Wir leben in interessanten Zeiten, soviel ist sicher. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass es die Piratenpartei ins Berliner Landesparlament schaffen würde? Glückwunsch – und man darf gespannt sein, wie es mit dieser Partei weiter geht, also ob sie auch Kompetenz abseits ihres Kerngebiets Internet entwickelt und es schafft, auch von den Medien ernst genommen und nicht mehr als „Nerdpartei für Technikspinner, die Kinderpornografie und illegale Downloads legalisieren wollen“ verunglimpft zu werden. Ebenfalls erfreulich – Die Partei hat fast 1% der Stimmen auf sich vereinigen können und im Bezirk Kreuzberg mit 2,2% sogar mehr als doppelt so viele Prozentpunkte geholt wie die Spaßpartei FDP. Ihrer eigenen Linie treu bleibend hat Sonneborns Truppe, parallel zur Berliner Sektion der Hedonistischen Internationale sowie auch einer namentlich nicht bekannten Gruppe von AktivistInnen, die Wahl„party“ der FDP geentert und durch unpassend erscheinenden Jubel aufgemischt. Auch das FDP-Aussteigerprogramm, das er den enttäuschten Liberalen anbot, ist eine hübsche Idee. Wunderbare „Polit-Jamming“-Aktion, über die auch Bleib passiv! – „Riesenstimmung bei FDP-Wahlparty“ – und Mainstreammedien berichten (z.B. N24 – „Die Partei jubelt bei den Liberalen“).
Schlagwort: Protest
Der Blödsinn mit sogenanntem Agrosprit, also Benzin aus Nahrungsmitteln, der seit einigen Jahren in gewissen Kreisen auf der Agenda steht, ist bekanntlich keine wirkliche Lösung für Ölknappheit und dem Ende des Fossilzeitalters. Solange die Menschheit an veralteten und schädlichen Individual-Transportmitteln wie Autos verzweifelt festhält, statt wirklich nachhaltigen Verkehr zu entwickeln, werden auch Schnapsideen wie den, aus Getreide Treibstoff zu machen, wenig bringen. Oder sogar andere Probleme wie die Ernährungskrisen in vielen Ländern, weiter verschärfen. Aus diesem Grund kann ich auch den folgenden Aufruf des Vereins Regenwald e.V. voll und ganz unterstützen:
Liebe Freundinnen und Freunde des Regenwaldes,
die Lufthansa will nun ihre umwelt- und menschenfeindlichen Agrospritpläne umsetzen. Am Freitag startet am Hamburger Flughafen um 11.15 Uhr der erste Linienflug der Lufthansa mit Treibstoff aus Pflanzenölen.
Welche Öle dem Kerosin letztendlich beigemischt werden sollen und woher sie stammen, will die Lufthansa erst zum Start am Freitag bekanntgeben. Bisher war die Rede von Palm- und Jatrophaöl.Wir haben vielfältig auf die verheerenden Auswirkungen von Agrosprit hingewiesen. Wenn die Lufthansa ihre Pläne realisiert, wird die Nachfrage nach pflanzlichen Treibstoffen weiter steigen. Die Folgen sind die Verteuerung von Nahrungsmitteln, Landvertreibungen und Regenwaldzerstörung in den Ländern des Südens.
Wir stellen zum Thema eine aktuelle Protestaktion online. Beteiligen Sie sich an der Unterschriftenaktion und machen Sie deutlich, dass sich die Lufthansa mit ihrem sogenannten Biosprit auf einem Irrflug befindet.
Die Protestunterschriften werden wir am Freitag bei der Demonstration überreichen.Zur Protestaktion: http://www.regenwald.org
AUFRUF ZUR DEMONSTRATION
Am Freitag, den 15.07.2011 um 10 Uhr veranstaltet Rettet den Regenwald e.V. eine Protestkundgebung gegen die Biosprit-Pläne der Lufthansa im Hamburger Flughafen.Bitte unterstützen Sie unsere Kundgebung. Machen Sie mit Ihrem Protest deutlich, dass Pflanzentreibstoffe keine umweltfreundliche Alternative sind, sondern weltweit zu Ausbeutung und Umweltzerstörung führen. Um möglichst große Aufmerksamkeit zu bekommen, können Sie Banner und Trillerpfeifen mitbringen. Informieren Sie auch Ihre Freunde oder verbreiten Sie unsere Aktion über Facebook:
http://www.facebook.com/event.php?eid=203809196333645
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Atomkraft ist momentan das Top-Reiz-Thema für Umweltaktivisten und Freunde nachhaltiger Energien. Was viele dabei allerdings vergessen – keineswegs sind nur die großen Energiekonzerne Profiteure von der weltweit betriebenen Atomenergie. Viele Banken, darunter (natürlich) auch die Deutsche Bank u.a., finanzieren unverantwortliche Projekte im Bereich der Kernkraft – sie sind „nuclear banks“, wie die gleichnamige Initiative sie bezeichnet. Auch der Verein Urgewald fragt deshalb „Wie radioaktiv ist meine Bank?“ und ruft zum Wechsel der Bank auf, hin zu sozial und ökologisch verträglicheren Instituten.
Unsere Verbraucherbroschüre „Wie radioaktiv ist meine Bank?“ untersucht die Finanzdienstleistungen elf deutscher Banken für die internationale Atomindustrie: von der Vergabe von Firmenkrediten über die Ausgabe und den Besitz von Anleihen bis zur Ausgabe und dem Besitz von Aktien.
Banken reden gerne über ihr Engagement bei den Erneuerbaren reden, sie schweigen sich jedoch zu ihrer Finanzierung für die Atomindustrie aus. Dieses ‚Atomgeheimnis’ wollen wir in der Broschüre lüften und haben die Zahlen dazu recherchieren lassen. Gemeinsam mit internationalen Umweltorganisationen hat urgewald 80 der weltweit wichtigsten Atomunternehmen ausgewählt und untersuchen lassen, welche Banken diesen Atomkonzernen Geld geben. Die Ergebnisse für die deutschen Banken liegen nun erstmals gesammelt vor. Platz Eins belegt die Deutsche Bank, die zwischen 2000 und 2009 die Atomindustrie mit 7,8 Mrd. Euro unterstützt hat. Ihr folgen die Commerzbank mit 3,9 Mrd. Euro und die UniCredit/Hypovereinsbank mit 2,3 Mrd. Euro Unterstützung.
Die Broschüre gibt Verbrauchern die Möglichkeit, gezielt zu prüfen, ob und welche Atomunternehmen ihre Bank finanziell unterstützt hat. Neben der ‚Negativrecherche’ zeigen wir auch Alternativen und haben Informationen zur GLS, Triodos, Umwelt- und Ethikbank zusammen gestellt – Banken, die Atomfinanzierungen explizit ausschließen. Da der Bankwechsel nicht allen Menschen leicht fällt raten wir zu verschiedenen Aktionen: Wir empfehlen Kunden der großen ‚Atombanken’ den Kontowechsel, wer das nicht kann oder will, soll zumindest protestieren, um einen Wechsel in der Geschäftspolitik anzuregen.
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Letzte Woche stellte ich Euch in „Die wahren Fashion-Victims“ die Schweizer Initiative Zehn Rappen vor (HIER), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Konzerne der Modeindustrie zur Bezahlugn existenzsichernder Löhne in den (in der Regel armen) Produktionsländern zu gewährleisten. Als erste Firma hat Calida geantwortet und eine wohlformulierte PR-Mail verschickt, auf die Zehn Rappen eine passende Stellungnahme verfasst hat (die man sich HIER als pdf herunterladen kann).
In der zweiten Woche geht es nun um die Firmen S.Oliver, Esprit, Orsay und Street One, an die jeder sein personalisiertes Protestvideo schicken kann (und sollte!), um auch diesen Unternehmen zu zeigen, dass sie nicht unbemerkt mit ihrem Treiben sind. Also bitte alle mitmachen!
Hier noch einmal das Infovideo der Initiative:
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„Aus Schaden wird man klug“, so fabuliert der Volksmund. Dass dies leider nicht immer stimmt, beweist BP gerade auf besonders ignorante Weise – gerade erst hat man im Golf von Mexiko eine Ölkatastrophe unbekannten Ausmaßes zu verantworten, da will der Konzern schon die nächste Tiefseebohrung vornehmen, diesmal im Mittelmeer an der Küste vor Lybien. Unglaublich… Campact ruft dazu auf, diesem Treiben die rote Karte zu zeigen, indem man an ihrer Online-Protestaktion teilnimmt. Also bitte alle mitmachen, um den Wahnsinn zu stoppen! (Und natürlich nie mehr bei Aral tanken, das ist klar.)
Vor rund zwei Wochen gelang es BP endlich, das Bohrloch im Golf von Mexiko zumindest provisorisch zu verschließen. Monatelang demonstrierte der Ölkonzern, wie wenig er Tiefseebohrungen im Griff hat. Doch anstatt hieraus Konsequenzen zu ziehen, will BP bereits in wenigen Wochen die nächste Bohrung starten. Im Mittelmeer, vor der Küste Libyens, will der Öl-Multi in noch größerer Tiefe als am Golf von Mexiko eine neue Ölquelle erschließen.
Gemeinsam können wir die dreisten Pläne von BP durchkreuzen! Das Unternehmen kämpft schon jetzt mit seinem ramponierten Image und wird auf Protest der hiesigen Konsument/innen sehr sensibel reagieren. Schließlich ist BP mit der Marke Aral bundesweit Marktführer beim Betrieb von Tankstellen.
Der Hunger nach neuen Ölquellen hat in den letzten Jahren zu einer enormen Zunahme von Tiefseebohrungen geführt. Dabei existiert für Bohrungen ab 200 Meter Tiefe keine Technik, mit der Störfälle zuverlässig behoben werden könnten. Taucher können hier auf Grund extremen Drucks, völliger Dunkelheit und eiskalten Temperaturen nicht zum Einsatz kommen und die eingesetzten Roboter scheiterten im Golf von Mexiko regelmäßig.
Die Rechte für die Bohrungen in der Mittelmeerbucht Große Syrte hat BP vor drei Jahren von Libyen für 900 Millionen Dollar erworben – die bis dato größte Einzelinvestition in der Geschichte des Konzerns. Doch noch ist offen, ob BP sich wirklich traut, nach der gigantischen Ölpest im Golf von Mexiko die nächste Tiefseebohrung in über 2.000 Meter Tiefe zu starten. Jetzt kommt es auf unseren Protest an!
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Nach all den Büchern, die sich mit den mehr praktischen Aspekten des Culture Jamming und der Konsumkritik beschäftigen, stieß ich vor einigen Wochen zu meiner Freude auf ein theoretisch ausgerichtetes Werk, das diese Widerstandsform und die kritische Auseinandersetzung mit dem Konsumkapitalismus (so nennt der Autor unser System konsequent im gesamten Buch) von (kommuniktions)wissenschaftlicher Seite her beleuchtet. Andreas Völlingers „Im Zeichen des Marktes. Culture Jamming, Kommunikationsguerilla und subkultureller Protest gegen die Logo-Welt der Konsumgesellschaft“ gelingt es dabei, die Grundlagen des sog. „semiotischen Widerstands“ gegen die herrschende Logo- und Zeichenflut, die uns durch die Kozerne via Marketing, Werbung und Medien aufgezwungen wird, gekonnt darzulegen als auch über verschiedene Formen subkulturellen Widerstands (wie Skateboarding, Graffitti und Adbusting) zu referieren.
Auch wer sich schon intensiv mit der gesamten Thematik befasst und z.B. die Bücher von Kalle Lasn oder Naomi Klein gelesen hat, wird hier noch einiges Neues entdecken, zumal der Reiz dieser Untersuchung des Autors sicherlich darin liegt, dass er einen weiten Bogen von postmodernen / poststrukturalistischen Theorien von Eco, Debord, Barthes oder Bourdieu, wie sie manch Studenten in der Uni begegnen, hin zu den praktischen und konkreten Aspekten (The Yes Men, Subvertising) schlägt. Dies geschieht alles auch mit einer eindeutigen Sympathie für die Absichten von Culture Jammern und anderen Gruppen, die sich gegen die Durchkommerzialisierung des Alltags stemmen (wie vor allem im persönlich geprägten Ausblick am Ende des Buches deutlich wird). Auf knapp 150 Seiten wird ein umfassender und dennoch recht kompakter Überblick gegeben, wie breit die Ideen des „zeichenhaften Widerstands“ in der Gesellschaft bereits gestreut sind und in welch unterschiedlichen Ausprägungen sie vorkommen können und wo die Grenzen und Risiken liegen. Der Autor zeigt auch, wie weit Konzerne mit ihren Symbolen und Logos in unserem Alltag hereinreichen und dass öffentliche Räume (und damit das gesellschaftliche Miteinander) immer stärker gefährdet sind, zu reinen Konsumräumen zu werden.
Die wissenschaftlich gehaltene Sprache und die vielen Literaturangaben und Querverweise mögen dabei vielleicht den einen oder anderen Aktivisten erst einmal abschrecken – sollten sie aber nicht! Eine wahre Fundgrube stellt nämlich die umfangreiche Literaturliste im Anhang dar, die auch für mich noch viele bis dato unbekannte Internet-Quellen und auch Leseanregungen bereit hält – davon werden alle Leser meines Blogs in der Zukunft sicher noch profitieren. :-)
Mein Fazit: ein spannendes Buch, das eher für Fortgeschrittene gedacht ist bzw. für Menschen, die sich Themen lieber wissenschaftlich-theoretisch nähern. Von daher ist Völlingers Werk natürlich kein Ersatz für „Aufrüttler“ wie Lasns „Culture Jamming“ oder „Das Schwarzbuch Markenfirmen“, sondern eine gute ergänzende Lektüre, die einige neue Facetten der Bewegung aufzeigt und Culture Jamming und Adbusting auch im wissenschaftlichen Diskurs verstärkt ankommen lässt. Ein Angriff auf die Deutungshoheit der Zeichen, die bisher bei den Konzernen und ihren Medien liegt, muss meiner Meinung nach sowieso von den verschiedensten Seiten aus erfolgen, wenn eine Schwächung Aussicht auf Erfolg haben soll, um ein kritischeres Bewusstsein bei den Menschen für die sie umgebenden Botschaften zu wecken und zu schärfen.
Während die Mitglieder einer subkulturellen Gemeinschaft durch semiotischen WIderstand hauptsächlich Abgrenzung betreiben, kann Culture Jamming als Mittel der Kontaktaufnahme dienen, um gerade dort anzusetzen, wo herkömmliche Argumentation gegen das herrschende System versagt:
„Wo Aufklärung nicht ankommt, kann Kommunikationsguerilla die wirksamere Taktik sein, wo es eine aufnahmebereite Zielgruppe oder gesellschaftlichen Druck gibt, ist Aufklärung und Information angesagt, und oft greifen beide ineinander.“ (autonoma a.f.r.i.k.a. gruppe)
Aus dieser Warte bietet Culture Jamming eine Möglichkeit, Gesellschaftskritik auch zu jenen Menschen zu tragen, die sich dieser verweigern – Debord würde hier wohl argumentieren, dass sie der vom konsumkapitalistischen Spektakel erzeugten Passivität erlegen sind – und möglicherweise auch bei ihnen einen Denk- und vielleicht sogar Umdenkprozess anzuregen.
Dieser Aus- und Ansicht des Autors schließe ich mich gerne an.
Andreas Völlinger „Im Zeichen des Marktes. Culture Jamming, Kommunikationsguerilla und subkultureller Protest gegen die Logo-Welt der Konsumgesellschaft“, Tectum Verlag 2010, 148 S., 24.90 €
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Bei meinen Recherchen zu meinem Adbusting-Vortrag, fiel mir wieder auf, wie vielfältig und abwechslungsreich Culture Jamming und kreativer Protest weltweit doch stattfindet. Bei den Popnutten stieß ich beispielsweise auf diese tolle (wenn auch schon etwas ältere) Aktion – The Bubble Project. Initiiert vom amerikanischen Künstler Ji Lee, der es leid war, immer nur die Einbahnstraßen-Kommunikation der Werbung zu erleben, und statt dessen auf die Idee verfiel, 15.000 leere Sprechblasen auszudrucken und in ganz New York an Plakatwände etc. zu kleben, so dass die Passanten endlich die Möglichkeit hatten, auf die Reklame zu reagieren. Er dokumentierte dies am Ende als eine eigenständige Kunstaktion – aber auf seiner Seite gibt es die Schablonen für die Sprechblasen zum Herunterladen, so dass jeder von uns losgehen und in seiner Stadt mal für ein wenig mehr Mitspracherecht sorgen kann. Es bietet sich sicherlich auch an, vielleicht schon ein paar fertige markige Sprüche auf besonders nervige Logos und Plakate zu platzieren, zum Amüsement der vorbeigehenden Menschen und zur Lächerlichmachung der manipulativen Werbeaussagen und der aufdringlichen Markenpräsentationen.
Our communal spaces are being overrun with ads. Train stations, streets, squares, busses, and subways now scream one message after another at us. Once considered “public”, these spaces are increasingly being seized by corporations to propagate their messages solely in the interest of profit. Armed with heavy budgets, their marketing tactics are becoming more and more aggressive and manipulative. We the public, are both target and victim of this media attack.
The Bubble Project is the counterattack. The Bubbles are the ammunition. Once placed on ads, these stickers transform the corporate monologue into an open dialogue. They encourage anyone to fill them in with any form of self expression, free from censorship. More bubbles mean more freed spaces, more sharing of personal thoughts, more reactions to current events, and most importantly, more imagination and fun.