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NewScientist: Wie unser Wirtschaftssystem die Erde tötet

Vor zwei Wochen erschien im renommierten Wissenschaftsmagazin NewScientist ein „Special Report” unter dem Thema „How our economy is killing the earth”, der einige beklemmende Erkenntnisse zu Tage fördert. Im einleitenden Artikel wird beispielsweise diese Grafik hier präsentiert (anklicken, um sie in groß zu sehen):

Tiefergegehende Analysen zu dieser Grafik findet Ihr hier: „The facts about overconsumption”.

Sie verdeutlicht, welch exponentielle Entwicklungen viele Dinge in der Wirtschaft und der menschlichen Gesellschaft mittlerweile genommen haben – und eigentlich kann sich jeder mit Hilfe seines gesunden Menschenverstandes ausmalen, dass dies nicht ewig so weitergehen kann (Text wurde von mir mit freundlicher Genehmigung des Verlags übersetzt):

Die Grafiken auf dieser Seite sind eine deutliche Erinnerung an die Krise, der unser Planet gegenüber steht. Der Ressourcenverbrauch steigt schnell an, die Biodiversität stürzt ab und praktisch jede Messung zeigt, wie Menschen die Erde im großen Maßstab beeinflussen. Die meisten von uns akzeptieren die Notwendigkeit eines nachhaltigeren Lebensstils, indem wir den CO2-Ausstoß verringern, erneuerbare Technologien entwickeln und Energieeffizienz erhöhen.

Aber sind diese Anstrengungen, den Planeten zu retten, zum Scheitern verurteilt? Eine steigende Anzahl von Experten berücksichtigt Grafiken & Statistiken wie die oben und argumentiert, dass persönliches Spritsparen und kollektives Ökologiebewusstsein unerheblich/nutzlos sind, so lange unser Wirtschaftssystem auf der Wachstumsprämisse beruht. Die Wissenschaft sagt uns, dass wir die Erde nur retten können, wenn wir unser Wirtschaftssystem verändern.

Dies ist natürlich ökonomische Gotteslästerung. Wachstum ist für die meisten Ökonomen so selbstverständlich wie die Luft, die wir atmen: es ist, wie sie behaupten, die einzige Kraft, die in der Lage ist, die Armen dieser Welt aus ihrer Armut zu befreien, die zunehmende Weltbevölkerung zu ernähren, die Kosten für die zunehmenden öffentlichen Ausgaben zu bezahlen und technischen Fortschritt anzufachen – vom Bezahlen eines immer ausschweifenderen Lebensstils ganz zu schweigen. Sie sehen keine Wachstumsgrenzen, niemals.

In den letzten Wochen ist es klar geworden, wieviel Angst die Regierungen vor allem haben, dass dieses Wachstum bedroht, indem sie Milliarden von Steuergeldern in ein Finanzsystem kippen, das versagt hat. In all dieser Verwirrung muss jede Herausforderung des Wachstumsdogmas genau untersucht werden.

[weiterlesen des Artikels, auf Englisch]

Ein weiterer Artikel des NewScientist-Specials stammt von Prof. Tim Jackson von der Universität Surrey (UK) – „Warum Politiker sich nicht trauen, wirtschaftliches Wachstum zu begrenzen”. Die ersten paar Absätze darf ich Euch wieder als Übersetzung präsentieren, den Rest dann bitte auf der Originalsite nachlesen.

Wenn Sie an der Oberfläche des Kapitalismus des freien Marktes kratzen, entdecken Sie etwas, das an tiefsitzende Urängste erinnert. Die jüngsten Ereignisse liefern ein gutes Beispiel dafür: Das außergewöhnliche 800 Milliarden $ US-Rettungspaket war eine gigantische „Wohlfühldecke”, um das Vertrauen in den schwächelnden Finanzmarkt wiederherzustellen. Indem die Steuerzahler gezwungen werden, die „giftigen Schulden” aufzusammeln, die das System in die Krise geführt haben, zielt es darauf ab, unsere Fähigkeit zu erhalten, so weiter zu machen wie bisher. Das ist eine sehr kurzsichtige und regressive/rückschrittliche Lösung, aber das Wirtschaftswachstum muss nun mal um jeden Preis geschützt werden.

Als Wirtschaftsbeauftragter der UK Sustainable Development Solution kommt mir dieses Vorgehen auf deprimierende Weise bekannt vor. Bei der letztjährigen Vorstellung des Redefining Prosperty-Projekts (das versucht, ein wenig ökologische und soziale Rücksichtnahme in die atemlose Hatz nach wirtschaftlichem Wachstum einzubringen) stand ein Vertreter des Finanzministeriums auf und beschuldigte mich und meine Kollegen, „zurück zum Leben in Höhlen” gehen zu wollen. Nach einem aktuellen Treffen, das herausfinden sollte, wie die englische Finanz- und Wirtschaftspolitik nachhaltiger gestaltet werden könnte, konnte man einen Offiziellen murren hören: „Nun, das ist alles ganz interessant, aber vielleicht können wir ja jetzt zur wirklichen Aufgabe zurückkehren: das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.”

Die Aussage ist klar: jede Alternative zum Wachstum bleibt undenkbar, selbst 40 Jahre, nachdem die amerikanischen Ökologen Paul Ehrlich und John Holdren einige verblüffend offensichtliche Beobachtungen zur Arithmetik des permanenten Konsums machten.

(…) [den Rest des Artikels bitte auf Englisch nachlesen]

Dies ist die Logik des kapitalistischen freien Marktes: die Wirtschaft muss immer weiter wachsen, oder es kommt zu einem schrecklichen Kollaps. Da die ökologische Entwicklung jedoch kritische Punkte zu erreichen beginnt, müssen wir aufhören, zu glauben, dass die sinnlose Jagd nach Wirtschaftswachstum mit Nachhaltigkeit vereinbar ist. Wir brauchen etwas robusteres als nur eine „Wohlfühldecke” um uns vor dem Schaden zu schützen, den wir auf dem Planeten anrichten. Eine Alternative zu diesem zum Untergang verdammten Modell/System muss höchste Priorität genießen, bevor eine weltweite Rezession, ein instabiles Klima oder eine Kombination dieser  beiden Kräfte uns heimsucht.

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Supermarktmacht – Billig um jeden Preis?

Zunehmende Marktmacht und Konzentration auf vielen Märkten ist eines der Kernthemen meines Blogs (und auch einer der Auslöser, mich mit den ganzen Problematiken rund um Globalisierung & Co. zu beschäftigen). Dies betrifft nicht nur die von mir besonders verfehmten und “bekämpften” Billigbuden, die Discounter-Ketten, auf deren schädliche Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt ich an anderer Stelle noch ausführlicher eingehen werde (man lese aber auch meine älteren Beiträge über Lidl, HIER und HIER). Gerade in Deutschland hat die Marktkonzentration schon bedenkliche Ausmaße angenommen – inzwischen werden 90% des Einzelhandels von nur noch 6 Großkonzernen bestimmt, die somit große Einflußnahme auf Preise und Zulieferer ausüben. Und, v.a. im Falle der Discounter, auch das Lohnniveau und die Arbeitsbedingungen drücken.

Seit einigen Monaten haben Organisationen wie ver.di, Germanwatch, BUND, Südwind, Misereor und Oxfam eine eigene Initiative gegründet, die die Gefahren dieses Prozesses bewusst machen und stoppen will – Supermarktmacht.

„Je größer der Marktanteil der wenigen verbleibenden Supermärkte, desto mehr können sie ihre Einkaufsmacht gegenüber den Zulieferern ausspielen“, kritisiert Marita Wiggerthale, Handelsexpertin bei Oxfam Deutschland. Schon jetzt drückten die Supermarktkonzerne ihre Lieferanten im Preis und wälzten Kosten und Risiken auf sie ab. „Die Zulieferer müssen sich mit Zuschüssen an der Neueröffnung von Supermarkt-Filialen beteiligen, Listungsgebühren bezahlen oder rückwirkend geltende Konditionsänderungen hinnehmen“, so Wiggerthale. Der daraus resultierende Preis- und Kostendruck bewirke, dass Arbeiter/innen in den Lieferländern noch länger unter menschenunwürdigen Bedingungen zu Hungerlöhnen produzieren müssten.

Auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bei den Discountern in Deutschland verschlechtern sich zunehmend. Niedriglohn- und Minijobs verdrängen normale Arbeitsverhältnisse. “Arm sein trotz Arbeit wird in Deutschland und Europa zur Normalität“, warnt Uwe Woetzel, Experte für Arbeitsrechte bei der Gewerkschaft ver.di. „Besonders betroffen sind Frauen, Migranten und Menschen aus strukturschwachen Gebieten, die überwiegend bei Lidl, Aldi, Norma, Netto und anderen Billig-Ketten arbeiten.“ Extremer Leistungsdruck und Überwachung seien bei vielen Discountern an der Tagesordnung. Grundlegende Arbeitsrechte von Beschäftigten werden nicht respektiert und das Organisationsrecht von Arbeitnehmervertreter/innen behindert.

Auf der Website erfahrt Ihr mehr über die Hintergründe, die Forderungen und auch, worauf man als Verbraucher achten kann. (NICHT beim Discounter einzukaufen halte ich schon mal für einen guten und sinnvollen Schritt.)

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„Der Markt ist in Ordnung”

Gerade eben stieß ich beim Alarmschrei-Blog auf dieses an Realsatire grenzende Transkript eines Radiointerviews mit dem FDP-Haushaltsexperten Jürgen Koppelin, Motto „Der Markt ist super, nur die Marktteilnehmer haben eben Bockmist gebaut”, d.h. für die FDP existiert offenbar so etwas wie eine über den Menschen schwebende metaphysische Entität…

Moderator: Die FDP hat jahrelang immer wieder argumentiert, man solle dem Markt vertrauen und sich nicht einmischen. Jetzt haben wir gesehen, was dabei herauskommt. Ist die FDP, sind Sie jetzt schlauer?

Koppelin: Der Markt ist in Ordnung, das ist, liegt ja teilweise … überwiegend auch an den Managern. Das hat daran gelegen, das muss man ja auch offen sagen, dass die Krise ja in den USA begonnen hat. Wir wollen ja mal die Urheber nennen. Das ist in den USA gewesen, das große Problem, damals mit den Niedrigzinsen. Dann hat man unglaublich vielen Menschen billige Hypotheken angedreht, die sie anschließend nicht bezahlen konnten, und unsere Banken, unsere Manager der Banken, sind auf diese Geschichte, diese Geschäfte reingefallen.

Moderator: Das ist doch der Markt.

Koppelin: Das ist nicht der Markt, das ist das Verhalten der Manager. Wenn ich Treu und Glauben mache, oder wenn ich, wie ich fordere, sage, oder warum müssen unsere Bankmanager, das hat sich in den letzten Jahren so eingebürgert, müssen zum Jahresende noch Boni kriegen, nach Umsatz, und die haben sich die Taschen gefüllt, nachdem sie vorher schon die dicken Gehälter bekamen. Das ist nicht Markt, das ist ein Fehlverhalten bei den Banken, das ist ein Fehlverhalten auch bei den Aufsichtsgremien von Banken …

Moderator: Aber …

Koppelin: … und da muss mal Einhalt geboten werden.

Moderator: Der Markt hat doch mit seinen Regeln aber möglich gemacht, dass solche Menschen führende Positionen in diesem Business haben.

Koppelin: Nein, nicht da … das müssen Sie … Der Markt, der Markt selber ist ok. Es ist nur, wer kommt hin, wer kriegt Managerfunktionen, und da habe ich den Eindruck, manchen fehlt’s da wirklich, ja, nicht nur an der guten Ausbildung, sondern, sie waren nur noch auf Schnäppchenjagd. Das hat mit Markt nichts zu tun.

Lest unbedingt auch die entsprechende Kommentare & Diskussionen bei Alarmschrei, es lohnt sich!

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Das Bertelsmann-Imperium

Dass die Marktmachtkonzentration auch auf dem Mediensektor hierzulande weit vorangeschritten ist, dürfte bekannt sein. Dennoch ist es mehr als erschreckend, wenn man sich beispielsweise ansieht, wie viele und welche Sender, Zeitschriften und Rundfunkstationen sich mittlerweile weltweit unter dem Dach der Bertelsmann-Gruppe versammelt haben (Quelle: Who owns what) (und hier kann man lesen, dass Bertelsmann diese Macht längst an den Hochschulen ausspielt; weitere kritische Bertelsmann-Infos findet man z.B. auch HIER sowie im Buch „Netzwerk der Macht. Bertelsmann, der medial-politische Komplex aus Gütersloh”):

Broadcasting – RTL Group
Radio:
RTL Radio France
RTL2
FUN RADIO
RTL Radio Deutschland
104.6 RTL (Berlin)
ANTENNE BAYERN (Germany)
Radio Hamburg
radio NRW (Germany)
RADIO 21 (Germany)
bigFM (Germany)
Radio Regenbogen (Germany)
Radio Dresden
HITRADIO RTL SACHSEN (Germany)
Hit-Radio Antenne (Germany)
ANTENNE MECKLENBURG-VORPOMMERN (Germany)
Radio Brocken (Germany)
89.0 RTL (Germany)
ANTENNE THÜRINGEN (Germany)
BB RADIO (Germany)
105’5 Spreeradio (Germany)
radio TOP 40 (Germany)
Oldie 95 (Germany)
ROCK ANTENNE’s (Germany)
RTL Radio Lëtzebuerg
Bel RTL
Radio Contact (Belgium)
Mint (Belgium)
Onda Cero (Spain)
Europa FM (Spain)
Fernsehen:
RTL Television
M6 (France)
Five (UK)
ANTENA 3 (Spain)
RTL 4 (The Netherlands)
RTL 5 (The Netherlands)
RTL 7 (The Netherlands)
RTL TVI (Belgium)
RTL Klub (Hungary)
RTL Televizija (Croatia)
Télé Lëtzebuerg
VOX (Germany)
RTL II (Germany)
Super RTL (Germany)
n-tv (Germany)
Den 2. RTL (Luxembourg)
RTL Shop (Germany)
Traumpartner TV (Germany)
RTL TVI (Belgium)
Plug TV (Belgium)
RTL 9 (France)
REN TV (Russia)
Fun TV (France)
Téva (France)
Paris Première
Série Club (France)
TF6 (France)
W9 (France)
M6 Music Rock (France)
M6 Music Black (France)
M6 Music Hits (France)
Antena 3 (Spain)
Antena.Nova (Spain)
Five US (UK)
Five Life (UK)
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UFA Fernsehproduktion
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Zomba
Sonstiges
Arvato – über die Arvato AG ist Bertelsmann/Mohn auch noch an diesen Firmen beteiligt (via):
– Abacus Deutschland
Die Versandhandelsallianz bietet einen Adresspool mit B-to-C-Adressen. Mehr als 200 Versandhändler in Deutschland und kooperieren weltweit mit Datenallianzen in Großbritannien, Frankreich, USA und Kanada. Das Geschäftsmodell ist jedoch durch Änderungen im Datenschutz bedroht.- Adress Research (Lösungen zur Anschriftenermittlung)
– arvato direct services (Direkt-Marketing-Dienstleister)
– arvato infoscore (B2C Auskunftei)
– arvato logistics services (Distribution)
– arvato mobile (ehemals handy.de)
– arvato systems (IT Dienstleistungen)
– arvato teleservice (After Sales Dienstleister im Mobilfunk)
– AS healthcare (Distribution von Arzneimitteln)
– CrossMarketing arvato services GmbH (Crossmedia-Kampagnen)
– Deutsche Post Adress GmbH (Umzugsdatenbank)
– Deutscher Supplement Verlag GmbH (Programmmagazine)
– empolis (Content und Knowledge Management-Lösungen)
– eValuate (Lösungen für Mitarbeiter- und Kundenbefragungen)
– GGP Media (Hersteller von Schwarz/weiß-Büchern)
– InmediaONE] (Direktvertrieb)
– medienfabrik (Agentur für integrierte Kommunikation)
– Mohn Media Kalender & Promotion Service (Kalender)
– Mohn Media · Mohndruck (Printdienstleistungen)
– PRINOVIS Ltd. & Co. KG (siehe separates Profil)
– Sonopress (Produktion)
– Topac Multimedia Print (Print- und Verpackungsprodukte)
– VAW-arvato (Technische Dokumentation)
– Vereinigte Verlagsauslieferung (Verlagsauslieferung)
– webmiles GmbH (Bonussystem)

Uff!

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Wir sind das Geld!

Dass unser aus Zinsen und ständig sich beschleunigendem Wachstum ausgelegtes Geld- und Wirtschaftssystem problematisch ist, erleben wir ja in der aktuellen „Finanzkrise” mal wieder. Dass diese Problematik noch viel tiefer reicht und weit jenseits solcher Debatten Kapitalismus <-> Sozialismus steht, ist in der Regel weniger bekannt. Für eine Reform bzw. eine grundlegende Änderung des derzeitigen Geldsystems, das systembedingt unabwendbar zu einer immer größeren Ungleichverteilung in der Bevölkerung führen MUSS (bis es dann irgendwann knallt), setzt sich u.a. eine neue Inititiative ein, die passender Weise „Wir sind das Geld!” heißt und Mitte der Woche vom ehemaligen Vorstandsmitglied der Ökobank Volker Viehoff ins Leben gerufen wurde. Hier die entsprechende Pressemitteilung, die die Grundthematik auch schon gut umreißt:

Vorstand der früheren Ökobank gründet Initiative:
Wir sind das Geld klärt auf, bezieht Stellung und zeigt Lösungsmöglichkeiten
Neuwittenbek, 15. Oktober 2008.

„Tatenlos zugesehen haben wir lange genug. Jetzt ist es höchste Zeit, dass wir uns die Macht über unser Geld zurück holen.“ So Volker Viehoff (49), ehemaliges Mitglied des Vorstandes der früheren Ökobank, und deshalb jetzt die Initiative Wir sind das Geld. „Um unkontrollierte Panik vor der Bankenkrise und den möglichen Konsequenzen für jeden Einzelnen zu vermeiden, ist objektive Information wichtiger denn je und deshalb oberstes Ziel der Initiative. Selbstverständlich beziehen wir Stellung und zeigen mögliche Lösungsszenarien im Bereich regionaler und kommunaler Alternativwährung.“ Die Initiative ist überzeugt: „Die Zeit ist mehr als reif! Wir können es schaffen. Mit neuem Verständnis über Geld und dessen Wirkweise können wir über den Einsatz der Komplementärwährung unabhängig von den Verstrickungen der Finanzmärkte unsere Werte erhalten und sichern.“ Wichtig sei es, sich jetzt kompetent und unabhängig beraten zu lassen. Das will die Initiative leisten. Wir empfehlen, im kommunalen Bereich, z. B. über das Städtemarketing, Informationsveranstaltungen zu organisieren und Vorträge zu besuchen. Gleichzeitig ruft sie Finanzprofis auf, die sich für Beratung und Vorträge zur Aufklärung und Währungsalternative zur Verfügung stellen.

Was ist Geld?
Wo man auch hinkommt, alles dreht sich derzeit um ein Thema: Geld. Schließlich betrifft es unser aller Leben höchstpersönlich. Gleichzeitig hat sich das Geldsystem zu einem undurchschaubaren Moloch verwandelt. Werte lösen sich auf, Banken verschwinden über Nacht.  Die unsichtbare Hand des Marktes drückt immer fester zu. Die fehlende Orientierung macht Stress für alle, Angst. Anscheinend ist Geld nicht das, was wir dachten: Banknoten, Guthaben auf Konten, Anlagen. Geld ist eine Stromgröße, die wie elektrischer Strom nur wirksam ist, wenn sie fließt. Strom, der nicht an ist, den gibt es nicht. So ist auch Geld im Tresor, auf Konten nichts. Doch was ist es dann?

Wie funktioniert Geld?
Geld ist eigentlich eine geniale Erfindung der Menschheit. Es ermöglicht Wohlstand und Entfaltungsmöglichkeiten. Solange es richtig konstruiert ist. Was heißt das? Geld hat die Aufgabe, als Tauschmittel Leistungserstellung einer Lebensgemeinschaft anzuregen und zu organisieren. Dafür  muss es im Umlauf sein, im Geldkreislauf, der wie der Blutkreislauf dem Leben des Organismus dient. Horten wir es, fällt der Blutdruck. Horten tut man aber nur, was nicht verdirbt, dauerhaft Wert verspricht, eben nicht verfällt. Das ist der Konstruktionsfehler des modernen Geldes, das seit der Renaissance verwendet wird: Geld unterliegt keinem planmäßigen Verfall mehr, nur dem unplanmäßigen durch Inflation. Denn um das so gehortete Geld wieder dem Blutkreislauf zuzuführen, braucht es ein Lockmittel: den Zins. Dadurch sind wir bereit, das dem Tauschkreislauf entzogene Geld wieder rauszurücken. Über die Banken fließt es als Kredit wieder in den Wirtschaftkreislauf zurück. Allerdings plötzlich verteuert, um den Zins als Preis. Das ist das Problem: Da in der Kette der Wertschöpfungen so gut wie alles heute mehr oder minder kreditfinanziert ist, addieren sich die Zinskosten für den Endverbraucher mit 30 bis 70 % im Preis der Wirtschaftsgüter. Ob Brötchen, Kleidungsstück, Auto oder der Miete. Bezahlt durch unser Arbeitseinkommen.

Denn Kapital arbeitet nicht, es lässt für sich arbeiten. Und fließt auf die Konten der Kapitalbesitzer. Eine stille Vermögensumverteilung allein in Deutschland von rund einer Milliarde Euro pro Tag. Diese Kapitalmengen sammeln sich letztlich am Ort der größten Renditen. Über den Weg der Banken zu den Börsen finden sie Investmenthäuser, Anlagefonds und Vermögensverwaltungen, die damit Firmen, Konzerne, Kommunale Infrastruktur, ganze Industriebereiche, gar ganze Entwicklungsländer kaufen. Um sie dann dem Diktat der Renditemaximierung zu unterwerfen. Mit allen brutalen und entwürdigenden Folgen für die Menschen. Das alles nur aufgrund eines historischen Konstruktionsfehlers.

Historische Beispiele
Neben Gold als Fernhandelswährung gab es in Mitteleuropa zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert regionale Währungen mit Geld, das planmäßigem Wertverlust unterworfen war. Es wurde regelmäßig verrufen und musste durch neues Geld ersetzt werden. Daher war Horten sinnlos. Die Folge: Aufblühende Städte, Hochzeit des Kunsthandwerks, 5 Tage Woche. Zur Zeit der großen Depression 1930–33 gab es in Deutschland und Österreich Währungsexperimente mit erstaunlicher Wirkung: Die Wirtschaft sprang regional wieder an, Arbeitslosigkeit ging zurück, während ringsum nichts mehr ging. Die Experimente wurden vom Staat verboten. Die Folgen sind bekannt.

Mögliche Lösungsszenarien
Mögliche Lösungswege wie komplementäre Währungssysteme gibt es längst. Die derzeitigen Wirtschaftswissenschaften, die Finanzbranche und Politik ignoriert sie nur. In Japan ist die „Beziehungswährung“ in der Altenbetreuung gar eine staatliche Organisation. Die meisten Initiativen gehen direkt von BürgerInnen aus. Gleich ist bei allen: Kein Zins, kein Geld aus Geld, keine Dominanz über menschliche Arbeit, über ethische Grundsätze des Zusammenlebens.

Bundesweit gibt es bereits zahlreiche Beispiele auf kommunaler und Bürgerebene:

Fazit
All das zeigt: Hier ist keine „anonyme Macht“ am Werk. Immer dann, wenn wir unsere Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen, wandeln sich die Dinge. Das erfordert Mut und Überwindung von Trägheit und Resignation. Auch den Abschied von der Servicedemokratie, in der wir unsere Anliegen an Berufspolitiker und Verbandsfunktionäre delegieren. Wir müssen uns wieder selbst kümmern und können das auch, wenn wir wollen. Wenn nicht JETZT, wann dann noch? Wir sind das Geld! Wir vertrauen uns selbst, weil wir uns selbst trauen.

Und Leitgedanken wie diesem von Albert Einstein: „Eine wirklich gute Idee erkennt man so daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint.“

Weitere Informationen: www.wirsinddasgeld.de

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Ökologische Zerstörung: Deutschland ist Mittäter

Unter dem Titel „zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt” kommt das Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie in einer aktuellen Studie zu dem Schluss, dass

Deutschland (…) Mittäter der ökologischen Zerstörung der Erde (ist), sein nachhaltiges Wirtschaften ist nur durch ein rasches Bremsmanöver möglich.

(…)

“Die Leute wollen nicht unbedingt mehr Reichtum. Sie geben sich auch mit weniger zufrieden, falls es kompensiert wird durch mehr Freizeit oder eine humanere Lebenswelt.” Ott nennt als Beispiel das Problem des Pendelns, von dem acht Millionen Deutsche und ihre Partner betroffen seien. Eine Regierung, die dieses Leid verringere und für Arbeitsplätze in der Nähe des jeweiligen Wohnortes sorge, senke persönliches Leid und Umweltschäden zugleich.

Alles weitere bei Pressetext.de.

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Kurz angemerkt: Mehr Kapitalismus wagen

Anfang der Woche erlebten wir, wie es ist, wenn man mit seinem Timing komplett daneben liegt. Denn CDU-„Querdenker” Friedrich Merz (dessen Kanzlei wohl auch mit den Geschäften rund um IKB/Lonestar beschäftigt ist) stellte sein neues Buch „Mehr Kapitalismus wagen” vor. Sehr schön. Das Kapital hat in dieser unserer Welt wirklich viel zu wenig Einfluss und Bedeutung, da hat der Mann schon Recht. Dass gerade dieses System mit seinen unvorstellbaren Geldvermehrungen, den Zinseszinsen und den daraus folgenden Ungleichheiten dafür verantwortlich ist, dass Investoren & Spekulanten gar nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Vermögen, und auf derart schiefe Bretter wie diese mehrfach gehebelten Schuldverbriefungen kommen, ist da dann wohl eher Nebensache. Die großen Medien kommentieren Merz’ Coup zum Teil erstaunlich zurückhaltend, z.B. Süddeutsche, Zeit oder die Netzeitung.

Die Reaktionen auf sein Buch, die man ansonsten im Netz/den Blogs findet, pendeln dann aber doch eher zwischen Amüsement und harscher Kritik. Zum Beispiel:

Dass Merz nicht ganz alleine da steht, zeigt immerhin dieser einsame Rufer in der Blogwüste.

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Culture Jamming vs. Kommerzialisierung

(Auch an dieser Stelle noch mal der Beitrag, den ich gerade als „Worum geht’s?” erstellt habe und der dort zukünftig als Einführung in die Absicht meines Bloggens dienen soll.)

Wir leben heute in einer Gesellschaft, die sowohl von permanentem Wachstumsglauben, aber auch vom Glauben an den Segen des Konsums durchdrungen ist. Begleitet werden wir dabei auf Schritt und Tritt von Werbung für Produkte und Marken, von sündhaft teuren, einschleimenden Imagekampagnen, die aus zerstörerischen Großunternehmen harmlose Klimaschützer machen sollen. Von Zeitschriften und anderen Medien, in denen, bedingt auch durch die Konzentrationstendenzen in dieser Branche, die Trennlinie zwischen (redaktioneller) Information, gekaufter Meinung, Produktplacement und direkter Reklame immer schwerer auszumachen ist (wenn nicht ohnehin gleich komplette Verdummung angesagt ist). Öffentlicher Raum wird immer mehr, immer unverhohlener von Konzernen und Markenfetischen beansprucht, Kommerzialisierung durchzieht bald all unsere Lebensbereiche – Einkaufszentren werden zu den neuen Mittelpunkten ehemals öffentlichen Lebens.

In Nordamerika, das uns in dieser Beziehung immer schon ein bis zwei Jahrzehnte voraus war, erlebt man erschreckende Entwicklungen, die deutlich machen, dass Reklame & Marketing nicht nur nervig und störend sind, sondern einen massiven Eingriff in unsere Gesellschaft darstellen. Das geht über die bloße Überrepräsentation großer Marken und Logos weit hinaus – unerreichbare Schönheitsidelae werden produziert, latente Unzufriedenheit der Menschen mit ihrem Leben geschürt und Kaufen (und Schulden machen) als Weg zum Glück propagiert. Natürlich läuft niemand, der irgendwo einen Werbespot sieht, sofort los und kauft das entsprechende Produkt, aber das Gift wirkt schleichend und gerade deshalb so gut, weil wir alle gerne glauben, dass Reklame UNS ja nun wirklich nicht beeinflusst. (Dies wird im sehr empfehlenswerten Buch „Good bye logo” von Neil Boorman treffend beschrieben.)

In den USA sehen wir zudem, dass die zunehmende Marktmacht der großen Konzerne auch die Demokratie und Meinungsfreiheit beeinträchtigt. Weltbekannt wurde bereits 1998 der Fall eines Schülers der Greenbrier High School, der am „Coke Day” an seiner Schule ein Pepsi-T-Shirt trug und deshalb an dem Tag von der Schule verwiesen wurde. Genauso bedenklich: an einer von Coca Cola gesponsorten Universität wollte eine Studentengruppe eine Informationsveranstaltung über die schlimmen Bedingungen, unter denen Arbeiter dieser Firma in Lateinamerika zum Teil tätig sind, abhalten, doch die Verwaltung wollte ihnen dafür keinen Raum zuteilen, da sie ja negativ über ihren Sponsor berichten würden. (Beides nachzulesen in Naomi Kleins Globalisierungsbestseller „No Logo!”, in Kalle Lasns „Culture Jamming” oder auch in de Graafs „Affluenza: Zeitkrankheit Konsum”.) Wenn die Wirtschaft und die Markenkonzerne bereits so früh in der Entwicklung des politischen Verständnisses der Menschen eingreifen, steht viel mehr auf dem Spiel als nur der Verkauf oder das Verbot von brauner Blubberbrause oder fettigen Burgern – die Freiheit des Zusammenlebens wird massiv aufs Spiel gesetzt.

Vor diesem Hintergrund ist in den letzten 20 Jahren der Widerstand gegen die Überkommerzialisierung bzw. das Bewusstsein für diese Entwicklung in der Gesellschaft gewachsen, und durch den Kanadier Kalle Lasn und seine Adbusters Foundation hat diese Bewegung auch eine bekannte (und nicht immer ganz unumstrittene) Gallionsfigur. Lasn und Culture Jammer weltweit bekämpfen die Werbebotschaften, die tagtäglich auf uns einprasseln, sie versuchen sie zu parodieren, in ihr Gegenteil zu verkehren, sie kapern Werbetafeln, um damit in den alltäglichen Diskurs, aber auch die alltägliche Wahrnehmung und die Hirne der einzelnen Menschen Informationen einsickern zu lassen, die über die Hintergründe der glänzenden Markenfassenden aufklären. Auch soll der Konsum seinen Status als goldenes Kalb, um das sich unser aller Leben zu drehen hat und der als das Allheilmittel für all unsere Probleme angepriesen wird, endlich wieder verlieren.

An diesem noblen und dringend notwendigen Quest möchte ich mich auch mit meinem Blogprojekt Konsumpf beteiligen. Ursprünglich war er als reiner Culture Jamming/Anti-Werbung- und Konsumkritik-Blog geplant, doch wie das halt so ist, wenn man sich einmal mit diesem Thema beschäftigt, stellt man schnell fest, dass viele dieser Probleme auf unserer Welt miteinander verbunden sind und monokausale Erklärungsversuche fehl schlagen. Von daher werde ich immer auch Überlegungen und Fundstücke aus den Bereichen Globalisierungskritik, Konzernkritik, Umweltpolitik/Ökologie, Nachhaltigkeit, Mediendemokratie und komplementäre/alternative Währungssysteme mit einfließen lassen.

Kurz gesagt soll Konsumpf (m)eine Stimme gegen die Wurstigkeit im real existierenden Dasein sein.

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Kiva – Hilfe zur Selbsthilfe

Die unvorstellbare Summe von über 1 Billion US$ soll in der Finanzkrise bisher vernichtet worden sein, und auch bei den Milliarden, mit denen die Regierungen der Industrienationen zur Rettung der Banken hantieren, kann einem schon schwindlig werden. Zumal wenn man bedenkt, dass mit nur winzigen Bruchteilen dieser Geldmengen in den wirklich bedürftigen Ländern viel geholfen und manches zum Guten gewendet werden könnte. Auf die staatliche Entwicklungshilfe zu setzen (hoffen), reicht da oft nicht aus – insbesondere, da viele reiche Länder ihren eigentlich vereinbarten Zielen, 0.7% des Bruttonationaleinkommens dafür auszugeben, seit vielen Jahren nicht ausreichend nachkommen (die USA sind hier leider mal wieder Schlusslicht) (siehe auch „Seife wäscht die Schuld nicht ab” (n-tv)).

Aus diesem Grunde existieren seit vielen Jahren auch Einrichtungen, die mit sog. Mikrokrediten den Menschen direkt vor Ort helfen wollen. Unbürokratischer als bei Entwicklungshilfe wird hier speziell auf die einzelnen Bedürfnisse der jeweiligen Menschen eingegangen und zinsfreie Kredite für Kleinunternehmen vermittelt, denen damit die Möglichkeit gegeben wird, sich zukünftig ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Wirtschaftliche Entwicklung „von unten” statt „von oben”.

Nun gibt es mit Kiva – Loans that change lives eine neue gemeinnützige Plattform für diese Mikrokredite im Netz, die jedem einzelnen von uns die Möglichkeit gibt, schnell und unkompliziert Geld zinsfrei zu verleihen, um damit die Entwicklung in ärmeren Ländern voran zu bringen – direkt an der Basis. Nach der Anmeldung sieht man eine Liste derjenigen, die Geld benötigen (oft geht es da nur um Gesamtsummen von wenigen hundert $, mit denen bereits ein gewaltiger Unterschied gemacht werden kann), und man kann selbst die Höhe des Kredits bestimmen, den man vergeben möchte (min. 25$). Und nach einer vereinbarten Zeitspanne (i.d.R. 6-18 Monate) erhält man sein Geld dann vom Kreditnehmer zurück. Die Rückzahlungsquote bei solchen Mikrokrediten liegt übrigens extrem hoch, kein Vergleich zu der luschigen Zahlungs„moral” mancher Schuldner in unseren Breiten…

Der nachhaltigBeobachtet-Blog hat bei Kiva eine eigene Gruppe für nachhaltige Blogger & Leser eingerichtet – HIER. Mehr Info findet Ihr auch in seinen Beiträgen HIER und HIER. Eine tolle Sache!

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Buchbesprechung: Jean Ziegler „Das Imperium der Schande”

Wusstet Ihr, dass Nestlé, der weltgrößte Lebensmittelkonzern mit Sitz im beschaulichen Schweizerischen Vevey, weltweit über 8000 Marken verfügt, zu denen neben den vielen Süßigkeiten (Lion, Kit Kat, Smarties), Kaffeesorten und Tier- und Kindernahrung (Alete), Maggi und Thomy u.a. auch Vittel, Perrier und San Pelegrino zählen? Dass das Unternehmen wegen seines unstillbaren Wachstumsdursts „Die Krake von Vevey” genannt wird? Dass Nestlé in vielen Zweigunternehmen, beispielsweise in Frankreich, aber auch in Asien und Lateinamerika, aktiv gegen gewerkschaftliche Tendenzen bei seinen Angestellten vorgeht? Oder dass die Firma bevorzugt in den armen Ländern Afrikas Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt ihrer Babys mit kostenlosem Milchpulver versorgt, so dass die Frauen bald nicht mehr mit ihrer eigenen Milch stillen können und fortan auf die „Segnungen” des Milchpulvers angewiesen sind, das sie teuer kaufen und zudem mit oft verunreinigtem Wasser mischen müssen, was zu vielen Todesfällen und Krankheiten unter den Säuglingen führt?

All diese beunruhigenden Informationen finden sich in Jean Zieglers neuem Buch «Das Imperium de Schande – der Kampf gegen Armut und Unterdrückung», in dem er die durch die Globalisierung und neoliberales Wirtschaften entstandene Weltordnung scharf kritisiert und als «neofeudales Herrschaftssystem» bezeichnet. Ziegler ist nicht irgendein dahergelaufener Globalisierungsgegner, sondern als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und streitbarer Professor der Soziologie mit den Mechanismen vertraut, die heutzutage zu einer sich immer weiter verstärkenden Ungleichheit auf der Welt führen. Detailliert und kenntnisreich – bei manchen Versammlungen der entsprechenden UN- oder IWF-Gremien ist Ziegler mit vor Ort und weiß somit genau, wovon er spricht -, engagiert und mit viel Empathie für die betroffenen Gesellschaften der sog. „Dritten Welt”, schildert Ziegler die unerbittlichen Regeln, die die herrschenden transkontinentalen Konzerne und die Regierungen der westlichen Demokratien, den unter ihrer Schuldenlast ächzenden und oft erstickenden Ländern in Lateinamerika, Asien und Afrika aufzwingen. Menschenrechte werden dabei durch das „Recht” des Stärkeren ersetzt, der Profit der einzelnen Großkonzerne den Interessen der Menschen übergeordnet – «Die Kosmokraten lieben die Menschenrechte. Aber nur solange sie der Ausbeutung der Völker nicht im Wege stehen.», wie Ziegler gegen Ende seines Buches bitter anmerkt.

Jean Ziegler nimmt in seinen Schilderungen kein Blatt vor den Mund und streift dabei durchaus auch einmal den Bereich der Polemik, andererseits kann man es ihm angesichts des Elends, das er auf seinen Reisen um den Globus ständig erlebt und der Wut, die man auch als Leser dabei empfindet, nicht wirklich verübeln. Der Autor führt uns jedoch nicht nur die teils skandalösen Zustände vor Augen, von denen wir uns im sicheren und reichen Westeuropa kaum Vorstellungen machen können, sondern gibt auch hoffnungsvolle Ausblicke auf eine Zukunft, in der die Herrschaft der „Kosmokraten” (wie er die Staatslenker und Leiter der großen Unternehmen und Banken nennt) zurückgedrängt wird – Widerstand gegen dieses «parasitäre Wirtschaftssystem» regt sich überall auf der Welt (Stichwort „Culture Jamming”) und es gibt auch konstruktive Gegenentwürfe, wie die Entwicklung in Brasilien zeigt, das gerade versucht, sich von dem von den reichen Ländern aufgebürdeten Schuldenberg zu befreien und die Armut im eigenen Land zu bekämpfen sowie die demokratischen Grundrechte der Bürger zu stärken.

Fazit: Dieses Buch sollte Pflichtlektüre eines jeden kritischen Staatsbürgers und Konsumenten sein!

Jean Ziegler „Das Imperium der Schande”
Goldmann 2008 (aktualisierte Auflage), 345 S., 8,95 €

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