Nachdem unser Finanzsystem dieser Tage massiv in Taumeln geraten ist, Politiker um Vertrauen in die Banken werben und an allen Orten sogar das Wirtschaftssystem in Frage gestellt, eine Epochenwende prognostiziert bzw. das nahende Ende des Kapitalismus postuliert wurde, haben die Regierungen der Industriestaaten in einer konzertierten Aktion Abermilliarden Dollar zur Stützung der Banken etc. bereit gestellt. Und nun ist zu befürchten, dass abgesehen von ein paar kleineren Korrekturen in Bezug auf verschärfte Aufsicht, den Austausch einiger Marionetten o.ä. alles sehr bald wieder zu business as usual übergeht – bis zur nächsten Krise, in der es dann noch stärker knallen wird. Die grundlegenden Probleme dieses auf permanentes Wachstum ausgelegten Systems bleiben damit unkuriert, und die systemimmanenten Ungerechtigkeiten werden sicher weiter zunehmen, zumal man zukünftig mit dem Hinweis auf die „Finanzkrise” sicher noch so manche soziale Härte zu rechtfertigen versuchen dürfte.
War’s das also schon wieder? Bei meinem nächtlichen Streifzug durchs Internet stieß ich auf einige interessante Stimmen zum Thema.
Der von mir sehr geschätzte sum1-Blog konstatierte vor einigen Tagen „Kapitalismus tot, wir leben” und vermisst von vielen Systemkritikern konstruktive Ansätze für ein echtes Umdenken.
Denn wo bleiben Antikapitalisten wenn der Kapitalismus zu Bruch geht? Sie verlieren ihre Identität. Sie haben nichts mehr was sie hält, aber da die meisten von ihnen nur gelernt haben zu kritisieren allerdings die wenigsten Alternativen aufzubauen sind sie jetzt nicht nur sprachlos sondern auch tatenlos.
sum1 hatte gehofft der Kapitalismus würde uns noch etwas mehr Zeit bis zum Crash geben so, dass es alternative Strukturen bereits geben würde die sofort einspringen könnten. (…) So bin ich am Ende froh wenn den ewigen Nörglern jetzt mal Feuer unterm Arsch gemacht wird. Denn spätetsens wenn Vater Staat nicht mehr genug Kohle haben wird um die “Anarchisten” auszuhalten werden sie sich um alternative Wirtschafts- und Lebensformen bemühen müssen.
Die Diskussion, die sich in den Kommentaren zu seinem Beitrag abspielt, ist auch lesenswert!
Alternativen zum derzeitigen Wirtschaftssystem versucht der Nachhaltig beobachtet-Blog aufzuzeigen, und dass diese auch ein Umdenken im Geld-/Währungssystem bedeuten müssen, führt er an anderer Stelle aus.
Erinnert sich noch jemand, was ursprünglich mal die Funktion von Geld war? Und was ist heute daraus geworden? Etwas so Komplexes und Abstraktes, dass eine kleine Minderheit mit rekursiven Mechanismen gewaltig abzockt. Warum nehmen wir die Sache nicht wieder selber in die Hand?
Peter Richter diskutiert in seinem Blogsgesang in mehreren Postings über die Ursachen der aktuellen Krise und fordert dazu auf, statt der Symptome den Krankheitsherd des Finanzsystems zu behandeln:
Tatsächlich jedoch ist die Krise nur dann nachhaltig zu bewältigen, wenn Regeln gefunden werden, durch die zumindest ein Teil der Gewinne aus einer weitgehend menschenlosen Produktion der Allgemeinheit zugute kommt, ihrer Bildung, ihrer kulturellen Entwicklung, ihrem Lebensumfeld und auch jenen, die für die Produktion nicht mehr gebraucht werden und ihren Beitrag zur Gesellschaft auf anderen Feldern erbringen, vor allem solchen des solidarischen Miteinander (…)
Und in einem anderen Posting beklagt er, dass der Weg des Geldes immer nach oben führt.
Ungeachtet des Super-Gaus im Finanzwesen wollen die dafür Verantwortlichen ungerührt das fortsetzen, was sie herbeiführte – die unverfrorene Umverteilung von unten nach oben.
Oder wie die Berliner Zeitung kommentiert: „Der Staat rettet – sich selber”.
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 gab es eine vielzitierte Behauptung: Nichts wird wieder so sein wie vorher. Heute wissen wir: Alles ist genau so wie vorher, abgesehen vom Ausbau des Überwachungsstaates, vielleicht.
Eine wenig erbauliche Aussicht… wir sollten alles daran setzen, dass zukünftig nicht so weitergewurschtelt wird!