Heute will ich Euch mal wieder etwas aus der Rubrik „Alternativen zum kapitalistischen Warenverkehr“ präsentieren – an vielen Ecken gibt es nämlich Initiativen von Bürgern, um dem Diktat des Marktes, des Kaufens und Verschwendens entgegenzutreten und der industriellen Marketingmaschinerie ein Schnippchen zu schlagen. Seit einiger Zeit tauchen immer mehr sog. „Giveboxes“ in diversne Städten auf, die eine Ergänzung zu den Bücherschränken sind, in die jedermann etwas reinstellen und wieder rausnehmen darf. Die WDR-Sendung markt brachte in „Givebox: Geben ohne Bedingungen“ einen kleinen Bericht zum Stand der Dinge:
Wer kennt das nicht: Da lagern irgendwo noch ausrangierte Kleidungsstücke, gelesene Bücher und vieles mehr. Was hier nutzlos verstaubt, kann aber woanders vielleicht noch sinnvoll genutzt werden.
Die Idee ist einfach: Was noch gut ist, man aber selbst nicht mehr braucht, kommt in die Givebox. Das ist ein einfacher Holzverschlag irgendwo am Straßenrand oder auf einem Platz. Man kann sich ein anderes Stück herausnehmen oder auch nicht. Einfach spenden ist erlaubt, wie auch einfach mitnehmen.
Am Düsseldorfer Hermannplatz zum Beispiel ist die Givebox so ein schlichter Holzverschlag mit Dach und einem Duschvorhang als Tür. An drei weiteren Stellen in der Stadt sowie in Münster, Siegen, Frankfurt, Hamburg und Berlin haben Bürger inzwischen solche Tauschcontainer aufgestellt. Da können Tauschwillige auch schon mal einen Markenanzug, Brettspiele, Spielzeug und Bücher finden. Eine Givebox ist also kein Müllabladeplatz, sondern eher eine Mischung aus permanentem Flohmarkt und Tauschbörse.
Bürger für Bürger
Entstanden sind alle Boxen auf Eigeninitiative engagierter Menschen. Gebaut wurde mit möglichst bescheidenen Mitteln, gefragt wurde niemand, oft nicht einmal die Behörden. Haftung bei Unfällen und Vandalismus stellen jedoch ernste Probleme dar. In Düsseldorf wurde eine Givebox angezündet und brannte ab. Einige Monate später stand jedoch schon wieder Ersatz an der gleichen Stelle. Lokale Paten schauen sich regelmäßig die Box an, sortieren Unbrauchbares aus und sind Ansprechpartner für Mitbürger und Behörden.
Doch die Lösungen sind bei fast jeder Givebox anders. Mal wurde vorher doch mit den Behörden gesprochen, mal sich der Hilfe einer Kirchengemeinde versichert. Wie viel Verantwortung einer übernehmen will und wie viel Engagement jeder zeigen will, ist ihm selbst überlassen.
Organisiert wird übers Internet
Zur Organisation werden häufig die lokalen Givebox-Gruppen auf Facebook genutzt. Dort werden Termine und Pläne ausgetauscht und auch größere Gegenstände wie Kühlschränke direkt zum Verschenken angeboten. Entscheidend ist jedoch, dass sich genug Unterstützer für den Bau und die Arbeitstreffen zusammenfinden.
Roland
“Hallo? Geht’s noch? Arbeitsplätze?
…
immer diese Hippie-Kommunisten … machen unser schönes Wirtschaftsmodell kaputt
…
jeder soll jedes Produkt separat kaufen, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht in Mitleidenschaft gezogen wird
…
hier http://youtu.be/al82qOD2_FA so geht das ;) “
SomeVapourTrails
Natürlich gibt es auch in Berlin Giveboxen. Und natürlich sollte auch eine Givebox am Rande Kreuzbergs eigentlich prima funktionieren. Denkste! Habe selbst das Prinzip einer Givebox erlebt, natürlich skeptisch, während meine Freundin diesem Modell sehr aufgeschlossen war. Eine Givebox in der Kreuzköllner Weserstraße jedenfalls hat letztes Jahr schlecht funktioniert. Wenn dort Dinge wie alte Cremes, ein Damenbindenpackungen und abgefuckte Kleidungsstücke dort herumliegen, dann scheint mir das Tauschprinzip absolut missverstanden. Die Idee mag gut sein, aber die Welt ist dazu nicht bereit. Wird es wohl auch nicht so bald sein. Im konkreten Fall war diese Givebox auf einer zu einem Hipster-Bubble-Tea-Lokal zugehörigen Freifläche untergebracht und irgendwann im Winter war die Freifläche dann auch versperrt. Wenn die Romantik des Geben und Nehmens auf schlechte Organisation und unrühmliche Resonanz trifft, dann merkt man einmal mehr, dass alles vergebens ist.
Ikem
Sehr interessanter Beitrag. Ich hätte gerne mehr davon.
Kritisch denken ist wichtig, über Alternativen nachdenken wichtiger.
Warenmonade
Hey!
Dieser Beitrag im Deutschlandradio Kultur könnte für Euch interessant sein:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dasfeature/1853483/
“Ihre Meinung ist uns wichtig! Oder Wenn aus Konsumenten Prosumenten werden”
Viel Spaß!!