Kategorie: Wirtschaft Seite 42 von 54

Peak Wachstum

Keine Zeit, keine Zeit – das gilt auch heute für mich. Darum verweise ich wiederum nur mal kurz auf einen spannenden Artikel, den ich vor einiger Zeit gefunden habe: „Peak Wachstum“ beim Philosophenstübchen. Gerade jetzt, wo neues Wirtschaftswachstum als einzige Lösung aus der Krise von allen neoliberal unterwanderten Stellen propagiert wird (dabei ignorierend, dass vielleicht gerade dieser Zwang zum ständigen Wachsen solche Krisen heraufbeschwört wenn nicht sogar begründet), scheinen mir solche Gedanken, wie man aus der Wachstumsfalle entkommen kann, um so wichtiger. In dem Artikel werden eine Menge gute Anregungen zusammengetragen und auf diverse interessante Bücher zum Thema verwiesen. Lohnt sich also!

(…) Denn in Wahrheit sind es ja nicht „natürliche Grenzen“, die uns derzeit stoppen. Es ist nicht die Aneignung und Umwandlung von Natur durch menschliche Arbeit, die prinzipiell an ihre Grenzen stößt, sondern es ist jene Form von Naturaneignung, die einseitig von Gewinnmaximierungsprinzipien gesteuert wird und jene Form von Wohlstand, die sich immer mehr entfernt von menschlichem Wohlbefinden. Wenn wir diese gesellschaftliche Beschränktheit überwinden, können sich neuartige Selbstorganisationsdynamiken aus Natur und Gesellschaft entfalten, die das Verhältnis „Mensch-Natur“ nicht statisch-stabil zu halten versuchen, was letztlich erfolglos wäre, da die Natur selbst ein dynamisch und sich selbst organisierend entwickelndes System ist. Erst dann gilt, dass wir nicht nur reden müssen über die „Grenzen des Wachstums“, sondern wir können ein „Wachstum der Grenzen“ organisieren. Aber ohne gesellschaftliche Umwälzungen und die grundlegende Neuausrichtung und Neuorganisierung unserer gesellschaftlichen Lebens- und Wirtschaftsformen wird dies nicht gehen. Wer die Natur liebt, muss gesellschaftspolitisch aktiv werden.

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Quickborn pfeift bei der Finanzierung auf die Banken

Für viele Kommunen, die finanziell aus dem letzten Loch pfeifen, sind dubiose und oft nachteilige Privatisierungen und Konstrukte wie Public Private Partnership (PPP) und Cross-Border Leasing (CBL) die einzige Möglichkeit, um überhaupt noch über die Runden zu kommen und den Bewohnern ein Mindestmaß an Versorgung zu garantieren. Dass es auch anders geht, als nur auf Staatsknete aus Berlin zu hoffen oder das Tafelsilber an Finanzjongleure und Konzerne zu verhökern, zeigt jetzt die kleine Stadt Quickborn in Schleswig-Holstein. Statt sich Geld für dringend nötige Sanierungen und Projekte für teure Zinsen bei den Banken zu leihen, greift man hier (wie schon die Leute in dem quer-Beitrag „Geld ohne Bank“) zu einer Lösung abseits der ausgetreten Pfade und bezieht die Bürger selbst mit ein. Wer bereit ist, der Stadt mindestens 5.000 € zu leihen, erhält diese nach einem Jahr mit 3% Zinsen zurück und unterstützt dabei gleichzeitig direkt die eigene Gemeinde. Der Run auf dieses Angebot war so groß, dass nach 3 Tagen bereits 4 Mio. € zusammen gekommen waren. Die NDR-Sendung markt berichtete Anfang der Woche darüber diesen Coup:

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In Sekundenbruchteilen

Die Botschaft, dass die Finanzmärkte mit ihrem Casino-Gebaren eine Mitschuld an der derzeitigen „Finanz-“/Wirtschaftskrise tragen, ist inzwischen in breiten Teilen der Bevölkerung angekommen. Dennoch glauben vermutlich immer noch viele Menschen, dass die Börsen einen wirklichen Nutzen für die Menschheit bieten (und nicht bloß ein Bereicherungsinstrument für wenige sind), dass die Finanzmärkte „perfekte Märkte“ seien (weil sich hier Angebot und Nachfrage offen gegenüber stehen) und dass Aktienkurse eine direkte Aussage über die Qualität eines Unternehmens darstellen. Dieses Bündel an Irrglauben sollte so langsam durchaus auch erschüttert werden dürfen, beispielsweise durch den Beitrag „Börsencomputer handeln extrem schnell“ des ZDF-Magazins WISO aus der letzten Woche, in dem es um den mittlerweile fast vollständig computerisierten Aktienhandel geht, bei dem Überlegungen zu fundamentalen Daten zu einzelnen Unternehmen, Branchen, Konjunktur etc. keine wirkliche Rolle mehr spielen – es wird gekauft und verkauft, was das Programm gerade, in der Sekunde, für lohnenswert hält. Aus einer Investition in eine Firma wird so eine reine Spekulation im Millisekundenbereich. Hier von einem „fairen Handel“ zu sprechen, ist purer Hohn, denn es gewinnt der, der sich die schnellsten Rechner leisten kann. Wertschöpfung bei alledem? Fehlanzeige. Das Ganze ist ungefähr so „produktiv“ wie Sportwetten o.ä. Hinzu kommt: Sobald ein Unternehmen an der Börse gelistet ist, ist es den dortigen Regeln unterworfen und muss sein Trachten auf die Mehrung des „Shareholder Value“ ausrichten, sprich, immer auf möglichst optimale Quartalszahlen schielen, was zu Lasten eines längerfristigen (und damit eventuell auch nachhaltigeren und verantwortungsvolleren) Denkens geht.

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Ein Blick durchs Netz – Bundeswehr, Marketing, Schweinegrippe, McDoof, FDP, Bezahlmedien sowie der Kapitalismus als solcher

seetaubeIn den letzten Tagen haben sich bei mir so viele lesenswerte Artikel angesammelt, dass ich heute mal eine kleine mittelgroße Rundschau über ein paar aktuelle, aber auch grundsätzliche Themen und Beiträge bieten möchte.

Der Schweizer Think About-Blog verdeutlicht in „Marketing – der Feind des Verzichts“ das, was ich hier im Blog schon des öfteren dargelegt habe: Werbung schadet und ist mehr als nur ein Ärgernis am Rande!

Marketing ist also die Kunst, Ihnen das Gefühl zu nehmen, im Überfluss des Angebots zu schwimmen, mehr zu nehmen und zu kaufen und NICHT zu meinen, sie hätten schon alles, was Sie brauchen. Glauben Sie, ein satter Konsument zu sein, so will Ihnen das Marketing das Gegenteil beweisen. Sie wissen gar noch nicht, was Ihnen alles fehlt!

In die Rubrik „Überraschung in den Mainstreammedien“ können wohl die beiden folgenden Texte einsortiert werden – in der FAZ (!) berichtet in der Reihe „Zukunft des Kapitalismus“ diesmal Ingo Schulze über „Das Monster in der Grube“. Es geht um Alternativen zum aktuellen System und darum, wie heutige (Wirtschafts-)Wissenschaftler betriebsblind geworden sind.

Der demagogische Satz, der in letzter Zeit immer wieder zu hören ist: „Der Staat ist der schlechtere Unternehmer“, sollte durch die Frage, wer der bessere Eigentümer ist und welche Interessen und Ziele der Eigentümer verfolgt, ersetzt werden. Wir müssen sagen, wofür wir die Wirtschaft brauchen und was wir von ihr wollen. Wir müssen uns darüber klarwerden, wie der Gesellschaftsvertrag aussehen soll, mit dem eine menschenwürdige Zukunft für alle möglich werden könnte.

Zweite Überraschung – die ZEIT (!) verbreitet offene Kritik an der FDP: „FDP: Vorsicht, Umfallgefahr!“. Der Wahlkampf ist also in den Medien schon längst angelaufen…

Das Problem mit der Haltung der FDP ist nur, dass sie sich seit dem Ausbruch der Krise auf zwei Sätze reduzieren lässt: Was die Liberalen ganz gut können, ist erst einmal Nein sagen. Was sie nicht so gut können, ist, dabei zu bleiben.

Einige interessante oder auch bedenkliche aktuelle Entwicklungen gibt es zudem zu vermelden – so steht ebenfalls in der ZEIT, dass der australische Medienmogul Rupert Murdoch, dem viele Zeitungen, aber auch Internetseiten wie Myspace gehören, eine Abkehr vom werbefinanzierten, dafür kostenlosen Onlinejournalismus plant. So soll man also zukünftig für viele Angebote von The Times, The Sun oder dem Wallstreet Journal löhnen. Na, ob das so ein großer Verlust für die Menschheit ist, wenn die manipulierten, lobbydurchtränkten Inhalte nicht mehr frei verfügbar sein werden… Dass es der Werbebranche schlecht geht, ist natürlich zu begrüßen. ;-)

Der australische Medientycoon Rupert Murdoch will im Internet alle Nachrichtenangebote seines weltweiten Konzerns kostenpflichtig machen. Murdoch reagiert damit auf die heftige Werbe- und Medienkrise. Immer mehr Medienhäuser denken inzwischen über eine solche Abkehr von Gratisnachrichten im Netz nach.

Und, schon mit Medikamenten gegen die böse Schweinegrippe eingedeckt? Immer öfter liest man inzwischen Berichte, dass von den Regierungen großflächige Impfaktionen geplant werden – und das, obwohl diese Grippe in unseren Breiten auch nicht schlimmer ist, als die normale. quer berichtete letztens sogar, dass die Fälle in Bayern eher milder abliefen als bei einer handelsüblichen Grippe. Der Flensburger Arzt und SPD-Politiker Dr. Wolfgang Wodarg redet in seinem bemerkenswerten Artikel „Schweinegrippe – das Geschäft mit der Angst“ erfreulichen Klartext:

Ich halte die “Schweinegrippe” für eine unverantwortliche, wirtschaftlich motivierte Panikmache und sehe nach intensiven Recherchen und persönlichen Gesprächen, unter anderem mit dem Leiter des Robert-Koch-Institutes, keinen Grund, die Empfehlungen zum Grippeschutz anders zu handhaben als in den Vorjahren.

Apropos Gesundheit – wie die taz vor einigen Tagen schrieb, werden Schulklassen, die das Bundesverteidigungsminsterium besuchen, großzügig mit McDonald’s-„Essens“gutscheinen versorgt. Skandalös ist hier auch die dreist-dumme Antwort, die das Ministerium einer Anfrage durch die Grünen zuteil werden ließ – „Fettiges Fastfood für die Bildung“:

“Die angebotene Kombination von Getränken und Speisen, darunter auch Salat, und die ergänzende Beratung des Besucherdienstes sind ausdrücklich im Sinne des Programms der Bundesregierung”, verteidigt Kossendey die fettige Verköstigung. Außerdem entscheide ja über die Annahme der Gutscheine das begleitende Lehrpersonal – auch über die “Inanspruchnahme und die Speisenzusammenstellung die Schüler”.

Großartig, so sieht Verantwortung aus – dass der Fast-Food-Fraß im Sinne eines Programms für die Gesundheit der Jugend sein soll, ist ja wohl ein schlechter Scherz. Als wenn die momentane PR-Kampagne der Bundeswehr im Jugendmagazin Bravo nicht schon abstoßend genug wäre. Hier lohnt sich sowohl der Bericht auf TelepolisFrisches Blut – die Bundeswehr such Nachwuchs und bedienst sich dabei massiv zivilier Jugendmedien“ als auch der Originalbeitrag in der Bravo. Vorsicht, nüchtern ist diese versuchte Gehirnwäsche durch das Militär nicht zu ertragen.

“Liebst du das Abenteuer? Bist du topfit?” – Mit  diesen Fragen wirbt die Bundeswehr seit einiger Zeit auf einer Webseite (1)  von Deutschlands größtem Jugendmagazin BRAVO für “tolle Tage im  Ausbildungscamp der Einzelkämpfer” in der Luftlande- und Lufttransportschule  der Bundeswehr im oberbayerischen Altenstadt. Nicht das erste Mal, dass sich  die Bundeswehr ziviler Medien bedient um neuen Nachwuchs zu  gewinnen.

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„Alles auf Anfang“ – Island in/nach der Krise

Allen, die heute, am vorerst letzten Sonnentag, nicht ohne Lesestoff zum Strand gehen wollen (und auch allen anderen), empfehle ich die Lektüre des überaus spannenden und gut geschriebenen Beitrags „Alles auf Anfang“ aus dem brand eins-Magazin, in dem die alltägliche Situation im Zuge der „Finanzkrise“ auf Island geschildert wird. Denn Island hat ja bereits das erlebt, was einigen anderen Staaten vermutlich noch bevor steht – den Staatsbankrott. Wie die Isländer mit diesen neuen Bedingungen umgehen und eine ganz neue Solidarität entdecken, das ist wirklich spannend und vielleicht auch anregend für unsere Zustände hierzulande. Also lesen!

Die meisten Isländer begreifen den Kollaps ihres Landes nur langsam. Doch einige suchen schon nach der Zukunft.

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Amazon verkauft antisemitische Propaganda und Rechtsrock

nazis-scheiayfrisurAls ich diese Meldung neulich bei Störungsmelder las, war ich doch erschrocken – „Amazon jetzt ohne NPD – aber weiterhin mit antisemitischer Propaganda und Rechtsrock“. Bisher hatte ich Amazon als zwar mittlerweile großen, aber dennoch eher unauffälligen Konzern im Konzert der Globalisierung wahrgenommen. Aber wie schon bei Google, das ja auch klein und unscheinbar-sympathisch begann, werden eben auch die Internet-Firmen irgendwann zu ganz normalen Unternehmen mit all ihren Nachteilen. Worum geht es jetzt aktuell bei Amazon? Nun, ein NPD-Ortsverein hatte sich als Amazon-Partner beworben und war auch zugelassen worden, so dass sie ihre reche Scheiße über die Amazon-Site vertreiben konnten. Erst nach heftigen Protesten hat Amazon diese Partnerschaft dann aufgekündigt. Dennoch gibt es nach wie vor zweifelhafte Produkte offen zu kaufen bzw. werden sie über Amazon Marketplace angeboten.

Ein Grund für die Reaktion des Versandhauses könnte eine Strafanzeige des American Jewish Committee (AJC) sein, die vergangene Woche gestellt wurde. Nach eigener Aussage fand das AJC rund 60 rechtsextreme Bücher in denen gegen Juden gehetzt, der Nationalsozialismus verharmlost oder der Holocaust geleugnet wird. Die Bücher würden vor allem von Antiquariaten und Privatpersonen, aber auch von Amazon selbst vertrieben.

Besonders übel finde ich ja die Stellungnahme Amazons, wieso man trotz der Proteste zunächst weiterhin Bücher und Schriften aus dem NPD-eigenen „Deutsche Stimme“-Verlag verkaufen wollte:

„Es gibt eine Nachfrage dafür, die wollen wir befriedigen.“

Ganz schön unsympathisch. Aber Geld und Moral, das ging ja schon immer schlecht zusammen… Eine echte, aus eigenem (ethischen) Antrieb gespeiste Auseinandersetzung mit rechtem Gedankenschlecht, das man nach wie vor bei Amazon finden kann, gibt es bei diesem Unternehmen offenbar nicht, auch wenn die Produkte aus diesem Verlag nach langem Zögern doch noch aus dem Sortiment  genommen wurden:

„Amazon ist ein Händler, keine Regulierungsinstitution“, sagte Pressesprecherin Christine Höger dem Störungsmelder. „Deswegen werden Kunden bei uns auch in Zukunft Titel finden, in denen bedenkliche Inhalte bezüglich des Nationalsozialismus geäußert werden.“

Tja, wir leben halt immer noch in einer Art Demokratie, in der Meinungsfreiheit herrscht… mehr als bedenklich finde ich diese Haltung trotzdem. Selbst das Handelsblatt konstatiert in „Mit Amazon zum SS-Sturmbataillon” über die damals im Juni noch bestehende Zusammenarbeit mit dem NPD-Ortsverband:

(…) Amazon trägt zur Finanzierung der Neonazis bei, und zwar bewusst und wohlüberlegt: Auch das ist schließlich ein Markt, der bedient werden will. Denn so gut wie alle anderen deutschen Buchhändler bieten ja aus ethischen Gründen keine Nazi-verharmlosenden oder verherrlichenden Titel an. Amazon springt in die Bresche – ein Kalkül, das atemberaubend niederträchtig ist. Zum Glück ist niemand gezwungen, bei diesem Unternehmen zu kaufen, das Umsatz mit der SS-Rune macht.

Aufschlussreich ist, was die weniger im Vernebeln geschulten Kundenberater über die Geschäftspolitik sagen. Auf die Frage, ob Amazon auch antisemitische Literatur anbieten würde, denn auch dafür gebe es ja eine Nachfrage, kommt wie selbstverständlich die Antwort: Das würde man rechtlich prüfen und eventuell ins Angebot aufnehmen. (…)

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Die Party der Banker geht weiter

Tja, hat sich was mit „Krise“ – diejenigen, die vor allem mit an dem ganzen Schlamassel Schuld sind, feiern sich inzwischen wieder selbst und geben mit vollen Händen das (Steuer-)Geld aus, das sie von den Regierungen zur Rettung des maroden Systems hinten rein geschoben bekommen haben. Dieser Beitrag von Report Mainz sagt eigentlich alles… [via] Verbrechen lohnt sich eben nach wie vor!

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Wikipedia und die PR der Atomlobby

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© hisks, stock.xchng

Auch heute möchte ich das Thema PR-Beiträge und Lobbyismus nochmal aufgreifen. Für viele sind Public Relations und Lobbyarbeit vermutlich eher dubiose, im Verborgenen stattfindende Prozesse, die scheinbar nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben und die man oft kaum direkt beobachten kann. Doch dies stimmt nicht, wie man dieser Tage beim „Kampf“ um Wikipedia-Beschreibungen rund um die Atomkraft sehen kann – hier tobt nämlich seit längerem eine Schlacht zwischen Pro-Atom-Lobbyisten und Klimaschützern. Erstere dringen massiv bei Wikipedia ein und schreiben Texte atomfreundlich um, wie mehrere Medien in dieser Woche zu berichten wissen, so beispielsweise die Frankfurter Rundschau: „Atomkampf im Netz: Lobbyisten contra Umweltgruppen“. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen sich heutzutage naiv-arglos einfach bei Wikipedia informieren und das dort Geschriebene dann für bare Münze nehmen, ist es um so erschreckender, dass auf diesem ehemals neutralen Feld nun vermehrt Partei- und Lobbyarbeit und damit die Beeinflussung/Manipulation der öffentlichen Meinung betrieben wird.

Es ist eine Frage des Glaubens. Glaubt man der Atomindustrie, dann sind Kernkraftwerke Klimaschützer. Glaubt man den Umweltaktivisten, dann gehören sie abgeschaltet.

(Anm.: es ist wohl kaum eine „Frage des Glaubens“, dass Atomkraft vom Menschen schwer beherrschbar ist und die verstrahlten Abfälle noch viele Generationen nach uns „beglücken“… diese Formulierung der FR ist damit auch fast schon subtile Lobbyarbeit…)

Abseits der hitzigen politischen Debatte nach dem Störfall im Atommeiler Krümmel gilt es, auch die Öffentlichkeit für seine Sichtweise zu gewinnen – im Fokus steht dabei auch die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Laut der Organisation LobbyControl sind PR-Agenturen und Tarnorganisationen damit beschäftigt, Einträge zum Beispiel bei Wikipedia zu ändern. Aber nicht nur hier werden die jeweiligen Sichtweisen platziert. Besonders aktiv sei in diesen Tagen das Pro-Atom-Netzwerk “Bürger für Technik” – einige Mitglieder fielen vor allem mit Leserbrief-Offensiven zum Thema Kernkraft auf.

“Wikipedia-Manipulation gehört heute zu den wichtigsten Aufgaben großer PR-Agenturen”, sagt auch Axel Mayer, Geschäftsführer der BUND-Regionalstelle in Freiburg. (…)

(…) “Der professionelle Einsatz zum Ändern kritischer Einträge und zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung geschieht häufiger als man denkt”, meint LobbyControl-Vorstand Ulrich Müller. Oft träten nicht Konzerne selbst, sondern Agenturen oder scheinbar interessierte Privatpersonen als Korrektoren auf den Plan. (…) Besonders das damit verbundene Netzwerk “Bürger für Technik” versuche über Leserbriefe in Zeitungen und durch das Ändern von Internet-Einträgen eine atomfreundliche Haltung zu befördern, sagt Müller. (…)

Siehe dazu auch den schon etwas älteren Beitrag des BUND „Wikipedia & Manipulation – die freie Enzyklopädie und die Macht der Atomlobby“, in dem noch deutlich ausführlicher über viele Manipulationen von PR-Agenturen und Lobbys in der Vergangenheit berichtet wird:

(…) Die Industrie und deren PR-Abteilungen nehmen auch Einfluss auf viele andere Wiki-Seiten, wo die Interessen der Menschen den Interessen der Industrie im Wege stehen (Gentechnik, Klimaschutz, Holzschutzmittel, Afghanistankrieg…) Eine bezahlte PR-Firma hat häufig einfach den “längeren Atem” als eine Nichtregierungsorganisation. (…)

Die Wochenzeitung WOZ
in der Schweiz beschrieb am 21.12.2006 die bekannt gewordene Spitze des Eisbergs der Wikipedia-Manipulation durch Burson Marsteller:
„In der Onlineenzyklopädie Wikipedia findet sich unter dem Stichwort Nuklearforum Schweiz ein Eintrag. Er ist völlig identisch mit der Selbstdarstellung auf der forumseigenen Homepage. In die Enzyklopädie gestellt wurde der Beitrag vom Benutzer Gen Suisse. Auch zur Gen Suisse, einer Lobbyorganisation der Pharmaindustrie, gibt es in Wikipedia einen Eintrag. Der erste Beitrag dazu wurde ebenfalls vom Benutzer Gen Suisse geschrieben und ist ein distanzloser Werbetext. Später hat sich Benutzerin Irmgard die Mühe gemacht, den reinen PR-Text zu entschärfen, indem sie hinzufügte, dass Gen Suisse von Schweizer Pharmafirmen finanziert wird. Sowohl das Nuklearforum wie Gen Suisse werden von Burson-Marsteller betreut. Offenbar gelingt es der PR-Firma, die Onlineenzyklopädie Wikipedia dazu zu benutzen, ihre PR-Botschaft als neutrale Information unters Volk zu bringen.“ (…)

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Unter Kontrolle technischer Gadgets?

gadgetNa, Hand aufs Herz, wer von Euch besitzt oder benutzt ein iPhone oder ein anderes technisches Spielzeug, ohne das, so will uns die Reklame zumindest einreden, ein Leben heutzutage gar nicht mehr lebenswert oder vorstellbar ist? „Cool“ ist mensch ohne solch ein Teil natürlich erst recht nicht! Was viele Benutzer solcher Gadgets nicht wissen – diese Geräte stehen oft unter der Kontrolle der Hersteller, die quasi aus der Ferne Inhalte tilgen oder verändern können. Spiegel Online (manchmal lohnt es sich halt doch, auch mal einen Blick in die Mainstreammedien zu werfen) berichtete vorgestern ausführlicher über den neuen Trend zur Fernsteuerung via elektronischer Geräte – „Wie uns Gadgets an Konzerne fesseln”. Aufhänger ist der letzte Woche bekannt gewordene Fall Amazons, die bei Kunden, die für ihr ebook-Lesegerät Kindle die digitale Ausgabe von George Orwells „1984“ gekauft hatten, selbige auf Grund von Lizenzproblemen einfach wieder löschten, was die Vorstellung von „Besitz“ im digitalen Zeitalter stark relativiert – und natürlich auch Tür und Tor für andere Manipulationsmöglichkeiten öffnet.

Mit jedem Hightech-Gadget, das wir erwerben, geben wir ein Stückchen Freiheit auf. Denn viele Geräte hängen heute per Datenleitung oder Funkverbindung dauerhaft an den Servern des Herstellers. Für Überwacher und Kontrolleure bieten sich völlig neue Möglichkeiten – Kunden verlieren Rechte. (…)

(…) Das Schutzbedürfnis der Nutzer aber führt im Konzert mit dem Kontrollbedürfnis der Hersteller zu einer gefährlichen Situation, schreibt Zittrain: “Eine Verschiebung hin zu angebundenen Geräten stellt auch eine Wasserscheide hinsichtlich der Regulierbarkeit des Internets dar” (Hervorhebung vom Autor). Die “Gefahren des Exzesses” rührten dann nicht mehr von Virenschreibern und Hackern her, sondern von “Eingriffen von Regulierungsbehörden in die Geräte selbst, und damit in die Art und Weise, wie Menschen diese Geräte benutzen können.” Anders formuliert: Durch tethered appliances wächst nicht nur die Macht der Hersteller über die Nutzer ihrer Geräte – mittelbar wächst auch die Macht staatlicher Organe, die mit genügend Druck jeden Hersteller zu Erfüllungsgehilfen eigener Überwachungs- und Kontrollwünsche machen können. Wer glaubt, Großkonzerne würden sich dem Willen von Autokraten und Diktatoren nicht beugen, der werfe einen Blick nach China, wo Infrastrukturanbieter und Suchmaschinisten brav den Wünschen der Regierung folgen. (…)

(…) Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass diese “merkwürdigen Mischtechnologien” uns nie ganz gehören werden, selbst dann, wenn wir viel Geld dafür bezahlt haben sollten. Jeder Webmail-Account, jedes Hightech-Telefon, jeder DVD-Player mit Internet-Anbindung schränkt unsere Freiheit ein bisschen weiter ein – zumindest potentiell.

Apropos Spiegel – in der neuen Ausgabe findet sich ein weiterer erstaunlicher Artikel, nämlich „Freizeit: Wie wollen wir leben?“, der sich mit der übergroßen Bedeutung der Arbeit in unserer Gesellschaft beschäftigt und beispielsweise neue Trends wie die „gleefully frugal“ beleuchtet.

“Viel Arbeit, wenig Zeit: Lange galt das als einziger Weg zu einer erfolgreichen Existenz. Doch die Krise wird das ändern – zum Glück.”

“Es gibt ein etwas angestaubtes, konsumkritisches Motto aus den siebziger Jahren: Wer weniger arbeitet, hat mehr Zeit zum Leben. Das klingt gut 30 Jahre später noch ein bisschen ungewohnt, aber es könnte wieder in die Zukunft weisen.”

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Die Yes Men planen den nächsten Coup

the-yes-man-150x150Die wohl bekanntesten Culture Jammer, die amerikanischen Yes Men, die in den letzten Jahren schon für so manchen Coup verantwortlich zeichneten (u.a. ihr Fake der NY Times), planen nun den nächsten Schlag gegen die großen Konzerne und ihre Handlanger in den Regierungen. Anlässlich des Weltklimagipfels in Kopenhagen im September soll es wieder eine spektakuläre Aktion geben, die hoffentlich auch für ein gewisses mediales Aufsehen sorgt. Ich leite Euch hier mal den offenen Brief der Yes Men weiter, inkl. Unterstützungsaufruf:

———————

Dear Friend,

We have some really stupid, really big plans for September, and we need
your help to make them come true.

Last summer, we asked you to help us print 100,000 copies of a “special
edition” New York Times, to be published just after Obama’s election and
set eight months in the future (July 4, 2009). You responded with
$15,000, and the paper made worldwide headlines – real ones:
http://www.ng.ru/world/2008-11-13/100_nyt.html?mthree=1
http://deser.pl/deser/1,83453,5917595,Dowcip___Falszywy___New_York_Times__oglasza_koniec.html
http://www.pcmag.com/article2/0,2817,2335607,00.asp

July 4, 2009 has now come and gone (http://www.nytimes-se.com/). A few
CEOs have had their salaries capped, Guantanamo is being closed, and
there’s a movement to prosecute the Bush regime for their war crimes.
But sadly, the paper’s most important predictions haven’t come true.
Worst of all, climate change isn’t being addressed in any serious way,
which is getting a lot of people really alarmed.

Five months from now, in Copenhagen, the world’s leaders will have the
chance to stop this mother of all runaway trains from taking us all off
the mother of all really big cliffs (http://www.sealthedeal2009.org/).
For a whole lot of reasons, it’s up to the U.S. to show how it’s done.
If we can do that, a lot of the other predictions in our “special
edition” will also come true.

Unfortunately, we’re showing no signs of doing that:
http://www.foe.org/global-warming,
http://www.greenpeace.org/usa/press-center/releases2/greenpeace-opposes-waxman-mark

So a lot of groups are planning actions this fall to show government
what we need it to do:
http://www.BeyondTalk.net/, http://www.350.org/, http://tcktcktck.org/,
etc.

As for us Yes Men, we have a very stupid three-part plan to publicly
ridicule our stupidest leaders. It’ll involve lots of stitching,
hammering, and risking arrest – which is fine, as we’ve assembled a
crack team of daredevil seamstresses. But unfortunately, it’s also going
to cost money.

If you can help with this side of things, please click here:
http://theyesmen.org/donate/now. For a donation of $50 or more we’ll
send you some copies of the “special edition” New York Times, along with
(while supplies last) the fake International Herald Tribune from last
month (http://www.iht-se.com/), the one that launched
http://BeyondTalk.net/.

Or, if you’d like to chip in over $500, we can consider it a loan, and
we’ll pay you back in the spring from revenues we hope come in from our
movie, hitting theaters in October: http://theyesmenfixtheworld.com.
For that, please write to us:
mailto:people@theyesmen.org?subject=Investment%20in%20action

Also, if you live in New York and know how to sew, please let us know by
clicking “costume design” on your profile and typing “sewing.” And if
you don’t mind getting arrested for a good cause, please sign up here:
http://BeyondTalk.net.

Please help as you can! If nothing else, it’ll be really funny. But it
could be a whole lot more too.

As worried as you are,
The Yes Men

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