Schlagwort: Finanzkrise Seite 5 von 6

Gastkommentar: „Die Zeit der Experten ist vorbei”

Dieser längere Artikel von Volker Viehoff erschien dieser Woche im wirsinddasgeld-Blog, und da ich ihn für sehr gelungen und auch erhellend für die derzeitige Verwirrung in Wirtschaft und Politik halte (und für eine gute Ergänzung zu meinen eigenen Überlegungen neulich), möchte ich ihn hier (mit freundlicher Erlaubnis) auch noch einmal in Gänze bringen.

**********************************

Die Zeit der Experten ist vorbei

Es sei „erschreckend“ gewesen, sagte Frau Maischberger, dass die Experten in Ihren Talkrunden ihr nichts wirklich  Erklärendes zu den Geschehnissen diese „Weltfinanzherbstes“ hätten mitteilen können.

Eine aufschlussreiche Mitteilung.

Es waren Experten, die dieses System kreiert haben. Und sie haben jeder ihren Teil dazu beigetragen, ohne ein Ganzes oder die Wirkungszusammenhänge des Ganzen noch zu überschauen. Die Laiendarsteller in diesem Drama hatten sich derweil in die trügerische und bequeme Sicherheit gewiegt, dass die Sache so kompliziert sei, das sie sowieso nur von Experten zu verstehen wäre.

Bezeichnend ist die vielgehörte Aussage von „Geldanlegern“, die im nachherein bekannten, gar nicht verstanden zu haben, in was sie denn da überhaupt ihr Geld angelegt hätten.

Wie kann so etwas passieren? Und wie kann dies offensichtlich weltweit geschehen? Welche Haltung kommt da langsam zutage und was ist das für einen seltsame  „Täter – Opfergemeinschaft“? Finanzkonstrukteure, die nicht mehr wissen, wie sich das auswirkt, was sie erschaffen, Anleger, die nicht mehr wissen, was sie kaufen und Vermittler, die nicht mehr wissen, was sie da durchgehandelt haben?

Dies scheint allen drei Akteuren (man müsste fast sagen: „Passeure“) gemein zu sein: Das Nichtwissen, vielleicht auch das Nichtwissenwollen dessen, was sie tun. Stattdessen sich leiten, besser: antreiben zu lassen von etwas, was man wohl so beschreiben könnte: Gewinnstreben ohne wirklichen Einsatz.
Was geht hier vor? Auf welchen Haltungen beruhen solche Handlungen?

Es wird bald offensichtlich, was sich hier zeigt: Ein eklatante Vermeidung, ein systematisches Aus-dem-Weg-Gehen dessen, was für wahrhaft menschliches Existieren doch unvermeidlich ist: Verantwortung zu übernehmen für die eigenen Handlungen oder Unterlassungen.

Die ganze Geschichte der Neuzeit als Vorläuferin der Moderne und dessen, worin wir uns gerade befinden, scheint sich in der Konsequenz unserer Tage unter einer Leitmaxime zusammen fassen zu lassen. Diese lautet in etwa: „Handle stets so, dass sich ein ( vermeintlicher ) Vorteil aus Deiner Handlung für Dich ergibt und vermiede alles, was Dich an die möglichen oder erahnten tatsächlichen Folgen Deines Handelns oder Unterlassens erinnern könnte.“ Ein kantiger Imperativ – mit verheerenden Auswirkungen.

Folgen einzelne Individuen dieser Spur ist das für sie selber in. der Regel bedauerlich; sind diese  „Neurotiker des Geistes“ dann in herrschender Stellung ist es für die davon  Betroffenen fatal. Handelt hiernach ein ganzes Zeitalter, ereignet sich, was gerade geschieht: Eine Katastrophe. Global.
Wie kommt so etwas zustande? Wie hat es sich entwickeln können, dass so eine „seelische Fehlhaltung“ zum öffentlich-unrechtlichen Allgemeingut wurde?

Es würde zu kurz greifen, zöge man nur die Geschichte des deutschen Scheiterns der Zwangskollektivierung 1933- 1989 hier zurate. Es stimmt zwar, dass die dort verordnete absolute Priorität des „Gemeinwohls“ – so wie es die Machthaber es verstanden wissen wollten – zu einer heftigen Reaktion nach Abschaffung der Tyrannei geführt haben. Die 5 Reichsmark Scheidemünze des 3ten Reiches zierte nicht nur Hakenkreuz und Hindenburgkopf, sondern am Rande stand der Satz zu lesen: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“.

Das derzeitige Geldgebaren ist wohl eher so zu umschreiben: Aus maximalem Eigennutz entsteht Gemeinwohl irgendwie von alleine. Was es dazu braucht, um so einer „Logik“ folgen zu können ist eine unheilvolle Vermengung von wissenschaftlicher Theorien, geschichtlichem Vergessen, diskursbestimmender  Pressebeherrschung, indoktrinierender Lobbyarbeit, und vor allem jede Menge individueller Bereitschaft  sein Leben mit einem Höchstmaß an  Unbewusstheit „zu führen“. Man müsste eher sagen: Führen zu lassen. Vom Sich-Führen-lassen dieser Art ist es nicht weit bis zum Verführt werden.

Die Frage ist: Wer verführt hier wen?

Dazu müssen wir näher an das Epizentrum dieses „Bewusstseinsbebens“ heran kommen. Vielleicht müssen wir uns  von einer  Vorstellung verabschieden, ohne die modernes Menschenbewusstsein scheinbar gar nicht auszukommen vermag: Es gibt Schuldige, das sind die anderen und hinter fast allem steckt eine verborgene Absicht von Unterdrückung und Beherrschung.

Die Sache liegt wohl tiefer, als wir bislang bereit waren anzuerkennen. Und das wohl aus – nicht gutem, aber – nachvollziehbarem Grunde.

Die Neuzeit hat dem Menschen glauben machen wollen, er könne sein Existenz selbstbestimmt, selbstherrlich und von daher willkürlich führen. Dazu müsse er „den Mut haben sich seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Was anfangs nicht verraten wurde: Dafür braucht einige Generationen später der Einzelne Experten, die ihm erklären müssen, wie die Systeme, die sein Verstand sich ausgedacht hat und von dessen funktionieren er mittlerweile fast total abhängig geworden ist, denn überhaupt noch funktionieren.
Der derzeitige Medienstar der Genforscherszene beispielweise, Craig Vester, hat angemerkt dass „ die Bevölkerung  es sich deshalb auch nicht mehr leisten (kann), die Wissenschaften nicht zu verstehen: Wenn du kein wissenschaftliches Verständnis hast, während unsere Zukunft gleichzeitig komplett auf wissenschaftlichen Erfolgen aufbaut, dann überlässt du anderen die Gestaltung deiner eigenen individuellen Zukunft. Das sind beängstigende Aussichten.“

Wenn das schon ein „ausgewiesener Experte“ von sich gibt – was heißt das aber für die Verlässlichkeit von Expertentum überhaupt? Galten Experten zwar lange schon als ein wenig seltsam, mitunter  auch als krude Fachidioten, so hat man ihnen dennoch nicht abgesprochen „etwas zu verstehen“, was letztlich von Belang oder sogar von existentieller Bedeutung ist. Was sich aber jetzt zeigt ist, dass die Experten von dem, was wir meinten, dass sie es verstünden ( und beherrschen!) selber keine Ahnung mehr zu haben scheinen.

Das ist allerdings eine beängstigende Vorstellung, mehr – eine erschütternde Tatsache. Die „Finanzkrise“ ist nur Symptom. Sie steht, als wirksam gewordener Ausdruck für unsrem Umgang mit dem „Lebensmittel Geld“ stellvertretend für eine tiefwurzelnde Fehlhaltung, eine grundlegendes Missverstehen unsrer Existenz als Mensch.

Da tut sich der wahre Abgrund auf.

Wenn davon gesprochen wird, dass  weltweit „das Vertrauen“ der Marktteilnehmer ineinander  verloren gegangen sei, ist das doch also nicht nur ein Manko, ein Problem, dass es schnell zu lösen gelte. Es ist – fast möchte man sagen – eine erste Reaktion der Reste des gesunden Menschenverstandes. Eine Art „Vollbremsung“ vor dem Abgrund, in den die massenweise Abgabe der Verantwortung für die eigenen Handlungen an die Kaste der Experten, die mit „hohepriesterlichem“ Nimbus die Prozession der Wissenschaftsgläubigen zielsicher an den Rand desselben geführt haben. Offensichtich ohne wirklich zu wissen, was sie da tun! Und ohne „Unrechtsbewusstsein“. „Wer plant, wer forscht, wer treibt voran und wer will? Das wissen nicht einmal die Forscher. Frag einen Forscher und die Dürftigkeit einer Antwort wird an die eines Feldmarschalls grenzen, der Millionen Tode befiehlt und niemals über den Tod nachdachte“. So urteile der 1975 verstorbene Philologe und Byzantinist Erhart Kästner über die Unsäglichkeit des modernen Wissenschaftsbetriebes. Dieser Spezies verdanken wir die verantwortungslosen Weltwirtschaftsmodelle, die dann diese „Subspezies“ der Finanzexperten erst hervorbrachte, denen heute vor Ratlosigkeit bei Maischberger auf dem Sofa nichts Vernünftiges mehr einfällt. Es wird Zeit aus dem Tiefschlaf der Aufklärung aufzuwachen. Halten wir den Film an. Schluss mit „Eyes wide shut….“!

Der Mensch wird nur Mensch in der Entscheidung. Er kommt nicht umhin alle seine Handlungen und Unterlassungen als Frucht immer wieder zu treffender, zu erringender Entscheidungen zu begreifen. Entscheidungen sind, wie das Wort sagt, die Beendigung einer Scheidung. Etwas Geschiedenes wird Entschieden. Dadurch entsteht ein Weg, der Richtung gibt und zu dem man stehen kann, wodurch allein Verantwortung entsteht. Warum wird den Managern, bei aller Übertreibung, denn zurecht verantwortungsloses Handeln vorgeworfen? Ein Vorwurf, der seltsam verhallt? Weil diese, stellvertretend für alle „Marktteilnehmer“, vom Kleinanleger bis zum Politiker im Verwaltungsrat der Landesbank, ihre eigenen Handlungen letztlich nicht als eigene Handlungen erleben!

Ein unheimliches Phänomen wird hier sichtbar. Angedeutet und vorbereitet hat sich diese verhängnisreiche Entwicklung schon lange.

Es ist  bei der Suche nach hilfreichen Gegenwartsanalysen m.E. immer von größtem Aufschluss (und auch bestürzender Bewahrheitung), in den Archiven einige Jahrzehnte zurück zu blättern. Was dort mitunter über die damals anbrechende Zukunft ausgesagt wurde, ist heute oftmals zu deutende Gegenwart.

So auch die Aussagen, die der Theologe Romano Guardini um 1950 in seinem Werk „ Die Macht“ über das Wesen der anbrechenden Zeit systematisch organisierter Verantwortungslosigkeit auszusagen hatte.
„Es gibt keine nicht-verantwortete Macht.(..) Deren Wirkung ist immer Tat – oder wenigstens Zulassung – und steht als solche in der Verantwortung einer menschlichen Instanz, einer Person. Das ist auch dann so, wenn der Mensch, der sie ausübt, diese Verantwortung nicht will. (..) Sobald auf die Frage: wer hat das getan? weder ein „Ich“ noch ein“ Wir“; weder eine Person noch eine Personengemeinschaft mehr antwortet, scheint Machtausübung zur Naturwirkung zu werden.“

Er führt weiter aus, dass Macht immer dann zur Gefahr werde, wenn hinter ihr überhaupt kein ansprechbarer Wille mehr stehe, sondern nur einen anonyme Organisation, in welcher „ jeder durch benachbarte Instanzen geleitet, überwacht und dadurch – scheinbar- der Verantwortung enthoben“ sei.

Diese dann nicht mehr vom Bewusstsein einer Person getragene Handlung lasse dann  im Handelnden einen eigentümlichen leeren Raum entstehen. Da er sich nur als ein „Element in einem Zusammenhang“ erlebe, scheine er selber als „Subjekt der Handlung“ auszufallen.

Was aber als Folge dann geschieht, weist  in aller Dramatik auf die eigentliche Dimension dieses Missverstehens menschlichen Existierens hin. Es zeigt unweigerlich das, wovor das moderne Bewusstsein immer noch beharrlich die Augen verschließt, obwohl seine Wirkungen sich allenthalben explosionsartig ausbreiten: Diese Leere, die dort entstehe, wo die Person übersehen, verleugnet und vergewaltigt werde, bleibe nun nicht.  Was sich in diese hineinzwänge, ergieße, sei nichts anderes als das Böse – als Theologe wird er deutlicher: Der Böse.

Es gehört zu den fürchterlichsten Folgen neuzeitlicher Irrtümer über die Wirklichkeit, dass sie, wie Kästner es formulierte, das Böse nicht kenne. „Soviel Hilfe hatte es nie.“

Wer einigermaßen seine eigenen Seelenabgründe erkundet hat, weiß wovon hier die Rede ist. Und er sieht schmerzerfüllt, dass, solange hier nicht mutiger gedacht, gesprochen und beschrieben wird, alle wirtschaftlichen „Rettungsmaßnahmen“ oberflächlicher Art so viel Nutzen wie Löcher ins Wasser zu graben. Es wird die letzten Kräfte  sinnlos verbrauchen.

Sie hätten in einen „bodenlosen Abgrund“ geschaut, bekannte ein Wall Street Banker in den frühen Oktobertagen. Peer Steinbrück und Angela Merkel seien „erbleicht“, als Ihnen geschildert, welches unbeherrschbare Chaos unmittelbar bevorstehe, wenn die HRE Bank nicht gerettet werde. Hier waren wir nahe dran am wirklichen Geschehen. Was noch fehlte? Der Mut wirklich zu sehen, was man sieht.

Nun versuchen alle wieder die Experten ihren „Job“ machen zu lassen, nachdem sich die Lust an Managerschelte erschöpft hat. Wir versuchen noch einmal den Bannzauber der Wissenschaft über das Desaster zu werfen, um ohne radikaler Infragestellung unserer inneren Daseinshaltung doch noch irgendwie durchzukommen.

Das wird nicht gut gehen.

Und am Ende wird uns dabei kein Experte mehr zu Seite stehen. Die notwendende Hilfe kommt auch nicht „von oben“. Sie wartet innen. In jedem Einzelnen. Und hier ist jeder Experte – wenn er sich nur traut.

Verwandte Beiträge:

Gedanken zur Wirtschafts-/Finanz-/Systemkrise

Gestern entdeckte ich den Blog eXtraWagandt, in dem Autor Alexander Wagandt Betrachtungen zum Weltgeschehen in Politik & Wirtschaft (u.a. geht’s auch ums Geldsystem) veröffentlicht und dabei auch vor allem die Sichtweisen jenseits des Medienmainstreams beleuchten will. Interessant ist dabei vor allem sein ca. 1-stündiger Podcast, den er in Abständen von einigen Tagen herausbringt. So geht es in seinem neuesten Beitrag um die uns nach wie vor umgebende Wirtschaftskrise, die trotz (oder wegen?) all des derzeit an den Tag gelegten Aktionismus unserer Politiker keinesfalls eingedämmt oder unter Kontrolle ist: „Der Dollarverfall geht in die zweite Runde – die Krise gewinnt an Dynamik”. Wagandt prophezeit u.a. auch eine Hyperinflation als Folge der steigenden Verschuldungen durch die ganzen „Rettungspakete”. Hört mal rein, es lohnt sich, wie ich finde.

Der heutige Podcast hat wahrlich symbolisches in Sachen Geldmenge und Dollarwert zu berichten. So beabsichtigt die USA die “Mutter aller Bailouts” im Volumen von 7,4 Billionen (engl. Trillions) in Bewegung zu setzen. Fragt sich nur wo das Geld herkommen soll.

Verwandte Beiträge:

Filz & Subventionen & Atomkraft

Drei aktuelle Aufreger zum Abend habe ich noch – in den Tagesthemen gab es gestern Nacht einen kleinen Bericht über „Verbindungen zwischen Politik und Banken – Filz in der Finanzwelt”, in dem u.a. auch Tony Blair und Ottmar Issing „verarztet” werden.

Die Verflechtungen zwischen Politik und Banken sind eng. US-Finanzminister Paulson war einst Chef der Investmentbank Goldman Sachs. Spitzenpolitiker nehmen umgekehrt Vorstandsposten bei Finanzkonzernen an. Die Rufe nach zeitlichen Sperren für solche Wechsel werden lauter.

Den kurzen Filmbeitrag könnt Ihr Euch HIER anschauen.

Eine nicht minder skandalöse Geschichte kommt derzeit aus den USA: tatsächlich soll der Großkonzern General Electric nun auch Milliardenbürgschaften vom Staat erhalten, weil das Unternehmen auch die Finanzsparte GE Capital beherbergt. Absolut unfassbar – so werden marode Firmen (wie hierzulande die Autoindustrie) vom Staat mal eben en passant vor dem Absturz gerettet, und dabei wird doch immer behauptet, dass wir in einer „freien Marktwirtschaft” leben… Natürlich ist diese Staatshilfe so etwas wie eine verkappte Subvention für General Electric, die nun für die kommenden Wirtschaftsstürme besser gerüstet erscheinen als die nichtamerikanische Konkurrenz. Protektionismus statt freiem Handel, dieses Prinzip gilt sowieso in den Industrieländern, solange es um die eigenen Unternehmen geht. Vom Rest der Welt wird natürlich der komplette Abbau aller Handelshemmnisse und Subventionen gefordert.

Mehr dazu bei MMNews: „Hilfsaktion für General Electric”. In den Kommentaren findet sich auch der gute Hinweis, dass doch einfach jedes Unternehmen in eine Bank umgewandelt werden solle, weil dann niemand mehr Pleite gehen könne – der Staat (= wir alle) springt ja im Notfall ein.

Und auch das noch – die EU erwägt, die generellen Laufzeiten für AKW auf 60 Jahre zu verlängern! Dass versucht wird, so etwas schnell in trockene Tücher zu bringen, während die Menschen durch Wirtschafts- & Finanzkrise abgelenkt sind und mit anderen Probleme zu kämpfen haben, ist sicherlich reiner Zufall…

Im Entwurf ihrer Energiestrategie, der der “Financial Times Deutschland” (FTD) vorliegt, fordert die Behörde eine allgemeine Laufzeit von 60 Jahren für Kernkraftwerke. Zum Vergleich, in Deutschland hatten die Stromkonzerne im Jahr 2000 mit der rot-grünen Regierung vereinbart, die Meiler 32 Jahre nach ihrem Bau abzuschalten.

Mit ihrem Papier provoziert die Kommission in Deutschland neuen Streit. Schwarz-rot hält laut Koalitionsvertrag am Atomausstieg bis 2021 fest. Die SPD will diese Politik fortführen, während die Unionsparteien sagen, dass sich die Klimaziele ohne Atomkraft kaum erreichen ließen. CDU und CSU wollen den Ausstiegsbeschluss deshalb in einer neuen Bundesregierung kippen, so die FTD.

Verwandte Beiträge:

Veranstaltungstipp für Kiel: „Das Casino schließen”

Für alle, die an diesem grauen Mittwoch ein wenig nach Information dürsten habe ich folgenden Veranstaltungstipp von Attac:

Das Finanz-Casino schließen! mit Detlev von Larcher ehem. Bundestagsabgeordneter und Finanzexperte der SPD, heute nicht mehr in der SPD, Mitglied im Koordinierungskreis von attac
Mittwoch 12.11. um 19.00 Uhr, Großer Gemeindesaal der Heilig-Geistkirche (Ansgar Gemeinde), Holtenauer Str./Ecke Waitz Str. (Eingang Waitz Str.)

Die derzeitige Finanzkrise ist die schwerste Krise des Kapitalismus seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Diese Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist das Ergebnis eines Systems, in dem das Geld großer Finanzspekulateure auf der Jagd nach Rendite um die Welt zirkuliert. Sie ist begründet in einer Politik, die bewusst die Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte vorangetrieben hat.
Veranstalter: attac-Kiel

Verwandte Beiträge:

„Privatisierungen als Ursache der Finanzkatastrophe”?

Vor einigen Tagen fand ich interessantes Interview mit dem Privatisierungs- und Korruptionsexperten Werner Rügemer über das sog. Cross-Border Leasing, seine gewaltigen Risiken für Städte und Kommunen und die Folgen für die Finanzbranche.

Also kann man sagen, dass die Probleme mit Cross Border Leasing nicht nur die Folge, sondern tatsächlich auch die Ursache des gegenwärtigen Finanzdebakels sind?

Werner Rügemer: Genau. Das ist das was in der medialen und politischen Öffentlichkeit noch geleugnet wird. In der Öffentlichkeit wird das Problem unter der Fragestellung untersucht, was nun auf die Städte zukommt. Die Städte werden quasi als Opfer der Finanzkrise dargestellt. In Wirklichkeit waren sie Akteure dieser Finanzkrise, weil sie solche Instrumente mit ermöglicht haben, die – genauso wie die faulen amerikanischen Hypothekenkredite – zu dieser Finanzkrise geführt haben

Teil 2: Das Rettungspaket – Blankoscheck für die Banken

D.h. diese Rettungspakete sind also die Vorstufe für die nächste Finanzkrise

Dass die Finanzkrise auch in der sog. realen Wirtschaft ankommt, erläutert bspw. Daimler-Chef Zetsche in einem n-tv-Interview, der 300.00 Jobs in Gefahr sieht aufgrund der „Kreditklemme” (d.h., weil die Banken nur noch ungern Kredite vergeben).

Die Banken verhielten sich “wie verunsicherte Sparer”: Das Geld werde bei der EZB “unters Kopfkissen gelegt”, anstatt es am Markt zu investieren.

Und Heise meldet „Kreditkrise lässt Welthandel stocken”. Der derzeitige (kurzfristige?) Börsenaufschwung ist also wohl eher irrational und gibt die wirtschaftliche Lage nicht wirklich wieder. [via]

Verwandte Beiträge:

Veranstaltungstipp: Die Geldkrise als Anlass für echtes Umdenken

Unter dem Motto „Das Geld ist tot – es lebe das Geld!” findet in Kiel am 3.11. (Montag) um 19.30 Uhr im Holsteiner (am Holsteinstadion, Westring 501) eine hoch interessante Informations- und Diskussionsveranstaltung statt.

Milliardenpakte, bald Billionenpaket (1000 Milliarden) zur Rettung eines Systems, das genau die Probleme erzeugt hat, dass einer aufgeblähten Geldmenge keine Werte gegenüberstehen und somit die Sicherheiten fehlen.

Was haben wir Bürger damit zu tun? Was sollten wir tun / wissen / fordern / verstehen? Was sollten wir gemeinsam entwickeln? Eine echte Neulandsuchveranstaltung mit dem ehemaligen Bankvorstand Volker Viehoff am 3.11.2008 um 19.30.

Flugblatt zum Runterladen

Verwandte Beiträge:

Neues aus Absurdistan – die „Finanzkrise” mal wieder

Das hier fand sich gestern im Handelsblatt: Die „US-Banken stecken Staatshilfen in Dividenden

Die vom US-Rettungspaket in der Finanzkrise unterstützten Banken schütten laut einem Zeitungsbericht rechnerisch mehr als die Hälfte der Milliardenhilfen als Dividenden an ihre Aktionäre aus. Statt in die dringend nötige Wiederbelebung der Kreditvergabe fließe das Geld so mit staatlichem Segen an die Anteilseigner.

Und dazu passt diese Nachricht: „Goldman Sachs ready to hand out £7bn salary and bonus package… after its £6bn bail-out

The struggling Wall Street bank has set aside £7billion for salaries and 2008 year-end bonuses, it emerged yesterday. Each of the firm’s 443 partners is on course to pocket an average Christmas bonus of more than £3million. The size of the pay pool comfortably dwarfs the £6.1billion lifeline which the U.S. government is throwing to Goldman as part of its £430billion bail-out.

However, profits are falling much faster. Earnings have plunged 47 per cent so far this year amid the worst financial crisis since the Great Depression. This has wiped more than 50 per cent off the company’s market value.

The news comes after it was revealed that even bankers working for collapsed Wall Street giant, Lehman Brothers, could receive huge payouts.

Im Klartext: trotz der miserablen Leistung ihrer führenden Mitarbeiter, die die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise gezogen haben, zahlt diese Bank üppigste Boni aus, und zwar mehr, als sie vom Staat als „Rettung” erhält. Zu so viel Dreistigkeit fällt einem eigentlich nichts mehr ein… aber solange die Börsenkurse aktuell wieder steigen, sind ja alle froh und munter…

Wenig erfreuliche Aussichten auch im Schweizmagazin: „Bankenkrise dauert noch drei Jahre an”. Und eine eher düstere Prognose lesen wir auch von Thomas Göhler bei MMNews „Tapferes Schneiderlein”. Auf Deutschlandradio behauptet der Wuppertaler Professor Bazon Brock „Finanzmarkt und Politik beschädigen Demokratie schwer” und geht im Interview hart mit dem derzeitigen Krisenmanagement der Politiker ins Gericht.

Der Finanzexperte Günter Hannich, Autor mehrerer Bücher, in denen er den aktuellen Crash schon vor Jahren vorhersagte, wurde gestern doch tatsächlich von n-tv interviewt und konnte dort interessante Gedanken zum Thema Zinseszins und Finanzsystem sagen:

Verwandte Beiträge:

extra 3 spielt „Bankenkrise”

Schon vom März 2008 stammt dieser Beitrag des Satiremagazins extra 3 (auf N3), der mittlerweile ja von der Realität eingeholt & überholt wurde. Wirklich sehr luschtig! (Wenn es nicht so traurig wäre.)

Verwandte Beiträge:

Attac an der Börse und ungewohnte Töne aus finanznahen Kreisen

Mitglieder des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac haben heute Mittag eine Protestaktion in der Frankfurter Börse durchgeführt (passenderweise gerade zur Liveschaltung von n-tv) und ihrer Forderung „Finanzmärkte entwaffnen! Mensch und Umwelt vor Shareholder-Value!” Nachdruck verliehen. Eine schöne Aktion, wie ich finde.

Apropos n-tv und die Wirtschaftspresse. Eigentlich sind die finanznahen Medien nicht gerade dafür bekannt, das Wirtschaftssystem und ihre Auswüchse in den vergangenen Jahren sonderlich kritisch beleuchtet zu haben (wenn man mal von einzelnen “Skandalen” absieht, über die natürlich gerne berichtet wird), aber bei meinen Wanderungen durchs Internet stieß ich dann doch auf erstaunliche Töne. So betreibt Michael Mross (früher Börsenreporter bei n-tv, heute bei CNBC) die Website MMNews, die sich folgendes auf die Fahnen geschrieben hat:

Deshalb widmet sich MMnews auch philosophischen Themen und beleuchtet insbesondere “normale” Gesellschaftsströmungen kritisch. In einer globalisierten Welt, die durch Mainstream gleichgeschaltet wird, ist es um so wichtiger, aufmerksam und kritisch das Zeitgeschehen zu durchleuchten.

Und so finden sich auf dieser Website wirklich eine Reihe sehr grundlegend kritischer Kommentare und Berichte, beispielsweise geht Ellen Brown in „Kredit-Krise: Game over” auf die prinzipiellen Probleme unseres Währungssystems ein und beschreibt das Bankensystem als Schneeballsystem, das nun zusammenzubrechen droht.

Das wirkliche Problem ist nicht die Lage auf dem vieldiskutierten »Subprime-Markt« der zweitklassigen Hypothekendarlehen, sondern die Lage auf den Kreditmärkten, die praktisch ausgetrocknet sind. Das ganze Bankensystem hat versagt. Wie die schmerzlichen Lehren aus der Großen Depression zeigen, kann man in einer solchen Situation die Ökonomie nicht einfach durch die Stützung notleidender Banken retten. Das gesamte Bankensystem muss grundlegend reformiert werden.

Nur ein paar Klicks entfernt enteckte ich dann auch noch diesen offenen Brief von n-tv-Moderator Raimund Brichta an Angela Merkel, der sich ebenfalls sehr kritisch mit der aktuellen Situation auseinandersetzt und in dem der Autor fordert, nicht nur die Symptome, sondern vor allem auch die Ursachen zu behandeln:

… dass unser Geld ausschließlich von Geschäftsbanken, Sparkassen und Notenbanken gemacht wird, indem diese Kredite vergeben. Das heißt, die gesamte umlaufende Menge an Geld hängt nur vom Volumen an existierenden Bankkrediten ab. Ohne Kredite gibt es kein Geld.

(…)  Aber damit nicht genug, liebe Frau Merkel, denn Sie wissen ja, dass man für Kredite auch Zinsen zahlen muss. Das heißt, man muss insgesamt mehr zurückzahlen, als man aufgenommen hat. Manchmal – bei besonders langlaufenden Krediten – sogar mehr als das Doppelte. Wo soll aber das zusätzliche Geld herkommen? Klar, es kann nur aus zusätzlichen Bankkrediten stammen. Es muss also laufend neues Geld in Form von Bankschulden geschaffen werden. Und für die zusätzlichen Schulden müssen wieder Zinsen gezahlt werden, die noch mehr zusätzliche Kredite erfordern. Und so weiter und so fort…

Das hat zur Folge, dass die Mengen an zusätzlichem Geld und an zusätzlichen Schulden exponentiell wachsen müssen, um das System aufrecht zu erhalten.

Deshalb schlage ich Ihnen vor, liebe Frau Merkel, Ihren langfristigen politischen Zielen für mehr Nachhaltigkeit (z.B. im Klimaschutz oder in der Energieversorgung) ein weiteres hinzuzufügen: das Ziel, ein nachhaltigeres Geldsystem zu schaffen. Vergeben Sie Forschungsaufträge und stellen Sie Expertengremien zusammen, die sich damit beschäftigen, wie unser Geld sicherer werden kann. Tun Sie bitte etwas, denn es gibt noch viel zu tun – über die aktuelle Symptombehandlung hinaus. Der Blick auf die Wurzel wurde bisher fast gar nicht geschärft, weil diejenigen, die das gegenwärtige System betreiben, auch prächtig daran verdienen.

Und abschließend noch ein paar Worte aus der FAZ – Frank Schirmacher sinniert drüber, „wie die Finanzkrise das Denken ändert” – „Die Finanzkrise fegt bisherige Glaubenssätze der Marktmetaphysik beiseite.”

Welche Gründe hat es, dass wir in einer Gesellschaft leben, die im Begriff ist, nach ihren natürlichen Lebensräumen nun auch ihre soziale Umwelt, die Lebenszeit einer ganzen Generation, sehenden Auges zu ruinieren? (…)

Nach Diamond steigt die Bereitschaft handelnder Eliten, eine Gesellschaft zu ruinieren, proportional mit ihrer Möglichkeit, sich von der Gesamtgesellschaft ökonomisch zu isolieren. Je mehr ihnen diese Isolierung gelingt, desto weniger werden sie von den Folgen für alle betroffen sein.

Verwandte Beiträge:

„Der Markt ist in Ordnung”

Gerade eben stieß ich beim Alarmschrei-Blog auf dieses an Realsatire grenzende Transkript eines Radiointerviews mit dem FDP-Haushaltsexperten Jürgen Koppelin, Motto „Der Markt ist super, nur die Marktteilnehmer haben eben Bockmist gebaut”, d.h. für die FDP existiert offenbar so etwas wie eine über den Menschen schwebende metaphysische Entität…

Moderator: Die FDP hat jahrelang immer wieder argumentiert, man solle dem Markt vertrauen und sich nicht einmischen. Jetzt haben wir gesehen, was dabei herauskommt. Ist die FDP, sind Sie jetzt schlauer?

Koppelin: Der Markt ist in Ordnung, das ist, liegt ja teilweise … überwiegend auch an den Managern. Das hat daran gelegen, das muss man ja auch offen sagen, dass die Krise ja in den USA begonnen hat. Wir wollen ja mal die Urheber nennen. Das ist in den USA gewesen, das große Problem, damals mit den Niedrigzinsen. Dann hat man unglaublich vielen Menschen billige Hypotheken angedreht, die sie anschließend nicht bezahlen konnten, und unsere Banken, unsere Manager der Banken, sind auf diese Geschichte, diese Geschäfte reingefallen.

Moderator: Das ist doch der Markt.

Koppelin: Das ist nicht der Markt, das ist das Verhalten der Manager. Wenn ich Treu und Glauben mache, oder wenn ich, wie ich fordere, sage, oder warum müssen unsere Bankmanager, das hat sich in den letzten Jahren so eingebürgert, müssen zum Jahresende noch Boni kriegen, nach Umsatz, und die haben sich die Taschen gefüllt, nachdem sie vorher schon die dicken Gehälter bekamen. Das ist nicht Markt, das ist ein Fehlverhalten bei den Banken, das ist ein Fehlverhalten auch bei den Aufsichtsgremien von Banken …

Moderator: Aber …

Koppelin: … und da muss mal Einhalt geboten werden.

Moderator: Der Markt hat doch mit seinen Regeln aber möglich gemacht, dass solche Menschen führende Positionen in diesem Business haben.

Koppelin: Nein, nicht da … das müssen Sie … Der Markt, der Markt selber ist ok. Es ist nur, wer kommt hin, wer kriegt Managerfunktionen, und da habe ich den Eindruck, manchen fehlt’s da wirklich, ja, nicht nur an der guten Ausbildung, sondern, sie waren nur noch auf Schnäppchenjagd. Das hat mit Markt nichts zu tun.

Lest unbedingt auch die entsprechende Kommentare & Diskussionen bei Alarmschrei, es lohnt sich!

Verwandte Beiträge:

Seite 5 von 6

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén