Schlagwort: Konsum

„Mensch, willst du ewig kaufen?”

Das Thema Konsum- und Reklamekritik erscheint in der letzten Zeit erfreulich häufig auch in den (gehobenen) Mainstreammedien. Neulich, wie geschrieben, in DIE ZEIT, und letzte Woche sendete der Deutschlandfunk eine komplette Sondersendung über „Kommunikationsguerilla gegen Konsumkultur”.

Werbetafeln, beklebt mit: “Reklame verboten”. “Wir freuen uns auf Ihre nächsten Entlassungen und unsere Gehaltserhöhungen”, besagt die PR-Kampagne einer Bank. Amtliche Briefe fordern Notopfer für den Afghanistankrieg. Zeichen dafür, dass die Kommunikationsguerilla mal wieder zugeschlagen hat.

Ihr Ziel: die “subversive Kommunikation” über Konkurrenz, Leistungsdenken und Zeitgeist. Außerdem: den Konsum lächerlich zu machen, denn er bestimme nach ihrer Auffassung unser Leben.

Ihre Mittel: die spaßhafte Unterwanderung, Protest durch Chaos, “Fakes” von Werbebotschaften und politischen Verlautbarungen.

Die Guerilleros arbeiten im Verborgenen, überall in Europa. Der Autor hat sie bei Planung und Ausführung ihrer Aktionen beobachtet, beim Versuch, die Wahrheit über diejenigen zu sagen, deren Geschäft das Lügen ist.

In dieser Sendung kommt ebenfalls der Wiener Publizist Klaus Werner-Lobo („Schwarzbuch Markenfirmen”/„Uns die Welt”) zu Wort:

Lobo: Gerade natürlich im Bereich von Markenprodukten ist es so, dass Menschen sich Identitäten zulegen, in dem Sinn dass mit Produkten gewisse Emotionen verbunden sind und man hat so das Gefühl, wenn man sich dieses Produkt jetzt kauft, dann kann man diese Emotionen mit sich selbst verbinden.

Der Markterfolg, der hängt ja komplett von der Werbung ab, weil Werbung heute ja nicht mehr darin besteht ein Plakat zu drucken oder ein Inserat zu schalten, sondern da geht’s wirklich um groß angelegte Imagekampagnen. Also, die neuste Methode der Konzerne – gar nicht so neu ( … ) aber mit der sie in letzter Zeit sehr, sehr erfolgreich sind, ist die sogenannte ( … ) soziale Unternehmensverantwortung, wo sie uns weismachen wollen, dass sie jetzt ethisch und sozial denken und ( … ) quasi gute Bürger einer Gesellschaft sind. Das Ganze ist ungefähr so, wie wenn man vorher jemandem alles wegnimmt ( … ) und dann sag ich: stimmt eigentlich, der schaut arm aus und ich geb dem einen Euro.

(…)

SPRECHERIN Laut Klaus Werner-Lobo werden beispielsweise die Turnschuhe der Firma Adidas in Indonesien und China für circa vierzig Cent pro Paar genäht.

SPRECHER Um dann in Deutschland für hundert Euro über den Tisch zu
gehen.

SPRECHERIN Einen großen Teil dieses Profits schluckt die Werbung, die längst nicht mehr nur Werbung in Anzeigen und auf Plakatwänden ist.

SPRECHER Viel eher Lifestyle-Creation, umfassendes Management, das kein Produkt verkauft, sondern eine Lebenseinstellung.

(…)

Bergstedt: Adbusting ist für mich ein Teil des Eingreifens in den öffentlichen Raum, und zwar bezieht sich das vom Begriff Adbusting ja auf alles, was so an Werbeflächen da ist, für alles Mögliche, also grad egal, ob da ein Produkt angepriesen wird oder ob dort eine Partei Werbung macht oder in welcher Form auch immer ( … ) das hat sehr viel mit dem Alltag der Leute zu tun.

SPRECHERIN Die Adbuster-Szene ist eine der facettenreichsten Gruppierungen innerhalb der K-Guerilla.

SPRECHER Ihre Arbeitsweise reicht von illegal bis legal.

SPRECHERIN Komplett verweigernd – oder selbstironisch.

Leider gibt es von der Sendung keinen Podcast, aber immerhin ein pdf mit dem Sendungsmanuskript, das sich sehr amüsant und interessant liest und viele Facetten des kreativen Protests gegen Kommerz und Werbung beleuchtet.

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Work, buy, consume, die

[Quelle]

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Unsere Überflussgesellschaft

Es ist schon erstaunlich und ja irgendwie erfreulich – das Thema bewusster/nachhaltiger Konsum bzw. Umdenken beim Wirtschaften kommt immer mehr im Mainstream an – Tobi Schlegel schreibt ein Buch über die Zukunftsfähigkeit der jungen Deutschen, die neue Geo befasst sich mit „Weltretter im Supermarkt” und auch auf tendenziell unpolitischen Seiten wie SmallTalk-Themen ging es neulich um die „Kritik an unserer Überflussgesellschaft”:

Die Folgen einer solchen wirtschaftlichen Entwicklung pflegte der kritische Ökonom John Kenneth Galbraith recht nachvollziehbar auszumalen: „Die Familie, die ihr lila-kirschrotes, automatisch geschaltetes, automatisch gebremstes, mit raffinierter Luftheizung und Luftkühlung ausgestattetes Auto aus der Garage holt, um einen Ausflug zu machen, fährt durch Orte mit schlecht gepflasterten und ungereinigten Straßen, verfallenen Häusern, scheußlichen Reklameschildern … und genießt am Ufer eines verdreckten Flusses die köstlichen Konserven aus der transportablen Kühlbox.” (Zitat von 1958!)

Ach ja, und in der Süddeutschen wurde gestern der US-Systemanalytiker Dennis Meadows zur „Abkehr vom Wachstumscredo und der Frage, warum die Finanzkrise Umweltprobleme verschärft” interviewt – „Es geht darum, weniger zu konsumieren”. Ein sehr lohnenswerter Artikel!

Meadows: Der Treiber ökonomischen Wachstums ist der persönliche Konsum. Es geht darum, den Leuten zu vermitteln, dass sie weniger konsumieren müssen. Dann benötigen wir weniger oder auch gar kein Wachstum und sparen Ressourcen und auch Geld. Diese Botschaft ist aber sehr unpopulär. Die Antwort etwa auf teures Öl im Wahlkampf in Amerika ist es, den Leuten zu versprechen, dass man die Steuern auf den Rohstoff senkt, um es billiger zu machen. Die richtige Antwort wäre aber, ihnen zu sagen, dass man die Suche und Forschung zu alternativen Rohstoffquellen unterstützen will und dass sie nun eben mehr zahlen müssen, bis die Alternativen greifen. Wer letzteres sagt, wird nicht gewählt.

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Carrotmob – Politik mit vollen Einkaufswagen

Gerade eben online bei der taz gefunden – eine interessante Form des politischen Konsums: Carrotmob, eine Bewegung aus den USA, in dem die Mitglieder an einem bestimmten Tag bei einem Geschäft zu kaufen, das am verspricht, am meisten für die Umwelt zu tun. Ob das wirklich dauerhaft sinnvoll ist, wage ich zwar etwas anzuzweifeln, aber immerhin mal eine spannende Idee, konkret etwas zu bewirken.

Brent Schulkin organisiert den “Carrotmob”. Er bestellt Hunderte von Leuten zum Blitzeinkauf in das Geschäft, das verspricht, die Umwelt am stärksten zu schonen. “Firmen tun alles für Geld.”

Keine Energieverschwendung, keine Müllberge und so Sachen. Mit der kollektiven Kaufkraft ließen sich Händler und Produzenten dazu bewegen, umwelt- und sozialverträglicher zu werden.

Dieter Rucht, Protestforscher am Wissenschaftszentrum Berlin, sagt: “Die Idee klingt clever”, er zeigt sich aber skeptisch. Denn mit einer spontanen, zudem lokalen Aktion sei es nicht getan.

(hier findet Ihr den ganzen Artikel)

Tja, und auch das findet sich heute auf der taz-Seite – Biokette Basic muss Geschäfte schließen. Hat sich also was mit dem ungebremsten Siegeszug „politischen Konsums”. Leider nimmt der Bioumsatz bei den Discounterketten dafür zu, die ja nun wirklich nicht nachhaltig wirtschaften (sondern genau das Gegenteil – die einzige „Nachhaltigkeit” von Aldi, Lidl & Co. besteht darin, nachhaltig Sozial- und Wirtschaftsstrukturen sowie unsere Umwelt zu zerstören) und deren weitere Verbreitung das Entwickeln von Alternativen zu monolithischen Großunternehmen immer schwieriger macht…

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