Schlagwort: geplante Obsoleszenz

Die Konsumtricks der Industrie

Die BR-Sendung quer, die ich nur empfehlen kann (immer Donnerstags, 20:15 Uhr), brachte neulich einen Beitrag über die geplante und psychologische Obsoleszenz. Im Grunde ist das für die Stammleser meines Blogs nichts Neues, aber ich finde es natürlich immer gut, wenn solche Thematiken in den Medien aufgegriffen werden. „Produkt kaputt, Profit gesteigert – Die Konsumtricks der Industrie

Jeder kennt das Phänomen: Kurz nach Ablauf der Garantiezeit gibt ein technisches Gerät den Geist auf. Oder: Schon nach wenigen Monaten hat der Verbraucher das Gefühl, ein veraltetes Produkt zu besitzen – weil der Hersteller den Nachfolger vorstellt. Wie macht das die Industrie? Was ist dran an dem Verdacht, dass absichtlich Teile eingebaut werden, die nach einer bestimmten Zeit kaputt gehen? Mitten im weihnachtlichen Konsumrausch geht quer der Frage nach, wie die Industrie es schafft, uns zu Konsumjunkies zu machen.

Dazu passt perfekt der Artikel in der heutigen taz über das Reparaturzentrum Wien: „Wegwerfen? Reparieren!

300 Jobs geschaffen und 15.000 Tonnen Abfall vermieden – das ist die Bilanz des Reparaturzentrums in Wien. Es hat einen Hype im Land ausgelöst.

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Werbung: einige volkswirtschaftliche und soziale Auswirkungen, Teil 1/2

Ich freue mich, Euch heute mal wieder einen Gastbeitrag anbieten zu können, der auch genau zum Thema meines Blogs passt, da er sich mit den mannigfaltigen negativen Folgen der Reklame auf unser Leben beschäftigt – etwas, das mich bekanntlich auch seit jeher umtreibt. Der Artikel stammt von Prof. Dr. Christian Kreiß von der Hochschule Aalen, der auch Autor des gerade erschienen Buches „Profitwahn – Warum sich eine menschengerechtere Wirtschaft lohnt“ (Tectum Verlag) ist.

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Werbung: Einige volkswirtschaftliche und soziale Auswirkungen
Von Prof. Dr. Christian Kreiß, Hochschule Aalen

I. Werbung und Fehlallokation von Ressourcen
Angenommen, Robinson Crusoe würde mit vier weiteren Leidensgenossen auf eine einsame Insel verschlagen. Er selbst übernehme das Angeln, ein anderer das Herstellen von Kleidung und Schuhen, der Dritte bestelle die Felder und der Vierte sorge für Hausbau und Haushalt. Der Fünfte übernähme die Aufgabe, für jeden der vier anderen bei den jeweils drei anderen Marketing und Werbung zu machen. Wie viel trägt der Fünfte zum Wohle aller bei?

Der bekannte Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz schildert ähnliche Prozesse für das Tierreich. Bei einer bestimmten Fasan-Art (vgl. Lorenz, S.46f.) ist es für einzelne Männchen rational, immer größere und längere Federn zu bekommen, weil sie dann leichter Weibchen finden. Dieser Selektionsprozess führt dazu, dass diejenigen Männchen mit den größten und längsten Federn die meisten Nachkommen erhalten. Über viele Generationen wird dadurch bewirkt, dass die Männchen kaum mehr fliegen können und dadurch viel leichter Raubtieren zum Opfer fallen, so dass diese Entwicklung zur Gefahr der Vernichtung der Fasan- Art führt. Derartige artschädigende Selektionsprozesse diagnostiziert Konrad Lorenz für eine ganze Reihe von Tierarten und kommt zu dem Schluss: „Die Evolution des Argusfasans hat sich nun einmal in eine Sackgasse verrannt, die darin besteht, dass die Männer in Bezug auf möglichst große Armschwingen miteinander konkurrieren, mit anderen Worten, die Tiere dieser Art werden niemals die vernünftige Lösung finden und „beschließen“, diesen Unsinn hinfort sein zu lassen.“ (Lorenz, S.47)

Das Phänomen „Werbung“ könnte einen solchen kollektiven „Unsinn“ darstellen, ein Immer- Größer-Werden von Tätigkeiten, die unser aller Leben unnötig verteuern und wo möglicherweise ein kollektiver Beschluss rational wäre, diese Tätigkeiten hinfort zu reduzieren. Diese Fragestellung ist Gegenstand der folgenden Ausführungen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: In Deutschland gibt es bestimmte Berufszweige, für die deutliche Werbeeinschränkungen gelten, z.B. Heilberufe wie Ärzte, Tierärzte, Therapeuten, für Rechtsanwälte, Steuerberater oder Architekten. (Lorenz, S.47) Was würde geschehen, wenn diese Werbeeinschränkungen aufgehoben oder gelockert würden? Für einzelne, zum Beispiel neu in den Markt eintretende Tierärzte, Rechtsanwälte oder Architekten wäre es individuell rational, zu werben. Sie würden mit Werbung beginnen. Einige der etablierten Konkurrenten müssten aus Sorge vor Marktanteilsverlusten nachziehen und so dürften die Werbeausgaben in diesen Branchen, gemessen am heutigen geringen Werbebudget, deutlich ansteigen.

Was wären die Folgen für die Allgemeinheit?
1. Durch die gestiegenen Werbeausgaben werden die Heilerfolge, die Rechts- oder Steuerberatung und die Architekturleistungen vermutlich nicht besser.
2. Wer zahlt die zusätzlichen Werbeausgaben? Die erhöhten Werbeausgaben werden auf die einzelnen erbrachten Leistungen umgelegt: Arztrechnungen, Architekturhonorare, Anwaltsgebühren würden teurer, da der einzelne Arzt, Architekt oder Anwalt die gestiegenen Werbeausgaben auf den von ihm verlangten Preis aufschlagen muss. Statt Heil- und Architektenleistungen erhalten wir für unser Geld Bilder und flotte Sprüche über Heil- und Architektenleistungen. Dabei stellt sich die Frage: Wollen wir wirklich lieber Bilder von Leistungen statt die Leistungen selbst?

Im Ergebnis würde das Leben bei Deregulierung der bestehenden Werbeeinschränkungen für fast alle Bürger teurer, da Arztbesuche, Hausbauten und Anwaltsleistungen teurer, aber nicht besser würden. Es entstünde ein realer Nachteil für die Menschen, da sie nun weniger von ihrem Einkommen für andere Zwecke zur Verfügung haben. Ein Teil ihres Budgets würde in die Werbebranche umgelenkt. Eine Aufhebung oder Einschränkung des Werbeverbotes für diese Branchen wäre kollektiv irrational, auch wenn es individuell für einzelne Ärzte, Anwälte und Architekten sowie für die Werbebranche rational wäre.

In der Ökonomie spricht man in diesem Zusammenhang vom so genannten “Prisoner‘s Dilemma“ und man behandelt solche Ansätze im Rahmen der „Public Choice“- bzw. der Spieltheorie. (Vgl. Kirsch, S. 176 ff. oder Mueller, S. 498-500)

Das Grundproblem ist das Folgende: Obwohl jeder einzelne (Markt-) Teilnehmer sich vernünftig und rational entscheidet, kommt für die Allgemeinheit ein unvernünftiges Ergebnis heraus. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist ein Theater- oder Konzertbesuch: Für einen einzelnen Besucher kann es rational sein, aufzustehen, um besser zu sehen, z. B. wenn ein großer Mensch vor ihm sitzt. Dann muss der hinter ihm Sitzende ebenfalls aufstehen, weil er sonst fast nichts mehr sieht. Solche Prozesse können dazu führen, dass am Schluss alle Besucher stehen statt zu sitzen. (Vgl. Hirsch, S.5: „If everyone stands on tiptoe, no one sees better“) Für jeden einzelnen war es rational aufzustehen, für alle gemeinsam ist es nachteilig. In dem Maße, in dem in der Ökonomie oder allgemein im gesellschaftlichen Leben solche Prozesse stattfinden, finden kollektive Fehlentscheidungen statt.

Auf Werbung bezogen ist es für jedes einzelne Unternehmen nicht nur rational, sondern oft sogar überlebenswichtig, Werbung zu treiben. Wenn z.B. ein großer Automobilhersteller plötzlich alle Werbung einstellen würde, dürften deutliche Marktanteilsverluste mit entsprechendem Gewinnrückgang, wenn nicht Verlusten die Folge sein, die möglicherweise für das Unternehmen existenzbedrohend sein könnten.

Um welche beeindruckende Flut von Tätigkeiten es sich dabei handelt, kann man an folgenden Zahlen ablesen, die einer der international führenden Werbeexperten, Martin Lindstrom, anführt: „Mit 66 Jahren werden die meisten von uns rund zwei Millionen Fernsehspots gesehen haben. Umgerechnet bedeutet das acht Stunden Werbung täglich an sieben Tagen in der Woche und das ganze sechs Jahre lang.“ (Lindstrom, S. 47)

Ende 2010 waren in der Werbebranche Deutschlands 549–499 Personen beschäftigt, davon 187.055 im Kernbereich der Werbewirtschaft (Werbegestaltung, Auftraggeber von Werbung, Werbemittel- Verbreitung) und 362.444 Personen in den Zulieferbetrieben wie Druckindustrie und Papierwirtschaft sowie im Telefon- Marketing. (ZAW 2011, S. 86)

Zu diesen etwa 550.000 Menschen muss man hinzurechnen diejenigen Beschäftigten, die in ihren Unternehmen für Marketing zuständig sind, also z.B. alle Mitarbeiter bei Konzernen, die sich mit Werbung und Marketing beschäftigen. Es ist sehr schwierig, hierfür verlässliche Zahlen herauszufinden. Man kann sicherlich mit mehreren Millionen Beschäftigten in Deutschland rechnen, die sich überwiegend mit Werbung und Marketing auseinandersetzen.

II. Werbung und Information
Wie viel Information enthält Werbung? Ein häufig zu Gunsten der Werbung gehörtes Vorurteil lautet, Werbung informiere. (So argumentiert z.B. der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft: „Denn der mündige Bürger hat ein Recht auf Information zu Produkten“, ZAW 2011, S.201)  Welche Information würde man erwarten, wenn man sich z.B über ein Erfrischungsgetränk informieren möchte? Vermutlich Hinweise auf den Preis, Zucker-, Kalorien-, Koffeingehalt, Additive, Auswirkungen auf Wohlbefinden bzw. Gesundheit, z.B. Diabetes- oder Übergewichtsgefahr, etc. Nun versuche man, sich einen Werbespot großer Erfrischungsgetränkehersteller vor Augen zu führen. Wie viele Antworten auf informative Fragen sind darin enthalten?

Einschlägige wissenschaftliche Lehrbücher zeigen (vgl. das wohl führende wissenschaftliche deutsche Marketing- Lehrbuch von Meffert, S. 740), dass ein großer Teil der Werbung nicht informativ, sondern emotional ist und es werden darin ausführliche Hinweise geben, wie man die Werbebotschaften so gestaltet, dass sie emotional wirken und nicht informativ. (Vgl. auch Homburg, Krohmer, S.795)

Beeindruckende Beispiele dafür, dass Werbung überwiegend mit Emotionen und Unterbewusstem zu tun hat, führt der international renommierte Experte im Bereich Marketing und Verfasser des Best- Sellers Buy-ology, Martin Lindstrom an. Er zeigt, dass beispielsweise Produktinformationen bei Fernsehwerbung für Autos nicht vorkommen, sondern dass die verschiedensten Automarken genau die gleiche, rein emotionale Werbung benutzen. (Vgl. Lindstrom, S. 48: „Marke und Modell waren jeweils verschieden, aber die Werbung war immer die gleiche. Der gleiche Schwung. Die gleiche Kurve. Die gleiche Wüste. Die gleiche Staubwolke.“) Ähnlich bei sehr erfolgreicher Werbung für ein bekanntes Erfrischungsgetränk in einer der beliebtesten Fernsehsendungen der USA, in der alles auf emotionale Platzierung ankomme, während Information über das Produkt nicht existiere. (Vgl. Lindstrom, S. 57ff.) Lindstrom führt viele Beispiele an, die zeigen, dass Produktinformation bei erfolgreicher Werbung keine Rolle spielt. Dennoch halten 46,2% der befragten Bundesbürger Werbung im Fernsehen „für recht informativ“ (Die Welt in Zahlen 2012, S.95), was auf eine interessante Fehlwahrnehmung hinweist.

III. Werbung und geplante Obsoleszenz (geplanter vorzeitiger Verschleiß von Produkten)
Geplante Obsoleszenz, d.h. die geplante, vorzeitige Veralterung von Produkten wirkt wie ein künstliches, aber unseren Wohlstand senkendes Beschäftigungsprogramm: Wenn Glühbirnen, Drucker oder andere Elektrogeräte nur halb so lange funktionieren wie sie eigentlich könnten (vgl. Schridde/ Kreiß oder Reuß/ Dannoritzer, Kaufen für die Müllhalde) bedeutet dies, dass man doppelt so viele Menschen (und Kapital) beschäftigt wie nötig.

Die ökonomisch wohl wichtigste Spielart geplanter Obsoleszenz ist diejenige, die durch Werbung herbeigeführt wird.15 Sie bewirkt, dass Millionen von Gütern, die noch funktionieren, vorzeitig weggeworfen werden, Müllberge produziert werden16 und wir alle mehr und länger arbeiten müssen bzw. unsere Reallöhne niedriger sind als erforderlich.

IV. Werbung und Ethik
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft argumentiert unter der Überschrift „Verbraucher nicht entmündigen“17, dass „regulatorische Vorhaben“ wie „verschiedene Kennzeichnungspflichten (etwa bei Lebensmitteln)“ verbraucherfreundliche Lösungen behindere, was „Bevormundung, wenn nicht sogar die Entmündigung der Verbraucher“ (ZAW 2011, S.197) nach sich ziehe.

Was konkret könnte damit gemeint sein? Seit Jahren wird laut Greenpeace von Wissenschaftlern z.B. davor gewarnt, dass bestimmte Farbstoffe in Lebensmitteln gesundheitsschädigend seien. Daraufhin beschloss die EU 2010 eine Kennzeichnungspflicht (statt eines Verbotes) auf entsprechenden Verpackungen, damit sich Verbraucher über die schädigenden Folgen des Verzehrs informieren können. (Vgl. Greenpeace Magazin 4/ 2010: Zappelphillipp – Farbstoffe machen Kinder krank)

Sind es solche Kennzeichnungspflichten, die laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft verbraucherfreundliche Lösungen behindern und zu „Bevormundung, wenn nicht sogar Entmündigung der Verbraucher“ führen? Wozu drängt der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft? Solche Kennzeichnungspflichten zu unterlassen, also die Verbraucher, in diesem Fall insbesondere Kinder (da es sich z.B. um Gummibärchen handelt), der „Information“ allein durch die werbeführenden Hersteller auszusetzen?

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Morgen geht es weiter mit Teil 2.

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Reparaturcafés statt Konsum- und Wegwerfwahn

Wow, das ist mal eine tolle Initiative, die direkt ins Herz unseres auf schnellen Konsum und Verbrauch von Waren bauenden Wirtschaftssystems zielt – „Reparaturcafés: Schrauben, löten, flicken“, wie der WDR berichtet. Und diese Reparaturcafés sind ein Mittel im Kampf gegen die sog. „geplante Obsoleszenz“, also die Konstruktion von Gegenständen derart, dass sie möglichst schnell (unnötig früh) kaputt gehen. Hoffentlich gibt es so etwas bald auch in Kiel.

Immer mehr Menschen lehnen sich gegen die Ex-und-Hopp-Mentalität auf und versuchen, defekte Geräte in Eigenregie zu retten. Man trifft sich im Reparaturcafé und hilft sich gegenseitig.

(…) Die Reparaturcafés kommen aus den Niederlanden. Dort gibt es die regelmäßigen Selbsthilfetreffs schon länger. Es sei einfach eine tolle Idee, meint ein weiterer Café-Besucher, weil er schon ganz lange überlege, wie er nachhaltiger mit seinen Produkten umgehen könne.

Große Nachfrage

In den Reparaturcafés formiert sich kleiner Volksaufstand gegen die Ex- und Hopp-Mentalität vieler Hersteller. Die Dichtung am Wasserhahn, eigentlich eine Sache von ein paar Cent, aber das Gerät lässt sich nicht auseinandernehmen. Oder der komplette Schweinwerfer muss ausgewechselt werden, wenn nur eine kleine LED ausfällt. Das widerspricht eigentlich EU-Normen und kann schnell teuer werden. (…)

Offene Werkstätten haben sich inzwischen zu einer richtigen kleinen Bürgerbewegung entwickelt. Oft unterstützt von gemeinnützigen Vereinen oder Jugendzentren. Meistens müssen die Besucher nur die Materialkosten bezahlen, im Idealfall machen sie die Reparatur sogar selbst. Rund vierzig Einrichtungen sind inzwischen deutschlandweit in einem Verbund organisiert – hauptsächlich in großen Städten.

Tom Hansing von der Stiftungsgemeinschaft „anstiftung & ertomis“ erklärt, es gebe kleine und große Werkstätten, Werkstätten die sich nur mit einem Handwerk beschäftigten, andere hätten gleich mehrere Möglichkeiten.

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Lesetipps: Angst macht böse | Verlierer der deutschen Krise | Geplante Obsoleszenz | Der Barbar als Kulturheld

Es ist schon ein bisschen her, dass ich mal meine Rubrik Lesetipps mit ein paar neuen Preziosen aus dem Netz bestückt habe – heute will ich das endlich mal nachholen und ein paar Artikel vorstellen, die bei mir in der Warteschleife hängen. Zunächst, ganz aktuell, den kleinen Beitrag „Die Verlierer der deutschen Krise“ aus der Zeit, in dem sich Wolfgang Höhler-Brockmann kritisch mit der momentanen Entwicklung in unserem „Musterländle“ (jedenfalls bemühen sich viele deutsche Medien, Deutschland als herausragende Lichtgestalt in der internationalen Wirtschaft darzustellen) auseinandersetzt:

Halb Europa befindet sich im Abschwung, nur Deutschland angeblich nicht. Dabei hätten wir alle Grund zur Sorge, meint Leser Wolfgang Höhler-Brockmann. (…)

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Widerstand gegen den Wegwerfwahn

Geplante Obsoleszenz – diesen sperrige Begriff behandelte ich vor einigen Wochen bereits, als die Arte-Doku „Kaufen für die Müllhalde“ ausgestrahlt wurde und ein Schlaglicht auf das Verhalten vieler Industriekonzerne warf, die ihre Produkte so herstellen, dass sie absichtlich schneller kaputt gehen als das technisch nötig wäre. Denn der Absatz muss ja angekurbelt werden! Da müssen Umweltgesichtspunkte schon mal hinten an stehen. Matthias Dachtler hat in der Jugend-Sendung On3 des Bayerischen Rundfunks dieses Thema nun erneut aufgegriffen und einen schönen Beitrag dazu verfasst: „Widerstand gegen Wegwerfwahn – Schrauber aller Länder, vereinigt euch!

Kaufen für die Tonne. MP3-Payer, Handys und Computer landen früher auf dem Müll, als sie müssten. Der frühe Tod ist von den Herstellern oft gewollt. Jetzt rollt die Gegenbewegung an: die “Repair Revolution”.

Die meisten von uns kennen das: Kaum ist die Garantie abgelaufen, gehen unsere Gadgets kaputt. Der Handy-Akku lädt nicht mehr, das Display beim MP3-Player spinnt, das Notebook überhitzt und schaltet sich einfach aus. Reparieren lohnt sich nicht, sagt die Werkstatt, zu teuer. Also ab damit in den Müll. Neue Sachen kaufen. Marketing-Profis nennen diesen Zyklus “Geplante Obsoleszenz”. Der frühe Tod unserer Gadgets ist kein Zufall, sondern geplant. Aber das ist schwer zu beweisen. (…)

(…) Aber nicht nur die Hersteller sind schuld am frühen Tod der Gadgets. Wir Konsumenten machen fröhlich mit. Wir lassen uns von Marketing-Profis einreden, dass Altes schlecht und Neues gut ist. Die Folgen der sogenannten “psychischen Obsoleszenz” sieht man in Deutschland auf jedem Wertstoffhof. Immer mehr funktionierende Geräte landen auf dem Müll. Rund 80 Prozent der weggeworfenen Elektro-Geräte funktionieren noch, schätzt Platzwart Tobias Quoll, den wir auf dem Münchner Wertstoffhof Thalkirchen besucht haben. Laut Umweltbundesamt wuchs der deutsche IT-, Handy- und Unterhaltungselektronik-Schrottberg zwischen 2006 und 2008 von 215.000 auf 300.000 Tonnen pro Jahr. (…)

(…) Wer nicht nur einen Akku wechseln, sondern einen Kondensator tauschen oder einen Fahrrad-Rahmen schweißen will und keinen Werkzeugkoffer wie Markus Weiher besitzt, braucht eine Werkstatt und jemanden, der erklären kann, wie man richtig lötet oder schweißt.Die Lösung: Offene Werkstätten. Gibt’s in ganz Deutschland, in Bayern zum Beispiel im “Kempodium” in Kempten, im “Kulturzentrum K4” in Nürnberg oder im “Haus der Eigenarbeit” in München.

“Das Besondere am Reparieren ist ja, dass das jeder machen kann”, sagt Markus Weiher. on3 schließt sich an und empfiehlt: “Join the Repair Revolution!”

Wie kann ich mich politisch wehren?

Der Berliner Blogger und BWLer Stefan Schridde will eine Online-Petition beim Bundesstag einreichen und sucht Leute, die ihm dabei helfen. Sein Ziel: Durch eine Änderung des Gewährleistungsrechts sollen Hersteller, die Geräte mit künstlich kurzer Lebensdauer produzieren, in die Verantwortung genommen werden.

Externer Linkobsoleszenz.wordpress.com

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Manifest der eigenständigen Reparatur

Zu besagtem Manifest komme ich gleich – zunächst: bestimmt kennt so ziemlich jeder die Situation, die in dem nachfolgenden Beitrag der WDR-Sendung Markt geschildert wird – da geht etwas kaputt, ein Gerät läuft nicht mehr, und statt es zu reparieren, empfiehlt der Hersteller bzw. Service-Händler gleich den kompletten Austausch – sprich: das Verschrotten des Altgeräts und den Kauf eines neuen. „Reparaturen: Selbst ist der Kunde“:

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Kaufen für die Müllhalde

Unsere Wegwerfgesellschaft prangere ich hier im Blog ja des öfteren an – eine Konsumorientierung, bei der man sich nach schnell wechselnden Moden und Trends richten muss, will man nicht total „out“ sein. Arte (offensichtlich Deutschlands bester Sender) hat sich dem Thema „Die Wegwerfer“ gestern angenommen und u.a. die Dokumentation „Kaufen für die Müllhalde“ gesendet, die man sich derzeit für einige Tage auf der Arte-Website online anschauen kann. HIER findet man den Beitrag dann online. Sicherlich taucht die Sendung über kurz oder lang auch bei YouTube auf, so dass wir noch etwas länger davon haben!

Wiederholung am Freitag 18. Februar um 10.30 Uhr und Donnerstag 24. Februar um 03.25 Uhr

Heute gekauft und morgen schon Schrott? Die Haltbarkeit technischer Produkte ist oft kurz. Teilweise ist dies von den Herstellern gewollt, doch auch die Haltung vieler Verbraucher hat sich verändert. ARTE schaut auf die Wegwerfgesellschaft.

(…) Heute wollen sich viele Verbraucher nicht mehr mit diesem System abfinden. Als Beispiel für dessen verheerende Umweltfolgen zeigt die Dokumentation die riesigen Elektroschrottdeponien im Umkreis der ghanaischen Hauptstadt Accra. Neben diesem schonungslosen Blick auf die Wegwerfgesellschaft stellt Filmemacherin Cosima Dannoritzer auch die Lösungsansätze von Unternehmern vor, die alternative Produktionsweisen entwickeln. Und Intellektuelle mahnen an, die Technik möge sich auf ihre ursprüngliche Aufgabe zurückbesinnen, auf die dauerhafte Erleichterung des Alltags ohne gleichzeitige Verwüstung des Planeten.

Edit: und HIER noch die Facebook-Seite des Projekts für weitere Infos.

Edit 2: Auf YouTube ist die Doku auch aufgetaucht:

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