Das Gutenberg-Phänomen: Medienmacht

© clix, stock.xchng

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Immer wieder finden sich auch in der oft kritisierten Medienlandschaft querdenkende Stimmen und hintergründige Artikel, auch wenn diese oft in dem allgemeinen Mediengemurmel untergehen oder nur zaghaft am Rande auftauchen. Im Leserartikel-Blog der ZEIT beispielsweise schrieb User iDog vor einiger Zeit den ausgesprochen lesenswerten Artikel Das Gutenberg-Phänomen: Medienmacht. Realitätsmonopol und zeitgenössische Medienrevolution, in dem er die sich zuspitzende Machtkonzentration im Medienbereich und die damit einhergehende Desinformation großer Bevölkerungsschichten pointiert und ungeschminkt beschreibt. Ja, der komplette Original-Text ist lang, lohnt sich meines Erachtens aber (selbst dann, wenn man nicht unbedingt alle Schlussfolgerungen und Beobachtungen teilen sollte)!

(…) So ist die mediale Manipulation ganzer Bevölkerungen zwar aus der Aufklärung geboren, aber wird politisch und wirtschaftlich zu der Machtkonzentration führen, die den feudalen Strukturen vor der gutenbergschen Medienrevolution im Mittelalter gleichkommen. Jene frühere Struktur erkennen wir heute in der schmalen Eigentümerelite der medialen Welt wieder, welche somit wieder ein Monopol hält auf das, was wir “Realität” nennen, bzw. auf das, was die Medienkonsumenten als “Realität” angeboten bekommen und auch lange aus Mangel an alternativen Informationsquellen als “Realität” bezeichnen müssen.

Zusätzlich zur Monopolgewalt über die selektiven Medieninhalte und Darstellungen der Wirklichkeit durch Muster des “Vergessens” oder durch die methodische Unterschlagung werden Profite durch Urheberschaft aus diesem Zentralismus generiert. Dass diese kommerziellen Eigentumsrechte nicht nur auf wirtschaftlichem Urheberschutz, also Copyright basiert, sondern historisch auf klerikal-juristische Urheberfeststellung im Auftrag der Inquisition zurückgeht, sei nur nebenbei bemerkt. Hier wird also die 4. gesellschaftliche Gewalt, die in ihrem nichtöffentlichen Interesse der Eigentümer dem öffentlichen Interesse des politischen Souveräns entgegenarbeitet, zur Waffe und besichert sich selbst in ihrer gleichzeitigen Erscheinungsform als Eigentum. Ein virtuoser Kreislauf aus Bevormundung und Unterdrückung, in dem sich Aufklärung in ihr Gegenteil verkehrt, bzw. deren Schwächen sich zeigen in ihrer Käuflichkeit, ihrem vagen Allgemeingültigkeitsanspruch und in ihrem suggestiven Anspruch auf Objektivität, den sie in Nebensächlichkeiten beweist, um ihn in Hauptsachen missbrauchen zu können. Gerade im letzten Punkt erweist sich diese “Alzheimerdoktrin” immer mehr als anwendbar an einer getäuschten Bevölkerung von “Alzheimerdemokraten”.

(…) Durch weitreichende virtuelle Illusionswelten von Holly- bis Bollywood, von “World of Warcraft” bis “Second Life” werden die konsumierenden und medial zum Konsum angeregten Menschen jenseits der subelitären Dienstleisterbranchen zu einem nicht eigenverantwortlichen Leben ohne eigeninitiatives Denken und Entscheiden versucht. Der Mensch wird zum Konsumenten degradiert und dies auch besonders auf Ideologie bezogen. Solchermaßen manipuliert, werden Menschen überredet und verführt, in letzter Konsequenz nicht nur ethisch unhaltbare imperialmilitärische Machterweiterungen zu akzeptieren, sondern sie auch unter zum Teil grossen Opfern in den eigenen Reihen zwecks Profitmaximierung besagter quasi monopolistischer Eigentümerelite und deren Machtinteressen durchzuführen.

(…) Noch befindet sich die mediale Wandlung des Westens in einer fruchtbaren Periode, die eine Chance beinhaltet, wie sie mir einzigartig erscheint, um ein orwellsches Welttheater in naher Zukunft zu verhindern, in dem uns der individuelle Austausch von kritischer Wahrnehmung nicht mehr gestattet sein wird und wir und unsere Kinder im schlechtesten Fall als blindes, nicht denkendes Kanonenfutter aufeinandergehetzt werden.

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Neue Perversitäten der Werbeindustrie im Anrollen

Manchmal tun mir die Amerikaner ja schon wirklich etwas Leid, schließlich bekommen sie als erste die Absurditäten einer kommerziellen Entwicklung ab, die keine Grenzen mehr zu kennen scheint (etwas, das ja auch schon der Artikel „Vieles von dem, was Werbetreibende tun, ist eine Verletzung der Privatsphäre“ anprangert). Im Ban Billboard Blight-Artikel „Brave New World of Outdoor Advertising“ werden ein paar der neuesten uns erwartenden „Trends“ und „Innovationen“ im Bereich der Behelligung der Menschen mit Kommerzpropaganda aufgeführt. Man muss wohl selbst im Marketingbusiness arbeiten, um verstehen zu können, was in den Köpfen derjenigen vorgeht, die sich solch einen Dreck ausdenken – bloß die Menschen nicht mal in Ruhe lassen, immer schön auf Konsum trimmen…

Flogos: Sky advertising – als „best business idea“ von CNN angepriesene Ekelhaftigkeit, bei der der Himmel vermehrt mit Reklamelogos bestückt werden soll („enviromentally friendly“ – nur leider bezieht sich das nicht auf die mentale und visuelle Umwelt):

Clear Channel Branded Cities – dieses Unternehmen will die Plakatwände für Reklame noch weiter vorantreiben und in unvorstellbare Dimensionen wachsen lassen. Schaut Euch die abstoßenden Beispielbilder auf der Website dieser Firma ruhig einmal an. Städte, die dergestalt verschandelt werden, werden für Menschen eigentlich unbewohnbar.

Clear Channel Branded Cities transforms locations into destinations – places where consumers go for entertainment, dining, shopping, to work, and to live …and where brands are an integral part of that experience.

World Wide Weaveverwandelt Architektur/Fassaden in dynamische Werbung.

Mediamesh® offers a large spectrum of new design possibilities for architects ,investors and building owners – opportunities to medialize their buildings and adding a dynamic dimension to their architecture.

Apples iPhone interagiert mit dynamischen digitalen Werbetafeln, eigens von CBS und Clusta entwickelt, damit man die Inhalte der Werbeplakate zoomen, drehen etc. kann. Auf dass das iPhone noch nutzloser wird…

Und der letzte Schrei der kongenialen Ingenieure: eine Technik, die erkennen kann, ob jemand, der vor einem Plakat/einer Kamera steht, männlich oder weiblich ist – und dann vermutlich den Inhalt entsprechend gestaltet. Hurra, darauf hat die Welt noch gewartet!

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Warum Straßenzüge verkommen – die Schattenseiten der Privatisierungen

Privatisierungen werden seit vielen Jahren vor allem von neoliberalen Kreisen als das Allheilmittel gepriesen, um klamme Kommunen zu sanieren und den Bürger eine angeblich viel bessere Versorgung zu bieten, als sie staatliche Stellen bieten könnten. Schließlich richtet der freie Markt doch alles von ganz alleine am allerbesten – oder etwa nicht? Berechtigte Zweifel an diesen Dogmen habe ich in meine Blog ja schon an einigen Stellen geäußert (hier, hier), und der Beitrag des WDR-Magazins marktWarum Straßenzüge verkommen zeichnet ein nicht minder bedrohliches Bild des von allen etablierten Parteien (schwarz-gelb genauso wie rot-grün) vorangetriebenen Privatisierungswahns. Tatsächlich bringen diese Immobilienspekulationen natürlich nicht der Mehrzahl der Menschen bzw. Mieter nennenswerten Nutzen, sondern ausschließlich kleinen Investorengruppen.

Ehemals gemeinnützige Wohnungsgesellschaften haben sich für viele „Heuschrecken“ als Fehlspekulation erwiesen. Jetzt lassen sie ganze Straßenzüge verfallen. Die Mieter haben oft nicht einmal mehr einen Ansprechpartner. (…)

Die ausländischen Investoren glaubten, dass der deutsche Wohnungsmarkt unterbewertet war und hier viel Geld zu holen sei. Über sogenannte Private-Equity-Fonds sammelten sie Geld. Sie wollten günstig kaufen, wenig investieren und teuer weiterverkaufen – vor allem an die alten Mieter. Dieser Plan ging jedoch nicht auf. Die Mieter selbst scheuten die Kosten für die schlichten Wohnungen. Schließlich kannten sie die Mängel am besten. Daher reichten die Investoren die Siedlungen in kleinen Häppchen an andere Investoren weiter. Und die machten es genauso. Wenigsten wenigstens vier bis sieben Prozent Rendite musste mit der Investition erzielt werden. Das aber konnte nur mit geringen Sanierungs- und Personalkosten gelingen. (…)

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Wall Street macht sich bereit für die nächste Spekulationsblase

© svilen001, stock.xchng

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War es nicht so, dass unsere geliebte Bundesregierung und die anderen unbeschreiblich fähigen Regierungen weltweit den „notleidenden Banken“ mit Milliarden aus der Patsche halfen, dafür aber auch strengere Regulierungen und Überwachungen einführen wollten? Tja, Pustekuchen, natürlich ist nicht wirklich etwas geschehen, um die Macht der Banken und Finanzjongleure zu begrenzen, denn die Party der Banker geht in die nächste Runde. Wie die New York Times jetzt berichtet, haben findige Köpfe der Finanzindustrie das nächste Feld ausgemacht, auf dem zu tummeln sich für das händeringend nach Anlagemöglichkeiten suchende Kapital lohnt: die sog. „life settlements“, Lebensversicherungen älterer und kranker Menschen, die diese verkaufen. Diese Policen sollen dann, wie schon letztes Jahr mit den faulen Immobilienkrediten, wieder zu neuen Paketen geschnürt und auf ins weltweite Börsencasino eingespeist werden.

Then they plan to “securitize” these policies, in Wall Street jargon, by packaging hundreds or thousands together into bonds. They will then resell those bonds to investors, like big pension funds, who will receive the payouts when people with the insurance die.

The earlier the policyholder dies, the bigger the return — though if people live longer than expected, investors could get poor returns or even lose money.

Either way, Wall Street would profit by pocketing sizable fees for creating the bonds, reselling them and subsequently trading them.

Bei soviel Dreistigkeit – offenbar haben die Banker nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt (was aber auch nicht zu erwarten war, seien wir mal ehrlich) – fällt mir echt nichts mehr ein, von der Geschmacklosigkeit, darauf zu spekulieren, dass Leute möglichst früh sterben mal ganz zu schweigen. Wir dürfen uns dann also wohl schon mal auf die nächste platzende Spekulationsblase freuen, die dann wieder der normale Bürger ausbaden und gegenfinanzieren „darf“… Das Echo in der amerikanischen Blogszene fällt dementsprechend harsch und angewidert aus – z.B. „Wall Street Ghouls“, „Wall Street Gambles Again“, „Banksters to bet trillions on decreased life expectancy with ‚securitized life insurance‘“, „Stranger-owned life insurance“, und die internationale Ausgabe des Spiegels befasste sich aktuell ebenfalls mit der Thematik.

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veRWEgen lügen

Wie zur Untermauerung der Greenwashing-Studie, die ich vor zwei Tagen postete, geistert derzeit ja ein besonders peinlich-verlogener Großwerbespot von RWE durch die angeschlossenen Funkhäuser. Der Konzern stellt sich dort als Naturschützer per excellence dar und versucht damit wohl, nicht nur sein Image aufzupolieren, sondern auch besonders uninformierte/leichtgläubige Kunden zu ködern. Klar, dass ein so dreister Angriff auf die Wahrheit in Zeiten des Internets nicht ohne Gegenreaktion bleibt, und so existieren zwei Antwortspötte auf RWEs Lügenkampagne, die die Aussage, RWE sei Umweltschützer Nummer 1 auf diesem Planeten, wieder etwas gerade rücken. [via]

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Wahl-o-mat 2009

Heute noch mal was etwas abseits des Hauptthemas meines Blogs – der Wahl-o-mat zur Bundestagswahl ist da! Herausgegeben von der Bundeszentrale für Politische Bildung, soll dieser kleine Onlinefragebogen dem potentiellen Wähler einen Anhalt geben, welche Partei seinen Überzeugungen oder Interessen wohl am nächsten kommt. Mein Ergebnis spiegelt meine Wahlentscheidung wohl nicht so ganz wider – zwar sind drei der Parteien, die ich definitiv nicht wähle (CDU, FDP, SPD) am Ende, aber dafür die MLPD und die NPD (die ich beide ebenfalls nicht wähle) ganz weit vorne! Bestätigt sich da mal wieder die landläufige Meinung, dass sich linke und rechte Extreme irgendwo wieder begegnen? Eher liegt es wohl daran, dass der Wahl-o-mat keine der ausländerfeindlichen und rechtsradikalen Ansichten der NPD abfragt und die NPD bei anderen Themen eher (un(glaub)würdiges) Fähnlein im Wind ist. Kritisches zu einigen der tendenziösen Formulierungen des Wahl-o-mat hat der Bleib passiv!-Blog in seinem aktuellen Beitrag „Wahl-o-matologie“ zusammengetragen – diese subtile Beeinflussung durch die vorgegebenen Fragestellungen (die mir oft auch zu pauschal oder vage sind) sollte man auch immer im Hinterkopf haben, genauso wie die arge Verkürzung der Parteiprogramme. Spaß macht es trotzdem, sich durch die 38 Fragen zu klicken.

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„Für eine Ökonomie jenseits des Wachstums“

bild-3Mit Kirche & Religion habe ich ja herzlich wenig am Hut, aber als ich gestern bei „meinem“ Bio-Käsestand auf dem Wochenmarkt das EXTRABLATT zum 1. Politischen Kirchentag Plön in die Hände bekam, war ich doch aufs Positivste überrascht, befasst sich diese Zeitung sich doch thematisch auch mit vielen Problemen, die mich hier im Blog des öfteren beschäftigen. So finden sich dort Artikel vieler Experten, z.B. von NGOs wie Attac oder Oxfam, u.a. über die „Fortschreitende Globalisierung“, „Die Finanzkrise: Vorgeschmack auf kommende Katastrophen“, „Schwimmt sogar in Milch – die politisch gesteuerte Überproduktion richtet weltweit Schaden an“, „Lukratives Geschäft mit der Krise – wie Banken und Versicherungen das Gemeinwesen skrupellos ausbeuten“, „Achtung Klimakrieg! Eine Warnung vor wohlfeilen Dramatisierungen“ und am Ende auch über das bedingungslose Grundeinkommen sowie den Beitrag „Für eine Ökonomie jenseits des Wachstums: Im Wege steht die globale Arbeitsteilung und das Geld- und Zinssystem mit seinen hohen Gewinnerwartungen“ von Niko Paech, Privatdozent für BWL (!) und Wirtschaftspädagogik an der Uni Oldenburg.

Paechs Artikel fasst einiges an Kritikpunkten zusammen, die vor allem in letzter Zeit an dem kapitalistischen Wirtschaftssystem, wie wir es kennen, laut wurden und die ich auch im Konsumpf schon des öfteren angesprochen habe. Hier ein paar Auszüge:

Die Klima-,Ressourcen- und aktuelle Finanzkrise belegen das Scheitern des auf Wachstum und Fremdversorgung basierenden Wohlstandsmodells. Zeit zum Innehalten: Anstelle eines expansiven „Weiter-so“ bietet sich das Konzept der Postwachstumsökonomie an, die zwar bescheiden dimensioniert, aber langfristig stabil ist.

Die ökonomische Nachhaltigkeitsforschung umfasst zwei Lager, die in unterschiedlicher Beziehung zum Wachstumsimperativ stehen. Die bislang dominante Strömung orientiert sich an der These, dass weitere wirtschaftliche Expansion nicht nur der Wohlstandsmehrung wegen erforderlich, sondern kraft technischen Fortschritts auch ökonomisch durchhaltbar sei. (…)

Wo die Folgen des Klimawandels nicht mehr abzuwenden sind, stellt sich nach derselben Logik die Verwertung der Krise als profitable Option dar: Welche neuen Produkt- und Techniklösungen lassen sich demnächst vermarkten, um mit wärmeren Sommern, dem Anstieg des Meeresspiegels, zunehmenden Sturmereignissen etc. fertig zu werden? (…)

Konträr geht das Konzept der Postwachstumsökonomie von folgenden Beobachtungen aus:
• In einer expandierenden Ökonomie bewirken „Bumerangeffekte“, dass Fortschritte an De-Materialisierung oder Ökologisierung durch Zuwächse der Nachfrage kompensiert werden. Deshalb nehmen, trotz Umwelttechnologie, die CO2-Emissionen permanent zu.

• Ein wichtiger Befund der sogenannten „Science of Happiness“ besagt, dass eine Steigerung des über Geld vermittelten materiellen Reichtums ab einem bestimmten Niveau das subjektive Wohlbefinden nicht weiter erhöht. Viele Konsumaktivitäten sind symbolischer Art,zielen auf soziales Prestige oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder „Szene“. Wer nicht mitzieht, verliert den Anschluss. Folglich ist ein immer höherer Konsumaufwand nötig, um die soziale Integration zu verteidigen. (…)

Ziele einer Postwachstumsökonomie
Eine ökologisch und sozial zukunftsfähige Ökonomie bedarf der Beseitigung jeglicher Wachstumsabhängigkeiten und -zwänge. Dazu zählen die Innovationsorientierung moderner Marktwirtschaften, das gegenwärtige Geld- und Zinssystem mit seinen hohen Gewinnerwartungen und das auf globaler Arbeitsteilung beruhende Modell der Fremdversorgung. (…)

Das komplette Extrablatt gibt es als kostenloses pdf hier herunterzuladen.

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Lobby Control – Greenwashing-Studie

gas_power_stationSchon seit einer halben Ewigkeit wollte ich hier im Blog auf die hochinteressante aus dem Jahr 2007 stammende, aber wohl leider „ewig“ aktuelle Studie „Greenwash in Zeiten des Klimawandels“ des Vereins Lobby Control hinweisen. Auf 27 Seiten wird hier dargelegt, wie große Konzerne – am Beispiel der Energieversorger- und Erdölriesen – in ihren Image- und Reklamekampagnen das Blaue vom Himmel herunterlügen (wie es eben bei Werbung gang und gäbe ist). Diese Form, sein Geschäftsgebaren gnadenlos, ohne Rücksicht auf Umwelt und Gesellschaft durchzuziehen, dafür dann aber Millionen in beschönigende Werbung zu stecken, nennt man heutzutage „Greenwashing“ – und ich denke, jeder sollte sich diese Studie einmal angeschaut haben, um zukünftig gegen die verlogenen Einflüsterungen der Unternehmen gefeit zu sein und mit einer grundlegenden Skepsis an jede Außendarstellung solcher Firmen heranzugehen. Die Studie kann man sich direkt als pdf herunterladen.

Die Kurzstudie erläutert die Hintergründe und Strategien der neuen grünen Imagewerbung und beleuchtet exemplarisch eine Reihe von deutschen Greenwash-Kampagnen aus dem Jahr 2007. So versuchte das Deutsche Atomforum, alte Kraftwerke zu „ungeliebten Klimaschützern“ zu stilisieren. Der Ölkonzern Shell warb mit Blumen, die aus Schornsteinen aufstiegen, und die großen Energieversorger wie E.ON oder Vattenfall werben mit zukünftigen emissionsfreien Kraftwerken, während sie zahlreiche neue Kohlekraftwerke bauen.

Greenwash-Kampagnen sollten immer der Anlass sein, sich alternative, kritische Informationen zu besorgen. Das ist der erste Schritt, um die Strategie hinter der Grünfärberei zu durchkreuzen. Darüber hinaus gebe es weitere Möglichkeiten, wie die Beschwerde beim Werberat oder das Anprangern von Greenwash-Kampagen.

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Welche Religion kommt nach dem Kapitalismus?

Wie wäre es heute zur Abwechslung mal mit etwas grundlegender Konsum- und Kapitalismuskritik? Das ORF brachte vor einiger Zeit die ausgesprochen gelungene Sendung „Der Kurssturz des goldenen Kalbes – Welche Religion kommt nach dem Kapitalismus?“, in der die Rituale, die unser heutiges Konsumentendasein bestimmen mit denen früherer Religionen in Bezug gesetzt werden: „der totale Markt als Erlösungsreligion“ oder „Werbung als milliardenschwere Verkündigungsmaschinerie“ sind einige der hübschen Formulierungen, die die Autoren finden. Generell zeichnet der Beitrag ein, wie ich finde, durchaus zutreffendes Bild dieses zerstörerischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, untermauert mit einigen (halb)philosophischen Gedanken. [via]

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Horst Stowasser ist tot

Und nach der guten noch eine betrübliche Meldung – Horst Stowasser, Autor des großartigen Buches „Anarchie!“, das ich neulich rezensiert habe, und engagierter Quer- und Vordenker, ist gestorben. Ich empfehle dazu den sehr lesenswerten persönlichen Nachruf von Regine Naeckel beim Nachrichtenmagazin Hintergrund, der deutlich macht, wieso er dem politischen Diskurs des Landes fehlen wird:

(…) Sicher wurde keiner dieser Freunde zu einem praktizierenden Anarchisten, aber alle bestätigten, äußerst positive Denkanstöße für ein besseres menschliches Miteinander bekommen zu haben. Und viele erklärten, wie wichtig es sei, dass aus einer Gesellschaft heraus Utopien entwickelt würden, die dann der wesentliche Motor sozialen Fortschritts seien. Utopien als Denkanstoß waren etwas, was viele vermisst hatten und vermissen.

Menschen anzusprechen, die ohne diese Bücher nie auch nur einen Gedanken der Geschichte der Anarchie gewidmet hätten oder sich ohne diesen Impuls nie gesellschaftlichen Utopien geöffnet hätten, ist einer der großen Verdienste Horst Stowassers. Als Autor und als Mensch war er nie ein Agitator oder Heilslehrer, aus seiner eigenen Begeisterung sprang ein Funke über, der seinen Lesern die Augen öffnete und die Welt neu entdecken ließ. (…)

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