Gerade im Finanzcrash-Forum gefunden: als passenden Nachtrag zu meiner gestrigen „Expertenschelte“ hier der neueste Coup von Hans-Werner Sinn, dem laut BILD-„Zeitung“ „klügsten Professor Deutschlands“ und Leiter des neoliberal ausgerichteten Ifo-Instituts. Herr Sinn prognostiziert heuer, im Januar 2009, harte Jahre, die vor Deutschland lägen, auch 2010 könne noch krisengeschüttelt sein. Das Tolle daran: erst im März 2007 behauptete Sinn das genaue Gegenteil, demnach sei bis Ende 2010 alles in Butter, er malte die Zukunft rosarot und der Aufschwung werde unvermindert andauern. Großartigerweise druckte der Spiegel sowohl die damalige „Prognose“ kritiklos ab, so wie er nun auch die neuese Vermutung von HWS einfach so als Meldung bringt – ohne darauf zu verweisen, wie sehr der Professor mit seinen Kaffeesatzlesereien in der Vergangenheit schon daneben lag.
Gerade jetzt, wo die Tage kurz und kalt sind, erscheint es schwierig, Energie zu sparen. Auf eine warme Wohnung kann man halt nicht verzichten, sofern man sich nicht den ganzen Tag in Decken und Wollpullis hüllen will. Da kommen zwei neue kostenlose Broschüren mit praktischen Hinweisen, wie man den steigenden Energiepreisen entgegentreten kann, gerade recht.
In ihrer aktuellen Broschüre hat Greenpeace Energy 44 nützliche Tipps zusammengestellt, wie wir Energie einsparen und effizienter nutzen können, ohne die Lebensqualität zu verringern. Das Heft ist als PDF-Datei zudem kostenlos herunterzuladen – ein weiterer Beitrag zum Sparen.
Auch die Zukunfts-Allianz hat sich zusammengesetzt und ein 14seitiges EnergieSparBuch erstellt, das trotz der beknackten Binnenmajuskel im Titel eine Fülle an Ideen bereit hält – so manches davon ist für den aufgeklärten Menschen zwar vermutlich schon selbstverständlich, aber ein wenig Auffrischung kann ja nicht schaden. [via]
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Der Wunsch des Menschen, gerade in diesen immer unsicher werdenderen Zeiten wenigstens einen kurzen Moment das Gefühl zu haben, die Zukunft vorhersagen und damit unter Kontrolle halten zu können, scheint übergroß. Das treibt nicht nur so sonderliche Blüten wie dem Stellen eines Tierhoroskops im Abzockfernsehen, sondern zeigt sich medial auch in der erstaunlichen Masse an „Experten“, die oft und gerne vor die Kamera gelassen werden, um der Nation zu erzählen, wie das nächste Jahr wird, und das durchaus auch auf mehrere Nachkommastellen genau. Das Besondere hieran: die Prognosen treffen meist gar nicht zu, und dennoch dürfen die selben Personen im nächsten Jahr wieder ihr Liedchen singen, statt von den Menschen verlacht zu werden, wie es Scharlatane ja eigentlich verdienen. So krass wie im Jahre 2008 war die Diskrepanz freilich selten, doch wie schon DIW-Chef Klaus Zimmermann kleinlaut zugab, ist in den Modellen der „Experten“ eine Finanzkrise beispielsweise gar nicht vorgesehen. Schon gemein, wenn sich die Realität einfach nicht an die Modelle der Wirtschaftsgurus hält…
Ähnlich windig geht es auch bei den Vorhersagen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) zu, wie Michael Schöfer in seinem Beitrag „Warum machen Journalisten das mit?“ deutlich macht. Er stellt sich die gleiche Frage, nämlich wieso solch offensichtlich falsche und tendenziöse Prognosen jedes Jahr wieder auf den Tisch kommen dürfen und dabei in den Rang echter Nachrichten gehoben werden.
So verkündete Pellengahr im letzten Jahr: “Gut eine Woche vor Heiligabend hat das Weihnachtsgeschäft deutlich an Schwung gewonnen. Es weihnachtet mehr”, versicherte er damals frohgemut. [Quelle: HDE, Pressemeldung vom 16.12.2007] Im darauffolgenden Frühjahr war die heile Handelswelt schon wieder vorbei, denn dann wurden die Fakten präsentiert: “Der für den Handel so wichtige Dezember bescherte der Branche einen Umsatzrückgang um 7,1 Prozent”, musste der HDE kleinlaut eingestehen.
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„Wenn jemand die Bürger als unmündig einschätzt und aktiv zu ihrer Entmündigung beiträgt, dann sind es zunächst diejenigen, die sie mit suggestiver Werbung zum Objekt der Ökonomie zu machen versuchen oder ihnen die kritische Auseinandersetzung mit der Wachstumsgesellschaft austreiben mit der Drohung: ‚Zurück in die Steinzeit!‘” (Klaus Traube)
[via Abfallgut]
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Dies ist ein bemerkenswertes Buch. Der Verlag preist es launig mit „Ein freches Experiment, das die Konsumgesellschaft radikal in Frage stellt“ an – die Grundidee ist schnell skizziert und klingt eher nach etwas freakiger Unterhaltung als nach einer wirklichen Auseinandersetzung mit unserer Kaufkultur: der britische Lifestyle-Journalist Neil Boorman versucht, ein ganzes Jahr lang konsequent auf alle Luxus- und Markenprodukte zu verzichten und schildert seine Erfahrungen in einem persönlichen Tagebuch.
Der erste Teil von „Good bye Logo“ bestätigt diese Vermutung zunächst – Neil Boorman beschreibt sein Leben ausführlich als das eines wirklich Konsumsüchtigen. Er definiert sich und seine Außenwirkung vor allem über die von ihm gekauften und zur Schau getragenen Marken und geht dabei so weit, auch alle anderen Menschen um ihn herum danach einzuteilen, ob sie die richtigen (Adidas, Apple) oder falschen, da uncoolen Marken (Puma) besitzen. Er arbeitet extrem viel, um sich dann in der knapp bemessenen Freizeit vor allem dem Konsum hinzugeben – die Samstage verbringt er traditionell mit seiner Freundin in den Shoppingcentern Londons. Bis zu diesem Moment klingen die Ausführungen des Autors zumindest für mich doch etwas arg übertrieben, wenn nicht sogar klischeeüberladen, da zumindest ich solche Extremkäufer nicht kenne.
Als Boorman jedoch nach der Lektüre des ihm die Augen öffnenden Werkes „Ways of Seeing“ von John Berger langsam an seinem Lebensstil zu zweifeln beginnt und tatsächlich eine waschechte Kaufsucht diagnostiziert, wird das Buch plötzlich interessant. Um sich von seiner Sucht zu heilen, beschließt der Autor eine kathartische und aufsehenerregende Aktion: das öffentliche Verbrennen ALLER seiner Markenprodukte und das darauf folgende Leben ohne all diese Dinge. Er gibt sich 180 Tage Zeit, um sich auf den großen Moment vorzubereiten und begleitet diese Phase der Bestandsaufnahme und Analyse per Internettagebuch. Je näher der Termin rückt, desto öfter wird er von Mitbürgern für diese Aktion angefeindet, bei vielen ist das Kaufen und Besitzen von Sachen offenbar so tief verwurzelt, dass ihnen Boormans Plan als geradezu ketzerisch erscheint.
Es ist faszinierend mitzuerleben, wie sich Boorman im Laufe des Buches tatsächlich weiterentwickelt, wie er beginnt, den Fundamenten unserer Konsumgesellschaft auf den Grund zu gehen – er vertieft sich intensiv in Literatur zu diesem Thema und lässt den Leser an seinen Gedankengängen und Erkenntnissen teilhaben. Die eigentliche Verbrennung seiner Markenhabe wird als großes Ereignis inszeniert, auf das er lange hinfiebert und das von den Medien entsprechend begleitet wird. Fortan findet ein radialer Lebensstilwandel statt – keine fetischisierten Adidasturnschuhe mehr, sondern preiswerte Treter aus dem Armyshop oder Second-Hand-Laden, kein Fernsehen, statt dessen Lesen, Spaziergänge u.ä. Hier wird ihm und uns schnell klar, wie schwierig es mittlerweile geworden ist, der Allgegenwart der großen Konzerne zu entkommen, die sich in allen Lebensbereichen breit gemacht haben. So wird seine Suche nach markenfreien Produkten teilweise zu einer echten Odyssee, selbst im großen London.
Auch über sein Verhältnis zur Werbeindustrie reflektiert Boorman im Laufe der Wochen verstärkt und erkennt, mit welch perfiden Methoden die Reklame arbeitet, um bei den Menschen eine latente Unzufriedenheit zu erzeugen und den Kauf von profanen Gegenständen als Lösung dieser Unterbefriedigung, als persönlichkeitsbildend anzubieten. Vor allem seine Überlegungen zu diesem wichtigen Themenkreis gehören zu den besonders starken Momenten von „Good bye Logo“, die durch mannigfaltige Zitate und Literaturverweise gestützt werden.
Erschreckend ist auch seine Erkenntnis, dass viele Leute, die beispielsweise Nike-Schuhe kaufen, sehr wohl über die schlechten Arbeitsbedingungen, den niedrigen Lohn der Arbeiter(innen) und die extreme Spanne zwischen Endverbraucherpreis und Produktionskosten Bescheid wissen, dennoch aber unvermindert dieser Marke die Treue halten. Nicht nur Boorman beschleichen hier ungute Gefühle darüber, wie tief der Marken- und Konsumfetisch bereits ins allgemeine Bewusstsein eingesickert ist, wie sehr für den modernen Konsumenschen Marken zur Persönlichkeit gehören.
Schwachpunkt des Ansatzes des Autors ist sicherlich, dass er sich bei seinem Konsumverhalten nur auf das Vermeiden von Marken konzentriert und dabei nicht unbedingt auf Nachhaltigkeit etc. achtet – Biomarken sind bei ihm ebenfalls tabu. Dennoch führt sein neuer Lebensstil dazu, dass er sich gesünder ernährt, weniger Zeit für Kauf und Pflege irgendwelcher Dinge verschwendet und sein Denken von der Beschäftigung mit Coolness und Trendgerechtheit befreit. Der lockere, leicht zu lesende Stil und die von mir geschilderte zunehmende Dichte der Informationen machen das Buch somit zu einem echten Lesegenuss, machen Mut und regen den eigenen Geist an, über unser Verhältnis zum Warenfetisch und der verheerenden Wirkung von Werbung nachzudenken. Eine ganz klare Kaufempfehlung! (Interessante Frage: Ist eine Kaufempfehlung für ein Buch über Konsumkritik ein Widerspruch in sich? ;-)
>> Boormans Website Bonfire of the Brands, auf der er das Projekt dokumentiert
Neil Boorman „Good bye Logo. Wie ich lernte, ohne Marken zu leben“. Econ 2007, 304 S., 16,95 € – Neuauflage Januar 2009, Ullstein Taschenbuch, 8,95 €
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[Dies ist meine Übersetzung des Artikels Beyond the bailout – Agenda for a New Economy” von David Korten, der im November 2008 im US-amerikanischen YES! Magazine als Teil ihres Winter-Specials „Sustainable Happiness“ erschien. Noch mehr Infos über eine nachhaltigere Wirtschaftsordnung findet man u.a im Artikel „Path to a New Economy – The YES! take on an economy that serves people and communities”. Ach ja, und ein frohes neues Jahr allerseits!]
Die Finanzkrise hat die Mythen zum Schweigen gebracht, dass unsere Wirtschaftsinstitutionen solide seien und dass Märke am besten funktionieren, wenn sie dereguliert werden. Unsere ökonomischen Einrichtungen haben versagt, nicht nur finanziell, sondern auch in sozialer und ökologischer Hinsicht. In Verbindung mit der Wahl eines neuen Präsidenten mit dem Mandat zum Wandel, gibt uns dies die gute Gelegenheit, innezuhalten, zu überdenken und umzugestalten.
Der zukünftige Präsident Obama hat versprochen, die Wirtschaft von der Basis her wachsen zu lassen. Dies wäre eine grundlegende Verbesserung gegenüber der bisherigen Vorgehensweise, die Spitze auf Kosten des Fundaments zu entwickeln. Das eigentliche Bedürfnis besteht jedoch in einer Transformation unserer wirtschaftlichen Werte und Institutionen von Grund auf, um sie auf die Erfordernisse und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts auszurichten. Deshalb stehen fünf Schritte auf der Tagesordnung: die Wall Street aufzuräumen, nach den Regeln des Marktes zu spielen, die Realwirtschaft sich selbst finanzieren zu lassen, zu ermitteln, was wir wirklich wollen und zu schuldfreiem Geld zu wechseln.
Der aktuelle Zusammenbruch des Marktes und die daraus resultierenden Versprechen auf Rettungspakete von über einer Billion Dollar haben die Aufmerksamkeit des Landes auf die verheerenden Folgen der Wall Street-Deregulierung gerichtet. Dies ist aber nur die Spitze des Eisbergs einer gescheiterten Wirtschaftsordnung, die dringend einer grundsätzlichen Umgestaltung bedarf.
Unsere Wirtschaft hat sich drastisch von den menschlichen Bedürfnissen und der Umwelt entfernt. Das Ergebnis ist für beide ein Desaster. Einkommen sinken angesichts steigender Nahrungsmittel- und Energiepreise. Konsumentenverschuldung und Zwangsversteigerungen von Häusern erreichen historische Höchststände. Die Mittelschicht schrumpft. Die gewissenlose und zunehmende weltweite Schere zwischen arm und reich mit der damit einher gehenden sozialen Entfremdung erzeugt soziale Verwerfungen, die wiederum zu Verbrechen, Terrorismus und Völkermord führen.
Gleichzeitig treibt exzessiver Konsum das Ökosystem unserer Erde an den Rand des Kollaps, Wissenschaftler sind sich weltweit praktisch darüber einig, dass die menschlichen Aktivitäten wesentlich für den Klimawandel und der darauf folgenden Zunahme von Dürren, Überschwemmungen und Waldbränden verantwortlich sind.
Wir stehen einer monumentalen ökonomischen Herausforderung gegenüber, die weit über das hinaus geht, was im U.S.-Kongress diskutiert wird. Die Härten, die durch das vorübergehende Einfrieren der Kreditmärkte ausgelöst wurden, verblassen im Vergleich dazu.
Dies wäre ein guter Augenblick, die wirtschaftliche Leistung in Bezug auf das was wir wirklich wollen – gesunde Kinder, Familien, Gemeinschaften und natürliche Systeme – zu beurteilen.
Das Rettungspaket für die Wall Street, das der Kongress in einem Moment der Panik beschlossen hat, geht in keinster Weise auf die strukturellen Probleme ein, die zu der Kreditklemme geführt haben, ganz zu schweigen von den strukturellen Gründen, die für die noch schwereren Misserfolge des Wirtschaftssystems in Bezug auf Umwelt und soziale Entwicklungen verantwortlich sind. Auf der positiven Seite ist zu vermerken, dass die Finanzkrise die Mythen zum Schweigen gebracht hat, dass unsere Wirtschaftsinstitutionen solide seien und dass Märke am besten funktionieren, wenn sie dereguliert würden. Sie bringt uns den geeigneten Augenblick für einen tiefgreifenden Wandel.
Hier sind einige unverzichtbare Schritte in Richtung eines Systemumbaus, der uns auf den Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung führt, die für alle funktioniert.
Schritt 1: Wall Street aufräumen
Die erste Sache, die angepackt werden muss, ist die aktuelle Krise unter Kontrolle zu bringen. Wall Street-Institutionen haben lange Zeit behauptet, dass ihre Handelsaktivitäten Wohlstand erzeugen, also jene Mittel, die die Wirtschaft am Laufen halten, die die wirtschaftliche Effizienz steigern und die Märkte stabilisieren. Der Finanzcrash hat den Schleier gelüftet und offenbart ein korruptes System, das auf Spekulation, dem Plündern von Firmenwerten, räuberischen Krediten und Anlageblasen wie bei Immobilien und „dot com“-Boomphasen beruht.
Wenn die Leute, die hieran beteiligt sind, irgend etwas von Wert produzieren, so ist dies rein zufällig, denn ihr eigentliches Ziel besteht darin, spekulative Gewinne einzufahren, die die gesamte Weltwirtschaft aufs Spiel setzen und zu gigantischen Forderungen für von den Steuerzahlern finanzierte Rettungsschirme führen, wenn ihre Vermögenswerte den Bach runtergehen. Für dieses Wirken/Arbeiten haben die 50 bestbezahlten Manager von privaten Investmentfonds 2007 zusammen stolze 588 Millionen US$ an Lohn erhalten – 19.000 Mal mehr als das durchschnittliche Einkommen.
Wir müssen Wall Street zur Rechenschaft ziehen, einen Teil der Verluste von jenen zurück holen, die dafür verantwortlich sind, und eine Wiederholung des Kreditkollaps verhindern. Die Empfehlungen des Institute for Policy Studies (IPS), eines Think Tanks aus Washington, sind ein guter Ansatzpunkt. In „Ein vernünftiger Plan für eine Erholung“ fordert das IPS den Kongress auf, die Finanzwelt sowohl für den Rettungsschirm als auch für die Ankurbelung der Realwirtschaft zahlen zu lassen. Der Plan sieht eine Transaktionssteuer vor, eine Mindest-Unternehmenssteuer, das Zurückholen der Bonuszahlungen an Manager, die für die Krise verantwortlich sind, das Ende von Steueroasen und ein Abschaffen von Steuerschlupflöchern für Vorstandsmitglieder. Das IPS fordert außerdem massive staatliche Regulierungen, um Spekulationen einzudämmen und eine wirkliche Übersicht über die Finanzmärkte zu erhalten.
Diese Vorschläge umzusetzen wäre ein sehr guter Anfang, um Spekulationen zu begrenzen, ein fortschrittliches Steuersystem wiederherzustellen, so dass eine bessere Verteilung der Wirtschaftsmacht gelingt, und um die besonders rücksichtslosen Wall Street-Firmen auszuschalten.
Zusätzliche Schritte werden notwendig, um – beginnend mit der Wall Street – Marktmachtkonzentrationen aufzubrechen, und die verbleibenden Banken auf das Allgemeinwohl einzuschwören. Die Entscheidung des Finanzministers Henry Paulson, dass die Regierung Beteiligungen an gefährdeten Banken erwirbt, ist ein positiver Schritt, der den Weg zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung des Finanzsystems öffnen kann.
Die Regierung sollte sofort die Bestimmungen des Glass-Steagal-Gesetzes wieder in Kraft setzen, die die Fusionen von Geschäfts- und Investmentbanken untersagen, und die Zerschlagung von Finanz-Konglomeraten und anderen Wall Street-Firmen, die „zu groß sind zum Scheitern“ vorantreiben. Wie Senator Bernie Sanders feststellte: „Wenn ein Unternehmen zu groß ist, um zu scheitern, ist es auch zu groß, um zu existieren.“
2. Schritt: Nach den Marktregeln spielen
Sobald wir das unmittelbare Feuer gelöscht haben, können wir unsere Aufmerksamkeit der Umgestaltung von potential nützlichen Einrichtungen der Finanzwelt zuwenden, um sie mit den Anforderungen von Nachhaltigkeit und Fairness in Einklang zu bringen. Ironischer Weise, wenn man die von der Wall Street im Namen des freien Marktes begangenen Exzesse betrachtet, sieht die Wirtschaft, die wir erschaffen müssen, derjenigen von Adam Smith, auf den sich manche als Vater des Kapitalismus berufen, erstaunlich ähnlich.
Smith malte sich eine Welt lokaler Marktwirtschaften aus, bevölkert von kleinen Unternehmern, Handwerkern und familiär geführten Bauernhöfen mit starken Wurzeln in der Kommune, die sich in ihrer Produktion damit beschäftigen, ihre eigenen Bedürfnisse und die ihrer Nachbarn zu befriedigen. Seine Vision hat wenig mit dem zu tun, was die Wall Street-Wirtschaft von freigelassenem Kapital, Credit Default Swaps, hektischer Spekulation und weltweiter Konzernimperien darstellt.
Wie ich schon in meinen Büchern When Corporations rule the world und The Post-Corporate world: Life after Capitalism ausführte, hängen sozial effiziente Marktallokationen von einer ganzen Reihe wichtiger Bedingungen ab, die die Wall Street und jene Ökonomen, die der fundamentalistischen neoliberalen Ideologie verpflichtet sind, geflissentlich ignorieren. Zu diesen Grundbedingungen zählen:
- Marktpreise müssen die vollen sozialen und ökologischen Kosten internalisieren.
- Der Handel zwischen Nationen muss im Gleichgewicht sein.
- Investitionen müssen lokal erfolgen.
- Kein Marktteilnehmer ist so groß, dass er den Marktpreis direkt beeinflussen kann.
- Wirtschaftskraft/-macht muss gleich verteilt sein.
- Jeder Marktteilnehmer muss über vollständige Informationen verfügen und es darf keine Handelsgeheimnisse geben (sprich: keine von der Regierung verhängten Patentrechte).
Um die Verzerrung durch unfaires Wettbewerbsverhalten zu verhindern müssen die Märkte reguliert werden, damit obige Grundbedingungen sichergestellt werden. Sehen Sie sie als grundlegende Bedingungen für gesundes, gerechtes und nachhaltiges Funktionieren der Wirtschaft an.
Schritt 3: Selbstfinanzierung der Realwirtschaft
Weit davon entfernt die finanziellen Bedürfnisse der Realwirtschaft zu bedienen, wird jene von der Finanzwirtschaft wie eine Kolonie behandelt, die zum Wohle des Kolonialherren betrieben werden muss. In Zusammenarbeit mit der Federal Reserve [der amerikanischen Zentralbank] haben Wall Street-Akteure eine Kombination aus Kontrolle über die Geldversorgung, räuberischen Kreditpraktiken und Lobbying und Kampagnen eingesetzt, um Löhne zu drücken, soziale Sicherheitsnetze zu durchlöchern und sich den Wert der Produktivitätsgewinne selbst zu sichern. Das obere 1 Prozent der U.S.-Einkommen hat seinen Anteil am nationalen Geldeinkommen zwischen 1980 und 2005 von 9 auf 19 Prozent gesteigert, wie Charles R. Morris in The Trillion Dollar Meltdown feststellt. Das Einkommen von 90 Prozent der Haushalte fiel relativ zur Inflation, die Sparrate sank auf unter 1 Prozent und die Verschuldung der Haushalte explodierte, während die Bevölkerung darum kämpft, ihr Leben beieinander zu halten.
Ein unentbehrliches Element einer Nach-Krisen-Wirtschaft muss die Herstellung einer ausgeglicheneren Reichtumsverteilung sein, durch progressive Steuersätze, das Anheben der Mindestlöhne und die Regulierung von Hypotheken- und Kreditkarten-Zinssätzen. Dies wird denen, die am Boden sind, dabei helfen, Spareinlagen und Kaufkraft wiederherzustellen und in Kombination mit schuldfreiem Geld, auf das ich unten eingehen werde, die Abhängigkeit der Realwirtschaft von der Finanzwirtschaft auflösen. Die finanziellen Bedürfnisse der Wirtschaft werden am besten durch ein bundesweit reguliertes Netzwerk von unabhängigen, im lokalen Besitz befindliche Gemeinschaftsbanken bedient, die die klassische Lehrbuchfunktion von Banken erfüllen, ein Vermittler zwischen Menschen vor Ort zu sein, die nach einem sicheren Platz für ihre Ersparnisse suchen und Menschen vor Ort, die Kredite für einen Hauskauf oder eine Firmenfinanzierung benötigen. Die Erkenntnis, dass Menschen ihre Ersparnisse vermehrt von den gigantischen Bankkonzernen mit fragwürdigen Bilanzen hin zu kleineren lokalen Banken bewegen, ist ein positiver Schritt.
Die Interessen der Wall Street haben das ökonomische Spiel so manipuliert, dass Mega-Konzerne einen Wettbewerbsvorteil vor unabhängigen regionalen Unternehmen haben, die das Herzstück der Realwirtschaft sind. Das New Rules-Projekt des Institute for Local Self Reliance (Institut für lokales Selbst-Vertrauen) stellt eine Fülle von Empfehlungen zur Verfügung, wie man ein Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellen kann.
Schritt 4: Messen, was wir wirklich wollen
Die einzige legitime Funktion eines Wirtschaftssystems ist, dem Leben zu dienen. Derzeit jedoch messen wir ökonomische Leistung ausschließlich mit Hilfe finanzieller Indikatoren – Bruttosozialprodukt (BSP) und Aktienkursen – während wir die Wirkungen auf soziale Bereiche und die Umwelt ignorieren. Wir zahlen jetzt den Preis dafür, dass wir die Wirtschaft jahrelang auf finanzielle Leistung hin getrimmt haben, die dazu führt, dass diejenigen, die Geld haben, noch mehr Geld machen – kurz: reiche Menschen werden reicher. Das war keine kluge Entscheidung. Wir müssen nun die verheerenden Kosten für diese Dummheit tragen, in Form von massiven sozialen und ökologischen Schäden und finanzieller Instabilität.
Dies könnte ein guter Zeitpunkt sein, damit zu beginnen, die wirtschaftliche Leistung in Bezug auf Dinge zu messen, die wir wirklich wollen – gesunde Kinder, Familien, Gemeinschaften und Ökosysteme. Dies würde Lebenswerte über Geldwerte stellen und die Art und Weise, wie unsere Wirtschaft entscheidet, dramatisch umstellen. Glücklichsein ist übrigens ein wichtiger Indikator für physische und psychische Gesundheit.
Wir können fortfahren, das BSP zu messen, eine Messgröße für wirtschaftlichen Durchsatz, als recht nützlichen Indikator für die wirtschaftlichen Kosten, ein gegebenes Niveau von Gesundheit und Wohlergehen zu halten. Wenn wir erkennen, dass das BSP Kosten und nicht Gewinne darstellt, wird es klar, wieso es ein Fehler ist, es permanent zu steigern. Eine ganze Anzahl von Forschern hat darauf hingewiesen, dass das Glücklichsein, genauso wie andere Messgrößen menschlicher, sozialer und ökologischer Gesundheit, gesunken ist, während das BSP anstieg, aber ihre Ansätze wurden bislang weitgehend ignoriert. Wir fahren damit fort unsere Wirtschaft so auszurichten, die Kosten zu maximieren statt den Nutzen/Vorteil ökonomischer Aktivität. Der Schock des Finanzkollaps gibt uns die Chance, die Aufmerksamkeit auf diese grundlegende Anomalie zu richten. Wir werden erkennen, dass wir einen wichtigen Schritt gegangen sind, wenn Wirtschaftsreporter fröhlich verkünden: „Es war ein erfolgreiches Quartal. Die Zufriedenheit stieg um zwei Punkte während das BSP um einen Punkt sank.“
Schritt 5: Wechsel zu schuldfreiem Geld
Dies bringt uns zur wichtigsten Reform von allen: die Änderung der Art, wie wir Geld erzeugen. Ein Schlüssel zur Macht der Finanzwirtschaft und der dem Finanzsystem innewohnenden Instabilität ist die Praxis privater Banken, Geld mit einem einfachen Buchhaltungseintrag zu erschaffen, jedes Mal, wenn sie einen Kredit vergeben. Da dieser Buchhaltungseintrag nur das Kapital, nicht aber die Verzinsungssumme erzeugt, führt dies zu einer Anhäufung der Schulden und einem Kollaps von Finanz- und Wirtschaftssystem, sofern die Wirtschaft nicht schnell genug wächst, um genügend Nachfrage nach weiteren Krediten zur Erschaffung neuen Geldes zu generieren, das benötigt wird, um die Zinszahlungen der früheren Kredite abzutragen. Das Verlangen nach Refinanzierung durch Schulden von nahezu jedem Dollar, der im Umlauf ist, garantiert das Fehlschlagen der Wirtschaft, es sei denn, das BSP und die Ungleichheit steigen permanent weiter.
Führende Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, z.B. Thomas Jefferson und Benjamin Franklin, sprachen sich dafür aus, das System des von den Banken erschaffenen Schuld-Geldes durch ein alternatives System zu ersetzen, bei dem die Regierung schuldfreies Geld generiert, indem es durch Ausgaben in die Welt gesetzt wird, beispielsweise um öffentliche Güter wie Infrastruktur oder Bildung zu finanzieren. Die Vorstellung, dass die Regierung Geld mit einem Federstrich erzeugt, lässt sofort die Alarmglocken schrillen, weil man eine galoppierende Inflation befürchtet. Die grundlegende Änderung zum bisherigen Zustand wäre jedoch, dass das Geld von der Regierung für ein öffentliches Gut erzeugt wird statt von einer privaten Bank als privater Profit. Ellen Hodgson Browns The Web of Debt gibt eine informative Übersicht über aktuelle Diskussionen und Möglichkeiten in diesem Bereich.
Privat ausgegebenes Schuld-Geld trägt zur Verschuldung und hohen Steuern bei und trägt die Hauptschuld an der Umweltzerstörung, da es unendliches Wachstum, extreme Ungleichheit (durch die Sicherstellung permanenter Umverteilung von unten nach oben) und wirtschaftliche Instabilität benötigt, da die Kreditvergabe zum Antreiben rücksichtsloser Spekulation nette kurzfristige Bankgewinne bewirkt. Öffentlich herausgegebenes schuldfreies Geld würde die Schulden, Steuern und die ökologischen Schäden deutlich reduzieren, wäre besser verteilt und würde die finanzielle Stabilität erhöhen. In einer Demokratie sollten wir dies selbst entscheiden können.
Dies ist ein geeigneter Augenblick, eine Agenda nach vorne zu bringen, die die gescheiterten, dem Gelde dienenden Institutionen unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems durch Institutionen ersetzt, die dem Leben dienen. Die Vorstellung, dass wir Menschen das Leben über das Geld stellen, mag unrealistisch und wider unserer menschlichen Natur erscheinen. Sicherlich will uns unsere herrschende kulturelle Geschichte dies glauben machen. Diese Geschichte/Erzählung hat jedoch nicht mehr Wahrheitsgehalt als die Geschichte, dass Wall Street-Spekulationen einem höheren öffentlichen Interesse dienen. Wie ich bereits in meinem Artikel We are hard-wired to care and connect (Wir sind fest mit Fürsorge und Verbindung verdrahtet) im Herbst 2008 schrieb, haben Wissenschaftler herausgefunden, dass das menschliche Gehirn direkt auf Mitgefühl und Verbindung ausgerichtet ist.
Die vielen Jahre, die ich in Afrika, Lateinamerika und Asien gelebt habe, haben mich gelehrt, dass Menschen jeder Rasse, Religion und Nationalität weltweit den Traum einer Welt mit zufriedenen Kindern, Familien und Gemeinschaft, die in lebendiger, gesunder, natürlicher Umgebung leben, teilen. Wenn sie die Möglichkeit sehen, sind Menschen bereit, beachtliche Teile ihrer Lebensenergie in einen Versuch zu investieren, diesen Traum zu verwirklichen, wie es auf den Seiten von YES! regelmäßig dokumentiert wird. Von dem räuberischen Griff der Wall Street befreit, hat diese lange unterdrückte Energie das Potential, unsere Beziehungen untereinander und zur Erde zu verwandeln, und uns den gemeinsamen Traum einer Welt, die für alle funktioniert, klar zu machen.
David Korten ist Autor des internationalen Bestsellers When corporations rule the world und The Great Turning: From Empire to Earth Community. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender des YES! Magazine, und Vorstandsmitglied der Business Alliance for Local Living Economies.
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Nun ist es also wieder soweit – ein ganzes Jahr, mit einem Mal vorbei. Zumindest beinahe. Zeit, Rückschau zu halten. Statt vieler Worte will ich dabei nur auf den durchaus gelungenen satirischen Jahresrückblick des Toll!-Teams vom ZDF verweisen, der uns vor Augen führt, wieviel Bescheuertes im Jahre 2008 so alles passiert ist. Manches hätten wir sonst fast vergessen…
Und statt der sicherlich mit Floskeln und Durchhalteparolen vollgestopften realen Neujahrsansprache der Kanzlerin empfehle ich lieber Dieter Deglers fiktive Neujahrsansprache der Kanzlerin in der Süddeutsche Zeitung: „Die ungehaltene Rede der Angela Merkel“:
Ich denke deshalb über eine vorbeugende Krisensteuer nach, damit wir künftig jederzeit jede gewünschte Summe für jede Branche aufbringen können. Bis wir das gegen die letzten Fortschrittsverhinderer, die es überall in der Politik gibt, durchgesetzt haben, müssen wir allerdings vorübergehend mehr Schulden machen. Das klingt jetzt wieder schlimmer als es ist – und in Wirklichkeit merken Sie davon gar nichts.
Denn erstens ist das ja für einen guten Zweck, nämlich die wunderbaren Rettungsschirme, die meine Regierung überall aufstellt, wo es in der Krise reinregnet. Und zweitens muss Sie das überhaupt nicht bekümmern. Denn diese Mehrschulden zahlen ja nicht Sie zurück, sondern unsere Kinder und Enkel, von denen ich ja bekannterweise leider keine habe. (…)
Und die beste Nachricht last but not least: Im kommenden Jahr dürfen Sie meine Partei und mich schon wieder wählen – in vielen Landesparlamenten und im Bundestag. Freuen Sie sich drauf und vergessen Sie den Wahlspruch meiner Kabinettskollegen nicht: Wir sind das Volk.
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern und Nicht-Lesern meines Blogs einen guten Rutsch!
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Wo Licht ist, da ist auch Schatten, und den will ich in meinen heutigen Randbeobachtungen nicht aussparen. Im als-ob-leben?-Blog macht sich der Autor grundlegende kritische Gedanken zur aktuellen Lage und Situation, gerade auch im Angesicht der „Finanzkrise“, die von vielen Mainstreammedien noch arg verniedlicht wird. Gerne wird dort ja auch der Eindruck vermittelt, dass die Politik, unsere Regierung, alles im Griff habe und planvoll handele. Und die Kinder bringt der Weihnachtsmann…:
wenn man sich in diesen tagen quer durch den mainstream von print- und onlinemedien arbeitet, so ist die polarisierung im angesicht des kommenden jahres 2009 nicht zu übersehen – während auf der einen seite wahlweise bilder von scharfkantigen eisbergen, unermesslichen abgründen und verheerenden großbränden dominieren (die durch die krise generierten bilder werden hoffentlich in bälde einmal von psychohistorikern näher betrachtet werden), lässt sich die verfassung der anderen seite auf einen begriff bringen: “crisis? what crisis?” und allerhöchstens wird eine – inzwischen immerhin von “klitzeklein” auf “etwas größer” mutierte – rezession zugestanden, nach der aber “alles wieder so sein wird wie vorher”.
letzteres lässt sich mit halbwegs funktionierenden wahrnehmungsfähigkeiten nur als drohung begreifen. weiter mit dem zwang zum exponentiellen wachstum, weiter mit der umverteilung von unten nach oben, mehr konsum, mehr straßen, mehr autos, mehr müll. und vor allem mehr psychophysisches elend bei der ungebremsten expansion der dingwelt. das ist nicht nur der wunsch der “eliten”, sondern auch derjenige ihrer medial sedierten und konsum als sinnstiftend empfindenden braven untertanen, für deren idealtypische form das wort “ich-ag” die am treffendsten auf den punkt bringende metapher darstellt.
In die gleiche Kerbe, also der Verdrängung und Verharmlosung, schlug auch unser Bundespräsident Horst Köhler in seiner an Weltfremdheit kaum zu überbietenden Weihnachtsansprache – da darf sich niemand über Politikverdrossenheit wundern. Entsprechend hart gehen einige Blogs auch mit ihm & seiner Rede ins Gericht. Duckhome drückt es direkt aus: „Köhler, halt’s Maul“, die NachDenkSeiten widmen diesem „Phänomen“ gleich zwei Beiträge: „Köhlers Weihnachtsansprache: Beliebig und belanglos“ und „Bundespräsident Köhler stützt die Propaganda der Regierenden, statt dem Volk mit einem ehrlichen Wort beizuspringen“:
Insbesondere Horst Köhler muss wegen seiner engen Verflechtung mit diesem Milieu [der Finanzwelt] gewusst haben, dass sich die Hauptverantwortlichen der Bundesregierung, nämlich Bundeskanzler Schröder, Bundeswirtschaftsminister Clement und der damalige Bundesfinanzminister Eichel zu Beginn des Jahres 2003 mit den Spitzenvertretern der Finanzwirtschaft trafen.
Schon damals, zu Beginn des Jahres 2003 hatten die Verantwortlichen in der Bundesregierung mit den Spitzen der Banken und der Versicherungswirtschaft darüber beraten, wie man die Kredite notleidender Banken auf eine Auffanggesellschaft, eine so genannte „Bad Bank“ auslagern, bündeln und als Wertpapiere verpacken und weiterverkaufen könnte. Damals wurde beraten, der Staat solle als Entlastung für die Risiken einstehen und eine Garantie abgeben.
Schon damals war also erkennbar, dass es riesige Risiken gibt und schon damals gab es das unverschämte Begehren, solche von privaten Wirtschaftssubjekten erzeugten Risiken auf uns Steuerzahler abzuladen.
Ein in Finanzfragen bewanderter und eng mit der Finanzwirtschaft verflochtener Bundespräsident musste auch diesen Vorgang kennen.
Ach ja, die Wirtschaftskrise, dieses Thema wird uns 2009 sicher ordentlich in Atem halten. In England gab es zum Jahresende noch mal einen richtigen Kaufrausch, da viele Kaufhäuser Rabatte von bis zu 90% anboten. Dennoch, die Aussichten auch in Großbritannien sind düster: „Torschlusspanik“:
In Großbritannien wird gewarnt, dass der Konsumrausch zum Jahresende zur Verödung der Einkaufszonen führen könnte. Gegenwärtig scheint die Maxime des guten, also systemstabilisierenden Handelns zu sein, möglichst viel zu konsumieren. Wer kauft, dient der Gesellschaft oder deren Wirtschaftssystem, das gilt auch für Vorschläge, wie die Konsumkraft der Menschen verbessert werden kann. Egal was, Hauptsache, der Laden läuft, und Morgen ist ein anderer Tag. Das ist Panik, vor allem eine Panik, die nichts besser macht, denn der bedingungslose Konsum, das Leben auf Pump, das Schwelgen in hohen Renditen, hat schließlich die Krise hervorgebracht.
Woolworth muss trotzdem ein Viertel seiner Häuser schließen, andere Ketten folgen oder sind bereits gefolgt, die Preise sollen weiter fallen, die Verluste steigen. Ende des nächsten Monats dürfte jedes zehnte Geschäft in den Einkaufsstraßen der Städte leer stehen, wird gewarnt. Die Schulden der Geschäfte und Ketten steigen, die Gewinne sinken.
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Man könne ja schier verzweifeln in diesen Zeiten, wenn man sich in der Welt so umschaut. Doch zum Glück gibt es auch Entwicklungen und Anregungen, die nach vorne zeigen. So hat der österreichische landscaping-Blog „10 Schritte zu einem zukunftsfähigen Lebensstil für Einsteiger“ zusammengestellt. Hier befasst sich der Autor mit der Frage, was wir heute konkret tun können, um umzudenken und unser Tun & Handeln im „banalen Alltag“ nachhaltiger zu gestalten. Für manche dürften diese skizzierten Schritte schon selbstverständlich sein, aber es sind dennoch auch neue Anregungen enthalten.
Sehr Erfreuliches gibt es auch aus der Schweiz zu berichten – seit Neuestem gelten dort die weltweit schärfsten Tierschutzgesetze, die sogar gegen die Lobbys einiger Tierhalterverbände durchgesetzt wurden.
Zum Beispiel dürfen Meerschweinchen, Kaninchen und Vögel nur noch paarweise gehalten werden. Hundebesitzer müssen mit ihrem Liebling einen Kurs absolvieren, um die Grundbedürfnisse des Tieres kennenzulernen. Kühe haben ein Anrecht auf mindestens 90 Tage Freigang im Jahr und dürfen nicht länger als zwei Wochen am Stück im Stall stehen. Kälber dürfen nur noch in Gruppen großgezogen werden. Pferde, Schafe und Ziegen müssen Blickkontakt zu Artgenossen haben.
Minipanzer, also die sog. SUVs oder auch Geländewagen, sind bekanntlich eine im wahrsten Sinne des Wortes große Pest – hässlich, spritschluckend, gefährlich für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Sie symbolisieren natürlich gut die voranschreitende Ignoranz einer Gesellschaft, in der nur der eigene Vorteil zählt und man gerade mal von 12 Uhr bis Mittag denkt. Um so erfreulicher, dass u.a. die „Finanzkrise“ jetzt den Niedergang dieser Teile einzuläuten scheint. Telepolis berichtet vom nahenden „Ende der SUVs“:
… scheint nun das Ende der SUVs gekommen zu sein, jener spritfressenden und schweren Angeberautos, mit denen manche Kleingeister mit ihrer gewünschten Größe und Durchsetzungskraft auch ihre Gleichgültigkeit gegenüber Umwelt- und Klimafragen demonstrieren wollten. Der Markt für normale Autos ist dieses Jahr in den USA “nur” um 16 Prozent eingebrochen, der für SUVs um 40 Prozent. Da wird mancher bislang stolzer Besitzer Schwierigkeiten haben, seine plötzlich zum Dinosaurier gewordene Kiste noch gebraucht loszuwerden.
Der Spiegel schreibt süffisant „Anti-Allrader-Bewegung: Dresche für den SUVosaurus“:
Inzwischen ist Allradler-Verunglimpfung ein Breitensport. Seit der Absatz von SUVs einbricht, schmieren auch die Sympathiewerte dieser Autogattung ab. Der größtmögliche Geländewagen, so die bei vielen Menschen neuerdings vorherrschende Überzeugung, ist akut vom Aussterben bedroht. (…) Vielmehr zeigt es, dass nicht der Spritpreis dem Allradler den Garaus machen wird, sondern der Mangel an gesellschaftlicher Akzeptanz und das soziale Stigma, welche neuerdings mit dem Fahren dieser Autos verbunden sind.