Meine letzten Lesetipps sind schon wieder eine Weile her, da wird es Zeit für ein Update, denn wieder bin ich auf viele interessante Artikel im Web gestoßen, die sehr gut zu meinem Blog passen. Beispielsweise der kritische Kommentar von Ulrich Schulte in der taz „Lidl: Billiges Kalkül“, in der der Autor der durchaus berechtigten Frage nachgeht, wem die neue „Charmeoffensive“ des völlig zu Recht verfehmten Discounters nützt – neben der peinlichen Fernsehreklame zur Aufpolierung des ramponierten Images steht Lidl plötzlich mit Mindestlohnforderungen auf der Matte. Ja, tatsächlich, Lidl, einer der Ausbeuterbetriebe „par excellence“, zusammen mit Aldi und den anderen Billigbuden mitverantwortlich für Kostendruck und Sozialabbau (auch in den Zulieferbetrieben) schwingt sich nun dazu auf, plötzlich Mindestlöhne im Einzelhandel zu befürworten. Was steckt dahinter?
(…) Die wohlklingenden Sätze, die Lidl-Chef Kisseberth an die Bundestagsfraktionen – und selbstverständlich auch an die Nachrichtenagenturen – schickte, sind zunächst einmal kostengünstige Imagepflege. Seit Jahren macht der Lebensmittelanbieter immer wieder von sich reden, weil er Mitarbeiter unter Druck setzte und bespitzelte. Bei vielen – im Zweifel: ehemaligen – Kunden dürfte sich das Bild eines gewissenlosen Ausbeuters festgesetzt haben. Ein wenig demonstrativ zur Schau gestelltes soziales Gewissen schadet da nicht.
Außerdem verschweigt Lidl sein ökonomisches Interesse. Die nach Hauptkonkurrent Aldi mächtigste Lebensmittelkette in Deutschland will mit einem Mindestlohn jene Konkurrenten aus dem Markt drängen, die teilweise deutlich schlechter bezahlen. Es geht also eher um den strategischen Ausbau von Marktmacht denn um soziale Wohltaten. (…)
Sich über den eigenen Konsum zu definieren ist heutzutage ja ganz normal geworden – man bestätigt sich seine Individualität und gleichzeitige Zugehörigkeit zu einer gewissen Gruppe, indem man ein normiertes Massenprodukt kauft, das durch Medien und Reklame mit einer überzogenen Sinnhaftigkeit aufgeladen wurde. Kämpfe zwischen Apple- und Windows-Usern oder Adidas- und Niketrägern erinnern an Glaubenskriege, dabei geht es letztlich nur darum, welches Logo auf einem industriell hergestellten Kleidungsstück klebt und welche Attribute dieser Marke zugeschrieben werden. Sich aus diesem sich selbst verstärkenden Kreislauf herauszuhalten ist vor allem für Jüngere ungemein schwierig (geworden). Dabei hat das permanente Kaufen- und Konsumierenmüssen, um „cool“ zu bleiben, auch viele Schattenseiten – neben den Umweltschäden durch die Produktion des ganzen Krempels nicht zuletzt auch den, dass man Teil seiner Lebenszeit dafür opfern muss, um das entsprechende Geld zu verdienen. Und nicht selten führt das bei Konsumenten zur Verschuldung – wie auch Der Standard in „Böses Erwachen nach dem Konsumrausch“ konstatiert:
(…) Was im Einkaufskorb liegt, ist Nebensache. Vieles bleibt verpackt und ungeöffnet. Der einzige Kick ist der Akt des Kaufens, sagt Roland Mader. Der Suchtexperte und Arzt am Anton-Proksch-Institut in Wien beobachtet seit Jahren eine stete Zunahme an krankhafter Kauflust in Österreich. Er sieht klar direkte Zusammenhänge zwischen wachsendem Produktangebot, mehr Werbung und Suchtverhalten. Beleg dafür seien Untersuchungen in Ostdeutschland nach der Wende. Innerhalb von nur einem Jahrzehnt habe sich dort die Zahl an Kaufsüchtigen an jene des Westens weitgehend angeglichen. (…)
(…) Aber auch abseits des krankhaften Verhaltens steigt der Konsumdruck. Von großzügigen Geschenken hielten selbst große finanzielle Probleme nicht ab, sagt der Konsumökonom und Experte der Arbeiterkammer, Karl Kollmann. Oft werde dieselbe Spendierfreudigkeit freilich auch vom Beschenkten erwartet: Präsente müssten so mit Zinseszinsen in anderer Form zurückbekommen werden. Orientierungsrahmen, die früher regelten, dass Lehrlinge nicht protzige Autos fuhren und Lehrer zu keinen Cartier-Füllfedern griffen, seien abhandengekommen. Ihr Budget für Geschenke planen würden wenige, und die Konten dafür zu überziehen sei ein Leichtes. (…)
Vieles von dem, was gestern noch hip und angesagt war, landet kurz darauf schon wieder auf dem Müll, um durch etwas noch Groovigeres ersetzt zu werden. Und damit wächst der Müllberg und die damit zusammenhängenden Probleme stetig an – wie ich im Blog schon einige Male berichtete ist vor allem auch der Plastikabfall eine große Gefahr fürs Ökosystem und die Gesundheit von Mensch und Tier. CSR-News beschreibt in „Warnung vor der Plastiksuppe“, wie beispielsweise die Vergiftung des Mittelmeeres durch Plastik zunimmt:
Schätzungsweise 500 Tonnen winziger Plastikteilchen aus Abfällen schwimmen derzeit im Mittelmeer, dienen dem Plankton und damit Fischen als Nahrung und können so auf unseren Tellern landen. Dies sind die ersten Schlüsse einer bisher in Europa einmaligen Forschungsexpedition. Die Menge entspreche etwa 250 Milliarden Partikeln mit einem Durchschnittsgewicht von 1,8 Milligramm, die über das ganze Mittelmeer verteilt sind, erläutert François Galgani vom französischen Meeresforschungsinstitut Ifremer.
Mitglieder der Vereinigung Mittelmeer in Gefahr (MED) unternahmen im vergangenen Juli auf eigene Kosten eine Expedition entlang der Mittelmeerküsten von Frankreich, Norditalien und Spanien. “Wir haben Wasserproben bis zu einer Tiefe von 15 Zentimetern auf ihren Gehalt an Plastikteilchen untersucht und die Summe dann hochgerechnet”, berichtet der Leiter der Expedition, Bruno Dumontet. Das Ergebnis sei “besonders beunruhigend” (…)(…) Die aktuelle Belastung des Mittelmeers durch die Mikro-Plastikteilchen sei nicht mehr rückgängig zu machen, warnt Dumontet. Um zu verhindern, dass das Mittelmeer eine regelrechte “Plastiksuppe” wird, gebe es daher nur eine Lösung: Die Verschmutzung müsse an der Quelle eingedämmt werden.
Dazu haben die Initiatoren kürzlich unter dem Motto “un million de clicks pour la Méditerranée” (“eine Million Mausklicks für das Mittelmeer”) eine Internet-Petition lanciert. Ziel ist es, die erforderliche Zahl von einer Million Unterschriften für ein EU-Bürgerbegehren zu sammeln. Es soll die EU-Kommission auffordern, mit neuen Vorschriften umweltfreundlichere Verbraucherprodukte – vor allem Verpackungen – durchzusetzen. So soll der Verbrauch von Einwegverpackungen stärker eingeschränkt werden, als dies in der heute gültigen Verpackungsrichtlinie aus dem Jahre 1994 der Fall ist. (…)
Apropos Umwelt – über eine ganz besonders dreiste Entwicklung berichtet der Jagd aber fair-Blog – „Droht den deutschen Wäldern das Aus?“ fragt er und geht dann der Frage nach, wie „der deutsche Wald unter dem Deckmantel ‚Charta für Holz‘ nach China verkauft wird“:
Das Bayerische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat still und heimlich ein internes Strategiepapier entwickelt, um möglichst viel Umsatz mit den heimischen Wäldern zu erzielen. Die so genannte „Charta für Holz” soll auf alle Bundesländer übertragen werden. Das so erwirtschaftete Geld wandert vor allem in die Kassen der klammen Bundesländer und der wenigen Großgrundbesitzer, für die das Ganze ein Milliardengeschäft ist. Nicht umsonst sitzt Philipp Freiherr von und zu Guttenberg im Deutschen Forstwirtschaftsrat, dem übrigens auch Ministerialdirigent Georg Windisch angehört. Georg Windisch ist Mitarbeiter des Bayerischen Staatsministeriums und wird von Insidern als „Drahtzieher” dieses Planes ausgemacht. (…)
(…) Damit diese Kahlschlagspolitik in der Öffentlichkeit auf keinen breiten Widerstand stößt, haben die staatlichen Behörden viel Geld in die Öffentlichkeitsarbeit gesteckt, die ihr Ziel auch nicht verfehlt hat. Die Kahlschlagspolitik, ein Geldsegen für wenige Profiteure, hat durch Slogans wie „Wald vor Wild“, „Waldverjüngung” oder „CO2-Klimaschutz” nicht nur breiten Einzug in Politik, Medien und Gesellschaft erhalten, sondern darüber hinaus auch noch eine „grüne” Note. Was jedoch gegenwärtig in den deutschen Wäldern geschieht, ist der stellenweise schon vollzogene Schritt in eine rein profit- und technikorientierte Waldagrarlandschaft, die mit einem naturnahen oder nachhaltigen Wald nichts mehr zu tun hat. (…)
Und zum Schluss noch eine schöne Grafik aus dem Graphitti-Blog, zum Thema billige Lebensmittel und die (auch) daraus resultierenden Skandale:
Christian
Hallo zusammen,
in vielen Punkten muss ich der Kritik zustimmen, aber es steht fest, dass gerade die Discounter ihr Personal gut bezahlen, naütrlich ist der Druck groß!! Man schaue zum “Supermarkt” REWE und siehe eine Vielzahl von Geringfügigbeschäftigten!! Dcoh darüber empört sich kaum jemand und darüber berichtet auch keiner!! Nur von GFB kann die Gesellschaft auch nicht überleben!!
Viele Grüße
Christian
Gut bezahlen im Bereich Einzelhandel wohlgemerkt!!
Peter M.
Ja, auf dem Papier schaut das ganz okay aus, was Lidl & Co. so zahlen, aber die tatsächlichen Arbeitszeiten sehen ja oft leider anders aus. Auf jeden Fall, und das klingt ja auch in dem taz-Artikel an, kann Lidl es sich aus dem Grunde erlauben, einen Mindestlohn zu fordern, weil sie wissen, dass sie damit andere (Konkurrenz) aus dem Markt drängen, ohne dass Lidl was bei sich groß ändern müsste. Was REWE und andere Supermärkte angeht, so ist das natürlich auch eine Sauerei – aber eben auch eine Folge der Discounter-Erfolge! Da jene die Preis- & Kostenschraube so anziehen, müssen die anderen Supermärkte nachziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben – diese indirekten Folgekosten/-schäden des Billigwahns werden gerne vergessen…
Habnix
Die MainstreamMedien gehen dem Faschismus voran.
Ein anderes Wort für Freiheit ist Unabängigkeit,es sollten alle versuchen sich Unabhängig zu machen in dem sie versuchen Strom,Trinkwasser,Nahrung für sich selbst herstellen.Wir müssen eine Kultur der Unabhängigkeit erschaffen.
freedom = independently
Freiheit = Unabhängigkeit