Wenn man sich so in der Web 2.0-, Twitter- und Bloggosphäre umhört, dreht sich dort eigentlich sehr viel darum, wie sehr das Internet doch das komplette Leben der Menschheit auf den Kopf gestellt hat und noch stellen wird – gesellschaftliches Miteinander wird, zumindest in den Augen von technikbesessenen Mitt-Dreißigern, die sich scheinbar den ganzen Tag nur um ihren Twitteraccount und ihr Online-Ego kümmern, in Zukunft völlig anders aussehen und durch das Netz revolutioniert. Dem widerspricht nun der bemerkenswere Artikel „Die Null-Blog-Generation“ von Manfred Dworschak auf Spiegel-Online, in dem der Autor diverse aktuelle Studien betrachtet, die belegen, dass die nachwachsende Generation, die Jugend von heute, das Internet zwar als selbstverständliche Einrichtung, als ein Medium (unter mehreren) benutzt, aber keineswegs normale Verhaltensweisen und Präferenzen deshalb ignoriert. Wirklich konstruktives und aktives Nutzen des Netzes, beispielsweise Mitgestaltung in Form von Blogs usw. usf., bleibt auf eine kleine Minderheit beschränkt:
Die Jugend, zur “Netzgeneration” verklärt, hat in Wahrheit vom Internet wenig Ahnung. Und die Moden des Web 2.0 – von Bloggen bis Twittern – sind den Teenagern egal. Neue Studien zeigen: Es gibt für sie immer noch Wichtigeres im Leben. […]
Eine kleine Industrie von Autoren, Beratern und findigen Therapeuten lebt von der immer gleichen Botschaft: Die Jugend sei durch und durch geformt von dem Online-Medium, in dem sie groß geworden ist. Speziell die Schule müsse ihr deshalb ganz neue Angebote machen; der herkömmliche Unterricht erreiche diese Jugend gar nicht mehr. […]
[…] Zahlreiche Studien haben inzwischen zusammengetragen, wie die Jugend tatsächlich mit dem Internet umgeht. Ihre Befunde lassen vom Bild der “Netzgeneration” wenig übrig – und zugleich räumen sie auf mit dem Glauben an die alles verändernde Macht der Technik. […]
[…] Für die Jugendlichen ist dieser Wendepunkt jetzt erreicht. Das Internet gehört schon nicht mehr zu den Dingen, an die sie freiwillig Gedanken verschwenden. Die Aufregung um den “Cyberspace” war, wie es scheint, ein Phänomen der Altvordern, der technikvernarrten Gründergeneration. Für eine kurze Übergangszeit schien das Netz ungemein neu und anders, eine eigene revolutionäre Macht, die alles packt und umformt. […]
Nicht mehr zu den ganz Jungen, aber doch Dank seiner Viva-Vergangenheit immer noch in gewisser Verbindung zur „Musikclip-Generation“ gebracht, gehört Tobias Schlegl, der nicht nur als Moderator der NDR-Satiresendung extra 3 glänzt, sondern sich auch intensiv für Nachhaltigkeit und Aufklärung in Bezug auf Konzern- und Umweltsünden einsetzt. Die taz interviewt Schlegel zu seinen An- und Absichten und seinem Kampf für eine bessere Welt – „Man darf nicht bekehren wollen“:
[…] Früher waren sie Viva-Moderator, heute sind Sie Weltverbesserer. Wie kam es zu dem Sinneswandel?
Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Das eine ist eine Jobbezeichnung, das andere ist eine Überzeugung. Ich finde es aber ganz schlimm, als Weltverbesserer bezeichnet zu werden, das will ich gar nicht sein. Ich versuche nur in meinem Umfeld, die Natur nicht auszubeuten und auch niemanden sozial auszubeuten. Beruflich darf ich dann noch Unternehmen, Politikern und Geistlichen auf die Füße treten, die etwas verbockt haben. Das ist meine Aufgabe und das nutze ich auch schamlos aus, aber das Prädikat Weltverbesserer ist ganz furchtbar. […]
[…] Ja, natürlich, du kannst bei Extra 3 viel besser Symbole setzen. Ich glaube, man muss geeignete Symbole finden, um Leute wachzurütteln und um Fakten zu erklären. Ein Beispiel: Die HSH Nordbank hier in Hamburg hat so viel Geld in der Finanzkrise verzockt, dass hier sogar die Kita-Gebühren erhöht wurden und sich viele Menschen die Kita nicht mehr leisten konnten. Da habe ich mir die betroffenen Kinder mit ihren Eltern geschnappt, mit ihnen eine Pressekonferenz der HSH Nordbank gestürmt und sie haben sich bei dem Chef für diese wunderbare Finanzpolitik bedankt und ihm ein Dankeslied gesungen. „Danke für diesen guten Morgen“ klang da etwas anders. Wir sind zwar eigentlich gescheitert. Wir haben es nicht geschafft, dass die Kita-Gebühren nicht erhöht wurden. Aber wir haben viele Menschen damit wachgerüttelt. Die HSH Nordbank hat auch sehr wütend reagiert und das ist immer ein gutes Zeichen. Ich glaube, wenn man die richtigen Symbole findet, kann man auch die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit ganz gut vermitteln. […]
Apropos Nachhaltigkeit – vor einer Weile berichtete ich ja über das Umundu-Festival für kritischen Konsum in Dresden (HIER). Dieses war, den Berichten nach, ein großer Erfolg und wird über den Festivaltermin hinaus weitergeführt. Die Veranstalter haben ein Bildungsangebot zum Thema Nachhaltiger Konsum für Schulen geformt und bieten entsprechende Vorträge, Stadtführungen usw. an. Auf der Website des Projekts kann man mehr erfahren.