Hier noch ein schneller Fernsehtipp – heute Abend um 20:15 Uhr läuft auf 3sat die interessante Doku „Der Kunde als Knecht“, in der die sogenannte „kundenaktive Selbstbedienung“ unter die Lupe genommen wird:
Der Kunde als Knecht? (3Sat, heute, 20:15 – 21:00)
“Wir bauen Möbel selbst zusammen, ersetzen im SB-Lokal den Kellner und buchen unsere Reisen im Internet. Hauptsache, König Kunde verursacht keine Personalkosten. Unterhaltsam klärt Sigrid Falin in einem dreiwöchigen Selbstversuch, “Warum wir alles selber machen”.
Vor ein paar Tagen stieß ich via Kann nicht sein, was nicht sein darf!? auf eine bei YouTube hinterlegte Dokumentation namens „Versendete Werte“, einem Special der 3sat-Medien-Sendung Zapp, in dem anlässlich des „Feiertages“ (eher ein Trauertag) von 25 Jahren Privatfernsehen in Deutschland ein Rückblick auf den Einfluss, den diese Sender auf die Medienlandschaft hatten, geboten wird. Als bekennender Feind des Privatfernsehens freute ich mich zunächst natürlich darüber, dass darin so einige nette Breitseiten gegen RTL, Sat1 & Co. ausgeteilt werden, gerade was die 100%ige Durchkommerzialisierung der Angebote angeht, die deren Programme für mich unsehbar und unerträglich machen.
Weswegen ich diese „Doku“ hier allerdings überhaupt erwähne, ist jedoch etwas anderes – man kann anhand dieses Beitrags sehr schön sehen, wie geschickt oder auch weniger geschickt Propaganda und Manipulation im Fernsehen funktionieren. Was nämlich unter dem Deckmantel einer seriösen und objektiven Berichterstattung daherkommt (man lässt ja immerhin auch den „Feind“, die Privaten, zu Wort kommen!), ist bei genauerer Betrachtung nicht viel mehr als ein recht plumper Versuch, die eigenen (also öffentlich-rechtlichen) Schwächen zu übertünchen und zu verharmlosen – und vor allem wird durch den ernsten Stil der Interviews unterschwellig suggeriert, dass das, was die öff.-rechtl. Anstalten normalerweise so an journalistischen Inhalten ausstrahlen, durchaus seriös und somit irgendwie wahr ist. Der sonore, fast schon staatstragende Ton eines Fritz Pleitgen lässt beim Zuschauer jeden Zweifel, dass hier etwas anderes als die reine Wahrheit verkündigt wird, sofort im Keime ersterben…
Dass die Nachrichten und Berichte, die selbst auf ARD und ZDF laufen, auch nur vorselektierter Mainstream sind, so dass gewisse Dinge von vorneherein ausgeblendet werden (tiefgehende System- oder Konsumkritik z.B.), darüber wird hier natürlich kein Wort verloren. Ich bekam ja schon immer einen Hals, wenn ich mal gesehen habe, dass in der Tagesschau oder bei Polittalkshows die Arbeitslosenzahlen kritiklos verkündet werden, ohne darauf hinzuweisen, dass diese zigfach geschönt und durch mannigfaltige statistische Kniffe zurechtfrisiert wurden, um einen Aufschwung herbeizufabulieren. Wobei man halt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wenigstens ab und an überhaupt noch mal kritische Töne und auch Infos über Randthemen sieht – etwas, das man im gleichgeschalteten, ausschließlich auf die Quote und den Umsatz des Senders schielenden Kommerzfernsehen vergebens sucht. Leider sind die öff.-recht. Anstalten seit längerem auch schon auf den Zug aufgesprungen, alles zu einem „Event“ umformen und maximal unterhaltsam darbieten zu müssen.
Dass Fernsehen generell „Soma fürs Volk“ ist, das die Menschen davon abhalten soll, selbst nachzudenken und am Ende gar noch auf die Straße zu gehen, ist ja nun auch ein nicht ganz von der Hand zu weisender Einwurf mancher Medienkritiker. Ich zitiere hier mal den besagten Kann nicht sein…-Blog:
(…) Mehr Ablenkung konnte man es auch nennen. Ablenkung vom eigenen Leben, Ablenkung von der eigenen Realität, Ablenkung von der eigenen Umwelt. Vom Job, von Geldsorgen, von familiären Problemen. Von der Politik, von der Zukunft, von Krieg und Frieden.
Klar, is ja auch viel einfacher und stressfreier: Zurücklehnen und das Gehirn ausschalten, während man sich genüsslich ansehen kann wie andere Menschen, die man niemals kennenlernen und spätestens 10 Minuten nach dem Konsum auch schon wieder vergessen haben wird, wahlweise ihre Wohnung, das Auto oder die Brüste repariert kriegen.
Ich könnte mich jetzt wieder stundenlang über das Programm des deutschen Fernsehens auslassen und etliche Beispiele bringen wann sich mir das letzte Mal die Fußnägel hochgestellt haben, aber wozu? Schalte doch einfach mal selbst kurz die Glotze an. Komm! Auf! Schalt ein. Hör doch mal für 2 Minuten auf zu lesen und zapp mal durch.
Klick: Werbung, Die Supernanny, Werbung, 3 Kochsendungen, Werbung, Fakesendungen (K11, Lenßen&Partner, Gerichtsshows, Quizshows, Chart-Shows usw…), zwischendurch Werbung, Unterhaltung, Werbung, Comedy, Werbung, Castingshows, Werbung, das Promi Dinner, Werbung, Big Brother…Klick.
Es soll ja Menschen geben denen das noch nicht einmal auffällt.
Menschen die das noch nicht einmal stört.
Aber warum auch? Wenn man es nicht anders kennt? Wir wachsen ja alle damit auf. Heutzutage werden Kinder schon in jungen Jahren an die bunte Welt des Fernsehens gewöhnt und auch bereits so früh wie nur irgendmöglich von der Unterhaltungsindustrie umgarnt.“ Kundenbindung“… damit kann man gar nicht früh genug beginnen!
So vermittelt man Werte…bezahlbar bitteschön in Euro. Dankeschön.
Das 3Sat-Medienmagazin ZAPP (eine der erfreulich kritischenen Ausnahmen im Fernseheinerlei) brachte kürzlich einen sehr erhellenden und ein erschreckendes Schlaglicht auf unsere ach so freien Medien werfenden Beitrag – „Mediaagenturen in der Grauzone“ [via Nokturnal Times]. Hier ein Auszug aus dem Text der Sendung, der natürlich auch zu meiner Serie „Werbung schadet“, Teil 2 und 2b, bestens passt:
Es gibt einfach kein Entkommen. Jeden Tag, immer und überall. Tausende von Werbe-Botschaften. Im Fernsehen. Zeitschriften. Internet. Doch woher wissen die Hersteller eigentlich, wo und wie sie uns am besten erreichen? Mediaagenturen kennen die Antwort. Oder sollten es zumindest. Sie beraten die Unternehmen, verteilen deren Werbemilliarden. Doch immer mehr fließen dabei auch in die eigene Tasche. Sebastian Bellwinkel über ein gigantisches Geschäft in der Grauzone.
Sie heißen GroupM, Omnicom Media Group, oder Zenithmedia. Und sie bewegen geschätzte 20 Milliarden Euro – Pro Jahr – ein Riesengeschäft. Mediaagenturen, wie Carat in Hamburg, sind die stillen Lenker im Geschäft zwischen werbungstreibender Wirtschaft und den Medien. Sie entscheiden, wo eine Anzeige erscheint und wann ein Werbespot läuft. Peter Petermann, Geschäftsführer CARAT Hamburg: „Eine Mediaagentur hat die Aufgabe, die kreativen Inhalte, den Spot oder eine Anzeige, die eine Kreativagentur gestaltet, bei dem Fernsehsender oder in dem Verlag zu platzieren. Und natürlich dafür zu sorgen, dass das Budget, dass der werbetreibende Kunde zur Verfügung stellt, möglichst effizient einzusetzen.“
Mediaagenturen als Berater
Eigentlich sollen die Mediaagenturen ihre Kunden beraten. Dann kaufen sie z.B. bei den Vermarktern der TV-Sender Werbezeiten ein. Für diese Leistung werden die Mediaagenturen von den Werbekunden bezahlt – Eigentlich. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Die Kunden haben darauf vertraut, dass die Mediaagenturen treuhänderisch für sie tätig sind. Allerdings hat sich das dann im Laufe der Zeit abgeschliffen, die Mediaagenturen gerieten sehr stark unter Kostendruck. Die Kunden, ihre eigenen Kunden haben die Honorare gekürzt, Druck darauf ausgeübt, und die Mediaagenturen mussten sich neue Wege zur Refinanzierung suchen.“ Auszeichnungen und Pokale für die beste Strategie reichten nicht mehr aus. Nur Mittler zu sein im großen Werbegeschäft, das brachte auf einmal zu wenig Geld. Sonja Feldmeier hat die Werbebranche seit 20 Jahren im Blick. Und sie beobachtet, wie die Agenturen immer einflussreicher werden. Vom treuhänderischen Berater zum mächtigen Händler. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Die Mediaagenturen selber definieren sich heute als eigenständige Wirtschaftsstufe. Das heißt, dass sie mit dem Gut, das sie eigentlich neutral und objektiv empfehlen sollten, auch Handel treiben.“
(…) Redaktionelle Einflussnahme
Und nicht nur wirtschaftlich droht ein Ausverkauf. Jens Uwe Steffens, Geschäftsführer pilot media: „Die Agentur bündelt als Großhändler natürlich wahnsinnig viele Kundenvolumina, ist dadurch natürlich viel mächtiger als ein einzelner Kunde. Kommt dieser in Schwierigkeiten rein und bittet seine Agentur um Mithilfe, weil eine kritische Berichterstattung zum Beispiel droht, ist da ein sehr großes Machtpotential gegenüber den Medien, dieses auch einzuschränken.“ Redaktionelle Einflussnahme. Auch solche Fälle kennt Sonja Feldmeier. Doch Namen möchte sie lieber nicht nennen. Sonja Feldmeier, Medienjournalistin „w&v“: „Je gesünder ein Medium ist, egal ob Verlag oder Sender, desto stärker können die auch bewussten Einflussnahmen widerstehen. In den jetzigen Zeiten dürfte es schwierig werden für den ein oder anderen.“ Und das nutzen die Mediaagenturen aus. Immer mehr Verlage und Sender knicken ein und akzeptieren Verträge, die sie eigentlich anprangern müssten. Uli Bellieno, ehemaliger Vermarktungschef von RTL: „Also ein sehr riskantes Spiel, was hier gespielt wird und was auch ein bisschen Endzeitstimmung zeigt, wenn man sich auf so ein Spiel einlässt.“