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Lesetipps: Red-Bull-Kapitalismus | Kreuzfahrten | Soziale Netzwerke | Gärtnern in der Stadt

Da ist er also, der Juni. Kein Sommer in Sicht, also ideale Voraussetzungen, um ein bisschen was zu lesen. Beispielsweise das Feature des Freitag über den Red Bull-Konzern und seine epidermische Ausbreitung im Sportbereich. Mal unabhängig davon, was man nun von der Blubberbrause halten mag, ist das Vorgehen von RB „beispielhaft“ – in dem Sinne, dass man sieht, in welche Richtung sich der Sport bewegen wird, da er den gleichen Gesetzen der kompletten Durchkommerzialisierung unterworfen ist, wie andere Lebensbereiche auch. Schön ist das nicht. „Red-Bull-Kapitalismus“:

Red Bull ist mehr als ein Getränk, ein Energiespender, ein Lebensgefühl. Ja, es ist mehr als nur ein Produkt. Es verkörpert die aktuellste Form des Kapitalismus

Getränke eignen sich als Prophezeiungen des jeweils neuesten Stadiums des Kapitalismus besonders gut. In ihnen sind die Aspekte von Lebens- und Genussmittel, Differenz und Mainstreaming, Image und Illusion besonders ausgeprägt – und das umso mehr, als sich die Welt gerade das Rauchen abgewöhnt. Die meisten von ihnen kokettieren damit, mehr als ein Getränk zu sein, Lifestyle und Lebensfreude auszudrücken oder auch einen besonderen Status zu haben: die legale Droge. Wenn im Folgenden also vom verflüssigten Kapitalismus im weiteren Sinne und den Red-Bull-Kapitalismus im engeren Sinne die Rede ist, dann um zu beschreiben, wie die Macht vom Produzenten auf den Distribuenten übergegangen ist. (…)

Der entscheidende Impuls für eine Distributionsdominanz in Postdemokratie und Neoliberalismus ist die Verknüpfung eines (mehr oder weniger virtuellen) Produkts mit den Sphären der Freizeit und der Medien, aber auch mit anderen kontrollierbaren und übernehmbaren „Events“ und Institutionen wie Kunst, Pop und sogar Medizin, Politik und Bildung – kurz gesagt: die Blödmaschinen. Die Dominanz kann sich auf dem Freizeit- und Kulturmarkt realisieren, weil sie zu Blödmaschinen geworden sind, und umgekehrt werden Medien, Spektakel und „kulturelle“ Institutionen zu Blödmaschinen, weil sie sich für die Herstellung und Festigung der Distributionsdominanz oligarchischer Interessen zu Beihelfern machen lassen. Die Medien sind nicht einfach „Opfer“ von Ökonomisierung und Privatisierung, sondern sie sind Teil der Wandlung des Produktions- in den Distributionskapitalismus. Daher geht es eben nicht allein um die „Kultivierung“ einer Marke wie „Red Bull“, sondern vielmehr um die Red-Bullisierung kultureller Institutionen. (…)

Ebenfalls sich ausbreitend wie die Pest sind Kreuzfahrten – früher ein exklusiver Luxus für wenige, heute längst Massentourismus. Mit den in unserem Wirtschaftssystem nahezu zwangsläufigen Folgen: Umweltverschmutzung, Ausbeutung und Profitmaximierung auf dem Rücken der Kunden. Darüber berichtete vor einer Weile pressetext.at: „Kreuzfahrten: Kundenabzocke auf Dreckschleudern. Schifffahrtsbranche anlässlich des Titanic-Jahrestages unter Druck“:

Kreuzfahrten sind weniger sicher als Anbieter propagieren, nehmen Kunden wie auch Beschäftigte aus und schaden der Umwelt. Mit scharfer Kritik durchkreuzt Ross A. Klein von der Memorial University in St. John’s http://ucs.mun.ca anlässlich des 100. Jahrestages der Titanic-Katastrophe die gängigen Vorstellungen über die “weißen Riesen der Weltmeere”. Mit sozial- und umweltverantwortlichem Urlaub hat die Branche gar nichts zu tun, so das Resümee des Kreuzfahrt-Kritikers. (…)

(…) Ein weiterer Kritikpunkt der Meeres-Kolosse sind deren verheerende Ökobilanz. “Pro Passagierkilometer produziert ein typisches Kreuzfahrtschiff mehr als drei Mal so viele Treibhausgase pro Kilometer als eine Boeing 747. Grund dafür ist das Schweröl, mit dem die Schiffe unterwegs sind”, erklärt Greenpeace-Meeresbiologin Antje Helms http://greenpeace.at auf Anfrage von pressetext. (…)

Kommen wir mal lieber zu erfreulicheren Trends – wie dem, dass auch in Städtenimmer mehr Selbstversorgung via eigenen oder Gemeinschaftsgärten betrieben wird. Karmakonsum brachte vor kurzem eine Rezension des Buches „Gärtnern in der Stadt“ von Martin Rasper, das sich mit dieser Entwicklung befasst:

Nachdem das Buch deutlich gemacht hat, warum das Gärtnern gerade in Zeiten einer vernetzten Welt über die private Ebene hinaus auch eine sehr politische Angelegenheit ist, gibt es zu guter Letzt noch wunderbar nützliche Tipps für die eigene Umsetzung, die nachdem man dieses Buch gelesen hat, nicht lange auf sich warten lassen dürfte. Um mit den etwas schrägen Worte aus dem Buch zu schließen: „Vielleicht haben die Gärten sich vorgenommen, die Welt zu retten. Wir sollten sie dabei unterstützen.“

Übrigens, die Webseite gutenahrung.de hat eine interessante Infografik über die Essgewohnheiten der Deutschen veröffentlicht:

Nahrung und Ernährung Deutschland
Via: Gute Nahrung

Was täten wir nur ohne die „sozialen Netzwerke“ im Internet? Kaum etwas (vielleicht noch neben Ebay und Pornoseiten) hat dem Netz so zum Durchbruch bei der breiten Masse verholfen wie die Möglichkeit, sich mit seinen Freunden und virtuellen Bekannten zu vernetzen und auszutauschen. Claudia Klinger macht sich in „Von der Personalisierung des großen Gesprächs“ so ihre Gedanken über die möglichen (negativen) Folgen und Nebenwirkungen einer Facebook-„Gefällt mir“-Kultur:

(…) Ok, das kann und darf jeder machen, wie er mag. Erwähnenswert erscheint es mir, weil ich ja selber merke, dass das Kommentieren auf Blogs abgenommen hat, und dass sich immer mehr Menschen den andersartigen Strukturen der “Sozialen Netze” unterwerfen, um sich auszutauschen. Anders als Blogartikel und Foren sind Gespräche in diesen Netzen nicht nach Themen strukturiert, sondern entlang an Personen – eine grundstürzend ANDERE Situation mit Folgen für das “große Gespräch der vielen mit den vielen”, die kaum mal diskutiert werden.

Wenn Personen wichtiger werden als Themen

Eine Diskussion unter dem Original-Artikel im Blog des Verfassers ist ein duch Thema und Autor/in definier- und erinnerbarer “öffentlicher Ort”. Ein virtueller, jedoch beständiger Platz, der als Agora dienen kann, wo man sich den gemeinsamen Belangen widmet.

Wogegen in den sozialen Netzen nur chaotische Vernetzungen verschiedenster Individuen existieren, die vielfach “Things” (Artikel, Videos…) verlinken, wobei gelegentlich unter solchen Verlinkungen Gespräche entstehen. Gespräche, die aber niemals “alle” zu gleichen Bedingungen lesen können, denn A ist ja mit B, C und D vernetzt, wogegen ein User E es nicht mitbekommt, wenn er nicht auch A abonniert/eingekreist hat.

So ergeben sich geschichtslose Kurzzeit-Stimmfühlung-Partys, die binnen Stunden, spätestens Tagen aus der “Sicht” geraten. Letzteres gilt auch für die seltenen hochkarätigen Diskussionen – z.B. die kürzliche Diskussion über Urheberrecht, die ich jetzt nur wieder finden kann, indem ich in den Postings von Stefan Münz zurück blättere, durch dessen Hinweis ich sie fand. Wobei ich mich nur deshalb an die Herkunft der Info erinnern kann, weil ich Stefan seit den Anfängen des Webs kenne. Für die meisten meiner “Vernetzten” gibt es solche Erinnerungsstützen nicht. (…)

Dass Facebook auch ein Tummelplatz für Leute mit „aggressivem Narzissmus“ ist, vermeldet der Guardian: „Facebook’s ‘dark side’: study finds link to socially aggressive narcissism“ (mal ehrlich – geahnt haben wir das doch schon immer! :-) :

Researchers have established a direct link between the number of friends you have on Facebook and the degree to which you are a “socially disruptive” narcissist, confirming the conclusions of many social media sceptics.

People who score highly on the Narcissistic Personality Inventory questionnaire had more friends on Facebook, tagged themselves more often and updated their newsfeeds more regularly.

The research comes amid increasing evidence that young people are becoming increasingly narcissistic, and obsessed with self-image and shallow friendships. (…)

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Lesetipps: No Logo | Fußball als Täuschung | Prosumer | Produzieren ohne Geld

© colsart, stock.xchng

No Logo!“ – so lautet der Titel des globalisierungskritischen (modernen) Klassikers der amerikanischen kanadischen Schriftstellerin Naomi Klein. Und dieses Motto hat sich auch die taz zu eigen gemacht, unter dem die taz-Sportredaktion für zwei Wochen unterwegs ist – angesichts der immensen Zupflasterung von Sportlern, Arenen und Sportstätten mit Reklame und Sponsoren-Logos haben sie beschlossen, in der Zeit alle Werbehinweise auf Sportfotos auszupixeln, um den Blick wieder unverkleisterter auf das Wesentliche zu lenken: den Sport. (Okay, es ist sowieso klar, dass heutiger Profisport im Prinzip ein Wirtschaftsfaktor ist und es auch dort unter dem Strich nur noch um Profite geht – Fußballvereine werden wie Unternehmen geführt, Großkonzerne wie Red Bull kaufen sich gleich ihre eigenen Clubs, die primär als Ergänzung der sonstigen Werbestrategie dienen.)

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Die Konzernisierung des Medialen, am Beispiel von Red Bull

Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, aber für mich ist Red Bull so ziemlich das ekligste Getränk, das einem so aus den Kühltheken entgegenwabert. Kandierte Kassenpisse kann nicht viel schlimmer sein. Aber offenbar sind die Geschmacksnerven vieler Menschen mittlerweile so verkümmert, dass ihnen auch so etwas schmeckt. Naja, ist ja auch nicht so wichtig, das muss schließlich jeder selbst wissen, was er trinkt. Interessanter daran finde ich jedoch vielmehr, dass man an Red Bull gut sehen kann, wie die ohnehin schon weit vorangeschrittene Durchkommerzialisierung der Medien weiter betrieben wird.

Die NDR-Sendung Zapp berichtete in „Die Marketingstrategie von Red Bull“ über genau diesen Trend, dass sich große Konzerne eine Art Hofberichterstattung erkaufen und ihren Markennamen massiv in alle Kameras drücken – die eigentlichen Inhalte, z.B. Sport, rücken dabei immer weiter in den Hintergrund. Es geht nur ums „Event“ und darum die eigenen Produkte werbewirksam zu präsentieren. Interessant auch, die Kommentare mancher User bei YouTube zu diesem Beitrag zu lesen, denn einige finden das ganz normal und nicht weiter bedenklich – während ich die fortschreitende Präsenz von Unternehmen und Marken ja bekanntlich sehr skeptisch sehe.

Ob Formel 1, Fußball oder Fernsehen – der Getränkehersteller hat überall seine Finger im Spiel. Und mit einem kleinen Medienimperium bringt er subtil sein Logo unters Volk.

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Fußball und der Kapitalismus

fb_pendantIch bin jetzt zwar nicht so der ausgemachte Mega-Fußballfan, interessiere mich aber durchaus ab und an für das, was in dieser „Welt des Spektakels“ geschieht. Im Zusammenhang mit meinem konsumkritischen Blog wird Fußball spätestens durch die aktuellen Ereignisse ein Thema – wer bisher so naiv war und noch glaubte, dass es hierbei nur um sportliche Auseinandersetzungen und nicht etwa überwiegend um finanzielle Interessen geht, dem dürften hoffentlich seit dieser Woche die Augen weiter geöffnet worden sein, als ein neuer Wett- & Bestechungsskandal die Fußballwelt „erschüttert“. (Die betroffenen Vereine und Medien müssen allerdings schon sehr blauäugig oder eher verlogen sein, wenn sie nun so tun, als wenn sie durch die neuesten Verschiebereien und Korruptionsvorwürfe komplett überrascht worden seien – auch hier griff bisher ja das Prinzip Verdrängen und Vertuschen, man versuchte, quasi um jeden Preis das Image vom Fußball als „sauberem, ehrlichem Sport“ zu retten.)

Tatsächlich finde ich die Entwicklung im Profisport, besonders gut im Fußball zu beachten, schon seit vielen Jahren ein treffendes Abbild der kapitalistischen Wirtschaftsweise und -logik – so wie auch auf den normalen Warenmärkten eine Tendenz zu immer größeren, mächtigeren Firmen zu verzeichnen ist, die die Spielregeln im internationalen Handel bestimmen, so konzentriert sich vor allem in den letzten 20 Jahren auch im Fußball immer mehr Einfluss und Macht auf immer weniger Vereine. Zudem werden (wie in Firmen) Unsummen an Spieler bezahlt und die Durchkommerzialisierung der Fußballwelt zeigt sich nicht zuletzt in den Bezeichnungen der Stadien („easy credit-Stadion“ in Nürnberg!) und sogar Ligen (Barclays Premier League in England oder Red Zac Erste Liga in Österreich!). Außerdem sind durch die Championsleague Konstrukte ins Leben gerufen worden, die dafür sorgen, dass die immer gleichen (wenigen) Top-Vereine immer mehr Geld scheffeln und so auch die immer besseren Spieler um sich scharen können. Kurz: es wird langweilig. Wenn sich dies auch nicht ganz so schädlich auswirkt wie in der „richtigen Welt“ der Wirtschaft, wo große Konzerne Konkurrenten zum Schaden der Bürger & Konsumenten ausschalten und ihre Macht zur Ausbeutung von Menschen und Ressourcen einsetzen.

Dazu passt auch dieser Beitrag aus dem WDR über Roter Stern Belgrad bzw. die Finanzgeschäfte mit Sportvereinen, in die auch staatliche Stellen verwickelt sind – ich zitiere den Text von YouTube dazu:

Belgrad: Wie die Privatisierung von Sportvereinen mit Hilfe der Regierung vollzogen wird. Grundstücke werden durch juristische Maßnahmen der Regierung in die Hände von dubiosen Konzernen gegeben.

In Zeiten der Krise kommen viele Investorengelder aus den Finanznetzwerken der mafiösen Vereinigungen – nicht nur aus Europa. Die Mafia sieht ihre größten Chance für Geldwäsche im großen Stil in Zeiten der Krise (Beispiel Wadan-Werft). Unternehmen sollten sich durch Wirtschaftsdetekteien über die Hintermänner der Investitionen informieren. Laut dem Autor Jürgen Roth “Mafialand Deutschland” gehen Investorengelder der kriminellen Vereinigungen über Konten und Finanz-Holdings aus der ganzen Welt, zur Verschleierung der kriminellen Vermögenseigner. Darunter auch sogenannte ehrenwerte geachtete Personen aus der Geschäftswelt und ihre Anwälte für deren juristische Absicherung.
Der Einfluss der Mafiastrukturen in der Wirtschaft und die persönlichen Verflechtungen in die Politik wächst stark!

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