Es wird mal wieder Zeit für ein paar subversive Strategien gegen den Konsum- und Marketingterror der heutigen Zeit. Wer sich als Culture Jammer oder Adbuster die Frage stellt, wie er seine Botschaften so platzieren kann, dass sie auch gesehen/gelesen werden, wird sicherlich früher oder später einmal über den Begriff des Shopdropping (oder auch Droplifting) gestolpert sein. An der begrifflichen Nähe zum Shoplifting (Ladendiebstahl) kann man erkennen, dass es sich um ein ähnliches Prinzip handelt – nur genau umgekehrt! Statt also widerrechtlich etwas aus einem Geschäft zu entwenden, lässt man etwas im Laden zurück. Selbstgebasteltes, Produkte mit anderen Aufdrucken und Aussagen als die, die man von den Konzernen sonst kennt, Dinge mit aufklärerischem oder verwirrendem Charakter. In den USA ist diese Form des Ausnutzens der Konsumkanäle zum Umdrehen der Unternehmenskommunikation schon seit längerem ein heimlicher „Sport“, der auch in diversen YouTube-Videos dokumentiert wird und zu dem es sogar eigene Website-Projekte gibt.
Schlagwort: Subversion
Ich hatte neulich schon das Magazin Malmoe vorgestellt, das im Mai den Themenschwerpunkt „Subversion“ hatte. In die gleiche Kerbe schlug auch die Mai-Ausgabe des „Popkultur und Gegenwart“-Magazin Umag. Unter dem Titel „Wir sind doch nicht blöd“ taucht die Autorin ein wenig ein in das schillernde und weite Feld von Subversion, Widerstand gegen die Kommerzkultur und Reklame.
Subversiv kann vieles sein: Street Art, politische Aktionen, gefakte Werbung und sogar Klauen. Aber die 150 Graffiti-Tags in Reih und Glied, die gerade im Pariser Grand Palais ausgestellt werden, sind es nicht – weil eigens fürs Museum gesprayte und noch dazu genormte Tags die ursprüngliche Funktion der Street Art, nämlich die Aneignung von öffentlichem Raum, verloren haben. Subversion hängt nicht im Museum, sondern sie rüttelt auf und unterwandert Herrschaftsverhältnisse und Normen, um eine gesellschaftliche Weiterentwicklung zu erreichen. Nichts davon passiert, wenn Widerstandformen in den Händen von Marketingstrategen oder in einer Ausstellung landen. Was noch lange nicht heißt, dass es vorbei ist mit der Rebellion: Widerstand ist möglich – wenn er sich ständig neu erfindet und kapitalistische Mechanismen nicht nur entlarvt, sondern auch kreativ aneignet.
Dass auch mein Blog in der Linkliste zum Thema empfohlen wird, ist natürlich nicht der Grund, den Artikel zu erwähnen :-) – sondern vielmehr, dass ich in dem Beitrag neben schon bekannten Aktionen wie dem Guerilla Gardening (dem heimlichen und illegalen Wiederbegrünen von brachen oder hässlichen Flächen in der Stadt) durchaus auf einige Facetten aufmerksam wurde, von deren Existenz ich bislang nichts wusste. So beispielsweise das Projekt der Gruppe Mega Infarkt, das mit der widerwärtigen MediaMarkt-Reklame arbeitet und diese in ihr Gegenteil verkehrt (siehe dieses pdf):
Unter dem Slogan “Lasst euch nicht verarschen, ihr bestimmt den Preis” machen sie Werbung fürs Klauen – oder um es in ihren Worten zusagen: Sie plädieren für Ladendiebstahl als persönliche Armutsbekämpfungsstrategie, den rückwärtslaufenden Stromzähler als ausgleichende soziale Gerechtigkeit und die Schutzehe für Bleiberecht.
(…) Bei der Messe werden die Mitglieder von Mega Infarkt versuchen, Ungerechtigkeiten im Alltag der Besucher aufzuspüren und gemeinsam Gegenmittel zu entwickeln. Denn Subversion bleibt wirkungslos, wenn sie nicht im täglichen Leben der Menschen passiert. Weil jeder einzelne von uns bestimmt, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft verändert. Und zwar jeden Tag aufs Neue.
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Darf man über etwas so Konkretes, so Handlungsbezogenes wie Subversion wissenschaftlich nachdenken und referieren? Man darf! Und man kann – das zeigt das Magazin Malmoe, eine sowohl als Printausgabe wie auch im Netz veröffentlichte Zeitschrift, die sich mit dem Spannungsfeld von Kultur, Konsum, Internet und Gesellschaft befasst. In ihrer letzten Ausgabe, Heft Nr. 45, geht es nun also um Subversion, und es werden einige spannende Fragen gestellt (und beantwortet?).
Ist Subversion eine Strategie, eine Kunst des Handelns, die hegemoniale Machtpraktiken unterwandert? Oder ist sie eine Projektionsfläche, auf der sich Widerstand konsumieren lässt? Wann transformiert sich Subversion, wann wirkt sie schon als Begriff? Und: Ist Alltag Subversion oder Subversion alltäglich?
Das Inhaltsverzeichnis klingt schon mal durchaus vielversprechend (wenn auch teilweise vielleicht etwas abgehoben); vier der fünf Artikel sind übrigens komplett online nachlesbar. So lob ich’s mir, so publiziert man heute!
EDIT: Na sowas, nun sind es tatsächlich nur noch zwei Artikel, die online stehen. Was soll das…??
- Subversion! Subversiv? Eine kleine Geschichte über Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, über Transformationspotenziale und Etikett-Sackgassen von Astrid Peterle
- Gespräch zwischen Ingo Lauggas, Anna Schober, Jens Kastner und Astrid Peterle
- Innenperspektiven. Wie subversiv ist eine Fachmesse? von Erk Schilder (hier von mir als pdf)
- Uneinverstandenes Handeln. Subversion(en) zwischen Kunst und Politik von Ingo Lauggas (hier von mir als pdf)
- Strategischer Kannibalismus, revisited. Ästhetik, Aneignung und postkoloniale Agency: Antropophagie und Kultur von Gudrun Rat
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Schon im Sommer 2004, also vor mittlerweile annähernd 5 Jahren, hob Norbert Rost in seinem Feldpolitik-Blog das „Spiel“ society conspiracy aus der Taufe. Bei diesem „Spiel“ dreht sich alles darum, das alltägliche Streben nach einer besseren Welt, danach, andere Menschen davon zu animieren, etwas weniger ignorant durchs Leben zu gehen oder lästigen Konzernen oder Reklamekampagnen Einhalt zu gebieten, neu zu definieren, nämlich als Teil eines (lebenslangen) Spiels mit selbst verfassten Regeln und Zielen. Das Ganze ist etwas schwer zu beschreiben ist, deshalb empfehle ich einfach mal, sich den Originalartikel in Gänze durchzulesen, da ich ihn wirklich sehr anregend finde. Übrigens, auch dieser Beitrag von mir ist von nun an ein Teil des Spiels… :-)
Das Konzept. society conspiracy ist ein Erlebnis-Spiel. Es findet in derselben Gesellschaft statt, in der du dich sowieso aufhältst. Das Spiel erweitert dein Tun aber um eine Ebene – du ziehst nicht nur dein Leben durch, nein du spielst nebenbei auch society conspiracy. Als Mitspieler verbreitest du rote Pillen, redest zweideutige Dinge, konfrontierst, provozierst, protestierst. Natürlich heimlich und geheimnisvoll, lieber leise als laut. Und immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Humor ist eine Waffe. Verwirrung dein Ziel. Das Denken des Gegenübers zu provozieren, ihn mit roten Pillen aus der vorgegeben Bahn zu bringen kann erhellend sein. Und befreiend.
(…) Alleine spielt sichs immer einsam. Versuche herauszufinden, auf welchem Wege du Mitspieler findest, die nicht vom Spielmechanismus gesteuert werden oder wie es möglich ist, mechanische Spielfiguren zu coolen Mitspielern mutieren zu lassen. Zusammen werdet ihr wissen, wie es weitergeht.
Norberts Spiel ist übrigens eine gelungene Verdeutlichung, worum es beim so genannten „Meme Warfare“ geht, einer der Grundlagen, auf denen Culture Jamming und generelle Subversion beruhen. Dieses wichtige und erhellende Konzept werde ich demnächst in einem gesonderten Beitrag noch etwas ausführlicher erläutern.
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Tja, auch so etwas gibt’s – eine eigene Messe für Gegenkultur und Widerstandstechnologien, also u.a. Kommunikationsguerilla, Culture Jamming und Street Art. Sie heißt Subversiv-Messe und findet vom 14.–17. Mai 2009 in Linz statt. Das Programm und die dahinter stehenden Absichten klingen auf jeden Fall sehr interessant, zumal auch renommierte Culture Jammer wie die italienischen Molleindustria (die u.a. für das großartige McDonald’s Videogame verantwortlich zeichnen) oder ubermorgen.com vor Ort sein werden.
Auf der Subversivmesse wird dem Publikum einiges geboten. Mit einem niederschwelligen Zugang soll es den BesucherInnen leicht gemacht werden, sich mit Strategien, Methoden und Techniken gegen das herrschende Zwangssystem auszurüsten. Die Menschen werden ernst genommen und in freundlichen Einzelgesprächen auf die Möglichkeiten zum Widerstand hingewiesen.
Für Linz09 sollen wir die Subkultur bedienen, und gewagte, provozierende Thesen aufstellen. Auf einer Messe werden meist Produkte einer Branche angeboten. Auf der Subversiv-Messe werden subversive Strategien, Methoden, Entwicklungen beworben.
Menschliche Bedürfnisse nach Abweichung und Subversion müssen befriedigt werden. Der Gebrauchswert, die Summe der nützlichen Eigenschaften unserer Ware, zielt darauf ab das herrschende (kapitalistische) System zu untergraben. Die auf der Messe auftretenden subversiven-Elemente erscheinen uns (vermittelt) in dinglicher Form, als Widerstandswaren (Texte, Technologien, Produkte,…) Im Warenwert ist dieses gesellschaftliche Verhältnis, als geronnene abstrakte Arbeit (Muskel-, Hirn-, und Nervenkraft) verkörpert.
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