Naja, eigentlich sollte ich nach den Kampagnen, die der Spiegel z.B. gegen die Piraten gefahren hat, besser keine SpOn-Artikel mehr verlinken, aber ich will es heute doch mal tun – befasste sich das ehemalige Nachrichtenmagazin doch vorletzte Woche mit einem meiner Lieblingsfeinde, nämlich dem Discounter Aldi. Sogar eine Titelgeschichte widmete man dem Treiben des Billigheimers, dessen Methoden Vorbild für all die anderen Ausbeuterbutzen wie Lidl, Netto etc. sind. Insbesondere auch, was die negativen Folgen dieses Preis- und Kostendrucks anbelangt. Das Spiegelfeature enthielt jetzt zwar nicht so fürchterlich viele Infos, die mir und den Lesern meines Blogs komplett neu wären, und wie üblich wird auch nur ein verengter Fokus auf die Arbeitswelt betrieben, der die schädlichen Auswirkungen der Wegwerfprodukte auf Umwelt und Gesellschaft ausblendet, aber immerhin. Jeder, der beim Discounter einkauft, sollte daran denken, welches Geschäftsprinzip er damit unterstützt. „Ex-Manager Straub berichtet über Überwachung und Kontrolle“:
Andreas Straub legte bei Aldi Süd eine steile Karriere hin. Mit 22 Jahren fing er bei dem Discounter an, bereits ein Jahr später war er als Bereichsleiter für mehrere Filialen zuständig. Als einer der Besten seines Jahrgangs hatte der Jungmanager ein Nachwuchsprogramm bei Daimler absolviert. Doch der Autokonzern erschien ihm zu träge, darum heuerte er bei Aldi an. Eigene Ideen einbringen und Innovationen umsetzen – das war Straubs Traum.
Doch die Ernüchterung folgte schnell. Nun avanciert Straub zum Feindbild des Konzerns. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er ein dunkles Bild von Aldi zeichnet: Mit strengen Kontrollen würden Mitarbeiter gegängelt, Kritiker abserviert, knallharte Personalpolitik und Rauswürfe, so Straub, sollen die Kosten drücken. Auch er musste schließlich gehen. Im Interview berichtet er, wie Aldi tickt. (…)
„Mitarbeiter bei Aldi-Süd filmten heimlich Kundinnen“:
Aldi-Kundinnen sind von Managern des Discounters nach SPIEGEL-Informationen heimlich beim Einkauf gefilmt worden. Das Interesse der Filialleiter weckten demnach vor allem Frauen in kurzen Röcken oder mit ausgeschnittenen Tops, sobald sie sich über Kühltheken beugten oder vor Regalen bückten. Dann zoomten die Aldi-Angestellten mit der Kamera heran. Hinterher wurden die Filme auf CD gebrannt und ausgetauscht. Dies geschah in Aldi-Märkten in Frankfurt am Main, in Dieburg und anderen hessischen Filialen. (…)
Besonders empörend – die reichsten Männer des Landes nehmen auch noch den Steuerzahler aus: „Aldi sackt seit Jahren staatliche Subventionen ein“:
(…) Der Discounter Aldi erhielt in den vergangenen Jahren staatliche Subventionen in beträchtlicher Höhe. Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd hatten nach SPIEGEL-Informationen beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Fördermittel für Unternehmen des Güterkraftverkehrs beantragt. Warum und in welcher Höhe der Handelskonzern mit einem weltweiten Umsatz von 57 Milliarden Euro staatliche Unterstützung für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bekam, ist unklar. (…)
(…) “Es ist ärgerlich, als Abgeordnete im Nebel stochern zu müssen und keine klaren Auskünfte zu bekommen, was mit Steuergeldern und Fördermitteln eigentlich passiert”, sagt Wilms. “Die Förderungen sollen bei der Aus- und Weiterbildung helfen und nicht das Sparprogramm eines Discounters aufpeppen. Sollte ein milliardenschwerer Laden wie Aldi tatsächlich diese Gelder anzapfen, wäre das unverschämt.” Sowohl Aldi Süd als auch Aldi Nord bestätigten den Erhalt der Subventionen, verwiesen aber auf die erfolgreiche Prüfung durch das BAG. (….)
Genauso unverfroren ist das, wie die CDU der Pharmaindustrie zuarbeitet – „Union will Medikamentenpreise geheimhalten“, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet:
Wieviel zahlen Krankenkassen Pharmakonzernen wirklich für neue Medikamente? Diese Information möchten die Arzneimittelhersteller verbergen, denn sie fürchten Umsatzeinbußen im Ausland. Die Union will die geforderte “Vertraulichkeit” nun sogar gesetzlich festschreiben – und untergräbt damit eigene Bemühungen zur Reduzierung der Preise. Der Bundestag verzichtet auf eine Debatte.
Die Unionsfraktion will eine der zentralen Forderungen der Pharmaindustrie erfüllen. Künftig sollen die zwischen Herstellern und Krankenkassen vereinbarten Preise für neue Medikamente geheim gehalten werden. Die Pharmaindustrie erhofft sich dadurch höhere Erlöse. (…)
Anlässlich solcher Entwicklungen muss man sich schon fragen, was der einzelne Käufer und Konsument hier tun kann – und genau dieser Frage geht nachrichten.at in einem Interview mit der Autorin Kathrin Hartmann nach – „Der Konsument hat keine Macht“:
(…) Dennoch gab es einen Riesenrummel um die „Lohas“ (Lifestyle of Health and Sustainability), also um Leute, die durch ihren Konsumstil Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern wollen …
Da ging es um nichts anderes als ums Konsumieren. Das wurde als die neue, frische Ökobewegung verkauft, hatte aber mit der alten Öko-Bewegung nichts zu tun. Und so kann man im Biosupermarkt im Jänner eingeflogene Erdbeeren mit scheinbar gutem Gewissen kaufen. Im Grunde ist das Gegenteil erreicht worden. Bio passt sich immer mehr dem Mainstream und dem Massenmarkt an. Die Landwirtschaft ändert sich wenig – die Politik gar nicht.
Deshalb sollte man nicht aufgeben, bewusst einzukaufen, oder?
Nein. Aber es soll einen nicht beruhigen. Man sollte nicht zu sich sagen: Damit habe ich meinen Beitrag geleistet. Wir können nur wirklich etwas ändern, wenn wir aufhören so zu tun, als wäre der Einzelne für die Weltrettung zuständig. Das ist Unfug. Wir sollen nicht dauernd von der Macht des Konsumenten reden, sondern wieder lernen, uns einander als Gemeinschaft zu vertrauen. Der Konsument hat keine Macht. Einkaufen macht niemandem Angst – es ist das, was Wirtschaft und Politik von uns wollen. (…)
Tobias Radloff befasste sich neulich in seinem Blog Kaffee. Satz. mit einem anderen meiner Lieblingsthemen, nämlich der Reklame. Er hat das Buch „Brandwashed“ gelesen und beleuchtet es in seinem Artikel „Ist Werbung böse?“:
(…) Wozu also das Geschrei? Ich bin ja nicht erst gestern auf die Welt gekommen. Ich bin ein aufgeklärter Konsument, freier Wille und so, ich lasse mich nicht von der Werbung manipulieren, sondern kaufe das, was ich kaufen will.
Das dachte ich jedenfalls. Dann las ich „Brandwashed“, und ich war erschüttert.
Ich hatte gedacht, so schlimm werden die Methoden der Werbung schon nicht sein. In Wahrheit sind sie viel schlimmer. Es ist unglaublich, wie tief die Trickkiste ist, in die sie greifen, um mich zum Geldausgeben zu verleiten. (…)
- Auf Kinder und Heranwachsende wird ganz gezielt Gruppendruck ausgeübt. Der Druck, die richtige Markenkleidung zu tragen, nimmt dabei zum Teil solche Ausmaße an, dass sich die Schulen nur durch einheitliche Schulkleidung zu behelfen wissen. Und das US-Unternehmen „Girls Intelligence Authority“ stattet weibliche „Tweens“, d.h. Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren, mit Gratis-Kosmetika und anderen Produkten aus, die sie dann auf gesponserten Pyjama-Partys ihren Freundinnen vorführen dürfen.
- Apropos Kinder: Werber machen nicht einmal vor Ungeborenen Halt. Ein Fötus ist in der Lage, Geräusche wahrzunehmen und bekommt über das Fruchtwasser Geschmacksempfindungen seiner Mutter übermittelt. Im Klartext: Er ist in der Lage, das zu hören und schmecken, was seine Mutter hört und schmeckt. Da der Mensch aber auf bekannte Reize positiver reagiert als auf fremde, sind schon bei wenige Tage alten Babys Vorlieben für bestimmte Marken beobachtet worden – nämlich für die Marken, die sie im Mutterleib kennengelernt haben. (…)
Je länger ich über „Brandwashed“ nachdenke, umso stärker drängt sich mir folgende Frage auf: Was könnten Lindstrom und seine Kollegen alles erreichen, wenn sie ihre Kreativität auf etwas anderes als auf Marketingstrategien, Kundenmanipulation und consumer insight richten würden? Welche Kunstwerke könnten sie schaffen, wie viel Gutes könnten sie in der (ernsthaften) Forschung erreichen, wie viele Kindertagesstätten könnten sie unterhalten? Stattdessen verwenden ihre Intelligenz darauf, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, dieses Auto oder jene Kaffeesorte zu kaufen, und „Brandwashed“ macht es mir schwer zu glauben, dass ihnen nicht jedes Mittel dafür recht sei. (…)
Zum Abschluss noch mal was Visionäres – ein „rotes Utopia“, wie der Spiegel in seinem Artikel über ein „Kommunisten-Dorf“ in Spanien schreibt – „Leben im roten Utopia“:
Ganz Spanien leidet unter der Wirtschaftskrise. Ganz Spanien? Im andalusischen Dörfchen Marinaleda regiert Juan Manuel Sánchez Gordillo, seine Bürger haben Arbeit, Häuser, grüne Gärten. Wie schafft der Kommunist das nur?
(…) “Die Menschen hier brauchen nicht viel Geld,” sagt Bürgermeister Sánchez Gordillo. “Anderswo wird unter der Last von Hypotheken und Krediten gestöhnt, hier zahlen wir für das Baumaterial unserer Häuser der Gemeinde 70 Jahre lang 15 Euro im Monat ab, dann gehören sie uns.” Der Mann weiß, wovon er spricht, er lebt selbst in einem der schmucken Häuser, die sich die Einwohner Marinaledas in Selbstbeteiligung bauen. Das Dorf stellt Bauland und Material, die Arbeitskraft stellen sie selbst. 350 Häuser sind auf diese Art und Weise bereits entstanden.
“Man kann Menschen nur überzeugen, wenn man ihnen ein Vorbild ist,” sagt Sánchez Gordillo, der jüngst auch in das andalusische Parlament gewählt wurde. Auch er hat nur das Einkommen zur Verfügung, von dem seine Mitbürger leben. Dafür ist er Tag und Nacht unterwegs im Dienst der Revolution. “Eine andere Welt ist machbar!” steht über dem Eingang zum Haus des Volkes, in dem die regelmäßigen Vollversammlungen des Dorfes stattfinden. (…)
Roland
ach, Miese Peter- “der alte Spielverderber/Kommunist/bla” :D
gestern der DM-Markencheck war übrigens nur so lala
Palmöl als DEN Kritikpunkt am Drogeriemarkt zu nehmen: das sollte eher Kritik an unserem Konsum von Palmöl sein
(denn Palmöl ist in einem Großteil der Produkte überall)
Das sollte dir übrigens gefallen:
http://www.youtube.com/watch?v=1xaM_iHbJbo Konsum zusammengefasst
http://www.youtube.com/watch?v=uGCsxLUyZ3o Raubtier vs. Miesepeter
Grüße vom Blog nebenan und weiter so :)
Alltagsoekonom
Das Buch über Aldi hatte ich auch schon in der Hand und fand es recht interessant. Ich habe übrigens gehört, was aber auch kaum jemanden überraschen wird, das das Betriebsklima bei Lidl auch nicht viel besser sein soll. Druck, geringe Wertschätzung, hohe Belastung, usw.
Lidl wirbt übrigens in vielen Werbeanzeigen damit, Einstiegsgehälter von 60000 für Absolventen zu zahlen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Stunden- und unter welchen Bedingungen- man dann arbeiten muss.
Insider
@ altagsökonom
Ja Du hast Recht ob über Aldi oder Lidl. Es kommt auf das Gleiche heraus. Die Krux ist, dass trotz den perfiden Tricks der Discounter beim Umgang mit Mitarbeitern, Erzeuger, Zuliefereren,Umwelt, und der Lebensmittelindustrie (siehe Lebensmitteltests im Fernsehen veröffentlicht) ,ect. durch deren bekannten Erfolgen, der „Billigpreise“ (der richtige Preis zahlen andere) immer noch das Märchen geglaubt wird, dass es sich bei den marktführenden,alles niedermachenden Milliarden-Konzernen Aldi,Lidl und Co. (den Albrecht Brüdern und Dieter Schwarz von Lidl und Co.) um eine clevere geniale faire Geschäftsidee von ein paar ehrbaren Kaufleuten handelt. Dem ist aber keineswegs so. Die Gier nach immer mehr am Rande der legalität und darüber hinaus hat längst die Oberhand. Diese Idee hat sowohl bei den Unternehmen selbst als auch in anderen Branchen zu brutalen unmenschlichen Verwerfungen der Arbeitsbedingungen und Löhne nach unten geführt.
Da sich Deutschland – leider so gelobt als die „Hausaufgaben gemacht“ gegenüber anderen Europ. Ländern –seinen wirtschaftlichen Erfolg gerade durch Rahmen-Bedingungen und skrupellose aber angeblich ehrbare Kaufleute/Manager und Ideen wie das „Aldi Prinzip“ erkauft hat, halten viele Unternehmer die Klappe, machen längst als Nachahmer im ähnlichen Stil ihre Geschäfte und Gewinne.
Kein Wunder, dass immer mehr der kleine Mann diesen einseitigen Erfolg der Unternehmen/der Wirtschaft (mit niedrigen Löhnen) zahlt.
So lange hohe Industrie- Manager wie aktuell C.Hahn vom VW Konzern (man sollte mal nachlesen was der alles in früheren Jahren bei VW schon für einen Bockmist erzählt und gemacht hat !), aktuell noch behaupten Aldi hätte den Erfolg zurecht – ohne sich dazu für den Hintergrund zu interessieren, so lange können auch diese Discounter Konzerne (längst systemrelevant geworden) offenbar immer noch (durch ihr reingewaschenes Image) tun und lassen was sie wollen.
:
http://www.welt.de/wirtschaft/article106263018/Aldi-Billig-muss-nicht-gleich-boese-sein.html
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article106263200/Hochachtung-und-Dank-den-Gebruedern-Albrecht.html
Zitat: „Hochachtung und Dank den Gebrüdern Albrecht”
VW-Manager Carl H. Hahn verteidigt in einem Brief den Erfolg des Aldi-Konzerns. Der Discounter zwang alle Marktteilnehmer zu Höchstleistungen und hob den Standard im Billigsegment“ (…)
Kein Wunder dass Aldi Lidl/Kaufland /Schlecker und Co. bei jeder Kritik und jedem Supergau ihre eigenes unfähiges Mitarbeitermanagement in Abrede stellen/ bzw. dementieren.
Meine persönl.Meinung: solche Discounter gehörten längst wegen ihren undurchsichtigen kriminellen Methoden verboten. Das Gegenteil ist aber die Realität, sie expandieren weiter mit den gleichen Methoden – siehe aktuell Schweiz) Längst gehören diese Unternehmer zu den reichsten Milliardären der Welt auf Kosten anderer – nicht zum Wohl anderer. Erreicht, weder durch billige Spagetti oder Hefe verkaufen, noch durch die Einführung der Scannerkassen, sondern mit der Schraube „Billig“ für den Verbraucher durch die Hintertüre Deutschlands nun Teilzeit Arbeitskräfte auf Abruf, ohne Rechte, zum Nulltarif, mit dem Segen und Lobeshymnen aus der Wirtschaft und Politik.
Mir wird gerade kotzübel.
Ps. Nicht nur Wallraff, der bei Stern TV immer wieder zum Thema auftaucht (zwar zurecht – immerhin notwendig- er hat aber auch nichts (mehr) zu verlieren, ja lebt sogar längst von seinem bekannten Undercocer -Enthüllungsjournalismus. Es gibt auch andere (Unbekannte) die über viele Jahre die gleichen oder noch dramatischere Erfahrungen vor Ort machen, aber leider wegen div. zu erwartenden familiären Repressalien, ect. und nötigem Geldverdienen in unserer Gier- und Dumpingwelt durch/mit Aldi und Co. entstanden bisher (noch ! ) nichts veröffentlichen können. Der Ex Manager G.Straub hätte sich in seinem aktuellen Aldi Buch ansonsten schon selbst längst in anderen Büchern und Information über Deine angesprochene Lidl&Schwarz –sprich Lidl, Kaufland und Co. Kritik und deren Methoden wiedergefunden. Nicht nur in den angesprochenen Werbeködern 6000 € Einstiegsgehältern hat Lidl/&Schwarz nun Aldi trotz ihrer Greenwashing Werbesprüchen sogar schon längst überholt. v.G.