Kleine spontan-subjektive „Wahlanalyse“

bdtswhl2009EIGENTLICH hatte ich mir, als ich mit meinem Blog begann, geschworen, mich aus der Tagespolitik, der Parteienpolitik herauszuhalten. Leider ist dies nicht immer ganz möglich, da halt alle gesellschaftlichen Felder irgendwie miteinander verquickt sind, und Themen wie Kommerzialisierung, Marktmacht, Überwachung etc. immer auch von der „Realpolitik“ beeinflusst, wenn nicht manchmal gar bestimmt werden (wenngleich oft hinter diesen politischen Weichenstellungen mächtige Lobbys und Konzerne stecken). Dennoch möchte ich heute aus gegebenem Anlass noch einmal kurz (!) auf die Thematik Bundestagswahl usw. eingehen – zukünftig wird die Alltagspolitik dann aber wieder einen geringen Rang im Konsumpf einnehmen.

Also, wenn die Hochrechnungen stimmen, ergibt sich stichwortartig in meinen Augen folgendes Bild:

Negativ:

  • Schwarz-geld gelb scheint tatsächlich Realität zu werden – ein Wunder angesichts der Wirtschaftskrise, die doch zeigte, für welche Interessen sich diese Parteien wirklich einsetzen; kein Wunder, wenn man gesehen hat, wie sehr die Mainstreammedien Meinungsmache betrieben haben.
  • Wir dürfen uns also auf mehr Atomkraft, mehr Privatisierungen, mehr Konkurrenz, noch mehr Wirtschaftsdominanz „freuen“; Rente mit 75 und Steuerfreiheit für alle, deren Einkommen über 100.000€ im Jahr liegt. (*Polemikmodus aus* ;-)

Eher positiv oder doch zumindest interessant:

  • Die Wahlbeteiligung auf Rekordminus – das ist schon Ausdruck deutlichen Protests
  • SPD und CDU haben zusammen so wenig Prozente wie noch nie zuvor, sprich, die kleineren Parteien legen zu (als Folge der großen Koalition, aber auch im langfristigen Trend) => das Spektrum wird bunter. Wobei FDP & Grüne nun eigentlich nicht mehr als „klein“ bezeichnet werden können und zu befürchten ist, dass manche ehemaligen SPD- & CDU-Wähler ihre Stimme dort nur „geparkt“ haben.
  • Die Piratenpartei immerhin bei ca. 2 % – und damit 0,5% mehr als die Grünen bei ihrer ersten Bundestagswahl, wie ich grad irgendwo las. Trotz einseitiger bzw. tendenziöser Medienkampagnen (Die Zeit…) und eines dürren Parteiprogramms sowie einiger (hochgepushter) Personal-Skandale. Mal sehen, wie die sich in der Zukunft entwickeln.
  • NPD und die anderen Rechtsaußen-Parteien sind quasi bedeutungslos, haben sogar weniger Stimmen als die Piraten.

Generell frage ich mich, ob es nicht auch was Gutes hat, dass CDU/CSU & FDP gerade jetzt an die Macht kommen. Denn die Krise ist ja – allen medial vermittelten Jubelmeldungen zum Trotz – natürlich noch längst nicht zu Ende, fängt vielleicht sogar so richtig erst an. Die Suppe, die sich Politik & Wirtschaft in den letzten Jahren/Jahrzehnten da eingebrockt haben, müssen nun die Schwarzgelben auslöffeln. Das wird auf der einen Seite sicher mit vielen sozialen Härten einhergehen, aber (Schocktherapie!) eventuell dann endlich mal genug Menschen aufwecken und sie dazu bringen, sich (außerparlamentarisch) zu wehren. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…

Das andere Positivum, das man in dieses Wahlergebnis hineindeuten könnte: Da die SPD in Sachen Bürgerrechte/Überwachung/Internetzensur ja brav mit der CDU mitgestimmt hat, die FDP aber sich als große Bürgerrechtspartei aufspielt(e), heißt das, dass der CDU entweder der Ausbau des Überwachungsstaat erschwert wird (falls die FDP prinzipientreu bleibt) – oder, wenn die FDP doch umfällt, hat diese damit für die Zukunft jegliche Glaubwürdigeit verspielt. Vielleicht sogar bei den Naivlingen/Egozentrikern, die diese Partei jetzt noch gewählt haben, in der Hoffnung, für sie persönlich würde dabei etwas herausspringen.

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12 Kommentare

  1. Deine Tenor folge ich. Ausserdem denke ich, dass eine Partei wie die CDU – die zwar nicht die Politik betreibt die ich mir Wünsche (Geld von “Oben” wieder mehr nach “Unten” zu verteilen)- am besten – aufgrund der jahrelangen Erfahrung im “Geschäft” in der Lage ist, uns aus der Krise heraus zu manövrieren. Obwohl ich eigentlich mehr zu Links tendiere-traue ich denen diese Leistung (noch) nicht zu. Die SPD hat sich in der vergangenen Zeit selbst viel Schaden zugefügt.

    Ihre ablehnende Haltung gegenüber der Linkspartei hat ihnen in Brandenburg eine Mehrheit (durch eine Koalation mit Links)verbaut.Wenn sie als glaubwürdig dastehen will- muss sie nun darauf verzichten, obwohl es ihre einzige Chance ist, dort an die Macht zu kommen! Nun haben sie vier Jahre Zeit und Gelegenheit sich neu zu sammeln, zu strukturieren und sich als Oposition zu beweisen. Ebenfalls müssen sie zwingend ihre Abwehr gegen Links überdenken. Die werden immer stärker – als Alternativpartei gegenüber den alteingesessenen Parteien die anscheinend nur noch Politik für die Wirtschaft betreiben. Ich persönlich kann es nur begrüßen, das die Linken immer mehr an gewicht erhalten. Sollen die doch beweisen was sie können…. Konkurrenz belebt das Geschäft!

  2. Das Problem bei der FDP ist nicht die Atomkraft, sondern ihre Wille noch mehr Kohlekraft zu nutzen. Und sie fordern “flexible Rente ab 60”. Soll heißen man darf weiterarbeiten. Ich habe mir Prospekte der FDP bestellt und ausgewertet. http://www.killergeneration.com/2009/09/27/jester-informiert-sich-fdp-3/

    Aber dass nur nebenbei. Und wären die Nichtwähler mal aufgestanden, hätte das Ganze verhindert werden können. Danke Nichtwähler

    • Najaaa – da Du nicht weißt, was die Nichtwähler im Zweifelsfalle gewählt hätten, dürfen wir uns eher bei den konservativ-änderungsunwilligen Wählern bedanken, die ihr Kreuz an der entsprechenden Stelle gemacht haben.

  3. In vier Jahren darf ich bereits wählen und die junge, freiheitliche Generation rück allgemein nach. Und die linksliberale, linke, linksmittige Opposition wird jetzt nicht locker lassen. In vier Jahren müssen wir den Fehler von heute beseitigen!

    • @killergeneration: tja, wäre schön, wenn da wirklich eine “widerständigere” Jugend heranwüchse. Allerdings sollte man, wie tschill richtig bemerkt, nicht gar zu sehr aufs Primat der Politik setzen, sondern eher dafür sorgen, dass diese Form von Staat und Parteienpolitik überflüssig wird und die Menschen sich eher selbst organisieren oder so.

      Abgesehen davon fürchte ich auch, dass halt viele Leute bei ihrer Wahlentscheidung eher danach entscheiden, welche Partei ihnen persönlich (kurzfristig) am meisten bringt/verspricht, und nicht, welche insgesamt eine lebeneswertere Zukunft für alle anpeilt. (Das Discounter-Phänomen: Hauptsache ich kann in dem Moment sparen, auch wenn das Geschäftsmodell die Lebensgrundlagen der Gesellschaft aushöhlt.)

      Typisch für diese Haltung ist folgende Aussage des Fußballers Philip Lahm, der sich ja auch schon nicht zu blöd war, seine Visage für BILD-Reklame herzugeben:
      “Mit der Wahl der Partei verhält es sich ja nicht wie mit einem Fußballverein, von dem man von Kindheit an Fan ist und auch bleibt, egal wie schlecht er spielt“, schreibt FC Bayern-Profi Philipp Lahm im „Streit der Woche“. Für ihn ist die Sache klar: er wähle die Partei, die am besten seine persönlichen Interessen vertrete. Und die seien „eher konservativ“.

  4. Mein Anti-Spam word paßt schon wieder.

    Sehe Deinem sanften Optimismus nicht so gelassen entgegen. Du unterschätzt den autoritären Charakter der Deutschen. Selbst wenn sich etwas regen sollte – die Droh- und Ausspitzelungspolitik der CDU kommt nicht zufällig daher. Crowd Control ist das große Thema der Zukunft, wenn sich die Krise verschärft. Mal sehen, wann ihr euch in Deutschland Netzinformationen von den Chinesen beschaffen müßt.

    Der Mann vom CCC hat das Zauberwort gesagt – die Deutschen sollen aufhören auf das Parlament zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange. Die Veränderung wird nicht vom Parlament kommen.

  5. lowvolume

    Ich bin auch der Meinung dass es in vier Jahren zumindest bei den Wechselwählern zu einer Desillusionierung kommt. Solche Pendelbewegungen sind ja nichts ungewöhnliches, nur denke ich müssen CDU/FDP schon Wundertaten vollbringen um angesichts der bescheidenen Wirtschaftslage die Menschen ruhig zu stellen.
    Dass da eine besondere politisch-liberale Generation heranwächst glaube ich nicht. Mit meinen 20 Jahren sehe ich in meinem Umfeld dass die jungen Leute eher nach gutdünken wählen, ohne wirkliche Überzeugung, leider. Die sind dann auch empfänglich für leere Hülsen und mediale Prominenz der Kandidaten. Je älter die Menschen (vor allem Männer) werden, desto eher tendieren sie zu konservativen Meinungen. Es geht da schlicht darum seinen Wohlstand zu verteidigen.

  6. Die FDP wird umfallen, wie sie es in Sachsen bereits getan hat. Prinzipientreu ist dort doch sowieso keiner. Und den Durchschnitts-FDP-Wähler interessiert diese Sparte doch weniger, schließlich stand die FDP noch nie für den Kampf gegen das System.

  7. gnu

    Vielleicht ist der Wahlvorgang ja auch gar nicht so logisch.

    “Die Wählermassen, d. h. die Gesamtheiten, die zur Wahl der Inhaber gewisser Ämter berufen sind, bilden ungleichartige Massen; […] Besonders hervorragend ist die geringe Urteilsfähigkeit, dann der Mangel an kritischem Denken, die Erregbarkeit, Leichtgläubigkeit und Einfalt der Massen. Auch entdeckt man in ihren Entscheidungen den Einfluß der Führer und die Wirkung der bereits angeführten Triebkräfte: Behauptung, Wiederholung, Nimbus und Übertragung. […]
    Der Wähler hält darauf, dass man seinen Begierden und Eitelkeiten schmeichelt. Der Kandidat muß übertriebene Schmeicheleien anwenden und darf kein Bedenken tragen, die phantastischsten Versprechungen zu machen. Vor Arbeitern kann man ihre Arbeitgeber nicht genug beleidigen und schmähen. Den gegnerischen Bewerber wiederum muß man zu vernichten suchen, indem man durch Behauptung, Wiederholung und Übertragung zu beweisen sucht, er sei der ärgste Schuft, von dem jeder wisse, dass er etliche Verbrechen begangen habe. Selbstredend ist es unnötig, etwas vorbringen zu wollen, was einem Beweis ähnelt. Ist der Gegner ein schlechter Kenner der Massenpsychologie, so wird er sich durch Beweise zu rechtfertigen suchen, anstatt auf verleumderische Behauptungen einfach mit andern ebenso verleumderischen zu antworten, und wird dann keine Aussicht auf Sieg haben.”
    — Gustave Le Bon (1895) in “Psychologie der Massen” http://www.textlog.de/35473.html

  8. Ja, mag schon sein, immerhin hatte die FDP eine Frau mit Brüsten auf ihren Plakaten. Das hat anscheinend gereicht…
    Und so wie ich das Aufstöhnen der User in Foren in denen ich angemeldet bin sehe, dann wird es bestimmt dazu kommen, dass Schwarz-Gelb rausgeworfen wird. Was dann aber an die Stelle treten wird ist unklar.

    • In Kiel hat die FDP nur Männer ohne Brüste plakatiert – vielleicht hat sie deshalb hier auch vergleichsweise schwach abgeschnitten? ;-)

  9. Dürfte einiges erklären :D
    Sex sells, und mit Steini hat die SPD in der Sachse schlechte Karten gehabt. Im Gegensatz zu dem Merkelplakat in Berlin^^

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