Für viele Kommunen, die finanziell aus dem letzten Loch pfeifen, sind dubiose und oft nachteilige Privatisierungen und Konstrukte wie Public Private Partnership (PPP) und Cross-Border Leasing (CBL) die einzige Möglichkeit, um überhaupt noch über die Runden zu kommen und den Bewohnern ein Mindestmaß an Versorgung zu garantieren. Dass es auch anders geht, als nur auf Staatsknete aus Berlin zu hoffen oder das Tafelsilber an Finanzjongleure und Konzerne zu verhökern, zeigt jetzt die kleine Stadt Quickborn in Schleswig-Holstein. Statt sich Geld für dringend nötige Sanierungen und Projekte für teure Zinsen bei den Banken zu leihen, greift man hier (wie schon die Leute in dem quer-Beitrag „Geld ohne Bank“) zu einer Lösung abseits der ausgetreten Pfade und bezieht die Bürger selbst mit ein. Wer bereit ist, der Stadt mindestens 5.000 € zu leihen, erhält diese nach einem Jahr mit 3% Zinsen zurück und unterstützt dabei gleichzeitig direkt die eigene Gemeinde. Der Run auf dieses Angebot war so groß, dass nach 3 Tagen bereits 4 Mio. € zusammen gekommen waren. Die NDR-Sendung markt berichtete Anfang der Woche darüber diesen Coup:
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Totontli
Sieht so aus als hat der Bankenkasinokapitalismus die Wortbedeutung von “Kredit” (lat. credere = glauben) wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. Eigentlich verwunderlich, dass diese Idee aus Quickborn als so außergewöhnlich angesehen wird. Ist es doch nur eine Art Staatsanleihe auf kommunaler Ebene. Habe ich das in dem NDR-Beitrag richtig verstanden? Die Landesregierung muss das noch genehmigen? Warum? Wenn sich Bürger für Ihre Gemeinde engagieren wollen… Was gibt´s da zu verbieten oder zu genehmigen? Das erinnert mich spontan an “Das Wunder von Wörgl”, wo auch eine Gemeinde kreativ die Wirtschaftskrise bekämpft hat, aber dann von oben zurückgepfiffen wurde. Ärgerlich! Hoffentlich passiert das nicht mit Quickborn und hoffentlich macht das Quickborner Modell Schule!!
Und was sagt der Bundesverband deutscher Banken zur Quickborner Aktion? Die SZ schreibt: “Der Bundesverband deutscher Banken spricht dem Modell eher Ausnahmecharakter zu. “Die Kommunen werden in den allermeisten Fällen bereits bewährte Finanzierungsmöglichkeiten weiter nutzen”, ist sich die Organisation mit Sitz in Berlin sicher. Und ergänzt, dass das Beispiel Quickborn sicherlich ein “Einzelfall” bleibe.” Ach! Sehen die Banken etwa ihre Felle davonschwimmen?
Vielen Dank für dieses tolle Blog und die prima Beiträge!!
Peter M.
Ich finde es auch zumindest verwunderlich wenn nicht gar etwas erschreckend, dass da tatsächlich noch etwas genehmigt werden muss – ich vermute auch mal fast (ohne Unterstellungen äußern zu wollen), dass hier tatsächlich Banken und Staatsstellen Angst um ihre Macht und Autorität haben, wenn sich plötzlich die Kommunen selbst helfen. Denn dann hat man ja plötzlich gar kein Druckmittel mehr in der Hand, und auch PPP und CBL werden obsoleter. Das wird sicher nicht überall gerne gesehen. Es wäre mehr als nur bedauerlich, wenn diese Quickborner Initiative abgewürgt werden würde, aus fadenscheinigen Gründen. Denn die Gemeinde hat ja auch selbst gesagt, dass sie nicht beabsichtigt, ein Bankgeschäft aufzuziehen, sondern das Geld eben zweckgebunden für dringende Projekte einsetzt.
detektor.fm
Hierzu haben wir auf unserer Homepage ein interessantes Interview mit Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl:
http://detektor.fm/politik/kommunen-in-der-krise-quickborn-pumpt-bei-seinen-buergern/