Ursprünglich hatte ich meinen Konsumpf-Blog vor allem als „Aufklärungsorgan“ mit den Themen Culture Jamming/Konsum- & Werbekritik geplant, doch schon sehr schnell stellte sich für mich heraus, dass auch viele andere Thematiken mit in diesen Bereich hineinspielen und dass zu einer aktuellen Kritik an der Konsumgesellschaft nicht zuletzt fast automatisch auch eine kritische Auseinandersetzung mit der uns umgebenden und beeinflussenden Medienlandschaft gehört. Denn die gleichen Marktmachtkonzentrationsprozesse, die auf dem „normalen“ Warensektor zu den sattsam bekannten schädlichen Auswirkungen auf Vielfalt und Mitbestimmung führen, zeitigen auch im Medienbereich eine Entwicklung hin zu einer immer weiter schwindenden Anzahl von unabhängigen Journalisten, Sendungen und Magazinen. Letztlich teilt sich eine kleine elitäre Clique, ein Kreis von einer Handvoll weltweit operierender Konzerne wie Time Warner, News Corp., Bertelsmann und Walt Disney, den Markt unter sich auf und behält so die Oberhand, wenn es um die Meinungshoheit in den öffentlichen Diskursen geht. Dass diese Medienkonglomerate, über die ich u.a. auch in meiner Buchbesprechung von „Unsere Medien?“ schon mal berichtete, weniger an einer umfassenden kritischen Berichterstattung als vielmehr an dem Bereiten des geistigen Nährbodens für die Verbreitung einer konsum- und arbeitsfreundlichen Haltung interessiert sind, zeigt sich leider immer wieder. Nicht zuletzt deshalb ist es auch für Culture Jammer wie Kalle Lasn mit seiner Adbusters Media Foundation ein wichtiges Anliegen, diese Quasi-Monopole anzugreifen und zu knacken. So aussichtslos das momentan auch noch erscheinen mag – das Internet eröffnet unsereins aber neue Möglichkeiten, um unter dem Radar der Mainstreammedien hindurch zu schlüpfen und eine Art „Gegenöffentlichkeit“ aufzubauen und für ausgewogenere Informationsströme zu sorgen.
Ich hatte neulich ja schon einmal die neue Ausgabe (03/2009) des Nachrichtenmagazins Hintergrund erwähnt, das den vielversprechenden Titel „Medien, Macht, Manipulationen“ trägt. Das Heft liegt in analoger Form vor mir auf dem Tisch und ich würde gerne den einen oder anderen Artikel daraus mit Euch teilen, nur leider stehen die Beiträge (noch) nicht online zur Verfügung. Solltet Ihr aber die Chance haben, das Magazin irgendwo zu lesen – meines Erachtens lohnen sich vor allem der Titelbeitrag von Markus Jansohn, „Die Tagesschau als Leitkultur. Eine Polemik gegen die Nachrichtenwelt“ von Walter van Rossum, „Think Tanks – die heimlichen Regierungen? Politik und Medien unter dem Einfluss einer machtvollen Lobby“ von Regine Naeckel sowie „Medienkonzentration – Redaktionsarbeit als industrieller Fertigungsprozess“ von Wolfgang Storz, aus dem ich mal kurz zitieren möchte:
Die Journalisten und ihre Gewerkschaften sind im Kampf um ihre Arbeitsbedingungen und um ihre Arbeitsplätze. Dieser Kampf ist existenziell. Deshalb sind sie seit Jahren verstrickt in Debatten und das Handeln um betriebswirtschaftlich gangbare Wege aus der Krise. Die Frage, an der sich diese Sanierungsabreiten ausrichten, lautet: Wie erreiche ich die Aufmerksamkeit meiner Konsumenten?
Die Frage lautet nicht: Versorge ich mein Publikum aus interessierten Bürgern ausreichend, und was kann ich tun, um aus der großen Schar an Konsumenten mehr Bürger als bisher für mich als Publikum zu gewinnen?
Weil es um die Konsumenten und nicht um die politischen (Staats-)Bürger geht, deshalb drehen sich diese handwerklichen Diskussionen in sich schlüssig nicht um die Stichworte: Kontrolle der Mächtigen, publizistische Unabhängigkeit, die vierte Gewalt im Staat, Verständlichkeit, das gesellschaftlich Belangvolle von Belanglosem unterscheiden, Politik unterhaltend, aber noch als Politik darstellen, der Einfluss der PR. Diese Stichworte spielen keine Rolle, weil sie betriebswirtschaftlich irrelevant sind. Deshalb können in dieser Gesellschaft auch mit leichter Hand Zeitungen aufgekauft und zusammengelegt werden.
EDIT: Den Leitartikel „Sind Journalisten mehr als Anzeigenumfeldgestalter für definierte Zielgruppen?“ kann man jetzt komplett online nachlesen!
Zu der Problematik sind auf den immer lesenswerten NachDenkSeiten unlängst ebenfalls zwei Artikel erschienen, wobei sich die NDS ohnehin seit jeher immer wieder intensiv mit dem Thema Medienmanipulation/Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Presse & Fernsehen beschäftigen. In „Sind Kampagnen der Meinungsbeeinflussung wirklich so verbreitet?“ macht sich Initiator Albrecht Müller Gedanken darüber, wie weit sich vor allem bewusst lancierte politische Kampagnen ausgewogene Diskussionen in den Medien zudecken.
Bei unseren Recherchen für die Texte in den NachDenkSeiten wie auch bei den Arbeiten am Buch „Meinungsmache” begegnen wir immer wieder Menschen, die bezweifeln, dass es systematisch geplante Kampagnen der Beeinflussung und Manipulation gibt, und die beharrlich nach sachlichen Gründen für bestimmte Meinungen und Einstellungen suchen.
Das ist verständlich. Vermutlich neigt die Mehrheit von uns trotz wiederkehrender böser Erfahrungen dazu, anderen Menschen, auch Verbänden, Parteien und Medien zunächst einmal gute Absichten zu unterstellen. Und außerdem haben viele die Sorge, in den Verdacht zu geraten, Verschwörungstheorien aufzusitzen.
Vermutlich liegen diese Gutgläubigen damit in der Regel falsch und vergeuden auf der Suche nach objektiven Hintergründen viel Kraft und Zeit. Jeden Tag können wir nämlich neu beobachten, wie Kampagnen der Meinungsbildung neu inszeniert oder weiter gedreht werden. Kampagnen überlagern die Meinungsbildung und bestimmen über weite Strecken die politischen Entscheidungen. (…)
In diesem sehr umfangreichen Artikel nennt Albrecht Müller eine Vielzahl von Beispielen für solche Vorgehensweisen – ich empfehle diese zwar unbequeme und auch etwas bedrückende, aber doch erhellende Lektüre!
Beitrag Nummer zwei ist ein Gastbeitrag einer NDS-Leserin: „Der einzige Schutz gegen Kampagnenjournalismus: ihn sichtbar machen und beim Namen nennen“. Sie hat sich anhand eines Interviews im Spiegel sowie des Sommerinterviews mit Oskar Lafontaine im ZDF Gedanken darüber gemacht, wie Stimmungen gegen Politiker in den Medien erzeugt werden, und sie analysiert die beiden Interviews minutiös daraufhin.
Sprachlos steht man am Rande des Geschehens. Maßgebliche Medien, nicht nur die Bild-Zeitung, auch der Spiegel, die Zeit, das ZDF, die ARD und die kommerziellen Rundfunksender lassen sich in Kampagnen der Indoktrination einspannen. Es kommen immer die gleichen Argumente, die Opfer sind in der Regel die Gegner der neoliberalen Bewegung. (…)
Wir dokumentieren diese Arbeit, weil wir Pluralität und Liberalität in den Medien für eine existenzielle Bedingung demokratischen Zusammenlebens halten. Davon sind wir leider weit entfernt. Wenn wir die demokratischen Elemente unserer politischen Ordnung retten wollen, dann müssen wir die Indoktrination offen legen. (…)
Last but not least fast schon eine Art moderner Klassiker – Noam Chomskys Artikel „Warum die Mainstreammedien ‚Mainstream‘ sind“ aus dem Jahre 1997, der leider nichts an Brisanz und Aktualität eingebüßt hat, eher im Gegenteil. [via] Wer wissen will, in welch engem Korsett sich Medienberichterstattung mittlerweile bewegt und wie die Absichten der großen Medienkonglomerate ausschauen, sollte sich diesen Text unbedingt zu Gemüte führen.
(…) Die Elitemedien stecken den Rahmen ab, in dem die restlichen Medien operieren. Wenn man sich Agenturen wie Associated Press ansieht, die eine permanente Nachrichtenflut ausstoßen, stellt sich heraus, daß dieser Strom vermischter Nachrichten jeden Nachmittag durch die Meldung unterbrochen wird: “An die Redaktionen: auf der Titelseite der New York Times werden morgen folgende Berichte erscheinen.” Wenn man beispielsweise Redakteur einer Zeitung in Dayton, Ohio ist und nicht über die Ressourcen verfügt oder sich sowieso nicht die Mühe machen will, selbst an wichtige Nachrichten heranzukommen, erfährt man auf diesem Weg, was als “Nachricht” zu gelten hat. (…)
Die Massenmedien im eigentlichen Sinn haben im wesentlichen die Funktion, die Leute von Wichtigerem fernzuhalten. Sollen die Leute sich mit etwas anderem beschäftigen, Hauptsache, sie stören uns nicht (wobei “wir” die Leute sind, die das Heft in der Hand halten). Wenn sie sich zum Beispiel für den Profisport interessieren, ist das ganz in Ordnung. Wenn jedermann Sport oder Sexskandale oder die Prominenten und ihre Probleme unglaublich wichtig findet, ist das okay. Es ist egal, wofür die Leute sich interessieren, solange es nichts Wichtiges ist. Die wichtigen Angelegenheiten bleiben den großen Tieren vorbehalten: “Wir” kümmern uns darum. (…)
(…) Außerdem sollten wir uns nicht – und jetzt zitiere ich wieder aus einem akademischen Essay zu diesem Thema – auf das “demokratische Dogma” versteifen, “nach dem die Menschen ihre Interessen selbst am besten beurteilen können”. Dem ist keineswegs so: in Wirklichkeit sind sie absolut unfähig dazu, und daher erweisen wir sowohl ihnen als auch der Gesellschaft einen großen Dienst, wenn wir das für sie übernehmen. Tatsächlich gibt es hier eine starke Ähnlichkeit mit dem Leninismus. Wir handeln an deiner Stelle, im gemeinsamen Interesse aller usw. Das ist vermutlich auch einer der Gründe dafür, weshalb sich im Verlauf der Geschichte viele Leute relativ problemlos aus glühenden Stalinisten in überzeugte Unterstützer des Machtanspruchs der USA verwandelt haben. Dabei erfolgt der Wechsel von der einen Position zur anderen oft sehr rasch, und ich denke, daß das ganz einfach daran liegt, das beide Positionen im großen und ganzen auf dasselbe hinauslaufen. Eigentlich verändert sich nur die Einschätzung darüber, welche Haltung einen der Teilhabe an der Macht näherbringt. (…)
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