Sep
19
2013
4

Wahlplakat-Adbusting 2013

Wie zu jeder Wahl so ist es bei einigen Menschen auch diesmal wieder gute Sitte, die meist inhaltsfreien Reklameplakate der einzelnen Parteien entsprechend zu verändern oder um die Wahrheit hinter der Fassade zu bereichern, so dass der Betrachter plötzlich etwas mit ihnen anfangen kann. Das CDU-„Mein Reich“-Plakat hatte ich ja neulich schon mal gepostet (HIER), und die taz berichtet ausführlich über „Adbusting von Wahlplakaten – jetzt auch mit Inhalt“:

„Haha, ein Tablet“, sagt ein Angestellter zu seiner jüngeren Kollegin auf einem CDU-Wahlplakat. „Tolles Ding. Kann sogar YouPorn.“ Schwer vorstellbar, dass die CDU tatsächlich ein solches Plakat aufgestellt hat.(…)

(…) Auf seiner Seite fakeblog.de präsentiert der 41-Jährige die umgedichteten Wahlsprüche. „Satire und kleine Nadelstiche sind wichtig, um die Plattitüden der Parteien zu entlarven“, sagt Flyod. „Ich will der Wahlwerbung das Sinnhafte nehmen.“ Bis zu 8.000 Klicks haben Floyds Werke am Tag. Besonders seine umgestalteten CDU-Plakate begeistern viele Internetnutzer. „Die CDU-Werbung eignet sich besonders für Satire“, sagt er. Sie seien im Original schon ziemlich komisch.

Doch einseitige Wahlwerbung will der Blogger nicht machen – seine Plakataktion versteht er als Kritik gegen alle Parteien: „Politik handelt allgemein nicht immer in Sinne der Bevölkerung – also soll sie auch nicht so tun.” Floyd fehlt bei vielen Parteiplakaten eine Vision. Eine Vision, die er auch in der Politik vermisst: “Wie wollen wir zukünftig als Gesellschaft zusammenleben?”, fragt sich der Blogger und will mit seinen Plakaten ein Signal senden: „Lasst euch politisch nicht hinhalten!“ (…)

Auf dem fakeblog finden sich schöne Beispiele für alle größeren Parteien – für CDU, SPD, Grüne, Linke, Piraten, FDP.

 

 

 

 

 

Falls jemand Interesse haben sollte (rein theoretisch, natürlich nur) selbst aktiv zu werden, den könnten zu Anschauungszwecken diese Photoshopdateien interessieren, die ausdruckbare Sprüche enthalten (nicht mit denen vom fakeblog identisch, sondern etwas schärfer und inhaltlich prägnanter). Wie gesagt ist das natürlich nicht für den praktischen Einsatz gedacht, also bloß nicht aufdrucken und auf Plakate kleben, denn so etwas ist verboten! ;)

>> Download der Photoshopdateien für CDU und FDP (zip-Archiv)

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Sep
13
2013
21

Die „Erfolgsbilanz“ von Schwarz-Gelb, Parteispenden sowie Tierschutz in den Wahlprogrammen

Ja, ich weiß, in meinem Blog geht es vorrangig um Konsumkritik und alles, was so dazu gehört, aber so kurz vor der Bundestagswahl seien mir noch ein paar Statements zur (in der Regel eher ernüchternden) Tagespolitik gestattet. Von einem Blogleser wurde mir diese schöne „Erfolgsbilanz“ der CDU-FDP-Regierung zugespielt. So hat man die Liste der Fehlschläge mal in einer kompakten Übersicht vor Augen:

Auch die Übersicht über die Parteispenden ist erhellend:

(Das Original findet Ihr hier.)

Sehr interessant fand ich die Aktion der Albert Schweitzer-Stiftung, die bei den Parteien nach ihren Positionen zu einer Reihe von wichtigen Fragen zum Tierschutz befragte. Wenig verwunderlich ist, dass CDU und FDP auch hier erbärmliche Standpunkte vertreten und im Grunde ihre menschenfeindliche Politik konsequenterweise auf alle Lebewesen ausdehnen. HIER geht es zum Originalartikel.

 

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Sep
08
2013
4

Mein Reich – Die Qual der Wahl

Nun ist es also wieder soweit – vier Jahre sind verstrichen, und die Bürger dürfen wieder an die Wahlurne. Vier Jahre, seitdem die Deutschen Angela I. Inthronisierung bestätigten. Vier Jahre, in denen die nach eigenem Selbstverständnis „beste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“ tätig sein durfte. Vier Jahre, in denen de facto die schlechteste Regierung seit Ewigkeiten eher durch Pleiten, Pech und Pannen, durch scharenweise Ministerrücktritte, falsche Doktortitel, durch Durchwurschteln, Aussitzen und eine generelle Konzept- und Visionslosigkeit auffiel. Vier Jahre, in denen die FDP ihren Ruf als Klientelpartei bestätigen durfte. Und vier Jahre, nach denen Angela Merkel bei den Bundesbürgern angeblich so beliebt ist wie nie zuvor – aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer. Wen wundert’s, dass angesichts dieser Diskrepanz von stümperhafter Realpolitik und glorienscheinhaftigem Ansehen der Kanzlerin eine gewisse Desillusionierung, ja gar ein Demokratie-Fatalismus sich breit zu machen beginnt. Dieses Plakatadbusting, das ich bei mir in Kiel gesehen habe, ist so unzutreffend nicht:

Ein bisschen Hoffnung verbreitet Ulrich Hornn auf Carta – „Wann Merkel einpacken kann“.

Selbst intelligente und engagierte Menschen wie Harald Welzer erklären öffentlich „Warum ich nicht mehr wähle“. Nun mag es sicherlich gute Gründe geben, warum man am Wahlsonntag zu Hause bleibt (man wacht auf und ist tot, oder man hat Angst, unter Menschen zu gehen etc.), dennoch denke ich, dass Nichtwählen im Grunde kein so guter Ansatz ist. Klar, wenn tatsächlich nur noch 20 oder 30 % der Leute zur Wahl gingen, liefe schon ein Raunen durch die politische und mediale Landschaft, aber kurz darauf würde dann vermutlich doch so weitergemacht werden wie immer. Von daher schließe ich mich eher diesen Begründungen der Website andere-parteien.de an – „Warum es sich lohnt, Kleinparteien und Einzelkandidaten zu wählen“:

(…) Wenn man die Klein­par­tei nicht wählt, die die ei­ge­nen An­sich­ten am Bes­ten ver­tritt, dann hat man drei Mög­lich­kei­ten: nicht wäh­len, un­gül­tig stim­men oder eine der gro­ßen Par­tei­en wäh­len, die mög­li­cher­wei­se den Ein­zug in das Par­la­ment schaf­fen.

Nicht zu wäh­len ist of­fen­sicht­lich nicht bes­ser, als eine Klein­par­tei zu wäh­len. Wäre das die in Frage ste­hen­de Al­ter­na­ti­ve, dann soll­te man seine Ar­gu­men­ta­ti­on noch ein­mal über­den­ken.

Un­gül­tig zu stim­men hat si­cher­lich seine Aus­wir­kun­gen und ist bes­ser als gar nicht zu wäh­len. Den­noch hat eine Stim­me für eine Klein­par­tei eine noch hö­he­re Aus­sa­ge­kraft, denn die un­gül­ti­ge Stim­me gibt keine ei­ge­ne Mei­nung wie­der, sie ist so­zu­sa­gen neu­tral.

Man­che wäh­len statt einer Klein­par­tei lie­ber das klei­ne­re Übel unter den Gro­ßen. Dies re­sul­tiert aus der Über­le­gung, dass man damit we­nigs­tens einen ge­wis­sen Ein­fluss nimmt und ist ver­bun­den mit der Hoff­nung, die ge­wähl­te Par­tei würde sich bes­sern. Das ist al­ler­dings ein fa­ta­ler Irr­tum. Durch einen Stim­men­ge­winn oder zu­min­dest einen nur mo­de­ra­ten Stim­men­ver­lust fühlt sich die Par­tei in ihrer Linie be­stärkt in einem ‚wei­ter so‘. Durch die Wahl einer gro­ßen Par­tei, mit deren An­sich­ten man also nur be­dingt über­ein­stimmt bringt man diese nicht mehr auf den ei­ge­nen Kurs, im Ge­gen­teil. (…)

Gerade in diesem Jahr treten so viele Parteien an wie noch nie (insgesamt knapp 40), von daher müsste eigentlich für jeden etwas dabei sein, was zumindest in die richtige Richtung geht. Eins ist natürlich auch klar: es gibt im Grunde nur eine wählbare Partei – Die PARTEI. Die weltweit einzige wirklich seriöse Partei, und das deutschlandweit. Schon ihr Slogan „Inhalte überwinden“ (an den sich die anderen Parteien bei ihren Wahlplakaten vorbildlich halten – „Werben ohne Verben“) ist überzeugend, denn wie Kanzlerkandidat Oliver Maria Schmitt in einem Interview klarstellte: „Es regiert sich einfach leichter, wenn man keine Inhalte hat.“ Das 13 Punkte umfassende 10-Punkte-Regierungsprogramm der PARTEI enthält dann auch weitere gute Gründe, sein Kreuz an der richtigen Stelle zu setzen und die Machtübernahme am 22.9. zu ermöglichen. U.a. wird gefordert, dass Merkel sich in einem Schauprozess zu verantworten habe, es wird die Einführung einer Faulenquote angedacht und auch die Änderung des Schulsystems in ein G1, damit die Kinder früher in den Arbeitsprozess eingegliedert werden können – dies alles sind beeindruckende Argumente und heben die Konzepte der PARTEI deutlich von dem Geschwafel der Spaßparteien ab, die derzeit im Bundestag sitzen. Wen dieser Wahlwerbesport der PARTEI nicht überzeugt, der hat kein Herz:

Oder, wenn man es unbedingt noch seriöser und sachlicher braucht:

Und wo ich schon mal dabei bin, schamlos Agitation zu betreiben – dieses Interview, das im YouTube-Channel von Jung & Naiv mit der Piratin Marina Weisband geführt wurde, fand ich auch sehr interessant:


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28
2013
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Okt
01
2012
18

Da hilft doch nur noch Auswandern

Als ich am Freitag zufällig vor der heute show das Politbarometer sah, staunte ich wahrlich nicht schlecht – die Deutschen sind offenbar noch blöder, als man das gemeinhin schon meinen muss:

Wie kann das sein, dass das schwarz-gelbe Chaos, die Klientelpolitik und das Durchlavieren durch unsoziale Projekte als „gute Regierung“ empfunden wird? Welche Drogen haben 60 % der Befragten genommen? Oder ist das nur Realsatire, haben sich die Befragten einen bösen Scherz mit dem ZDF erlaubt? Zu solchen Umfrageergebnissen, wie auch der Tatsache, dass angeblich eine Mehrheit der Deutschen auf eine Große Koalition hofft, fällt mir echt nichts mehr ein. Aber wie der Trueten-Blog schon ganz richtig konstatiert:

Was bleibt dann als wirkliche Gegenwehr? Die Beispiele aus Griechenland, Spanien und Portugal zeigen es vielleicht am schärfsten. Es wird am Aufbau von Massenbewegungen zu arbeiten sein, die soviel Druck erzeugen, dass sogar fest zusammengebackene Regierungskoalitionen am Ende sich brüchig zeigen. Auch für die, die daran interessiert sein sollten, hat ab heute die Vorbereitungszeit begonnen.

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Mai
13
2012
3

Lesetipps: Ist Werbung böse? | Aldi | Rotes Utopia | Konsumentenmacht | Medikamentenpreise

Naja, eigentlich sollte ich nach den Kampagnen, die der Spiegel z.B. gegen die Piraten gefahren hat, besser keine SpOn-Artikel mehr verlinken, aber ich will es heute doch mal tun – befasste sich das ehemalige Nachrichtenmagazin doch vorletzte Woche mit einem meiner Lieblingsfeinde, nämlich dem Discounter Aldi. Sogar eine Titelgeschichte widmete man dem Treiben des Billigheimers, dessen Methoden Vorbild für all die anderen Ausbeuterbutzen wie Lidl, Netto etc. sind. Insbesondere auch, was die negativen Folgen dieses Preis- und Kostendrucks anbelangt. Das Spiegelfeature enthielt jetzt zwar nicht so fürchterlich viele Infos, die mir und den Lesern meines Blogs komplett neu wären, und wie üblich wird auch nur ein verengter Fokus auf die Arbeitswelt betrieben, der die schädlichen Auswirkungen der Wegwerfprodukte auf Umwelt und Gesellschaft ausblendet, aber immerhin. Jeder, der beim Discounter einkauft, sollte daran denken, welches Geschäftsprinzip er damit unterstützt. „Ex-Manager Straub berichtet über Überwachung und Kontrolle“:

Andreas Straub legte bei Aldi Süd eine steile Karriere hin. Mit 22 Jahren fing er bei dem Discounter an, bereits ein Jahr später war er als Bereichsleiter für mehrere Filialen zuständig. Als einer der Besten seines Jahrgangs hatte der Jungmanager ein Nachwuchsprogramm bei Daimler absolviert. Doch der Autokonzern erschien ihm zu träge, darum heuerte er bei Aldi an. Eigene Ideen einbringen und Innovationen umsetzen – das war Straubs Traum.

Doch die Ernüchterung folgte schnell. Nun avanciert Straub zum Feindbild des Konzerns. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er ein dunkles Bild von Aldi zeichnet: Mit strengen Kontrollen würden Mitarbeiter gegängelt, Kritiker abserviert, knallharte Personalpolitik und Rauswürfe, so Straub, sollen die Kosten drücken. Auch er musste schließlich gehen. Im Interview berichtet er, wie Aldi tickt. (…)

Mitarbeiter bei Aldi-Süd filmten heimlich Kundinnen“:

Aldi-Kundinnen sind von Managern des Discounters nach SPIEGEL-Informationen heimlich beim Einkauf gefilmt worden. Das Interesse der Filialleiter weckten demnach vor allem Frauen in kurzen Röcken oder mit ausgeschnittenen Tops, sobald sie sich über Kühltheken beugten oder vor Regalen bückten. Dann zoomten die Aldi-Angestellten mit der Kamera heran. Hinterher wurden die Filme auf CD gebrannt und ausgetauscht. Dies geschah in Aldi-Märkten in Frankfurt am Main, in Dieburg und anderen hessischen Filialen. (…)

Besonders empörend – die reichsten Männer des Landes nehmen auch noch den Steuerzahler aus: „Aldi sackt seit Jahren staatliche Subventionen ein“:

(…) Der Discounter Aldi erhielt in den vergangenen Jahren staatliche Subventionen in beträchtlicher Höhe. Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd hatten nach SPIEGEL-Informationen beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Fördermittel für Unternehmen des Güterkraftverkehrs beantragt. Warum und in welcher Höhe der Handelskonzern mit einem weltweiten Umsatz von 57 Milliarden Euro staatliche Unterstützung für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bekam, ist unklar.  (…)

(…) “Es ist ärgerlich, als Abgeordnete im Nebel stochern zu müssen und keine klaren Auskünfte zu bekommen, was mit Steuergeldern und Fördermitteln eigentlich passiert”, sagt Wilms. “Die Förderungen sollen bei der Aus- und Weiterbildung helfen und nicht das Sparprogramm eines Discounters aufpeppen. Sollte ein milliardenschwerer Laden wie Aldi tatsächlich diese Gelder anzapfen, wäre das unverschämt.” Sowohl Aldi Süd als auch Aldi Nord bestätigten den Erhalt der Subventionen, verwiesen aber auf die erfolgreiche Prüfung durch das BAG. (….)

Genauso unverfroren ist das, wie die CDU der Pharmaindustrie zuarbeitet – „Union will Medikamentenpreise geheimhalten“, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet:

Wieviel zahlen Krankenkassen Pharmakonzernen wirklich für neue Medikamente? Diese Information möchten die Arzneimittelhersteller verbergen, denn sie fürchten Umsatzeinbußen im Ausland. Die Union will die geforderte “Vertraulichkeit” nun sogar gesetzlich festschreiben – und untergräbt damit eigene Bemühungen zur Reduzierung der Preise. Der Bundestag verzichtet auf eine Debatte.

Die Unionsfraktion will eine der zentralen Forderungen der Pharmaindustrie erfüllen. Künftig sollen die zwischen Herstellern und Krankenkassen vereinbarten Preise für neue Medikamente geheim gehalten werden. Die Pharmaindustrie erhofft sich dadurch höhere Erlöse. (…)

Anlässlich solcher Entwicklungen muss man sich schon fragen, was der einzelne Käufer und Konsument hier tun kann – und genau dieser Frage geht nachrichten.at in einem Interview mit der Autorin Kathrin Hartmann nach – „Der Konsument hat keine Macht“:

(…) Dennoch gab es einen Riesenrummel um die „Lohas“ (Lifestyle of Health and Sustainability), also um Leute, die durch ihren Konsumstil Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern wollen …

Da ging es um nichts anderes als ums Konsumieren. Das wurde als die neue, frische Ökobewegung verkauft, hatte aber mit der alten Öko-Bewegung nichts zu tun. Und so kann man im Biosupermarkt im Jänner eingeflogene Erdbeeren mit scheinbar gutem Gewissen kaufen. Im Grunde ist das Gegenteil erreicht worden. Bio passt sich immer mehr dem Mainstream und dem Massenmarkt an. Die Landwirtschaft ändert sich wenig – die Politik gar nicht.

Deshalb sollte man nicht aufgeben, bewusst einzukaufen, oder?

Nein. Aber es soll einen nicht beruhigen. Man sollte nicht zu sich sagen: Damit habe ich meinen Beitrag geleistet. Wir können nur wirklich etwas ändern, wenn wir aufhören so zu tun, als wäre der Einzelne für die Weltrettung zuständig. Das ist Unfug. Wir sollen nicht dauernd von der Macht des Konsumenten reden, sondern wieder lernen, uns einander als Gemeinschaft zu vertrauen. Der Konsument hat keine Macht. Einkaufen macht niemandem Angst – es ist das, was Wirtschaft und Politik von uns wollen. (…)

Tobias Radloff befasste sich neulich in seinem Blog Kaffee. Satz. mit einem anderen meiner Lieblingsthemen, nämlich der Reklame. Er hat das Buch „Brandwashed“ gelesen und beleuchtet es in seinem Artikel „Ist Werbung böse?“:

(…) Wozu also das Geschrei? Ich bin ja nicht erst gestern auf die Welt gekommen. Ich bin ein aufgeklärter Konsument, freier Wille und so, ich lasse mich nicht von der Werbung manipulieren, sondern kaufe das, was ich kaufen will.

Das dachte ich jedenfalls. Dann las ich „Brandwashed“, und ich war erschüttert.

Ich hatte gedacht, so schlimm werden die Methoden der Werbung schon nicht sein. In Wahrheit sind sie viel schlimmer. Es ist unglaublich, wie tief die Trickkiste ist, in die sie greifen, um mich zum Geldausgeben zu verleiten. (…)

  • Auf Kinder und Heranwachsende wird ganz gezielt Gruppendruck ausgeübt. Der Druck, die richtige Markenkleidung zu tragen, nimmt dabei zum Teil solche Ausmaße an, dass sich die Schulen nur durch einheitliche Schulkleidung zu behelfen wissen. Und das US-Unternehmen „Girls Intelligence Authority“ stattet weibliche „Tweens“, d.h. Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren, mit Gratis-Kosmetika und anderen Produkten aus, die sie dann auf gesponserten Pyjama-Partys ihren Freundinnen vorführen dürfen.
  • Apropos Kinder: Werber machen nicht einmal vor Ungeborenen Halt. Ein Fötus ist in der Lage, Geräusche wahrzunehmen und bekommt über das Fruchtwasser Geschmacksempfindungen seiner Mutter übermittelt. Im Klartext: Er ist in der Lage, das zu hören und schmecken, was seine Mutter hört und schmeckt. Da der Mensch aber auf bekannte Reize positiver reagiert als auf fremde, sind schon bei wenige Tage alten Babys Vorlieben für bestimmte Marken beobachtet worden – nämlich für die Marken, die sie im Mutterleib kennengelernt haben. (…)

Je länger ich über „Brandwashed“ nachdenke, umso stärker drängt sich mir folgende Frage auf: Was könnten Lindstrom und seine Kollegen alles erreichen, wenn sie ihre Kreativität auf etwas anderes als auf Marketingstrategien, Kundenmanipulation und consumer insight richten würden? Welche Kunstwerke könnten sie schaffen, wie viel Gutes könnten sie in der (ernsthaften) Forschung erreichen, wie viele Kindertagesstätten könnten sie unterhalten? Stattdessen verwenden ihre Intelligenz darauf, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, dieses Auto oder jene Kaffeesorte zu kaufen, und „Brandwashed“ macht es mir schwer zu glauben, dass ihnen nicht jedes Mittel dafür recht sei. (…)

Zum Abschluss noch mal was Visionäres – ein „rotes Utopia“, wie der Spiegel in seinem Artikel über ein „Kommunisten-Dorf“ in Spanien schreibt – „Leben im roten Utopia“:

Ganz Spanien leidet unter der Wirtschaftskrise. Ganz Spanien? Im andalusischen Dörfchen Marinaleda regiert Juan Manuel Sánchez Gordillo, seine Bürger haben Arbeit, Häuser, grüne Gärten. Wie schafft der Kommunist das nur?

(…) “Die Menschen hier brauchen nicht viel Geld,” sagt Bürgermeister Sánchez Gordillo. “Anderswo wird unter der Last von Hypotheken und Krediten gestöhnt, hier zahlen wir für das Baumaterial unserer Häuser der Gemeinde 70 Jahre lang 15 Euro im Monat ab, dann gehören sie uns.” Der Mann weiß, wovon er spricht, er lebt selbst in einem der schmucken Häuser, die sich die Einwohner Marinaledas in Selbstbeteiligung bauen. Das Dorf stellt Bauland und Material, die Arbeitskraft stellen sie selbst. 350 Häuser sind auf diese Art und Weise bereits entstanden.

“Man kann Menschen nur überzeugen, wenn man ihnen ein Vorbild ist,” sagt Sánchez Gordillo, der jüngst auch in das andalusische Parlament gewählt wurde. Auch er hat nur das Einkommen zur Verfügung, von dem seine Mitbürger leben. Dafür ist er Tag und Nacht unterwegs im Dienst der Revolution. “Eine andere Welt ist machbar!” steht über dem Eingang zum Haus des Volkes, in dem die regelmäßigen Vollversammlungen des Dorfes stattfinden. (…)

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Sep
10
2011
2

Berliner Wahlplakat-Busting, Nachschlag

Das war ja eigentlich klar – nachdem der Bleib passiv!-Blog über einige geadbustete FDP-Wahlplakate in Berlin berichtet hatte, ging der Spaß erst richtig los. Nun wurde derweil auch die Propaganda anderer Parteien korrigiert und statt inhaltsfreier Worthülsen mit klaren Aussagen versehen. Wenn die eigentliche Wahl doch nur auch so spannend wäre! Der Artikel „Adbusting im Berlin-Wahlkampf, Teil 2“ enthält jedenfalls wieder einige schöne Beispiele dafür, wie es aussieht, wenn Bürger in den Dialog mit Reklametafeln treten.

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Nov
08
2010
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Lobbyismus für Dummies

Wunderbar – Alexander Lehmann, bekannt für seine süffisant-ironisch-entlarvenden Animationskurzfilme (z.B. „Du bist Terrorist“), hat für Extra 3 einen neuen Clip erstellt. „Lobbyismus für Dummies“ beleuchtet den Einfluss der Wirtschaftslobbys in unserem Land und die Folgen für uns Bürger, die unter den „wirtschaftsfreundlichen Gesetzen“ am Ende zu leiden haben…

Der naturgetr.eu-Blog hat ein paar weitere Informationen zusammengetragen – „Aktuell: Wie funktioniert Lobbyismus?

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Mrz
04
2010
1

Genkartoffel Amflora: Die schwarz-gelbe BASF-Genkartoffel

Es gibt mal wieder Neues aus dem Bereich des „Frankenfood“, wie die Amerikaner genmanipulierte Nahrungsmittel so treffend nennen – nun sind also auch die europäischen Kartoffeln an der Reihe… Anbei eine Pressemitteilung des BUND:

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schwarzgelbe-genkartoffeln1Die umstrittene Genkartoffelsorte Amflora darf ab sofort in der Europäischen Union angebaut werden. Die EU-Kommission hat am 2.3.2010 wieder einmal industriefreundlich und verbraucherfeindlich entschieden. Zum Einsatz kommen dürfte die Knolle eigentlich nur für industrielle Zwecke, doch Nebenprodukte sind auch als Tierfutter zulässig.

CDU und FDP für Gentechnik und die Genkartoffel Amflora
Schon vor dieser Entscheidung gab es die die Ankündigung der schwarz-gelben Bundesregierung, den Anbau der Genkartoffel Amflora für eine kommerzielle, industrielle Verwertung zu unterstützen. “Der Anbau der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora für eine kommerzielle, industrielle Verwertung wird unterstützt”, hieß es im Koalitionsvertrag von Union und FDP. In der Landwirtschaftspolitik ist trotz des Bekenntnisses von CDU und FDP zum ökologischen Landbau keine nachhaltige Linie zu entdecken. Die EU-Genkartoffel, das CDU-FDP Ja zur Gentechnik in der Landwirtschaft und der Ausstieg aus dem Atomausstieg sind die Spitze des Eisbergs einer nicht nachhaltigen und verbraucherfeindlichen Politik, die alleine den Interessen der großen Konzerne dient. Wie so häufig hätte es auch eine ökologische Alternative zur Genkartoffel gegeben. Es gibt inzwischen zwei ohne Gentechnik gezüchtete Kartoffelsorten, die ähnliche Eigenschaft wie Amflora besitzen: Die Stärke dieser Kartoffeln enthält ausschließlich Amylopektin, das in der Industrie für zahlreiche Zwecke verwendet wird. Die ökologische Alternative kommt ohne das problematische Markergen aus. Es ist unverständlich, warum die EU-Kommission auf die Risikotechnologie setzt, wenn es unproblematische Alternativen gibt. Die Macht der Konzerne auf der europäischen Ebene ist ungebrochen.

Axel Mayer, BUND Geschäftsführer

mehr Infos:
http://www.bund.net/
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/genkartoffel-amflora-basf.html

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Feb
02
2010
4

Aktuelle Adbusts: CDU, BILD-„Zeitung“ und Coca Cola

Es gibt mal wieder ein paar schöne Adbusts, also Parodien auf Reklamekampagnen, im Netz zu bewundern, die ich Euch hier vorstellen möchte. Zunächst eine Reaktion auf die CDU-Vorschläge, Hartz IV-Empfänger zum Arbeitsdienst zu zwingen – ein paar kreative Menschen bemächtigten sich dazu einer Kampagne einer Jobbörse (Originale siehe HIER) und bastelten die Motive per Photoshop passend um [via Fefe und Prototypen]:

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Die letzte Keine Anzeige des Greenpeace Magazins war auch mal wieder so recht nach meinem Geschmack, attackierte sie doch die widerwärtige Bild-„Zeitungs“-Reklame, in der Promis und bekannte Menschen des öffentlichen Lebens sich nicht zu blöd sind, ihr Gesicht für dieses Revolverblatt hinzuhalten. Von einigen Leuten wie JB Kerner oder Mario Barth würde man eh nichts anderes erwarten, als dass sie sich für jede Firma verkaufen, der mit genug Scheinen wedelt, aber dass selbst Gregor Gysi oder Richard v. Weizsäcker dieser Postille ihren guten Namen leihen, ist schon sehr erbärmlich und macht nicht etwa BILD glaubwürdiger, sondern eher die Mietpromis (noch) unglaubwürdiger. (Siehe dazu auch meinen offenen Brief an JB Kerner.) „Wir werben ohen Skrupel für Volksverdummung“ textet das Greenpeace Magazin folgerichtig:

keine-anzeige-bild-zeitung

Und hier noch etwas zum Thema Coca Cola und der Wasserdurst dieses Konzerns in Indien (und anderswo):

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Watersucking Coke in India von Carlos Latuff [via]

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