Solidaritätsgruppen) und anderen Einrichtungen getragenen und unterstützten Initiative.

Mit dem Begriff “Biopiraterie” bezeichnen wir grundsätzlich die Aneignung genetischer Ressourcen von Pflanzen und Tieren und des Wissens um ihre Verwendung. Biopiraterie geschieht meist durch transnationale Saatgut-, Pharma- und Kosmetikkonzerne des “Nordens” (OECD-Staaten) im Verbund mit Forschungseinrichtungen und lokalen Helfern in den Zentren biologischer Vielfalt des “Südens”. Biopiraterie bleibt Biopiraterie, auch wenn eine kleine Entschädigung gezahlt werden sollte.

Die BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie kritisiert die vorherrschende Art und Weise, in der über biologische Vielfalt nur als Naturschutzthema geredet wird. Dadurch wird verschleiert, dass es multinationalen Konzernen in Zusammenarbeit mit staatlichen Forschungsinstituten um die Aneignung biologischer Vielfalt geht. Die Ablehnung von Biopiraterie steht im Zusammenhang mit einer radikalen Kritik des bestehenden Nord-Süd-Verhältnisses und des globalen Kapitalismus’, seiner Herrschaftsformen und Machtstrukturen.

Die Kampagne will Widerstand gegen Biopiraterie aufbauen und gesellschaftliche Alternativen diskutieren und unterstützen.

grane-beuteZusätzlich zu der informativen Website, auf der der Besucher mehr über die Hintergründe, über die bekanntesten Fälle, aber auch die Auswirkungen der Biopiraterie erfährt und wo Kampagnen koordiniert und Widerstand organisiert wird, haben die Verantwortlichen auch ein eigenes Buch zur Thematik verfasst – „Grüne Beute: Biopiraterie und Widerstand“ (Trotzdem Verlag). Dieses Buch wird auf einer eigenen Internetseite präsentiert, und dort kann man es auch kostenlos als pdf herunterladen (unter Creative Commons, also der passenden offenen Veröffentlichungsform).

Selbst das überlieferte Wissen einheimischer Spezialistinnen und Spezialisten über die Verwendung dieser Pflanzen betrachten diese Jäger nach grüner Beute als ihren Schatz.

Die »BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie« betrachtet die fortschreitende Privatisierung von Heil- und Nutzpflanzen als illegitim, auch wenn sie geltender Rechtslage entsprechen mag. In diesem Buch wird an konkreten Beispielen aufgezeigt, wie die Biopiraten ihre Beutezüge durchführen und auf welche rechtlichen Rahmenbedingungen sie sich dabei stützen können. Davon ausgehend schildert »Grüne Beute« den Widerstand, der an vielen Orten gegen Biopiraterie aufkeimt.

Verwandte Beiträge:

Wir zahlen nicht für Eure Krise!

Auf folgende Veranstaltung möchte ich doch gerne alle hinweisen – denn diese „Finanzkrise“, in der Milliarden und in den USA mittlerweile Billionen (trillions!) von Euro und Dollar von staatlichen und damit Steuergeldern zur Rettung eines kranken und abgewirtschafteten Systems verwendet werden, sollte nicht auf unserem Rücken ausgetragen werden (auch wenn alles danach ausschaut, als wenn Politik & Finanzwirtschaft genau darauf hinsteuern). Das Motto ist also, sich nicht alles gefallen zu lassen und auch zu zeigen, dass man den oft hohlen Phrasen der Politiker nicht glaubt und sich andere Lösungen vorstellt. Deshalb:

————————————

plakat-bundesweiter-aufruf-176x247

Bundesweites Bündnis ruft zu Demonstrationen gegen Krisenpolitik der Regierung auf
Pressemitteilung des bundesweiten Bündnisses “Wir zahlen nicht für eure Krise”

Ein breites Bündnis aus Gewerkschaftsgliederungen, Erwerbslosen- und Sozialprotestorganisationen, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac, entwicklungspolitischen und antikapitalistische Gruppen mobilisiert unter dem Motto “Wir zahlen nicht für eure Krise! – Für eine solidarische Gesellschaft” für den 28. März zu Demonstrationen in Berlin und Frankfurt am Main gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung. Die Proteste finden im unmittelbaren Vorfeld des so genannten Weltfinanzgipfels der G20 am 2. April in London statt. Die Veranstalter erwarten mehrere zehntausend Menschen.

“Die Krisenpolitik der Bundesregierung ist dilettantisch und unsozial zugleich. Weiterhin unterschätzt die Regierung völlig die Dramatik der Lage”, kritisiert Bernd Riexinger, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Stuttgart. “Bereits während der vergangenen Boomphase hat ein großer Teil der Beschäftigten Lohneinbußen hinnehmen müssen, und Leiharbeit verdrängte stabile Beschäftigungsverhältnisse. Mit dem Ausbruch der Krise geht es nun Hunderttausenden an den Kragen. Deshalb fordern wir einen Schutzschirm für Beschäftigte”.

Hüseyin Aydin von der Föderation demokratischer Arbeitervereine – DIDF ergänzt: “Insbesondere Migrantinnen und Migranten leiden unter prekären Arbeitsbedingungen. Zusätzlich stehen sie im Fall von Krisen als erste auf der Abschussliste. Die Krise zeigt verschärft, dass wir einen Richtungswechsel bei den sozialen Sicherungssystemen brauchen. Hartz IV muss weg.”

Die bisherige Krisenpolitik der Bundesregierung bewertet das Bündnis aus sozialer Perspektive als katastrophal. “Eine Antwort auf die Krise des neoliberalen Kapitalismus kann nicht die Verstaatlichung der Verluste sein. Sie muss auf Zurückdrängung von sozialer Ungleichheit weltweit und die Demokratisierung der Wirtschaft durch Vergesellschaftung setzen”, erklärt Christina Kaindl von der Gruppe Soziale Kämpfe. “Gegen Krise, Standortkonkurrenz und Profitlogik treten wir ein für eine Zukunft ohne Armut und Ausbeutung. Der Kapitalismus bietet für die Menschen keine Zukunft. Wir brauchen Alternativen zum Kapitalismus.”

Parallel zu den Demonstrationen in Deutschland erwartet der britische Gewerkschaftsdachverband TUC zu seinen Protesten gegen die G20 in London 100.000 Menschen. Auch die Teilnehmer des Weltsozialforums Ende Januar im brasilianischen Belém haben zu globalen Aktionen aufgerufen.

“Diese Krise erfordert einen Paradigmenwechsel in der Regulierung der Weltwirtschaft. Das heißt ein Schrumpfen der Finanzmärkte durch internationale Steuern, Kapitalverkehrskontrollen und das Verbot von Derivaten”, sagt Alexis Passadakis vom Koordinierungskreis von Attac. “Die Liberalisierung der Finanzmärkte, aber auch von Handel muss gestoppt werden, damit der Süden nicht die Zeche zahlt. Erforderlich ist eine Umverteilung von Nord nach Süd. Die bisherigen Ankündigungen der G20 laufen auf ein business as usual hinaus. Es ist Zeit, dass Druck von der Straße das Blatt wendet.”

Die Berliner Demonstration startet um 12 Uhr am Roten Rathaus. Die Frankfurter Protestzüge beginnen ebenfalls um 12 Uhr am Hauptbahnhof und der Bockenheimer Warte. Die Abschlusskundgebungen in Berlin am Gendarmenmarkt und in Frankfurt auf dem Römerberg sind für 15 Uhr geplant.

Kontakt: kapitalismuskrise.org

Verwandte Beiträge:

Die Krise

Die Krise ist zumindest in den Medien mittlerweile ja doch in aller Munde – überall hört man schauerliche Meldungen und Berichte, wie sehr der Abschwung und die Rezession weltweit zuschlägt. Seit diesem Jahr gibt es praktisch jede Woche beispielsweise in der ZDF-Wirtschaftssendung WISO mindestens einen Beitrag zu diesem Thema – vorletzte Woche u.a. zu den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in den USA und die Folgen für den Anstieg der Armut und Obdachlosigkeit im Land:

Wohingegen das Magazin quer im Bayerischen Fernsehen den Eindruck bestätigte, den ich selbst in meinem Umfeld bisher habe: von einer Wirtschaftskrise, der schwersten seit Menschheitsgedenken gar, ist vielerorts noch nichts zu spüren, das Leben geht weiter wie bisher, man kauft ein wie immer. Allerdings zeichnet sich ein Trend zum „Cocooning“ ab, also zum Sich-Einigeln in der eigenen kleinen Welt, um die böse Welt dort draußen von sich fern zu halten. „Flucht nach Innen:  Wie wir uns in der Krise einrichten“, so der Beitrag:

Kurzarbeit bei BMW, Schaeffler schreit um Hilfe, die Krise hat die Deutsche Wirtschaft voll erwischt. Aber da gibt es auch Gewinner: Möbelhäuser, Feinkostläden und Supermärkte verzeichnen Rekordumsätze. Immer mehr Menschen leben nach der Devise: „Wenn es uns schon schlecht geht, dann wenigstens mit Stil“. Das „Cocooning“, der Rückzug in die eigenen vier Wände, wird zur Krisenstrategie der Deutschen, Und während wir es uns in der neuen Wohnzimmergarnitur bei einem guten Gläschen Wein bequem machen, leidet die Gastronomie.

bild-42(Klicken, um den Film zu starten)

Die Wochenzeitung Der Freitag befasst sich dennoch mit möglichen Szenarien, die uns bevorstehen könnten, wenn der generelle Trend nach unten anhält oder, was manch einer befürchtet, sich noch verstärkt. In „Hallo Apokalypse“ werden neben einer Analyse von Untergangsszenarien der Vergangenheit drei mögliche Optionen dargestellt, wie es weitergehen könnte:

Robert Kurz „Szenario I: Der ‚weiße Tod‘ des Kapitalismus
Hermannus Pfeifer „Szenario II: Das Ende dieser Globalisierung
Werner Vontobel „Szenario III: Harmloser Anfang, düstere Aussicht

Richtig Mut macht eigentlich keines der dort gemalten Zukunftsbilder – dann vielleicht doch lieber ins Möbelhaus gehen und seine Wohnung schön neu einrichten…

Verwandte Beiträge:

Seite 23 von 27

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén