Schlagwort: Bertelsmann

Lesetipps: Zwangsbeschallung | Deutschland wird amerikanischer | Lernatlas | Gier nach Soja | Kopp

Also erst einmal ein frohes neues Jahr all meinen Lesern – ich hoffe, Ihr seid gut in 2012 gelandet. Relativ unspektakulär möchte ich das Jahr mit einigen Lesetipps beginnen, die mir in der letzten Zeit ins Auge stachen. Beispielsweise der Artikel „Deutschland wird immer amerikanischer“ aus dem Spiegel. Nein, es geht nicht um die weitere Ausbreitung amerikanischer Filme und Serien oder anderer Produkte und Konsummuster – die ist ja schon so weit vorangeschritten, das man sie nicht mehr gesondert kommentieren muss. Autor David Böcking bezieht sich hier eher darauf, dass die soziale Ungleichheit ganz nach US-amerikanischem „Vorbild“ auch hierzulande immer stärker zunimmt:

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Die Probleme mit PPP – und Bertelsmann greift nach den Stadtverwaltungen

Vor einigen Jahren, noch vor der sogenannten „Finanzkrise“ anno 2008, war PPP, also Public Private Partnership, der ganz große Trend, wenn es darum ging, wie Städte und Kommunen trotz klammer Kassen Schwimmbäder, Schulen und Bibliotheken betreiben konnten. So manche Gemeinde sah sich genötigt, immer mehr Angebote aufzugeben und Dienste zu streichen. In dieser prekären Lage boten private Firmen den Kommunen an, gewisse Projekte in ihrem Ort zu übernehmen, dafür mussten teils undurchschaubare Finanzierungs- und Leasingverträge abgeschlossen werden. Auf dem Papier sah dies zunächst für die Verantwortlichen toll aus, aber schon nach kurzer Zeit entpuppten sich diese Konstrukte als viel zu teuer und vor allem risikoreich, und manche Kommune hatte hinterher höhere Schulden und mehr Probleme als zuvor.

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Lesetipps: Blutdiamanten / Sklavenarbeit im Beerenwald / Bertelsmann

© underdogw, stoch.xchng

Dass die Globalisierung ein Geschäft von oft recht einseitigem Vorteil für einen der Akteure ist – nämlich die westlichen Industrienationen –, ist ja nun nichts Neues. Auch in meinem Blog finden sich viele Hinweise darauf, wie Konzerne das Einkommensgefälle und die unterschiedlichen Ansprüche in den Regionen der Welt gegeneinander ausspielen, um möglichst günstig zu produzieren. Von den Wanderarbeitern, die z.B. in Spanien, oft illegal eingeschleust, unterwegs sind, um dort die Drecksarbeit bei den Gemüse- und Obsternten zu machen, weiß man ja auch schon länger. Neu war für mich, dass es auch im hohen Norden, im so auf sein Sozialwesen stolzen Schweden, solche Zustände gibt – die taz berichtet in „Sklavenarbeit im Beerenwald“, wie Gastarbeiter aus Asien beim Blaubeerpflücken ausgenutzt werden:

In Schweden sind vor allem Gastarbeiter aus Asien für die Ernte zuständig. Sie leiden unter katastrophalen Arbeitsbedingungen. Schwedische Medien werfen Sklaverei vor. (…)

(…) Alle Jahre wieder um diese Zeit füllen sich die schwedischen Zeitungen mit Beerenpflücker-Geschichten. Aus Thailand, Vietnam oder China werden über mehr oder weniger zwielichtige Agenturen mehrere tausend SaisonarbeiterInnen in die nordschwedischen Wälder gelockt. Meterhohe Heidelbeerbüsche, dicht bewachsen mit Beeren so groß wie Weintrauben seien ihnen versprochen worden, erzählt ein 25-jähriger Chinese in gebrochenem Englisch einem Fernsehreporter. Und als sie in Långsjöby ankamen, hätte sich nicht nur das als Märchen erwiesen. Auch die tatsächliche Entlohnung für die Arbeit habe nur ein Bruchteil des Versprochenen betragen. (…)

Vielleicht noch tragischer sind die Kämpfe und Kriege, die in Afrika um reiche Diamantvorkommen geführt werden – um an die wertvollen Klunker zu kommen, wird über Leichen gegangen und Menschen vertrieben, und oft genug werden mit dem durch den Diamanthandel erzielten Gewinn Diktaturen am Laufen gehalten. Nicht ohne Grund nennt man diese Steine deshalb auch „Blutdiamanten“ – der Handel damit ist verpönt, wird aber dennoch weiter geführt. Der Spiegel widmete diesem Thema neulich gleich eine ganze Artikelreihe – „Funkelnde Treibsätze“:

Klein, funkelnd und ungeheuer wertvoll: Diamanten sind begehrte Luxusobjekte. In vielen Abbauregionen werden jedoch mit ihren Verkaufserlösen gewalttätige Konflikte finanziert, die Bevölkerung leidet. Nun droht das Kimberley-Abkommen, das die Finanzierung von Krieg und Terror durch Rohdiamanten stoppen soll, zu scheitern. (…)

(…) Der illegale Diamantenhandel erlebt eine Renaissance: Das Kimberly-Abkommen, das die Finanzierung von Krieg und Terror durch Rohdiamanten stoppen soll, hat nach Ansicht seines Erfinders Ian Smillie versagt. Beobachter berichten bereits von einer Zunahme beim Schmuggel der Steine. (…)

Leider auch ein ewig aktuelles Thema wird sicherlich auch noch für eine ganze Weile die Macht und der Einfluss des Bertelsmann-Konzerns bleiben. Wie ich an anderer Stelle schon mehrfach ausführt („Das Bertelsmann-Imperium“, „Bertelsmann und die Bertelsmann-Stiftung – die schleichende Untergrabung der Demokratie“) wächst hier seit längerem ein besonders mächtiger Mediengigant heran, der es sich zudem auf die Fahne geschrieben hat, die gesamte Gesellschaft in seinem Sinne zu beeinflussen, bis hinein in Studium und Schule. Man muss nicht verschwörungstheoretisch veranlagt sein, um hierin eine Gefahr für die Demokratie und die Gesellschaft zu sehen. Bleib passiv! gibt einen guten Überblick über die Problematik, die der wachsende Einfluss des Konzerns aus Gütersloh für uns alle mit sich bringt – „Bertelsmann – die brandstiftende Feuerwehr“:

Dass das sogenannte »Image« großer Unternehmen und Konzerne keinesfalls ein Abbild der jeweiligen unternehmerischen Wirklichkeit darstellt, sondern meist sogar im völligen Gegensatz zu den eigentlichen Konzernmachenschaften steht, ist ja inzwischen weder neu noch überraschend. Kapital und Einfluss, kurz: Profit ist der Zweck, der die Mittel heiligt. Überspielt wird das Ganze dann mit Unbeflecktheitspropaganda, also der eigenen Imagepflege.So weit, so schlecht. Wirklich abstoßend wird es aber, wenn ein Unternehmen nicht nur Unbescholtenheit vortäuscht, sondern sich sogar den heroischen Anschein des unschätzbaren Wohltäters gibt, der sich um nichts mehr als um das Wohl der Menschen sorgt und dabei insgeheim mit aller Kraft diese grausame Wirklichkeit selbst produziert, die er zu bekämpfen vorgibt. (…)

In der taz hatte sich Thomas Schuler, dessen Buch „Bertelsmann Republik Deutschland“ Anfang August auf den Markt kam, in „Die Methode Bertelsmann“ ebenfalls mit dem umtriebigem Treiben Bertelsmanns und seiner Stiftung befasst:

Die Bertelsmann-Stiftung regiert Deutschland mit. Dabei ist sie undemokratisch und dient als Steuersparmodell. Die Stiftung bestreitet dies. (…)

(…) Die Bertelsmann Stiftung ist auf das Vertrauen der Gesellschaft angewiesen. Glaubwürdigkeit ist ihr höchstes Gut. Weil sie das weiß, sucht sie fortlaufend nach Kooperationen mit dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin. Sie giert danach zu hören, wie sehr sie der Allgemeinheit nutzt. Die Bundespräsidenten Herzog, Rau und Köhler haben es ihr oft und allzu bereitwillig öffentlich bestätigt – ebenso die Kanzler Schröder und Merkel. Natürlich sind einzelne Projekte der Stiftung durchaus gemeinnützig. Aber verfolgt die Stiftung in der Gesamtheit ihrer Projekte und vor allem in ihrer Konstruktion ausschließlich gemeinnützige Zwecke? Ist sie glaubwürdig in ihrem Anspruch und in ihrer Reformarbeit? (…)

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Zwei gute Nachrichten in einer: „Werbeflaute trifft Bertelsmann mit Wucht“

Das ist doch mal eine schöne Meldung: „Werbeflaute trifft Bertelsmann mit Wucht“, enthält sie immerhin schon in der Überschrift zwei Positiva. Zum einen geht es der Werbebranche schlecht, was mich natürlich schon mal per se freut, denn wenn die Reklameindustrie von sich aus nicht bereit ist, ihre krakigen Umtriebe zu beschränken (siehe den Artikel von gestern), dann hilft die Wirtschaftskrise vielleicht (vorübergehend) dabei. Wer sich das Stadtbild derzeit genauer betrachtet, wird vielleicht auch schon festgestellt haben, dass viele Plakate mittlerweile nicht mehr jede Woche, sondern nur noch alle 2 oder 3 Wochen ausgetauscht werden – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Werbegroschen nicht mehr so locker sitzen wie früher. Nun, und dass Bertelsmann Geld verliert und Probleme bekommt (auf hohem Niveau), ist selbstverständlich immer zu begrüßen:

Dem Medienkonzern Bertelsmann weht der Wind eiskalt ins Gesicht. Wegen schwacher Werbeumsätze schreibt Bertelsmann rote Zahlen.

(…) Bertelsmann trifft wie andere Medienunternehmen die weltweite Wirtschaftskrise empfindlich. In vielen Ländern halten sich die Verbraucher mit Einkäufen zurück. Auch bei den Unternehmen wird das Geld knapper, weshalb sie ihre Werbebudgets kappen. Bertelsmann erlöst jedoch ein Drittel seiner Umsätze mit Reklame. (…)

(…) Sowohl der Fernsehkonzern RTL Group, als auch die Verlagsgruppen Random House und Gruner + Jahr sowie das Club- und Buchhandelsgeschäft büßten teilweise kräftig ein. (…)

Bei aller berechtigten Freude über Bertelsmann: weniger erfreulich ist dies hier – die Konzentration am Medienmarkt geht ungebremst weiter und Walt Disney, einer der größten Konzerne in diesem Bereich, verleibt sich nun Marvel (bekannt durch ihre Comics, Spider Man usw.) ein. Man muss schon sehr naiv, oder Politiker oder Lobbyist sein, um zu glauben, dass dieser Konzentrationsprozess damit abgeschlossen wäre. Die Entwicklung, die sich in den letzten Jahrzehnten abzeichnete und immer weiter voranschreitet, wird, sofern die Menschen nichts dagegen tun, am Ende dazu führen, dass es nur noch 2 oder 3 riesige Konglomerate geben wird, die die öffentliche Meinung nach ihrem Beliebien bestimmen. Schon jetzt beherrschen nur wenige Dutzend Konzerne den Medienmarkt.

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Deutsche Universitäten beginnen, sich gegen den Einfluss von Bertelsmann zu wehren

uni-siDas ist doch mal eine erfreuliche Meldung – der Fachbereich Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften der Uni Siegen gab vor einigen Tagen bekannt, sich nicht mehr am CHE-Hochschul-Ranking zu beteiligen. Damit setzt sich der Trend fort, dass immer mehr Universitäten, u.a. auch in der Schweiz und in Österreich, an diesem federführend von der Bertelsmann Stiftung getragenen Ranking, nicht mehr teilnehmen. Bemerkenswert ist dabei die Stellungnahme des Fachbereichs, in der explizit auch auf Bertelsmann eingegangen wird (Hervorhebung von mir):

Am 1. Juli 2009 hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs 3 (Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften) der Universität Siegen beschlossen, sich mit seinen Fächern künftig nicht mehr am Ranking des von der Firma Bertelsmann gegründeten CHE (Centrum für Hochschulentwicklung gGmbH) zu beteiligen.

Die Gründe für diese Entscheidung sind:

  • Die Leistungen eines Faches in Forschung und Lehre lassen sich nicht à la Aktienkurse oder Bundesligatabellen darstellen. Das Profil und damit die Qualität einzelner Fächer differenziert sich nämlich horizontal statt vertikal: mit den in Forschung und Lehre jeweils gewählten inhaltlichen Akzenten. Die besondere Attraktivität der Siegener Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften liegt genau darin.
  • Die geforderten Daten durch Fächer, Fachbereich und Verwaltung – für das CHE kostenlos – bereitzustellen, bedeutet einen erheblichen Aufwand. Das bindet Ressourcen, die anderweitig, nämlich für die tatsächliche Verbesserung von Forschung und Lehre dringend benötigt werden.
  • Da es viele Zweifel an den Methoden und Kriterien des CHE-Ranking und an der willkürlichen Auswahl von Vergleichsparametern gibt, macht es wenig Sinn, hier weiter zu investieren.
  • Ständiges Messen, Testen, Ranken im Bildungswesen führt dazu, dass ›gute Messergebnisse‹ als Handlungsziel von Bildungsinstitutionen überbewertet werden. Das ist alles andere als funktional. Es gibt aber dem rankenden Privatunternehmen die Möglichkeit, das öffentliche Bildungswesen faktisch zu steuern und es demokratischer Kontrolle zu entziehen.
  • Das Ranking erzeugt, was es zu messen vorgibt: Ungleichheit zwischen den Hochschulen. Das Ranking fördert die Entkopplung von Forschung und Lehre und trägt damit zur Demontage der traditionellen Stärken des deutschen Hochschulsystems bei.

Aus diesen und weiteren Gründen haben sich nicht nur Österreich und die Schweiz bereits im letzten Jahr aus dem CHE-Ranking verabschiedet. Auch in den USA, dem Ursprungsland des Ranking von Bildungsinstitutionen, verweigern sich gerade gute Hochschulen dem Ranking durch finanziell interessierte Akteure und wirtschaftsnahe Organisationen. Auch in Deutschland nimmt die Bereitschaft zur Teilnahme am CHE-Ranking ab, zuletzt hat sich die mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Kiel daraus verabschiedet (vgl. Forschung und Lehre 7/2009). An der Universität Siegen haben die Fachbereiche 2 und 8 entsprechend entschieden.

Dass wir den Vergleich mit anderen Hochschulen nicht scheuen, versteht sich. Wir entscheiden uns in keiner Weise gegen den Wettbewerb, vielmehr gegen den wachsenden Einfluss der Firma Bertelsmann und anderer Wirtschaftsverbände auf die Bewertung von Forschung und Lehre.

Wie gut wir sind, davon kann sich jede(r) ein eigenes Bild machen: in unseren Lehrveranstaltungen, auf unserer Homepage, auf den Homepages unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an unseren Forschungsergebnissen, in unseren Publikationen.

Bravo, kann man da nur sagen! Hoffentlich folgen noch viele andere Hochschulen diesem Beispiel.

bild-7„Bertelsmann, was soll an denen denn so schlimm sein, sind das nicht die netten Onkel mit dem Buchclub?“, fragt sich nun vielleicht der eine oder andere, der mit der Matiere bisher noch nicht so vertraut ist. Nun, dazu empfehle ich neben meinen älteren Beiträgen „Das Bertelsmann-Imperium“ und „Bertelsmann und die Bertelsmann-Stifung – die schleichende Untergrabung der Demokratie“ auch diese aktuelle Sendung der Initiative Freie-Radios.net: „Medienmacht & Arbeitsweise der Bertelsmann-Stiftung“ (mp3) [via]

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Bertelsmann und die Bertelsmann-Stiftung – die schleichende Untergrabung der Demokratie

krakeDie Auflistung all der Sender, Zeitschriften und sonstigen Firmen, die sich im Laufe der Jahrzehnte unter dem Dach des Gütersloher Medienmolochs Bertelsmann versammelt haben, ist ja eigentlich schon erschreckend genug – doch ich möchte in meinem heutigen Artikel verdeutlichen, wieso diese Marktmacht auf dem Mediensektor nicht nur zu einer Verzerrung der Meinungsbildung führt (das kann man, wie gesagt, allein schon aus der Vielzahl der Beteiligungen schließen), sondern Bertelsmann sich zudem mit der Bertelsmann-Stiftung aktiv um Stimmungsmache und Beeinflussung politischer und sonstiger gesellschaftlicher Kreise bemüht. Hier ist eine Art „Gegenmacht“ entstanden, eine in viele Lebensbereiche herein reichende Krake, die jeden freiheitlich-demokratisch gesinnten, auf Pluralität bedachten Menschen erschaudern lassen müsste.

Tatsächlich wird diese Entwicklung durchaus auch von immer mehr Menschen als Bedrohung empfunden – so findet dieses Wochenende die 4. Bertelsmann-kritische Tagung in Gütersloh statt „Zur Kritik der Staatsmodernisierung durch das Wirken von Bertelsmann in der neoliberalen Ära.” Auf der Website zu dieser Tagung, die an der sich auch Attac und verdi beteiligen, finden sich eine ganze Reihe interessanter Artikel und Texte, die das weltweite Tun des Konzerns genauer unter die Lupe nehmen, beispielsweise auch in Lateinamerika. Es wird auch auf das Informationsportal Bertelsmannkritik.de verwiesen, das eine sehr umfangreiche, fast schon erschlagend detaillierte Wissensdatenbank zu allen Bereichen, in denen sich dieses Unternehmen betätigt, zur Verfügung stellt – die gesammelte Infos gibt es auch als kompakte 106seitige pdf-Broschüre zum Download.

Wir wollen die Berechtigung der Bertelsmann-Stiftung und ihren Status der Gemeinnützigkeit in Frage stellen. Mit diesen Informationen wollen wir dazu beitragen, das eigene Unbehagen auf der Arbeit, in der Schule oder im Krankenhaus ernst zu nehmen. Sich die Widersprüche des Alltags klar zu machen ist notwendig, um aktiv werden und organisiert eingreifen zu können.

„Die Bertelsmann-Stiftung ist eine der mächtigsten Denkfabriken im Lande und als solche Leitakteur für ähnlich operierende Berater und Stiftungen. Sie greift aktiv in die Politik auf allen Ebenen von Regierungspolitik bis zur Kommune und zu Netzwerken von Einzeleinrichtungen ein. Dabei versucht sie, wesentliche Bereiche der Gesellschaft betriebswirtschaftlichen Modellen und Motivationstechniken zu unterwerfen. Die soziale Umverteilung von unten nach oben wie Hartz IV, die Gesundheitsreform, die Einführung von Studiengebühren und Studienkonten, Abwälzung gesellschaftlicher Kosten auf die Einzelnen, Unterstützung von undemokratischen kostenträchtigen Privatisierungsvorgängen sind von der Bertelsmann-Stiftung mitentwickelt worden. Ebenso greift das Bertelsmann-Institut Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) mit Vorschlägen zur verstärkten Militarisierung und geostrategischen Ausrichtung der deutschen und europäischen Außenpolitik in die internationale Politik ein.“

518690_magazines_2Wenn man sich ein wenig im Internet umschaut, findet man vor allem abseits der Mainstreammedien (die, wie oben schon erwähnt, zu einem nicht geringen Teil ja direkt oder indirekt von Bertelsmann beeinflusst werden) jede Menge Bedenken und kritischer Kommentare zum Wirken Bertelsmanns und seiner Stiftung in unserer Gesellschaft. Ein paar möchte ich beispielhaft herausgreifen.

Hans-Dieter Hey führt in seinem Artikel „CDU will zurück ins 18. Jahrhundert“ in der Neuen Rheinischen Zeitung einige wichtige Eckpunkte des Bertelsmannschen Treibens auf:

Am 17. Oktober 2007 kam aus Gütersloh frohe Botschaft für Arbeitgeber. Die dort ansässige „Bertelsmann-Stiftung“ teilte stolz mit, dass ein von ihr selbst in Auftrag gegebener Entwurf für ein neues Arbeitsgesetzbuch von der Politik dankbar aufgegriffen wurde. „Was im Sozialrecht möglich ist, sollte im Arbeitsrecht auch möglich sein“, wurde verkündet. Die Bertelsmann-Stiftung hatte zuvor schon maßgeblich an der „Reform der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ mitgewirkt – bekannt als Hartz IV.

(…) Bertelsmann ist nicht der nette Bücheronkel von nebenan. Die Bertelsmann-Stiftung ist ein knallharter neoliberaler Think Tank mit hohem Einfluss in der Politik. Seine Bedeutung wird offenbar immer noch unterschätzt. Der Diplom-Soziologe Steffen Roski, Mitglied im Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler(BdWi) und  bei Attac: “Die ‘Nebenregierung in Gütersloh’ wirtschaftet de facto mit öffentlichem Geld, weil der Bertelsmann-Eigentümer Mohn durch die Übertragung von drei Vierteln des Aktienkapitals auf die Stiftung gut zwei Milliarden Euro Erbschafts- oder Schenkungssteuer gespart habe und die jährliche Dividenden-Zahlung an die Stiftung steuerfrei sei. Insofern gebe sie mit ihrem Jahresetat von rund 60 Millionen Euro nicht mal annähernd soviel aus, wie sie den Fiskus koste. Der Soziologe und internationale Stiftungsforscher Frank Adloff nennt es einen unhaltbaren Zustand, dass sich die Stiftung vor keinem Parlament oder Rechnungshof für den Einsatz dieser Gelder rechtfertigen müsse.“

sender-1117294_parabolicAuf Indymedia wird die Mitverantwortung der Bertelsmann-Stiftung mit der seit einigen Jahren ablaufenden Entwicklung an deutschen Hochschulen (Studiengebühren, mehr auf direkte Verwertbarkeit der Studieninhalte für die Wirtschaft ausgelegte Studiengänge etc.) ausführlich dargelegt: „Bertelsmann und Studiengebühren: Es reicht!“:

Das von der Bertelsmann Stiftung und der HRK gegründete CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) fordert erneut allgemeine Studiengebühren. Und sie sind nicht nur im Bildungsbereich aktiv. Es reicht! Warum Kaufen wir eigentlich noch Artikel der Bertelsmann Gruppe?

In eine Pressemitteilung von 31.10.2003 fordert das CHE erneut allgemeine Studiengebühren. Überraschen kann das eigentlich niemand: In Deutschland kommt dem Mitte der 90-er Jahre von der Hochschulrektorenkonferenz und der Bertelsmann Stiftung gegründeten Centrum für Hochschulentwicklung, das CHE, bei der neo-liberalen Umstrukturierung eine Schlüsselrolle zu. Das CHE, mit Sitz in Gütersloh, der Ort, wo sowohl die Bertelsmann Stiftung als auch der Mutterkonzern Bertelsmann ihren Hauptsitz haben, ist mittlerweile als relativ unabhängige (sie sind nur das Kapital vom Mutterkonzern Bertelsmann verpflichtet) und damit auch parlamentarische unkontrollierte Kraft, überall gut vertreten. Schon während der 23. Wahlperiode des deutschen Bundestages (1994-1998) hatte der Leiter vom CHE, Professor Detlef Müller-Böling, enge Beziehungen zum damaligen Wissenschaftsminister Jürgen Rüttgers (CDU). Rüttgers berief Müller-Böling an den runden Tisch, an dem das neue Hochschulrahmengesetz entwickelt wurde. Auch gab es Kontakte zu dem ehemaligen Bundespräsident Roman Herzog (auch CDU), unter dessen Schirmherrschaft der Initiativkreis Bildung tätig wurde. Dieser Impulsgeber des CHE sollte Vorschläge zur Erneuerung des Bildungswesens entwickeln. Auch auf Länderebene ist das CHE aktiv, so leiten sie in Niedersachsen den Wissenschaftlichen Beirat. Mit viel Geduld arbeitet das CHE an die Gewichtsverlagerung von staatlich-normativ-rechtlichen Steuerungsmedien zugunsten pekuniärer, entparlamentarisierter und kontraktualer Steuerungsmedien hin.

Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten referierte letzten Oktober an der Fernuniversität Hagen „Drahtzieher hinter den Kulissen – der Einfluss des Bertelsmann-Konzerns auf die Hochschulen” und geht dort mit der euphemistisch „Hochschulreform“ genannten Umbildung der Studiengänge hart ins Gericht. Wie schon beschrieben, hat die Bertelsmann-Stiftung bei dieser Entwicklung seine Hand sehr wesentlich mit im Spiel.

An die Stelle der Reflexion des Stoffes und der selbständigen systematischen Erarbeitung und Anwendung wissenschaftlicher Methoden auf neue Fragestellungen ist der „workload“ getreten, also der Arbeitsaufwand für das Lernen gemessen in Zeiteinheiten zum Erwerb von „Kreditpunkten“. Die „hohen Schulen“ wurden zu Ausbildungs-Fabriken.

Die Masse der Studierenden wird künftig durch ein Kurzstudium geschleust, der Übergang zu einem „wissenschaftlichen“ Master-Abschluss steht nur noch einem kleinen Teil der Studierenden offen. Der Bologna-Prozess wird als Selektionsinstrument eingesetzt und entpuppte sich als Sparprogramm zu Lasten der Studierenden.

(…) An die Stelle einer der Gesellschaft und der Allgemeinheit verpflichteten demokratisch verantworteten Forschung und Lehre ist die „unternehmerische“ Hochschule getreten, die durch die Gesetze des Wettbewerbs auf dem Wissenschafts- und Ausbildungsmarkt gesteuert werden soll. Steuerzahler und Parlamente werden zu Zahlmeistern degradiert, die die Hochschulen zwar noch weit überwiegend „bezuschussen“ dürfen, aber alle wesentlichen Entscheidungen treffen Hochschulräte, die als eine Art Aufsichtsrat die „Fachaufsicht“ über die Hochschulen führen.

„Manager erobern die Kontrolle an den Unis“ schreibt unverblümt das Handelsblatt vom 12. Oktober 2007, denn die externen Mitglieder der Hochschulräte kommen weit überrepräsentiert aus Unternehmen und Unternehmensverbänden.

Auf Duckhome berichtet Jochen Hoff in „Die Krake MohnBertelsmann fasst fester zu“ über die weitere Ausbreitung des Konzerns über seine 100%-Beteiligung an Arvato u.a. auch auf webmiles, das Payback-System (geplant) und den Adressenvertrieb AZ Direct, mit den entsprechenden Implikationen für die Informationsfülle, die sich fortan in Gütersloh ansammelt.

Eine Vielzahl von kritischen Quellen und Berichte (u.a. von Heise/Telepolis), anhand derer man sich noch weiter zur Bertelsmann-Problematik informieren kann, hat auch Grilleaus Blog zusammengetragen – wem das hier also alles noch nicht reichen sollte, kann sich von weiteren Artikeln erschüttern lassen.

Ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, sich möglichst den Produkten aus dem Hause Bertelsmann zu enthalten (siehe die Liste zu Beginn) und insbesondere dem, was in dessen Medien in die Landschaft geblasen wird, nicht unbedingt zu trauen (RTL sendet beispielsweise eh nur Murks ohne Inhalt – das ist BILD mit Ton…).

Nachtrag vom 27.1.2009: Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten hat auf der Bertelsmann-kritischen Tagung wiederum einen, wie ich finde, sehr spannenden Vortrag gehalten – „Das Centrum für Hochschulentwicklung und die Hocchschulreformen“:

Mohn und mit ihm die Bertelsmann Stiftung vertreten eine Art deutschen Sonderweg in die wirtschaftsliberal globalisierte Welt, der auf eine korporatistische Unternehmenskultur setzt,

  • der den Sozialstaat als überdehnt oder gar überholt betrachtet
  • und der eine über den Wettbewerb hergestellte Effizienz als Steuerungsinstrument an die Stelle von Mitbestimmung und demokratischer Gestaltung setzen will

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Das Bertelsmann-Imperium

Dass die Marktmachtkonzentration auch auf dem Mediensektor hierzulande weit vorangeschritten ist, dürfte bekannt sein. Dennoch ist es mehr als erschreckend, wenn man sich beispielsweise ansieht, wie viele und welche Sender, Zeitschriften und Rundfunkstationen sich mittlerweile weltweit unter dem Dach der Bertelsmann-Gruppe versammelt haben (Quelle: Who owns what) (und hier kann man lesen, dass Bertelsmann diese Macht längst an den Hochschulen ausspielt; weitere kritische Bertelsmann-Infos findet man z.B. auch HIER sowie im Buch „Netzwerk der Macht. Bertelsmann, der medial-politische Komplex aus Gütersloh”):

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Radio Brocken (Germany)
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Fun TV (France)
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Legacy
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Provident
RCA
Windam Hill
Zomba
Sonstiges
Arvato – über die Arvato AG ist Bertelsmann/Mohn auch noch an diesen Firmen beteiligt (via):
– Abacus Deutschland
Die Versandhandelsallianz bietet einen Adresspool mit B-to-C-Adressen. Mehr als 200 Versandhändler in Deutschland und kooperieren weltweit mit Datenallianzen in Großbritannien, Frankreich, USA und Kanada. Das Geschäftsmodell ist jedoch durch Änderungen im Datenschutz bedroht.- Adress Research (Lösungen zur Anschriftenermittlung)
– arvato direct services (Direkt-Marketing-Dienstleister)
– arvato infoscore (B2C Auskunftei)
– arvato logistics services (Distribution)
– arvato mobile (ehemals handy.de)
– arvato systems (IT Dienstleistungen)
– arvato teleservice (After Sales Dienstleister im Mobilfunk)
– AS healthcare (Distribution von Arzneimitteln)
– CrossMarketing arvato services GmbH (Crossmedia-Kampagnen)
– Deutsche Post Adress GmbH (Umzugsdatenbank)
– Deutscher Supplement Verlag GmbH (Programmmagazine)
– empolis (Content und Knowledge Management-Lösungen)
– eValuate (Lösungen für Mitarbeiter- und Kundenbefragungen)
– GGP Media (Hersteller von Schwarz/weiß-Büchern)
– InmediaONE] (Direktvertrieb)
– medienfabrik (Agentur für integrierte Kommunikation)
– Mohn Media Kalender & Promotion Service (Kalender)
– Mohn Media · Mohndruck (Printdienstleistungen)
– PRINOVIS Ltd. & Co. KG (siehe separates Profil)
– Sonopress (Produktion)
– Topac Multimedia Print (Print- und Verpackungsprodukte)
– VAW-arvato (Technische Dokumentation)
– Vereinigte Verlagsauslieferung (Verlagsauslieferung)
– webmiles GmbH (Bonussystem)

Uff!

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