Konformität – wem gehört mein Leben?

Es tut mir leid, dass ich heute wieder nur mit einem kurzen Lesehinweis abspeisen muss, aber mein Blogschreibe-Elan ist gerade etwas erlahmt. Vielleicht bringt das neue Jahr wieder etwas mehr Schwung! Auf jeden Fall bringt es den Artikel „Konformität – wem gehört mein Leben?“, der auf weeyoo.de erschienen ist und eine interessante Betrachtung des Phänomens Anpassung etc. bringt. Dies passt auch sehr gut zum Grundthema meines Blogs, weil Konformität und Konsum in der heutigen Zeit eng miteinander zusammen hängen bzw. das eine Ausdruck des anderen ist. Ich empfehle auf jeden Fall, wie üblich, die Lektüre des gesamten Artikels!

(…) Haben wir nicht gerade durch den Kapitalismus scheinbar unbegrenzte Wahlmöglichkeiten, können uns alle ein ganz individuelles Lebenskonzept zusammenschustern, jenseits von überkommenen Traditionen und Verhaltensregeln? Einerseits schon. Andererseits, so argumentiert der Sozialpsychologe Erich Fromm in seinem “Die Kunst des Liebes” von 1956, mache der Kapitalismus die Menschen austauschbar. Maßgeblich beteiligt sei die Arbeitsteilung. Sie führe zum Verlust der Individualität und der Ganzheit des Menschen. Man vergleiche: Einen Menschen, der einen Stuhl in liebevoller Handarbeit und mit Detailfreude herstellt, ihn vielleicht sogar hübsch bemalt – und einen Menschen, der in der Fabrik eines großen Möbelhauses 373 Stuhlbeine pro Tag an einen vorgefertigten Sitz schraubt. Welcher von ihnen lebt mehr Individualität? Wer kann sich mehr ausdrücken und wer empfindet mehr Befriedigung beim Anblick seines fertigen Produktes?

Zu keiner Zeit des Jahres wird der erzwungene Konformismus durch den Kapitalismus spürbarer als zu Weihnachten. Verzweifelt, gestresst und missmutig schlittern wir durch die Straßen, um Geld auszugeben, das wir eigentlich nicht haben – Strom-, Gas- und sonstige Betriebskostenabrechnung sei Dank. “Ich muss noch was für Papa finden” – dieser Satz kann uns wochenlang beschäftigen und in Atem halten. Obwohl Papa doch schon alles hat, was man sich wünschen kann und wenn etwas Neues auf den Markt käme, könnte er es sich im Handumdrehen selbst kaufen. “Aber ich MUSS…”

Konsumfreudig und stromlinienförmig soll er sein, der Mensch im Kapitalismus. Den Lieben selbstgemalte Bilder zu Weihnachten schenken? Geht nur, wenn man höchstens acht Jahre alt ist oder ein direkter Nachkomme Picassos. (…)

(…) So viele unserer großen und kleinen Entscheidungen legen wir in die Hände anderer Menschen und das meiste davon fällt uns noch nicht einmal auf. Weil wir bestimmte Denkmuster von der Masse übernommen haben, die unser Verhalten begründen oder zumindest rechtfertigen. Die superbilligen T-Shirts, gefertigt vermutlich von Kinderhänden irgendwo in Indien – man muss ja mit der Mode gehen. Der Job, den wir eigentlich hassen und der uns innerlich zu Grunde richtet. Irgendwie muss man ja schließlich Geld verdienen. (…)

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5 Kommentare

  1. danke für diese Empfehlung, ein toller Text, der viele Aspekte berührt … das durchzieht alle Bereiche der Gesellschaft und betrifft jeden, sich kritisch zu Hinterfragen und plädiert an die Ideale von Humanismusu und Aufklärung

  2. Aha, jetzt hat es also Dich erwischt. Sozusagen eine nachträgliche Weihnachtsgrinch-Stimmung. Wie hattest Du mir am 08. Oktober des vergangenen Jahres geschrieben? Warte, ich muss schnell nachschauen (virtuell blätter blätter, raschel, raschel). Ja, hier haben wir es: “Gute Erholung in der blogfreien Zeit – ich kenn dieses Gefühl auch, dass man sich zuweilen vom Bloggen bedrängt fühlt, da man es ja eigentlich aus Enthusiasmus tut.”
    Also, lieber Peter, mach doch einfach einmal ein kleines Päuschen. Passt schließlich haargenau auf die oben gewählte Fragestellung: “Wem gehört mein Leben?” Der Kapitalismus wartet sowieso, ein paar Tage hin, ein bisschen Geld verdienen her. Seit ich meine ganze Umwelt mit meinen immer noch aktuellen post-weihnachtlichen Hasstiraden “Kaufen, kaufen, kaufen!” terrorisiere, geht es mir selbst besser. Ziemlich egoistisch, aber eigentlich auch eine Art von Nonkonformität und Individualismus. Selbst meine Tochter hat mittlerweile schon kapituliert und vegetiert zusammen mit mir in den eigenen vier Wänden vor sich (uns) hin, anstatt irgendwo shoppen zu gehen. Also, Kopf frei bekommen, ein gutes Buch lesen oder einfach einmal die Natur von draußen betrachten. Zur Not kannst Du natürlich auch RTL, SAT1 oder etwas in der Art einschalten, dann erledigen sich bestimmte Denkmuster eh von selbst. Nein, eigentlich das ganze Denken. Also pflücke den Tag und lass den bloggenden Herrgott einen guten Mann sein (hört sich aus dem Mund eines Atheisten furchtbar an). So, und jetzt muss ich kurz meinen anderen Blog ansteuern, mir kommt gerade eine herrliche Idee.
    Lieber Peter, das soll es zum neuen Jahr (vorerst) gewesen sein. Ganz liebe Grüße aus Wien von Paul.

  3. kerstin W

    Deine Seite ist eine Bombe! Bitte höre nicht auf! Mach rühig eine Pause, aber hör nicht auf.

    Ist ne echt tolle Seite.

    • @ kerstin – danke für die Blumen! :-) Nein, ich höre definitiv nicht auf, sondern werde das Ganze nur etwas relaxter angehen.

  4. NannyOgg07

    Schöne Neujahrsgrüße von mir.

    Sehr gut hat mir der Satz gefallen: Nichts ruft so viel Mißtrauen hervor wie das Zurschaustellen der inneren Zufriedenheit mit sich selbst :-)) Vor allem das vor sich hin singen, ich erlebe jeden Tag dass Menschen darauf irritiert reagieren :-(
    Und es gab schon Probleme im Job deswegen, weil es hieß ich nähme die Arbeit nicht ernst genug, schließlich sei es doch nicht normal dass jemand ständig gut gelaunt zur Arbeit käme (ich habe es mir verkniffen zu erklären dass singen oder summen nicht immer ein Ausdruck guter Laune ist, sondern manchmal nur ein Mittel gegen die schlechte Laune).
    Sehr schön, wie gut dass ich dann nicht öffentlich tanze, wie man ja sehen kann hat sowas schlimme Folgen…

    Gruß mone

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