Flucht in die Karibik – Die Steuertricks der Konzerne

Zu der nachfolgenden Doku, die neulich in der Reihe ZDF Zoom lief, muss man eigentlich nichts mehr sagen, nur noch den Kopf schütteln – „Flucht in die Karibik – Die Steuertricks der Konzerne“ zeigt plastisch, wie asozial die „Global Players“ agieren, indem sie sich aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehlen und Gewinne am Fiskus vorbei lavieren. Ganz legal:

Bis zu eine Billion Euro im Jahr gehe den EU-Mitgliedsstaaten durch Steuerflucht und – hinterziehung im Jahr verloren, schätzt der zuständige EU-Kommissar Algirdas Semeta: „Das ist nicht nur ein skandalöser Verlust dringend benötigter Einnahmen, sondern auch eine Gefahr für ein gerechtes Steuersystem.“ Dass internationale Konzerne ihre Gewinne mittels Briefkastenfirmen in Niedrigsteuer-Länder verschieben, dafür hat Bundesfinanzminister Schäuble sogar Verständnis: „Jedes Unternehmen muss versuchen, die steuerlich günstigsten Möglichkeiten herauszukriegen. Wer multinational tätig ist, wird seine Steuerbelastung durch Verlagerung reduzieren. Das ist nicht illegal, sondern legal.“

Auf der Spur der Steuervermeider

Legal? Warum hindert sie niemand daran? ZDFzoom-Reporter Jo Schück folgt der Spur der Steuervermeider. Die Spur führt ihn in die Niederlande. Kaum jemand ahnt, dass unser Nachbar im Westen eine der größten Steueroasen der Welt ist – weil Beteiligungserträge, Lizenzgebühren und Zinseinnahmen für Holdings meist steuerfrei sind. Eine Chance zum Geld sparen, die sich kaum ein Unternehmen entgehen lässt.Und das ist nur der Anfang: Briefkastenfirmen in Delaware/USA, Niederlassungen in der Karibik, Steuer-Anwälte in New York – mit diesem Geflecht werden Gewinne niedrig gerechnet und damit Steuern gespart.

Neue Spielregeln

Auf dem G20-Gipfel in Moskau erfährt ZDFzoom-Reporter Jo Schück von geplanten Gegenmaßnahmen der Politik: Die Finanzminister von Deutschland, Frankreich und England wollen gemeinsam mit der OECD neue Spielregeln für die internationalen Finanzströme entwickeln. Es gehe nur gemeinsam, erklärt OECD-Generalsekretär Ángel Gurría gegenüber ZDFzoom, und sei dennoch unerlässlich: „Heutzutage will jeder Staat sein Haushaltsdefizit reduzieren, jeder will Schulden abbauen, alle bemühen sich. Aber wenn die Basis der Steuereinkommen sehr klein ist, weil die großen Konzerne nicht zahlen, dann hast Du ein Problem, dann musst du den Rest der Bevölkerung besteuern.“

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3 Kommentare

  1. Flo

    Das ist paradox.
    Uns würde in diesem Schuldgeldsystem auch nicht besser gehen, wenn diese Konzerne Steuern zahlen würden.
    In diesen Zeiten wo ALLES nur noch durch Neuverschuldung finanziert wird, decken die BRD-Gesamtsteuereinnahmen kaum noch die momentane Zinslast, die weiterhin exponentiell anwächst.
    Diese Sendung ist Gehirnwäsche und lenkt von eigentlichen Problem ab.

  2. HenningM

    So lange jeder Hinz und Kunz Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt ansieht (natürlich nur bei sich selbst, bei allen anderen ist es eine Straftat, die fast mit Mord und Totschlag vergleichbar ist!), so lange ist die Aufregung um Steuer”sparen” der Multis purste HEUCHELEI! Wer im Glashaus sitzt …!
    Und noch was: Wenn die Multis nicht Steuern sparen würden, dann würde das T-Shirt womöglich statt 5,99 Euro plötzlich 6,05 Euro kosten – um Gottes willen, SO war unsere Kritik doch nicht gemeint, liebe liebe liebe Unternehmen!

  3. chapultepec

    Ein sehr lesenswerter Artikel, der bei YouTube vorgelesen wird (http://youtu.be/au4f-8mECTo )

    Ein Platz an der Sonne – wo Geld in Ruhe „arbeiten“ kann
    Von ANDREAS VON WESTPHALEN
    http://www.hintergrund.de/hintergrund-heft-04-12-ein-platz-an-der-sonne.html

    und weil es gerade in den Nachrichten steht…

    “…Klar, da wird mit zweierlei Maß gemessen. Aber die Zyprioten sollen sich doch bitte nicht beschweren, schließlich sind sie es ja, die nichts dagegen getan haben, die „falschen“ Kunden anzuziehen. Ist das so? Nein, auf dem Schattenfinanzindex der NGO „Tax Justice Network“ [PDF – 373 KB] rangiert Zypern auf Platz 20 im Mittelfeld, während Deutschland auf Platz 9 zur Top Ten der Schattenfinanzplätze zählt. Es ist kein Zufall, dass ein großer Teil der „Gaddafi-Milliarden“ ausgerechnet in Deutschland gefunden wurde. Zypern kann zudem darauf verweisen, dass es die Anti-Geldwäsche-Vorgaben der OECD offenbar komplett umgesetzt hat. Deutschland hat von den 49 Punkten bislang nur fünf umgesetzt. Aber wen interessieren schon Fakten? Wir wissen ja schließlich alle: Der Russe ist ein böser Oligarch, der Zypriot ein Geldwäscher und wir sind die Musterknaben in allen denkbaren Disziplinen. Die Welt muss uns lieben…”

    “…25 Mrd. Euro – so hört man – sollen russische Oligarchen auf der Mittelmeerinsel Zypern „bunkern“. Ja, Russen „bunkern“, wenn Deutsche, Briten oder Amerikaner Gelder verschieben, dann „investieren“ sie – ein kleiner, aber feiner Unterschied…”

    Russische Oligarchen, zypriotische Geldwäsche und deutsche Saubermänner
    Jens Berger
    http://www.nachdenkseiten.de/?p=16578

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