Sep
29
2010
2

Fernsehtipp: Blut, Schweiß und T-Shirts

Dokusoaps sind ja so eine Sache – oft gescriptet und gecastet und weit an der Realität vorbei. Manchmal kommt aber doch etwas Interessantes dabei heraus – wie bei der britischen 4-teiligen Serie „Blut, Schweiß und T-Shirts – Hinter den Kulissen indischer Textilfabriken“, die seit gestern noch bis Freitag immer um 19:15 Uhr auf ZDF neo läuft (hab leider auch erst heute davon erfahren, sonst hätte ich den Tipp schon früher lanciert!):

Sechs Fashionvictims reisen nach Indien. Einen Monat leben und arbeiten sie mit den Billiglohnarbeitern in den Textilfabriken und werden zum ersten Mal in ihrem Leben mit den Bedingungen konfrontiert, unter denen ihre Kleider hergestellt werden.

Ihre Reise beginnt in einer Textilfabrik in Delhi, die Kleidung für den Export produziert. Die meisten der Textilien landen in beliebten englischen Markenshops. Doch unter welchen Bedingungen werden diese T-Shirts eigentlich produziert?

Leben am Existenzminimum
Das findet die Gruppe während ihres einwöchigen Aufenthalts in der angesehensten Fabrik Delhis heraus. Die Arbeitsbedingungen sind im Gegensatz zu indischen Standards hoch, doch schon hier stoßen einige der Sechs an ihre Grenzen. Auch das Leben in einem der ärmsten Vororte Delhis schockiert sie.

Die zweite Station der Reise führt die sechs Fashionvictims in einen kleinen Betrieb in West Dehli. Die Gehälter liegen bei einem Minimum, für das Nähen einer Bluse gibt es nur zwölf Rupien – knapp 20 Cent. Und die Arbeitszeit beträgt bis zu 15 Stunden täglich. Geschlafen werden kann sehr zeitsparend gleich neben den Maschinen, zwischen den anderen Arbeitern. Hier können die Sechs herausfinden, wie die Einheimischen ihre eigene Lebenssituation empfinden. Die Reise wird zu einer der härtesten Herausforderungen ihres Lebens.

Unmenschliche Arbeitsbedingungen
Diesmal geht es für die sechs Fashionvictims zur Baumwollernte. Sechs Stunden fahren sie mit dem Zug von Dehli weiter ins Landesinnere. Dabei sind nicht nur Ungeziefer und Enge unangenehm, die vorbeiziehende Landschaft zeigt Unterkünfte anderer Farmarbeiter und lässt die Teilnehmer erahnen wie ihre kommende Woche aussehen wird. Die harte Arbeit ist nervenaufreibend, bald leidet auch die Stimmung der ganzen Gruppe darunter.

Die letzte Folge führt die sechs Fashionvictims nach Mumbai. Jedes Jahr strömen hunderttausende Menschen hierher, um ihren Traum vom Job in der Modeindustrie zu verwirklichen. Doch die meisten landen am Ende in Dharavi, dem größten Slum Asiens. Hier endet ihre Reise. Nach Geschlechtern getrennt arbeiten sie die letzte Woche nochmals an den Nähmaschinen. Massenweise Kleidung, die zum Export hergestellt wird, stammt aus diesen Fabriken Mumbais. In engen und dreckigen Arbeitsräumen wird Kinderkleidung produziert und ausgerechnet hier arbeiten sie auch mit Kindern zusammen. Mehr denn je sind sie von den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der indischen Kleiderindustrie schockiert. Werden die sechs nun ihr Konsumverhalten ändern?

EDIT: Die Website glasdemokratie.to hat die Dokumentation nun in drei Teilen bei einem Videportal hochgeladen – hier sind sie:


Blut, Schweiss und T-Shirts 1.Teil


Blut, Schweiss und T-Shirts 2.Teil


Blut, Schweiss und T-Shirts 3.Teil

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05
2010
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Die wahren Fashion Victims

„Fashion victim“, so nennt man in unseren wohlgenährten Gegenden Menschen, die sklavisch jeden Trend mitmachen und immer nach der aktuellsten Mode gekleidet sind, egal, ob diese zu ihnen passt oder nicht. Solche Modeopfer sind also abhängig von dem, was einem Designer und Label so alles vorsetzen – ein wahres Luxusproblem.

Die tatsächlichen Opfer der Modeindustrie sind natürlich andere – nämlich diejenigen, die in den Billiglohnländern unter teils menschenunwürdigen Bedingungen für möglichst geringe Kosten (zur Wahrung der erklecklichen Gewinnspanne der Modekonzerne) all das zusammen nähen, was wir am Leibe tragen und oft nach kurzer Zeit, nach dem Ende einer Modeperiode, wieder entsorgen. Die schweizerische Erklärung von Bern, die sich schon lange gegen die Ausbeutung in den Entwicklungsländern engagiert, hat nun ein neues Projekt gestartet – „10 Rappen für ein würdiges Leben“. Sie soll die Modefirmen, von denen die allermeisten sich nicht um existenzsichernde Löhne kümmern, dafür aber um ein schillerndes Image und hohle Reklamespots, zum Umdenken animieren. 10 Wochen lang wird jede wird ein anderer Teil der Konzerne aufs Korn genommen – in der ersten Woche sind es Dessous- und Bademodenproduzenten wie Calida oder Triumph. Wer also diesen Unternehmen Druck machen will, geht am besten auf die Kampagnenwebsite www.zehnrappen.ch und unterschreibt dort (online) seinen Protest. (10 Rappen entsprechen übrigens gerade einmal 7–8 Eurocent!)

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31
2009
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Nichts geht ohne Coca Cola

Anlässlich der Fußball-WM 2006 in Deutschland drehte der Fernsehsender Phoenix die hochinteressante Dokumentation „Nichts geht ohne Coca Cola – Wie ein Konzern die WM dominiert“, in der die teils wenig ersprießlichen Hintergründe des Geschäftsgebarens dieses Weltkonzerns beleuchtet werden. Der Film ist auch ein Lehrbeispiel dafür, wie die von den großen Unternehmen diktierte Globalisierung funktioniert (oder eben nicht funktioniert) und welche Auswirkungen sie auf unser aller Leben hat. Und nebenbei zeigt er auch die dubiose Stellung, die die FIFA im Sportbusiness bekleidet.

Mal abgesehen davon, dass es pervers ist, dass, wie der Film z.B. zeigt, 1 Liter wertvolles Wasser in Indien für die Herstellung von 0,33 Liter der ungesunden Blubberbrause ver(sch)wendet werden, finde ich auch den Teil über das „Tafelwasser„ Bonaqua sehr interessant – mir war bisher nicht bewusst, dass es sich dabei nicht um frisches Mineralwasser, sondern lediglich um aufbereitetes Leitungswasser handelt, das extrem überteuert und mit viel peinlichem Reklameaufwand vom Coca-Cola-Konzern verkauft wird (J.B. Kerner ist sich auch hier wieder nicht zu blöd, seine Visage für diese Werbung hinzuhalten). Mir schmeckte Bonaqua sowieso noch nie, es ist so mit das ekligste Wasser, das man in Flaschen kaufen kann.

Mit Ticketverlosungen, Fußballturnieren und neuen WM-Dosen setzt sich Coca-Cola schon frühzeitig in Szene. Sportlich und fair, so will Sponsor Coca-Cola gerne beim Konsumenten ankommen. Die Sendung überprüft kritisch, welchen Wert diese Attribute tatsächlich im Alltag des Konzerns haben. Was macht der Sponsor im Gastgeberland der WM?

So stellt sich heraus, dass Coca-Cola in Ostdeutschland mancherorts Fördergelder kassierte, ohne langfristig Arbeitsplätze zu schaffen. Die Losung “hier produziert, hier getrunken” ist ebenfalls in Gefahr, denn die Konzernzentrale in Atlanta will offenkundig massiv Produktion und Vertrieb in Deutschland verschlanken. Betriebsräte befürchten die Verlagerung von mehreren Tausend Arbeitsplätzen nach Osteuropa. In Indien wird die Fairness des globalen Konzerns stark angezweifelt. Hier pumpen die Abfüllwerke den Bauern das Wasser ab, um Softdrinks zu produzieren. In verschiedenen Regionen ist der Wasserspiegel bereits um 60 Meter abgesunken. Tagelöhner arbeiten für 1,50 Euro pro Schicht. Es gibt bereits massiven Widerstand der betroffenen Bevölkerung gegen den Coca-Cola-Konzern und dessen Expansionspolitik.

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Mai
30
2009
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Kritik am Konsumwahn

small_tree_on_whiteIm letzten Spiegel fand sich dieses tolle Interview mit der indischen Aktivistin Vandana Shiva – „Die Bestohlenen werden sich erheben“ –, in dem sie sich gegen Konsumwahn und Wachstumswirtschaft ausspricht und dafür plädiert, Bäume zu pflanzen statt zu konsumieren. Sehr lesenswert! Hier ein paar Auszüge:

SPIEGEL ONLINE: Frau Shiva, haben Sie als Umweltaktivistin und Feministin Verständnis dafür, dass viele Menschen in Deutschland gerade die Frage umtreibt, wer die Wahl zu “Germany’s Next Topmodel” gewonnen hat?

Vandana Shiva: Nein, was diesen Teil des Lebens anbelangt, bin ich wirklich ignorant. Top-Models könnten an mir vorbeilaufen, und ich würde sie nicht erkennen. Nach Super-Models zu suchen, während das Klima und die Weltwirtschaft im Chaos versinken, ist so, als würde Nero fiedeln, während Rom brennt.

(…) Shiva: Wir konzentrieren uns sicherlich zu sehr auf die ökonomische Krise – natürlich auch, weil die Regierungen und die Automobilindustrie sie als den Anfang vom Ende darstellen. Als würde die Welt ohne Banken und Autobauer zusammenbrechen. Dabei verkauft die Automobilindustrie zu viele Wagen, die keiner wirklich braucht, und die Banken spekulieren ständig mit neuen Papieren. Statt das zu korrigieren, wird alles getan, um rettend einzugreifen. Das ist so, als hätte ein Luftballon ein Loch, und man pustet trotzdem weiter Luft hinein. Aber ein kaputter Ballon ist kaputt.

SPIEGEL ONLINE: Wir müssen uns also von Limousinen und Investment-Fonds verabschieden?

Shiva: Die Krise zeigt uns, das stetige Anhäufen von materiellen Dingen ist vorbei. Nun kann man entweder in Panik geraten oder man kann sagen, gut, dass das vorbei ist – nun kann ich mich darauf konzentrieren, ein wirklich glückliches Leben zu führen.

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Mrz
01
2009
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„Warum es zivilen Ungehorsam braucht, um unsere Allgemeingüter zu verteidigen“

vandana-shiva

Quelle: medico international

Die indische Trägerin des Alternativen Nobelpreises und bekannte Globalisierungskritikerin Vandana Shiva setzt sich in ihrer Heimat schon seit längerem für die Rechte der indischen Urbevölkerung und ein und kämpft gegen die sich immer weiter ausbreitenden, übermächtig wirkenden Großkonzerne, die dabei sind, den Globus unter sich aufzuteilen. Auf der Konferenz „Medico international“ hielt sie eine bemerkenswerte Rede über die Zustände in Indien und dem Rest der Welt vor dem Hintergrund dieser Konzernmacht und ihrer negativen Folgen für die meisten Menschen. Ihre Rede erschien vor einigen Tagen in der Neuen Rheinischen Zeitung (einem unabhängigen Nachrichtenportal für Köln & Umgebung) unter dem Titel „Wider die Angst: Satygraha. Warum es zivilen Ungehorsam braucht, um unsere Allgemeingüter zu verteidigen.“, hier ein paar Auszüge:

Die Herrschaft der internationalen Konzerne hat für die Menschen in Indien bereits Züge der totalen Kontrolle über Handel und Wirtschaft angenommen, so wie sie einst die East Indian Company ausübte. Damals hatten wir die East Indian Company, jetzt haben wir Saatguthersteller, Pharmamultis, chemische und biogenetische Bigplayer, die unser Land regieren.

Diktatur von fünf Konzernen
Immer deutlicher wird, dass das Gesundheitswesen und die Lebensmittelversorgung weltweit von fünf Konzernen bestimmt werden. Aus meiner Sicht ist das Diktatur und keine Wirtschaftsdemokratie. Ein Wandlungsprozess hat stattgefunden. Die Demokratie ist nicht mehr vom und für das Volk, sondern von und für die Konzerne. Wenn wir uns heute hier mit einer Neubestimmung von Solidarität beschäftigen, dann müssen wir mit dieser Herrschaft der Konzerne umgehen. Wenn wir darüber nicht reden, werden wir nicht die nächsten Schritte auf dem Weg zur Verteidigung unserer Freiheiten und zu unserer Befreiung bestimmen können.

(…) Meine Tätigkeit ist darauf ausgerichtet, dass Lebensgrundlagen nicht privatisiert werden, dass Bauern das Recht auf Reproduktion von Saatgut haben, dass wir pharmazeutische Produkte selbst herstellen können. Denn unsere eigenen Medikamente kosten hundertmal weniger als die der großen internationalen Unternehmen.

Wir befinden uns mitten in einer Lebensmittelkrise. Die Financial Times und das Wall Street Journal berichten von einem neuen Plan der Weltbank. Aber der neue Plan der Weltbank ist der alte Plan, der diese Ernährungskrise verursacht hat. Nun sollen unsere Steuergelder dafür eingesetzt werden, um genetisch verändertes Saatgut und Düngemittel noch höher zu subventionieren und um sie noch schneller im Süden einzusetzen. Subventioniert werden auch Suez, Vivendi und RWE, die ganz scharf darauf sind, jeden Tropfen Wasser zu privatisieren.

(…) Die Privatisierung von Wasser bringt Milliardenprofite. Ein ungeheures Geschäft mit einem existentiellen Bedürfnis der Menschen, das nun zu Marktpreisen befriedigt werden soll. Was Marktpreise bedeuten, wissen wir. Coca Cola stiehlt jeden Tag zwischen 1,5 und 2 Millionen Liter Wasser, jede einzelne Coca-Cola-Niederlassung nimmt sich ihr Wasser. Es brauchte den Mut einer Frau aus Kerala, die sich dagegen wehrte, dass sie jeden Tag noch mehr Meilen laufen musste, um an Trinkwasser zu kommen, während Coca Cola es einfach nahm und verschmutzt zurückließ. Sie hat zusammen mit weiteren zehn Frauen vor sechs Jahren eine Aktion zivilen Ungehorsams vor den Werkstoren von Coca Cola begonnen. Daraus entstand eine zivilgesellschaftliche Bewegung, der es am Ende gelang, die Schließung des Werkes zu erreichen.

(…) Eine der Illusionen, die sie uns verkaufen, ist, dass es mehr ökonomische Freiheit bringen würde, wenn wir wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgeben. Sie ersetzen unsere Freiheiten als Arbeiter, als Angestellte, als Bauern, als Krankenschwestern, als Ärzte durch das Recht der Supermärkte, das Recht und die Freiheit zu kaufen. Wir werden zu Konsumenten reduziert. Der Konsumismus soll unsere Erfahrung der Freiheit sein und damit partizipieren wir am Katastrophenkapitalismus.

Unsere Allgemeingüter solidarisch verteidigen!
Der Konsumismus ist für unseren Planeten ein Krebsgeschwür im Endstadium. Er hat einen unstillbaren Appetit auf unsere Ressourcen und unsere Allgemeingüter, unsere Commons. Solidarität heißt deshalb heute, unsere Allgemeingüter auf lokaler und globaler Ebene zu verteidigen.

(…) Der letzte Widerstand ist der Widerstand gegen die Angst. Wir müssen klarmachen, dass wir nur die Gesetze anerkennen, die auf Gerechtigkeit und Ökologie basieren und nicht die der Konzerne. Solche Gesetze werden tagtäglich geschaffen, um unser Leben zu kontrollieren und uns davon abzuhalten, aktiv zu werden. Sie reduzieren uns auf die Angst.

Das ist Faschismus, das ist das endgültige Ende der Freiheit, die wir so sehr brauchen. Wir können uns nicht leisten, dass das Prinzip der Angst die Welt beherrscht, als letzter Weg, um eine Menschheit, die sich nach Freiheit, Gemeinsamkeit und Solidarität sehnt, zum Schweigen zu bringen.

[via Duckhome]

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