Nachhaltigkeit ist ja seit einigen Jahren ein „buzzword“, ein schwerst angesagter Begriff, mit dem sich Konzerne gerne zu schmücken versuchen, egal wie zerstörerisch ihr Geschäftsmodell eigentlich ist. So bemühen sich auch die großen Kleidungsketten, ihrem Treiben den Eindruck von Nachhaltigkeit zu verleihen, z.B. durch vermehrten Einsatz von (vermeintlicher) Biobaumwolle. Dass dies aber keineswegs immer so schön ist, wie es auf den ersten Blick klingt, erklärt uns Ilona Dyck auf Utopia – „Die neue Nachhaltigkeit von H&M & Co.“:
Die Preise für Baumwolle sind dieses Jahr auf dem Weltmarkt gestiegen wie noch nie. Das hat Konsequenzen. Nicht nur für H&M und Co. Einige Unternehmen setzen jetzt auf ‘Better Cotton’. Klingt nach Bio, ist es aber nicht. (…)
Die Better Cotton Initiative
Dieser Ansatz, also moderat höherpreisig zu verkaufen, mit der Rechtfertigung “guter Stoff”, zeichnet sich momentan ab. Die “Better Cotton Initiative” (BCI) wurde 2005 unter anderem von H&M, Ikea, Migros, Adidas und dem WWF gegründet und zielt auf einen nachhaltigeren und sozialeren Baumwollanbau. Für BCI sollen weniger Pestizide eingesetzt, durch sinnvollere (aber teurere) Bewässerungsmethoden der Wasserverbrauch reduziert, der Boden im Vergleich zum konventionellen Baumwollanbau geschont und ein besseres Sozialwesen für die Farmarbeiter geschaffen werden. Bis 2015 sollen vier Prozent der Weltproduktion an Baumwolle aus der BCI kommen.Umstieg auf nachhaltigere Baumwolle bei Adidas, H&M und C&A
Adidas hat im Frühjahr bekannt gegeben, dass sie bis 2018 komplett auf Better Cotton umgesteigen wollen, was auch bedeuetet, dass es ab 2018 kein Bio-Segment mehr geben soll. H&M möchte bis 2020 in Gänze zu nachhaltigerer Baumwolle wechseln. Bei H&M bedeutet dies vermutlich einen Hauptanteil Better Cotton, ein wenig Recyclingstoff und eine Produktnische für Bio-Baumwolle.
Kirsten Brodde, die Autorin des Buches “Saubere Sachen” sieht im Voranpushen von Better Cotton “einen schleichenden Ausstieg aus der Biobaumwolle”. Und tatsächlich lässt sich fragen, wieso eigentlich nicht gleich der Anbau von Biobaumwolle gefördert wird. Denn auch wenn die Maßnahmen der BCI sinnvoll sind, grüßt doch wieder nur der Einäugige unter den Blinden und versucht sich als Adlerauge zu verkaufen.Als Konsument die Trendwende vorantreiben
Letztlich bleibt der Baumwollanbau ein invasives Geschäft, das sich so nicht rechtfertigen lässt. Allein in Deutschland sortieren wir etwa 1,5 Milliarden Textilien aus, selbstredend nicht, weil die Löcher an den Jeansknien schon zu groß geworden sind, der Stoff der Bluse an den Ellenbogen durchscheint oder aufgrund sonstiger irreparabler Verschleißerscheinungen. Höchste Zeit für eine Trendwende von wöchentlichen Shoppingtouren hin zum gelegentlichen Kauf von zeitlos schönen Kleidungsstücken. Das höhere Budget pro Teil lässt sich dann auch in tatsächlich hochwertige Ökotextilien mit GOTS-Siegel investieren. Völlig ökorrekt lassen sich hemmungslose Einkaufsräusche aber auch im Secondhandladen ausleben.