… wurde am Wochenende bei der gruseligen Selbstbeweihräucherungsgala „Der Deutsche Fernsehpreis 2008” von Marcel Reich-Ranicki ja erfreulich deutlich & süffisant kritisiert. Seine Weigerung, den Preis für sein Lebenswerk anzunehmen, sorgte gar für eine Art (Medien-)Eklat. So offene Worte zur mangelnden Qualität insbesondere der Kommerzsender (aber auch der öff.-rechtlichen Anstalten – wieso müssen die von meinem Geld Soaps und Telenovelas senden??) sind (logischer Weise) im TV selten zu vernehmen und deshalb um so bemerkenswerter:
Schön, wie die ganzen Fernsehdödel („Promis”) im Publikum dazu noch applaudieren, die haben offensichtlich nichts verstanden bzw. waren sie froh, als der unbequeme Nörgler die Bühne verließ und sie wieder unter sich in ihrem Friede-Freude-Eierkuchen-Land waren. Fernsehen wird eh allgemein überschätzt, wenn man mal den Käse bedenkt, der da tagtäglich über die Menschheit ausgegossen wird, das Hirn verkleistert und die Leute davon abhält, WIRKLICH zu leben… Schade um die Zeit!
Weitere Kommentare hierzu:
- Reich-Ranicki lehnt Deutschen Fernsehpreis ab (Spiegel)
- Böse Miene zur blöden Gala (taz)
- Fernsehpreis 2008: Reich-Ranicki lehnt ab (WDR)
- Deutscher Fernsehpreis: Das TV und ein Unkraut namens Ignoranz
Ergänzung: Und Reich-Ranicki legt in einem aktuellen Interview noch mal nach
Udo A.
Ich sehe die harsche Kritik des Marcel Reich-Ranicki an den Machern des Fernsehens zunächst als durchaus berechtigt an, treiben es die Programmgestalter mit zum Teil sinnlosen und volksverdummenden Fersehsendungen wirklich ein wenig zu weit. Insbesondere gilt dies vornehmlich für viele Sendungen der privaten Fernsehanstalten, die vielfach nur aus Gründen von Einschaltquoten geistig minderwertige Programmsendungen bieten. Dies ist leider sehr bedauerlich, wobei es hier natürlich auch um erforderliche Werbeeinnahmen, also um kommerzielle Hintergründe geht. Höhere Einschaltquoten bedeuten mehr Werbeeinnahmen und dies ist ja gerade bei den privaten Sendern von existenzieller Notwendigkeit.
Man darf aber keineswegs den Fernsehanstalten und den Programmmachern die alleinige Schuld an dieser Misere aufbürden, wie jetzt Marcel Reich-Ranicki meint. Das Ganze ist doch vielmehr ein gesellschaftliches Problem, will heißen, dass immer mehr Leute doch diese vielen Schundsendungen haben und sich auch anschauen wollen. Wenn so viel “Blödsinn” (wie Marcel Reich-Ranicki ja zu recht bemerkte) gesendet wird, liegt es doch mit am Zuschauer selbst und darin begründet sich zumindestens auch die Ursache für den zunehmenden geistigen Verfall unserer Gesellschaft. Dies heißt im Klartext, wenn sich keiner den vermeintlichen “Müll und Schund” anschauen würde, gäbe es doch auch nicht so viele minderwertige und geistlose Sendungen im TV zu sehen, oder?
Dahingehend muss man die empörenden Worte des Marcel Reich-Ranicki relativieren und ihn selbst in Zusammenhang mit der nachträglichen Aussprache mit Thomas Gottschalk vom 17.10.2008 kritisieren. Die Problematik liegt ja nicht bei den Fernsehsendern alleine, sondern auch beim Zuschauer. Diese Differenzierung hat Marcel Reich-Ranicki vermissen lassen. Ferner bieten die öffentlich-rechtlichen Sender auch spezielle, hochwertige kulturelle- und wissenschaftliche Sendungen (z.B.in einigen Nebenkanälen) an. Mit seiner mehr oder weniger einseitigen Pauschalkritik nur in Richtung der Fernsehsender liegt Marcel Reich-Ranicki meines Erachtens etwas daneben. Dies hätte er nach der ganzen Aufregung beim Fernsehpreis jetzt anlässlich des neuen Gespräch vom 17.10.2008 besser beurteilen können und müssen.
Peter M.
Da hast Du auf jeden Fall Recht – und zwar gibt es im öff.-recht. Fernsehen wirklich einige gute Sendungen mit kritischen Tönen, teils sogar zu richtig guten Sendezeiten (Frontal 21, quer). Sowas findet man im Privatfernsehen praktisch gar nicht.
Von daher war MRR Kritik zu pauschal – und Dein Hinweis, dass eben auch viele Menschen genau diese Art von Programm sehen wollen, stimmt sicher auch, das ist eindeutig auch ein gesellschaftliches Problem (ein Bildungsproblem?). Eine derartige “Zuschauerschelte” hat er sich aber nicht zu äußern getraut ;-), das kommt ja auch etwas arrogant daher… Ich vermute dennoch mal, dass viele Menschen auch etwas weniger dämliche Sendungen schauen würden, wenn sie so prominent gefeaturet werden. Viel von dem Kram, der da so in den Privaten läuft ist halt auch schön billig herzustellen (man denke nur an diese Dokusoaps), so dass die Sender kein Interesse daran haben dürften, daran was zu ändern… wirkliche Aufklärung oder Wissensvermittlung findet da kaum statt (wenn man mal von so Ansätzen wie Gallileo o.ä. absieht, die immerhin recht erfolgreich sind!) – schließlich geht es nur um die Quote und um den Gewinn der Senderkonglomerate. Da sind niedrige Kosten halt auch wichtig. Aufwändige Recherche schadet nur dem Budget…