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Wikipedia und die PR der Atomlobby

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© hisks, stock.xchng

Auch heute möchte ich das Thema PR-Beiträge und Lobbyismus nochmal aufgreifen. Für viele sind Public Relations und Lobbyarbeit vermutlich eher dubiose, im Verborgenen stattfindende Prozesse, die scheinbar nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben und die man oft kaum direkt beobachten kann. Doch dies stimmt nicht, wie man dieser Tage beim „Kampf“ um Wikipedia-Beschreibungen rund um die Atomkraft sehen kann – hier tobt nämlich seit längerem eine Schlacht zwischen Pro-Atom-Lobbyisten und Klimaschützern. Erstere dringen massiv bei Wikipedia ein und schreiben Texte atomfreundlich um, wie mehrere Medien in dieser Woche zu berichten wissen, so beispielsweise die Frankfurter Rundschau: „Atomkampf im Netz: Lobbyisten contra Umweltgruppen“. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen sich heutzutage naiv-arglos einfach bei Wikipedia informieren und das dort Geschriebene dann für bare Münze nehmen, ist es um so erschreckender, dass auf diesem ehemals neutralen Feld nun vermehrt Partei- und Lobbyarbeit und damit die Beeinflussung/Manipulation der öffentlichen Meinung betrieben wird.

Es ist eine Frage des Glaubens. Glaubt man der Atomindustrie, dann sind Kernkraftwerke Klimaschützer. Glaubt man den Umweltaktivisten, dann gehören sie abgeschaltet.

(Anm.: es ist wohl kaum eine „Frage des Glaubens“, dass Atomkraft vom Menschen schwer beherrschbar ist und die verstrahlten Abfälle noch viele Generationen nach uns „beglücken“… diese Formulierung der FR ist damit auch fast schon subtile Lobbyarbeit…)

Abseits der hitzigen politischen Debatte nach dem Störfall im Atommeiler Krümmel gilt es, auch die Öffentlichkeit für seine Sichtweise zu gewinnen – im Fokus steht dabei auch die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Laut der Organisation LobbyControl sind PR-Agenturen und Tarnorganisationen damit beschäftigt, Einträge zum Beispiel bei Wikipedia zu ändern. Aber nicht nur hier werden die jeweiligen Sichtweisen platziert. Besonders aktiv sei in diesen Tagen das Pro-Atom-Netzwerk “Bürger für Technik” – einige Mitglieder fielen vor allem mit Leserbrief-Offensiven zum Thema Kernkraft auf.

“Wikipedia-Manipulation gehört heute zu den wichtigsten Aufgaben großer PR-Agenturen”, sagt auch Axel Mayer, Geschäftsführer der BUND-Regionalstelle in Freiburg. (…)

(…) “Der professionelle Einsatz zum Ändern kritischer Einträge und zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung geschieht häufiger als man denkt”, meint LobbyControl-Vorstand Ulrich Müller. Oft träten nicht Konzerne selbst, sondern Agenturen oder scheinbar interessierte Privatpersonen als Korrektoren auf den Plan. (…) Besonders das damit verbundene Netzwerk “Bürger für Technik” versuche über Leserbriefe in Zeitungen und durch das Ändern von Internet-Einträgen eine atomfreundliche Haltung zu befördern, sagt Müller. (…)

Siehe dazu auch den schon etwas älteren Beitrag des BUND „Wikipedia & Manipulation – die freie Enzyklopädie und die Macht der Atomlobby“, in dem noch deutlich ausführlicher über viele Manipulationen von PR-Agenturen und Lobbys in der Vergangenheit berichtet wird:

(…) Die Industrie und deren PR-Abteilungen nehmen auch Einfluss auf viele andere Wiki-Seiten, wo die Interessen der Menschen den Interessen der Industrie im Wege stehen (Gentechnik, Klimaschutz, Holzschutzmittel, Afghanistankrieg…) Eine bezahlte PR-Firma hat häufig einfach den “längeren Atem” als eine Nichtregierungsorganisation. (…)

Die Wochenzeitung WOZ
in der Schweiz beschrieb am 21.12.2006 die bekannt gewordene Spitze des Eisbergs der Wikipedia-Manipulation durch Burson Marsteller:
„In der Onlineenzyklopädie Wikipedia findet sich unter dem Stichwort Nuklearforum Schweiz ein Eintrag. Er ist völlig identisch mit der Selbstdarstellung auf der forumseigenen Homepage. In die Enzyklopädie gestellt wurde der Beitrag vom Benutzer Gen Suisse. Auch zur Gen Suisse, einer Lobbyorganisation der Pharmaindustrie, gibt es in Wikipedia einen Eintrag. Der erste Beitrag dazu wurde ebenfalls vom Benutzer Gen Suisse geschrieben und ist ein distanzloser Werbetext. Später hat sich Benutzerin Irmgard die Mühe gemacht, den reinen PR-Text zu entschärfen, indem sie hinzufügte, dass Gen Suisse von Schweizer Pharmafirmen finanziert wird. Sowohl das Nuklearforum wie Gen Suisse werden von Burson-Marsteller betreut. Offenbar gelingt es der PR-Firma, die Onlineenzyklopädie Wikipedia dazu zu benutzen, ihre PR-Botschaft als neutrale Information unters Volk zu bringen.“ (…)

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Unter Kontrolle technischer Gadgets?

gadgetNa, Hand aufs Herz, wer von Euch besitzt oder benutzt ein iPhone oder ein anderes technisches Spielzeug, ohne das, so will uns die Reklame zumindest einreden, ein Leben heutzutage gar nicht mehr lebenswert oder vorstellbar ist? „Cool“ ist mensch ohne solch ein Teil natürlich erst recht nicht! Was viele Benutzer solcher Gadgets nicht wissen – diese Geräte stehen oft unter der Kontrolle der Hersteller, die quasi aus der Ferne Inhalte tilgen oder verändern können. Spiegel Online (manchmal lohnt es sich halt doch, auch mal einen Blick in die Mainstreammedien zu werfen) berichtete vorgestern ausführlicher über den neuen Trend zur Fernsteuerung via elektronischer Geräte – „Wie uns Gadgets an Konzerne fesseln”. Aufhänger ist der letzte Woche bekannt gewordene Fall Amazons, die bei Kunden, die für ihr ebook-Lesegerät Kindle die digitale Ausgabe von George Orwells „1984“ gekauft hatten, selbige auf Grund von Lizenzproblemen einfach wieder löschten, was die Vorstellung von „Besitz“ im digitalen Zeitalter stark relativiert – und natürlich auch Tür und Tor für andere Manipulationsmöglichkeiten öffnet.

Mit jedem Hightech-Gadget, das wir erwerben, geben wir ein Stückchen Freiheit auf. Denn viele Geräte hängen heute per Datenleitung oder Funkverbindung dauerhaft an den Servern des Herstellers. Für Überwacher und Kontrolleure bieten sich völlig neue Möglichkeiten – Kunden verlieren Rechte. (…)

(…) Das Schutzbedürfnis der Nutzer aber führt im Konzert mit dem Kontrollbedürfnis der Hersteller zu einer gefährlichen Situation, schreibt Zittrain: “Eine Verschiebung hin zu angebundenen Geräten stellt auch eine Wasserscheide hinsichtlich der Regulierbarkeit des Internets dar” (Hervorhebung vom Autor). Die “Gefahren des Exzesses” rührten dann nicht mehr von Virenschreibern und Hackern her, sondern von “Eingriffen von Regulierungsbehörden in die Geräte selbst, und damit in die Art und Weise, wie Menschen diese Geräte benutzen können.” Anders formuliert: Durch tethered appliances wächst nicht nur die Macht der Hersteller über die Nutzer ihrer Geräte – mittelbar wächst auch die Macht staatlicher Organe, die mit genügend Druck jeden Hersteller zu Erfüllungsgehilfen eigener Überwachungs- und Kontrollwünsche machen können. Wer glaubt, Großkonzerne würden sich dem Willen von Autokraten und Diktatoren nicht beugen, der werfe einen Blick nach China, wo Infrastrukturanbieter und Suchmaschinisten brav den Wünschen der Regierung folgen. (…)

(…) Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass diese “merkwürdigen Mischtechnologien” uns nie ganz gehören werden, selbst dann, wenn wir viel Geld dafür bezahlt haben sollten. Jeder Webmail-Account, jedes Hightech-Telefon, jeder DVD-Player mit Internet-Anbindung schränkt unsere Freiheit ein bisschen weiter ein – zumindest potentiell.

Apropos Spiegel – in der neuen Ausgabe findet sich ein weiterer erstaunlicher Artikel, nämlich „Freizeit: Wie wollen wir leben?“, der sich mit der übergroßen Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft beschäftigt und beispielsweise neue Trends wie die „gleefully frugal“ beleuchtet.

“Viel Arbeit, wenig Zeit: Lange galt das als einziger Weg zu einer erfolgreichen Existenz. Doch die Krise wird das ändern – zum Glück.”

“Es gibt ein etwas angestaubtes, konsumkritisches Motto aus den siebziger Jahren: Wer weniger arbeitet, hat mehr Zeit zum Leben. Das klingt gut 30 Jahre später noch ein bisschen ungewohnt, aber es könnte wieder in die Zukunft weisen.”

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Die Yes Men planen den nächsten Coup

the-yes-man-150x150Die wohl bekanntesten Culture Jammer, die amerikanischen Yes Men, die in den letzten Jahren schon für so manchen Coup verantwortlich zeichneten (u.a. ihr Fake der NY Times), planen nun den nächsten Schlag gegen die großen Konzerne und ihre Handlanger in den Regierungen. Anlässlich des Weltklimagipfels in Kopenhagen im September soll es wieder eine spektakuläre Aktion geben, die hoffentlich auch für ein gewisses mediales Aufsehen sorgt. Ich leite Euch hier mal den offenen Brief der Yes Men weiter, inkl. Unterstützungsaufruf:

———————

Dear Friend,

We have some really stupid, really big plans for September, and we need
your help to make them come true.

Last summer, we asked you to help us print 100,000 copies of a “special
edition” New York Times, to be published just after Obama’s election and
set eight months in the future (July 4, 2009). You responded with
$15,000, and the paper made worldwide headlines – real ones:
http://www.ng.ru/world/2008-11-13/100_nyt.html?mthree=1
http://deser.pl/deser/1,83453,5917595,Dowcip___Falszywy___New_York_Times__oglasza_koniec.html
http://www.pcmag.com/article2/0,2817,2335607,00.asp

July 4, 2009 has now come and gone (http://www.nytimes-se.com/). A few
CEOs have had their salaries capped, Guantanamo is being closed, and
there’s a movement to prosecute the Bush regime for their war crimes.
But sadly, the paper’s most important predictions haven’t come true.
Worst of all, climate change isn’t being addressed in any serious way,
which is getting a lot of people really alarmed.

Five months from now, in Copenhagen, the world’s leaders will have the
chance to stop this mother of all runaway trains from taking us all off
the mother of all really big cliffs (http://www.sealthedeal2009.org/).
For a whole lot of reasons, it’s up to the U.S. to show how it’s done.
If we can do that, a lot of the other predictions in our “special
edition” will also come true.

Unfortunately, we’re showing no signs of doing that:
http://www.foe.org/global-warming,
http://www.greenpeace.org/usa/press-center/releases2/greenpeace-opposes-waxman-mark

So a lot of groups are planning actions this fall to show government
what we need it to do:
http://www.BeyondTalk.net/, http://www.350.org/, http://tcktcktck.org/,
etc.

As for us Yes Men, we have a very stupid three-part plan to publicly
ridicule our stupidest leaders. It’ll involve lots of stitching,
hammering, and risking arrest – which is fine, as we’ve assembled a
crack team of daredevil seamstresses. But unfortunately, it’s also going
to cost money.

If you can help with this side of things, please click here:
http://theyesmen.org/donate/now. For a donation of $50 or more we’ll
send you some copies of the “special edition” New York Times, along with
(while supplies last) the fake International Herald Tribune from last
month (http://www.iht-se.com/), the one that launched
http://BeyondTalk.net/.

Or, if you’d like to chip in over $500, we can consider it a loan, and
we’ll pay you back in the spring from revenues we hope come in from our
movie, hitting theaters in October: http://theyesmenfixtheworld.com.
For that, please write to us:
mailto:people@theyesmen.org?subject=Investment%20in%20action

Also, if you live in New York and know how to sew, please let us know by
clicking “costume design” on your profile and typing “sewing.” And if
you don’t mind getting arrested for a good cause, please sign up here:
http://BeyondTalk.net.

Please help as you can! If nothing else, it’ll be really funny. But it
could be a whole lot more too.

As worried as you are,
The Yes Men

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Sollte Shoppen patriotische Bürgerpflicht sein? Teil 2/2

2-frauen-ladenDies ist Teil 2 meiner gestern begonnenen Übersetzung des BBC-Artikels „Should shopping be a patriotic duty?“ aus dem November 2008.

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DIE EINKAUFS-AUTORIN

Amanda Ford, Autorin des Buches „Retail Therapy: Life Lessons Learned While Shopping“ („Einkaufs-Therapie: Lektionen fürs Leben, die man beim Shopping lernt“) hegt viel Sympathie für die Anti-Konsum-Aktivisten.

„Wenn wir Geld ausgeben für Dinge, die wir nicht benötigen oder sogar gar nicht wirklich wollen, tragen wir zu einem System bei, das negativen Einfluss auf unser physikalische Umgebung hat, auf unser politisches und soziales Umfeld, und – am wichtigsten, wie ich finde – unsere geistige Entwicklung.“

Aber die Antwort liegt in intelligenterem Einkaufen, schlägt sie vor. „Man findet absolut keine Freude darin, sinnlos Shoppen zu gehen. Weniger ist wirklich mehr. Wenn es um den Konsum geht, ist größer nicht besser. Bedeutet das, dass wir unser Geld unter der Matratze lagern und in Klamotten herumlaufen sollen, die aus Ästen und Zweigen aus unserem Hinterhof gebastelt sind? Nein. Ich glaube nicht, dass wir das Shoppen komplett einstellen müssen, um unsere Konsumkultur zu heilen, aber wir müssen anders einkaufen.“

Die Idee eines Lebens, das von Konsum und der Liebe zu Dingen bestimmt wird, muss beendet werden, schlägt Ford vor.

„Wir müssen damit aufhören, Dinge zukaufen, weil wir gelangweilt, einsam, gestresst sind oder uns einfach daran gewöhnt haben und durch das Räderwerk von Verpflichtung und Routine gehen. Wir sollten kleine, lokale Geschäfte, Handwerker und Bauern unterstützen. Wir sollten Sachen kaufen, die in unserem Leben einen gewissen Zweck für mehrere Jahre erfüllen und uns nicht nur für eine Saison unterhalten.“

Die Menschen sollten weiterhin einkaufen, aber mit dem Zustand der Welt im Hinterkopf. „Wir müssen keine Angst haben, unser Geld auszugeben. Geld ist eine gewaltige Kraft und selbst eine kleine Menge hat die Macht, eine Veränderung zum Positiven zu bewirken. Fragen Sie sich einfach bei jedem Einkauf selbst: ‚Hilft oder schadet dieser Kauf der Art von Änderung, die ich in der Welt sehen möchte? Ist dieser Kauf lebensunterstützend oder seelenzerstörend?‘ Dann atmen Sie einmal tief durch, gehen in sich und lauschen. Ich denke, Sie werden Ihre Antwort wissen.“

DER PSYCHOLOGE

Für Michael Gutteridge, einen Wirtschafts- und Sozialpsychologen, kann Shoppen als motivierende Aktivität dienen.

In England, wo die Menschen lange Stunden arbeiten und ein stressiges Leben führen, kann Shoppen ein Weg sein, sich selbst zu belohnen.

„Wenn Leute nicht von ihren Kollegen oder dem Chef belohnt werden, geben sie sich selbst eine Belohnung. Es geht darum, das Selbstvertrauen zu steigern und sich selbst zu belohnen. Wir wollen unsere Stimmung heben“, sagt Gutteridge.

Und in diesen Zeiten der atomisierten Familien ist Shoppen zu einem wichtigen sozialen Ereignis geworden. „Es verstärkt gemeinsames soziales Verhalten. Sie sehen Familien in Shopping-Centern – es ist wie ein Ausflug. Sie verbringen den Tag dort und essen dort.“

DER ÖKONOM

Und das gewaltigste Argument dagegen, Shoppen zu stoppen, kommt von Prof. John Sloman, Direktor des Economics Network, der Wirtschaftsbereich der Higher Eductaion Academy an der Universität von Bristol.

Die Folgen dessen, wenn wir komplett aufhören würden, nicht wichtige Güter zu kaufen, würde bedeuten, dass die menschen, die sie produzieren, keinen Job mehr hätten und nicht mehr in der Lage wären, selbst wichtige Dinge zu kaufen.

Selbst wenn man einen Anti-Konsum-Standpunkt einnimmt, wäre ein kurzer scharfer Systemschock ein katastrophaler Weg, das Ziel zu erreichen, meint er.

„Es ist ein bisschen wie bei einer Droge. Wenn Sie plötzlich von einer Droge loskommen, haben Sie einen kalten Entzug. Sie müssen die Leute nach und nach, über Jahre entwöhnen. Wenn Sie einen plötzlichen Schock erleiden, bekommen Sie ernsthafte Probleme – hohe Arbeitslosigkeit, einige Wirtschaftsbereiche stürzen ab.“

Her eine Auswahl Ihrer Kommentare zu dem Artikel:

Vor sieben Jahren hatte ich eine Überschwemmung aufgrund eines Rohrbruchs und verlor ungefähr 80% meiner Habseligkeiten und Einrichtungsgegenstände. Die Aufräumarbeiten und Versicherungsquerelen machten mir klar, dass es nur eine begrenzte Zahl an Sachen gibt, die man wirklich braucht. Vor zwei Jahren war ich ernsthaft krank, was mich dazu brachte, mich auf die wichtigeren Aspekte des Lebens zu konzentrieren. Ich fühle mich nun glücklich, nur das zu kaufen, was ich brauche, was keine Dinge wie Flachbildschirme, iPods oder Luxusgüter umfasst. So lange ich meine Ausgaben decken und mir gelegentliche  Leckereien leisten kann ist in meiner welt alles in Ordnung. Gute Gesundheit, Familie und Freundschaften sind erheblich wertvoller.
Linda, Kirkcaldy

„Es geht darum, das Selbstvertrauen zu steigern und sich selbst zu belohnen. Wir wollen unsere Stimmung heben.“
Der Himmel möge verhüten, dass wir dies erreichen, indem wir Zeit mit unseren Familien, Nachbarn und Freunden verbringen, an sozialen Netzwerken teilnehmen, freiwillige Arbeit in der Gemeinde ausführen oder Zeit mit unseren Partnern verbringen. Schließlich ist der Besitz von Sachen so viel befriedigender…
Kaz, Macclesfield, UK

Ist uns noch nicht bewusst geworden, dass wir in einer Welt der begrenzten Ressourcen leben? An einem Punkt werden wir gezwungen werden, unseren übertriebenen Konsum zu beenden, ob nun die Weltordnung, wie wir sie kennen, daran zerbricht oder nicht. Der „credit crunch“ ist eine kleine Demonstration dieses Prinzips; es schien alles super zu laufen, solange wir uns immer mehr leihen konnten, aber sobald das Geld knapp wird, bricht alles zusammen.

Wir schieben ein wachsendes Ressourcen-Defizit vor uns her – und eines Tages wird unser Kredit am Ende sein. Ist es in Irdnung, dieses Problem unseren Kindern und Enkeln zu überlassen? Noch haben wir Zeit, auf die Bremse zu treten; wenn wir damit beginnen, wird es hart sein, aber es wird kein Vergleich zu dem Schlamassel sein, das wir heraufbeschwören, wenn wir nichts tun. Aber wer hat den dafür notwendigen Mut?
Jan, Swindon, UK

Es ist keine einfache Aufgabe, aber unsere Sorge ist es, dass einzigartige und unabhängige Geschäfte überleben. Viele Studien haben gezeigt, dass Geld, das in der Region ausgegeben wird, drei Mal so viel zur Stärkung der lokalen Wirtschaft beiträgt und dabei hilft, Jobs in der Region zu sichern. Es ist immer sinnvoll, mit Bedacht einkaufen zu gehen und sicher zu stellen, dass ein Teil der Ausgaben in der Region bleibt.
Sue Korman, Brighton

Ich liebe es, zu shoppen. Ich bin behindert, habe chronische Schmerzen und bin oft ans Bett gefesselt. Wenn ich nach draußen gehen kann, liebe ich es, durch die Geschäfte zu streifen, ich finde, dass mir Shoppen viel Freude bereitet. Man muss nur wählerisch sein. Kauft Dinge, die Ihr mögt und denkt daran, Freude an ihnen zu finden – und nicht Schulden dafür zu machen. Meine letzte „Prasserei“ war ein Paar toller rosafarbener Lederhandschuhe. Sie machen mich jedes Mal glücklich, wenn ich sie trage. Geld sind nur Papierschnitzel oder Daten im Computer. Es existiert nur deshalb, damit wir es für Dinge eintauschen, die Spaß machen und interessanter sind.
Mallory, Reading, UK

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Sollte Shoppen patriotische Bürgerpflicht sein? Teil 1/2

discarted_09-einkaufswagenNoch recht zu Beginn des offiziellen Ausbruchs der aktuellen Wirtschafts- und „Finanzkrise“, nämlich im November 2008, als alle Regierungen die Bürger, besser gesagt die Konsumenten dazu aufriefen, ordentlich shoppen zu gehen, um die Wirtschaft mit frischem Geld zu fluten, brachte die BBC einen interessanten Beitrag nebst Diskussion über Sinn und Unsinn solcher Appelle und die Fundamente unserer Konsumgesellschaft – „Should shopping be a patriotic duty?“. Zu Wort kamen u.a. der Konsumkritiker Neil Boorman, aber auch Psychologen und eine Tante, die für ein Hochglanz-Shoppingmagazin schreibt. Die Aussagen letzterer, vor allem ihr reflexartiger Vergleich des Verzichts auf sinnlosen Konsum mit den Zuständen in Kambodscha oder Afghanistan ist ausgesprochen lächerlich bis peinlich, wie ich finde, aber bildet Euch doch einfach selbst eine Meinung – hier meine Übersetzung des Textes:

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Sollte Shoppen patriotische Bürgerpflicht sein?

Politiker und Zentralbanker in England und der ganzen Welt kämpfen darum, Sie dazu zu bringen, mehr Geld für nicht (lebens-)wichtige Dinge auszugeben, so dass der Nachfragemangel die globale Wirtschaft nicht in den freien Fall führt.

Aber sogar in diesen momentanen harten Zeiten gibt es abweichende Stimmen, die diese Gelegenheit dazu nutzen wollen, den Konsumismus ein für alle Mal zu Fall zu bringen. Sie sagen, dass unsere Liebe zu Dingen, die wir oft gar nicht wirklich brauchen und uns nicht leisten können das ist, was uns mit in diese Bredouille geführt hat. Einkaufen ist zu unserem Gott geworden und muss entthront werden, sagen sie.

Am anderen Ende des Spektrums gibt es Leute, die Shopping verteidigen – als etwas, das uns aufmuntert, wenn wir bedrückt sind, als eine soziale Aktivität, als ein Ausduck von Freiheit und als das „Laster“, das uns retten könnte.

DER ANTI-KONSUMISMUS-AKTIVIST

Neil Boorman, Autor von „Good-bye Logo“, ein Tagebuch seiner Ablehnung eines Lebensstils, der von Markengütern dominiert wird, hat einen Kurzfilm („The Good Consumer“) gedreht, um den Buy Nothing Day zu unterstützen, einen jährlich stattfindenden Protest gegen Konsumismus.

„Es gibt Millionen von Auswahlmöglichkeiten für uns Konsumenten. Aber die eine Wahl, die wir vergessen zu haben scheinen, ist die Entscheidung, nicht zu kaufen“, sagt Boorman, der glaubt, dass es „ökonomische Gotteslästerung“ geworden ist, nicht shoppen zu gehen.

„Das Konsumentenvertrauen, so sagt uns die Regierung, ist lebenswichtig für die Erholung der Wirtschaft. Ein Sprung zu dem Ein-Tages-Sonderverkauf bei Marks & Spencer ist DAS sozial verantwortliche Verhalten, so wie der Kauf von Staatsanleihen im Krieg.“

Boorman glaubt, dass wir ein absolutes Recht darauf haben, zu sparen statt auszugeben. Schließlich haben wir hart gearbeitet, das Geld zu verdienen.

„Ich möchte klarstellen, was Ökonomen mit dem Ausdruck ‚Konsumentenvertrauen‘ meinen – es ist die Bereitschaft der Öffentlichkeit, Geld für Luxusgüter auszugeben – insbesondere für Produkte, die wir nicht benötigen.“

Und während Konsumenten 1.5 Billionen £ an persönlichen Schulden aufgehäuft haben, haben sie wenig an Gegenwert dafür erhalten, legt er dar.

„Der Wert eines neuen Autos halbiert sich in dem Moment, wo wir den Händler verlassen, die meisten technischen Spielereien sind veraltet oder gehen kaputt, sobald die Garantie ausläuft, und Kleidung ist praktisch wertlos, sobald man sie getragen hat. Diese Luxusgüter sind alle sehr aufregend, wenn wir sie aus den Geschäften nach Hause tragen, aber als Investments sind sie schlechtere Wetten als Woolworth-Aktien. Im Grunde werden wir über den Tisch gezogen.“

Boorman möchte, dass wir alle Urlaub vom Shoppen machen an diesem internationalen Buy Nothing Day („Kaufnix-Tag“ in Dtl.).

„Stellen Sie sich vor, dass wir alle ein nachhaltiges Bekenntnis ablegen, weniger zu konsumieren – wir könnten Kreditkartenschulden begleichen, sogar weniger Zeit auf der Arbeit verbringen. Vor die Wahl gestellt: ein neues Auto oder eine 4-Tages-Arbeitswoche, wüsste ich, wofür ich mich entscheide. Als Anti-Konsumismus-Aktivist werde ich oft als unverantwortlich gebrandmarkt, wenn ich Menschen dazu ermuntere, mit dem Kaufen aufzuhören. Aber die Regierung ist erheblich rücksichtsloser, wenn sie uns dazu ermuntert, uns aus der Krise durch Shoppen zu befreien.“

Übertriebener Konsum ist außerdem die Wurzel für Umweltzerstörung, sagt Neil Boorman.

„Wenn es jemals einen geeigneten Zeitpunkt gegeben hat, unsere Abhängigkeit vom Konsumismus zu überdenken, wenn die wirtschaftlichen Regeln neu geschrieben werden, dann ist er jetzt gekommen. Und wir sollten uns daran erinnern, dass wir früher einen ‚Buy Nothing Day‘ in jeder Woche des Jahres genossen. Er hieß Sonntag.“

DER (DIE) SHOPPING-GURU

Lucia van der Post gründete das Financial Times Hochglanzmagazin How To Spend It (Wie man es ausgibt) vor mehr als einem Jahrzehnt. In einem zukünftigen Heft wird eine Verteidigung des Shoppens von ihr abgedruckt werden. Als inzwischen Selbständige hat sie Menschen seit den 1970ern beraten, wie sie ihr Geld mit Spaß ausgeben können.

„Ich habe niemals über Dinge geschrieben, von denen ich dachte, sie wären lediglich sinnloser Luxus“, sagt sie. „Und ich war niemals jemand, der Menschen davon überzeugen wollte, Geld auszugeben, das sie nicht hatten. Macawber hat Recht. Es ist erbärmlich, Schulden zu machen.“

Aber die Tatsache bleibt, dass in einer kapitalistischen Gesellschaft die Leute in der Lage sein sollten, ihr Geld, das sie verdient und versteuert haben auszugeben wofür sie möchten.

„Spaß ist grundlegend für alle von uns – so grundlegend wie Essen und Wasser“, merkt sie an.

„Ich bin grundsätzlich libertär. Ich werde es mir nie eine Jacht leisten können, aber ich mag es in einer Welt zu leben, in der einige Leute Jachten besitzen. Wollen wir in einer Welt leben, in der niemand weiß, wie man eine Jacht baut oder eine edle Uhr?“

Großbritannien ist ein Land, das einen erheblichen Anteil an Menschen aufweist, die die Nase rümpfen in Bezug auf die Vorstellung, Nicht-Wesentliches einzukaufen und große Summen an Geld dafür auszugeben.

„Prestigekäufe / Geltungskonsum? Das ist, wenn der andere mehr ausgibt als du.“ Aber während das Kaufen von nicht-lebensnotwendigen Gütern als frivole Aktivität gesehen werden kann, gibt es dennoch das Argument, dass es uns mit den Plätzen/Orten verbindet, an denen wir sind.

„Wenn Sie in ein Land wie Indien fahren und dort nicht shoppen gehen, lassen sie sich nicht auf die örtliche Kultur ein“, sagt van der Post.

Und für einige kann Einkaufen auch als Ausdruck von Freiheit in einer kapitalistischen liberalen Demokratie angesehen werden.

„Der Weg der selbstauferlegten Sparsamkeit und nur Dinge zu kaufen, die wir wirklich benötigen, führt zu den Verhältnissen in Kambodscha unter Pol Pot, Afghanistan unter den Taliban oder China unter Mao“, beschließt sie.

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Kurzer Einschub von mir: diese letzte Aussage ist, wie ich oben schon erwähnte, unfassbar ignorant, dreist und auch dämlich. Wenn die Leute keinen überflüssigen Konsum betreiben (freiwillig, wohlgemerkt!), dann entspricht das dem Leben in einer blutigen Diktatur, in der Andersdenkende verfolgt und getötet werden? Wie kann jemand einen derartigen Bullshit ablassen? Mal abgesehen von der auch sehr diskutablen Aussage, dass man unbedingt (überflüssigen Kram) einkaufen gehen muss, um an der örtlichen Kultur teilzuhaben. Mit den Äußerungen hat sich die Dame eigentlich selbst disqualifiziert, wie ich finde, aber was soll man von einer Autorin erwarten, die solch ein Magazin für „Luxus, Lebensart und Lifestyle” gegründet hat… So, Wutmodus aus, weiter geht es dann morgen mit Teil 2 des Artikels.

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Korruption der Presse durch Werbung & PR – Nachtrag

zeitung_pressMein Artikel „Wie der Druck durch Werbung die freie Presse korrumpieren kann“ sorgte ja doch für einige Diskussionen und wurde sogar auf der Website des Nachrichten-Magazins Hintergrund verwendet, in deren neuen Ausgabe es übrigens in gewisser Weise auch um dieses Thema geht – „Medien, Macht, Manipulation“.

Zwei Leser meines Blogs waren so freundlich, mich mit weiteren entsprechenden Informationen zu versorgen, die verdeutlichen, wie sumpfig das Verhältnis von (Reklame-)Industrie zu der „freien“ Presse heutzutage ist. Da ich davon ausgehe, dass nicht jeder auch die Kommentare hier verfolgt, hieve ich diese Infos einfach mal in den „offiziellen“ Bereich des Konsumpfs. Da wäre zunächst ein aktuelles Beispiel aus der Schweiz, über das die Zeitschrift Werbewoche berichtete – „Müller Martini – Thurgauer Zeitung mit Anzeigenboykott bedroht“:

Müller Martini hat Anzeigenaufträge bei der Thurgauer Zeitung zurückgezogen, weil diese einen kritischen Artikel über die Thurgauer Firma geschrieben hat. Hintergrund des Streits ist ein Bericht über die krisengeschüttelte Müller Martini, die im Frühjahr angekündigt hatte, insgesamt 200 Stellen abzubauen, davon 60 in Felben-Wellhausen. Gleichzeitig investiert die Firma in die Restaurierung eines Oldtimers. Die Zeitung hatte die Restaurierung als Luxus in der Krise kritisiert, von dem sich die betroffenen Mitarbeiter vor den Kopf gestossen fühlen.

Tja, dieses Beispiel zeigt, dass mitnichten nur die Reklame der großen Konzerne problematisch ist, sondern auch der Druck der lokalen Wirtschaft auf die lokale Presse dementsprechend hoch ist. Die Glaubwürdigkeit von Berichterstattung jeglicher werbefinanzierter Medien stellt das zusätzlich in ein entsprechend fahles Zwielicht.

Das Netzwerk Recherche ist ein Netzwerk für investigativen Journalismus, das sehr löbliche Ziele verfolgt:

Der Verein Netzwerk Recherche soll eine Lobby für den in Deutschland vernachlässigten investigativen Journalismus sein. Er vertritt die Interessen jener Kollegen, die oft gegen Widerstände in Verlagen und Sendern intensive Recherche durchsetzen wollen. Der Verein sieht sich in der Pflicht, wenn Funktionsträger den freien Fluss von Informationen behindern, wenn kein Geld für Recherchen zur Verfügung gestellt wird, wenn Kollegen für korrekte, kritische Arbeit angegriffen oder zum Teil sogar juristisch verfolgt werden.

Einen umfangreichen Bericht (168 Seiten!) über kritischen Wirtschaftsjournalismus, den das Netzwerk herausgegeben hat und bei dessen Lektüre man schon ab und an kräftig schlucken muss, könnt Ihr Euch HIER als pdf herunterzuladen – insbesondere lohnen sich zwei Artikel des Autors Nils Klawitter, der sich bereits mehrfach intensiv und kritisch mit der alles wie ein Krebsgeschwür durchziehenden Krake namens Public Relations (PR) auseinandergesetzt hat (siehe „Saubere Namen für dreckige Zwecke“ bei Spiegel Online) – „Public Relations – Meister der Verdrehung“ und „Lobbyismus in der EU“. Ebenfalls spannend „Was macht die Qualität … Defizite des Wirtschaftsjournalismus“ von Christian Nürnberger:

(…) Eines Tages hatte sich ein Leser am Telefon über schlechte Behandlung im Kaufhof beklagt, zufällig zu einem Zeitpunkt, zu dem ich selbst gerade vom Kaufhof schlecht behandelt worden war. Man wünscht sich ja, wenn man in einem Laden schlecht behandelt wird, ein paar Millionen auf dem Konto, damit man diesen Laden kaufen und den Chef feuern kann. Die Millionen hatte ich nicht, wohl aber einen Job bei der Zeitung und nun einen Anlass, den Laden mit 60 Zeilen zu vernichten.

Leider wurde die Vernichtung nie gedruckt.

Horst Wolf, einer der damaligen leitenden Redakteure der Zeitung kam zu mir und redete mir die schönsten Pointen, die geschliffensten Formulierungen und die gehässigsten Bemerkungen aus. Anfangs wollte ich widersprechen, wir diskutierten eine Weile, aber dann beendete er die Diskussion mit einem Satz, den ich nie mehr vergaß, und das war nun der eigentliche, der wahre Praxisschock. Der Satz lautete: ‘Die Pressefreiheit endet da, wo der Selbstmord beginnt (…)

(…) Dieser Zensor aus dem Geist des Kapitalismus ist viel geschickter und viel subtiler als die Zensoren in den Diktaturen gewesen sind. Dieser Zensor verbietet nichts, steckt niemanden ins Gefängnis, foltert nicht, droht kaum, dieser Zensor etabliert nur neue, harmlos klingende Kriterien für die Presse. Diese Kriterien werden noch nicht einmal öffentlich oder heimlich ausgesprochen oder gar schriftlich fixiert. Sie werden einfach nur angewendet. Der Zensor belohnt diejenigen mit Geld, sprich Werbung, die sich seinen Kriterien fügen. Wer sich nicht fügt, wird nicht etwa bestraft, sondern kriegt halt nur kein Geld. Das hat im Lauf der Jahre dazu geführt, dass immer größere Teile des Werbekuchens in den der Werbung genehmen Sendern, Verlagen und Redaktionen gelandet sind. (…)

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Die Herrschaft der Beliebigkeit – Eine Demokratiekritik

streifzuege-logoHach, es ist immer wieder erfrischend, einen Blick auf die Websites der Zeitschriften krisis und Streifzüge zu werfen, denn dort werden tatsächlich einmal kritische Gedanken zu Papier gebracht, die an so mancher als unumstößlich geltenden Normalität unseres Daseins rütteln. Neben der Kritik an der Überhöhung des Wertes der Arbeit und unserer Warengesellschaft wagt sich Autor Peter Klein in der neuen Ausgabe von Streifzüge (Nr. 46/2009 – das Heft gibt es komplett auch als kostenloses pdf!) an ein viele von uns seit Jahren umtreibendes und seit den ganzen Aktionen rund um die Internetsperren und das Ignorieren von E-Petitionen vermehrt beschäftigendes Thema: der Zustand unserer (Parteien-)Demokratie. In „Die Herrschaft der Beliebigkeit – Eine Demokratiekritik“ geht es dem Autor vor allem darum, dass heutzutage schon das Nachdenken über Alternativen und grundlegende Änderungen am momentanen Zustand fast ausgeschlossen erscheint, zumal die Verbindung von Demokratie mit dem (kapitalistischen) Wirtschaftssystem bereits so tief ins allgemeine Bewusstsein gesickert ist, dass auch hier echte Verbesserungen für viele kaum noch vorstellbar sind. Hier (wie üblich) ein paar Auszüge:

(…) Wie bei allen Bewusstseinszuständen, die es zu einer gesellschaftlichen Monopolstellung gebracht haben, ist natürlich auch mit diesem eine Gefahr verbunden. Es entsteht ein ideologischer Nebel, der es den Menschen schwer macht, die Härte und Grausamkeit, die mit der Ausübung jeglicher politischer Macht verbunden ist, deutlich wahrzunehmen. So sind etwa die vom Westen angezettelten Kriege der letzten Jahre trotz ihrer Unbeliebtheit auf bemerkenswert wenig Widerstand in der Bevölkerung gestoßen. Bomben, die im Namen der Demokratie und des Menschenrechts töten, machen anscheinend einen vernünftigeren und harmloseren Eindruck als das, was von „Hass“ und „religiösem Fantatismus“ angetriebene Attentäter tun – mag es militärisch gesehen auch noch so stümperhaft und unwirksam sein. (…)

Überhaupt zeichnet sich die westliche Demokratie durch ein hohes Maß politischer Zumutungs- und Frustrationstoleranz aus. Bei allem Lob der Kritik, bei aller mit Nachdruck zelebrierten Offenheit und Streitkultur – sie hat sich im letzten halben Jahrhundert als ein Hort der politischen Ruhe und Stabilität bewährt. Und dieser Umstand scheint mir von grundsätzlicher Bedeutung zu sein. Er verweist auf die Tatsache, dass die Menschen des Westens, jeder einzelne für sich, ziemlich viel mit sich selbst zu tun haben. Dafür sorgt die politisch-rechtliche Grundstruktur, in der sie sich befinden. Die moderne demokratische Gesellschaft ist eine weitgehend individualisierte Gesellschaft. Das Volk, das herrscht, ist eine rechtliche Struktur, die auf das vereinzelte Individuum zugeschnitten ist. Die Menschen sind hier rechtlich voneinander unabhängige Subjekte, die ihr Leben in freier Selbstverantwortung zu gestalten haben. Was immer diesem selbstverantwortlichen Subjekt zustößt, es handelt sich zunächst einmal um seine eigene Angelegenheit und um sein eigenes Pech. Jeder ist hier seines Glückes Schmied, und das heißt im Umkehrschluss, dass er sich auch das Misslingen und das Unglücklichsein selbst zuzuschreiben hat. Das hämische „Selber schuld!“ liegt mehr auf der Linie des verbreiteten Einzelkämpfertums als die Entwicklung von Solidaritätsgefühlen. Mit anderen Worten: Die Zeiten, in denen man noch politische Überzeugungen hegte und Opfer für sie brachte, sind in der überaus „coolen“ Gesellschaft der westlichen Demokratie lange vorbei. Das Dasein als privater Egoist fristen zu müssen, ist schon anstrengend genug. (…)

(…) Wenn das Nein zur Abwechslung einmal etwas früher auftreten und sich obendrein auch noch Gehör verschaffen könnte, wäre dies in Anbetracht der historischen Erfahrungen sicher von Vorteil. In diesem Sinne möchte ich den hier vorliegenden Versuch einer Demokratiekritik verstanden wissen. Die Krise, mit der wir konfrontiert sind, besitzt nach meiner Auffassung fundamentalen Charakter, das Ende einer ganzen Epoche zeichnet sich ab. Je deutlicher wir uns diese Situation bewusst machen, je besser wir mental darauf eingestellt sind, desto weniger Schmerzen wird uns der Übergang in die postkapitalistische Ära bereiten. Hinter den immergleichen Formeln und Floskeln wie hinter den Gitterstäben eines Käfigs hin- und herzustreifen, ist das Letzte, was uns Not tut. Es kommt im Gegenteil darauf an, diese Gitterstäbe zu durchschauen und zu überwinden. Der Abschied von der kapitalistischen Epoche fällt in dem Maße leicht, in dem sich die Einsicht verbreitet, dass das zu Verabschiedende überflüssig ist wie ein Kropf, dass es gut und nützlich ist, wenn man es hinter sich lassen kann. Der Abschied wird zur Qual ohne Ende, wenn man sich an den gewohnten Maßstäben und Denkformen um jeden Preis festzukrallen versucht. (…)

(…) Es ist schon viel gewonnen, wenn es uns gelingt, zu dieser Konstellation mental und bewusstseinsmäßig auf Distanz zu gehen. Letzten Endes sollte die demokratische Vernunft aber als das aus unsichtbaren Mauern bestehende Gefängnis verstanden werden, das den modernen Menschen daran hindert, seine existenzielle Befindlichkeit ernst zu nehmen und sich auf eine unbefangene Debatte darüber einzulassen.

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LobbyControl enthüllt erneut verdeckte Öffentlichkeitsarbeit – gleiche Methoden und Akteure wie im Fall der Deutschen Bahn

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© julosstock, stock.xchng

Heute reiche ich mal nur eine Info weiter, die ich im LobbyControl-Newsletter erhalten habe – LobbyControl ist ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Verstrickungen von Wirtschaft und Politik auf die Schliche zu kommen und sie aufzudecken. Was ihnen in diesem Fall – es geht um Biosprit – erneut gelungen ist und wieder einmal deutlich macht, wie wenig unabhängig Politik heutzutage doch von den permanenten Einflüsterungen aus der Industrie ist.

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Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) räumte gestern ein, dass er 2008 monatelang mit unlauteren Mitteln Werbung für seine Ziele – die positive Darstellung von Biosprit – betrieb. Der heutige VDB-Präsident Claus Sauter bestätigte gegenüber LobbyControl, dass der Verband Anfang 2008 das deutsche Lobbyunternehmen EPPA GmbH – bekannt aus dem Zusammenhang mit der Bahn-Affäre im Mai – mit der Erstellung einer Analyse und der Durchführung einer Kampagne beauftragt hat. Wie im Fall der Bahn war die Denkfabrik Berlinpolis an der Ausführung beteiligt. Auch die eingesetzten Mittel gleichen sich.

>> Wie bei der Bahn: EPPA GmbH und Berlinpolis beteiligt

Laut Aussage von Claus Sauter sind Rüdiger May und Josef Grendel bereits Mitte 2007 im Namen von EPPA GmbH an den Verband herangetreten. Umweltverbände und Entwicklungsorganisationen hatten zu der Zeit zunehmend ökologische Bedenken vorgebracht und Biokraftstoffe als Auslöser von Hunger in Entwicklungsländern kritisiert. Die Debatte wurde (und wird) in der Öffentlichkeit sehr kontrovers geführt. Das Angebot der EPPA GmbH habe vorgesehen, eine Analyse der Berichterstattung vorzunehmen und eine Öffentlichkeitskampagne anzuschließen, die der Kritik entgegen wirken sollte.

Im Anschluss an den Vertragsabschluss begannen Mitarbeiter von Berlinpolis, unter Leserbriefe zu veröffentlichen, die nicht als PR gekennzeichnet waren. Von wenigen Ausnahmen abgesehen findet sich kein Hinweis auf ihre Tätigkeit bei Berlinpolis. Ein Auftragsverhältnis zum VDB ist nicht erkennbar. Die Leserbriefe wurden unter anderem bei FAZ.Net, FR-Online, Welt, Junge Welt, Märkische Allgemeine und der Taz veröffentlicht. Darüber hinaus publizierte der Berlinpolis-Geschäftsführer Daniel Dettling Artikel im Namen von Berlinpolis bei der FTD und der Welt, die sich für die positiven Aspekte des Biosprits aussprachen. Wie schon im Fall der Bahn wurde die Internetseite www.zukunftmobil.de, die inzwischen aus dem Netz genommen wurde, als Plattform für Online-Beiträge genutzt, die nicht als PR erkennbar waren.

Des Weiteren gab Berlinpolis eine Forsa-Umfrage zum Thema Biosprit in Auftrag und veranstaltete eine Podiumsdiskussion mit dem Titel “Tank oder Teller?”. Auf dem Podium anwesend waren unter anderem die CDU-Politikerin und Parlamentarische Staatssekretärin Ursula Heinen (BMELV), Michael Kauch (MdB und umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion) sowie Helmut Lamp (MDB für die CDU und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Bioenergie). Eine finanzielle Vergütung der Politiker soll es nicht gegeben haben.

>>Berlinpolis betrieb Webauftritt eines Ministeriums

Weitere Brisanz erhält der Fall durch Artikel der Berlinpolis-Mitarbeiter Katrin Päzolt und Martin Becker zum Thema Energie auf der Website “Kreativen Ökonomie”. Dieser war nicht als PR-Beitrag gekennzeichnet. Die Seite wird vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie in Nordrhein-Westfalen betrieben, das sich auch mit Biosprit-Fragen beschäftigt. Aufbau, Programmierung und Pflege der Website unterlag von 2007 bis 2009 Berlinpolis. Laut Wirtschaftsministerium ist der Vertrag aber inzwischen ausgelaufen.

VDB-Präsident Claus Sauter erklärte, nichts von den verdeckten Aktionen gewusst zu haben. Ihm seien lediglich die zwei Artikel von Herr Dettling und der Webauftritt bei zukunftmobil.de bekannt gewesen. Nicht auszuschließen sei jedoch, dass diese möglicherweise mit dem damaligen Präsidium oder der damaligen Geschäftsführung abgesprochen waren.

Nach Angaben des VDB wurde der Vertrag Mitte 2008 vorzeitig gekündigt. Wie viel Geld im Rahmen des Auftrages geflossen ist, will der VDB nicht offen legen.

>> Verpflichtende Lobby-Transparenz dringend nötig

Wie im Fall der Bahn wurde hier mit den gleichen Methoden versucht, Öffentlichkeit und Politik dadurch zu beeinflussen, dass vermeintlich unabhängige Dritte im Sinne der Biosprit-Industrie in die öffentliche Debatte eingriffen. Diese Manipulation von Politik und Öffentlichkeit ist absolut inakzeptabel!

Erst Ende letzter Woche hatte der Deutsche PR-Rat, das Selbstkontrollorgan der PR-Branche, die EPPA GmbH für die Durchführung und Steuerung der Bahn-Affaire öffentlich gerügt. Laut PR-Rat hat das Lobbyunternehmen keinerlei Mitwirkung am Verfahren gezeigt. Deshalb könne nicht bewertet werden, ob EPPA GmbH inzwischen von seinem “unethischen Geschäftsgebaren” Abstand genommen habe. Diese mangelnden Aufklärungsmöglichkeiten des PR-Rates zeigen, dass eine freiwillige Selbstkontrolle im Ernstfall ein zahnloser Tiger bleibt.

Wir fordern daher ein gesetzlich verankertes Lobbyisten-Register, das Lobbyisten zur Transparenz über ihre Auftraggeber und Budgets verpflichtet. Unterstützen Sie unsere Forderung und unterzeichnen Sie jetzt unseren Online-Appell an den Bundestag:
http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/lobby-appell/

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Lebensmittel – mehr Schein als Sein

Ich möchte meine kleine „Serie“ über die unappetitlichen Auswüchse der Lebensmittelindustrie heute ein wenig fortsetzen, und präsentiere Euch einen kurzen Beitrag, wieder einmal aus dem markt-Magazin des NDR, in dem es um im wahrsten Sinne des Wortes Industriefraß geht – „markt deckt auf: Lebensmittel – mehr Schein als Sein“. Also darum, wie heutzutage in bunten Verpackungen gewisse Lebensmittel imitiert und vorgetäuscht werden und in Wahrheit nur zusammengepanschter ekliger Ersatz angeboten wird. Ich weise hier gerne immer wieder darauf hin, dass bitte niemand glauben sollte, dass das Billigzeug beim Discounter oder im Supermarkt irgendetwas mit richtiger Ernährung zu tun hat. Und der Preisdruck, der dazu führt, dass alles immer zu einem möglichst niedrigen Preis angeboten wird, bewirkt zwangsläufig solche Entwicklungen. Lecker ist anders…

Wir servieren Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg Delikatessen aus dem Supermarkt: Lachs, Feta und Garnelen nach Art der Lebensmittelindustrie. Der Verbraucherschützer meint dazu: “Wenn die Verbraucher wirklich wissen würden, was sie hier aufgetischt bekommen, dann würde ihnen schlecht, weil es Kunstprodukte sind. Es sind wirklich viele Zusatzstoffe drin. Von einem natürlichen Lebensmittel kann man hier nicht sprechen.”

(…) Beispiel Surimi (auf Japanisch etwa “zermahlenes, gehacktes Fleisch”): Das Produkt kann aussehen wie Garnelen, Krebsfleisch oder undefinierte rote oder pinkfarbene Blöcke. Mithilfe einer edlen Verpackung entsteht aber der Eindruck, der Verbraucher würde eine Delikatesse kaufen. Nur wer genau hinschaut, kann erkennen, dass es sich dabei um ein Imitat handelt. Fischmuskeleiweiß ist nur eine von vielen Zutaten von Surimi. Es enthält außerdem Aromen, Farbstoffe, Konservierungsmittel und sogar Hühnereiweiß. Selbst in Fischstäbchen steckt mehr Natur.

EDIT: Auf Spiegel Online gibt es ebenfalls einen Artikel zu dem Thema – „Analogkäse, Gel-Schinken und Co. – Verbraucherschütze decken Lebensmittel-Tricksereien auf“.

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Badvertising

Eine Rubrik „Badvertising“ zu nennen, wie es die US-amerikanische Verbraucherschutzseite Consumerist tut, weckt natürlich sofort mein Interesse. Tatsächlich werden hier Beispiele sowohl für handwerklich schlechte, peinliche, dümmliche, irreführende Reklame aus den letzten Jahrzehnten versammelt (besonders schön: Zuckerwerbung aus den 60ern, in der Zucker als Diäthilfe angepriesen wird! Oder historische Zigarettenwerbung, mit Rock Hudson oder Ärzten als Anpreiser der Nützlichkeit des Rauchens!), als auch auf aktuelle Fehlentwicklungen der Werbeindustrie eingegangen (z.B. eine sehr kritische Betrachtung der Aktivitäten von Coca Cola in Bezug auf ihre Werbung, die sich angeblich ja gar nicht an Kinder richtet).

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Nicht jeder Beitrag erschließt sich dem Mitteleuropäer unmittelbar, aber sofort ins Auge sprangen mir zwei Artikel im Zusammenhang mit Kreditkarten. Da beschweren sich Kunden darüber, dass die Citibank auf ihrer Internetsite bei den jeweiligen Kundenkontoständen wahrhaftig so dreist ist, in die jeweiligen Transaktionen Werbeeinblendungen zu schieben und die die Übersichtlichkeit massiv stören. Klar, die Citibank ist quasi pleite und musste viele Milliarden $ vom Staat bekommen, um überhaupt über die Runden zu kommen, aber dass sie so tief gesunken ist, ist schon erschreckend. Die Leute bei etwas so Sensiblem wie den Kontoständen noch mit Reklame zu behelligen, ist sowieso eine Unverschämtheit, schließlich bezahlt der Kunde ja die Karte sowieso schon teuer genug.

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Werbung in Bezug auf Kreditkarten ist in den USA ohnehin eine bei uns kaum vorstellbare Pest – viele Unternehmen und Banken streiten sich da um die Gunst der Kunden und bombardieren die Haushalte mit einer wahren Prospektlawine. Familie Silbar aus Chicagoland hat sich mal den Spaß gemacht und sammelte alle entsprechenden Werbesendungen eines Jahres und kam am Ende auf die schwindelerregende Menge von 23 Pfund Papier, verteilt auf 445 Angebote für Kreditkarten, die da allein auf sie einprasselte! Was für eine grauenhafte Ressourcenvergeudung, einfach unfassbar – aber darüber habe ich mich ja auch schon in Teil 3 meiner kleinen Aufklärungsserie „Werbung schadet“ ausgelassen.

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