Weise Worte (2)

„Der moderne Kapitalismus braucht Menschen, die in großer Zahl reibungslos funktionieren, die immer mehr konsumieren wollen, deren Geschmack standardisiert ist und leicht vorausgesehen und beeinflußt werden kann. Er braucht Menschen, die sich frei und unabhängig vorkommen und meinen, für sie gebe es keine Autorität, keine Prinzipien und kein Gewissen – und die trotzdem bereit sind, sich kommandieren zu lassen, zu tun, was man von ihnen erwartet, und sich reibungslos in die Gesellschaftsmaschinerie einzufügen; Menschen, die sich führen lassen, ohne daß man Gewalt anwenden müßte, die sich ohne Führer führen lassen und die kein eigentliches Ziel haben außer dem, den Erwartungen zu entsprechen, in Bewegung zu bleiben, zu funktionieren und voranzukommen. […] Jeder glaubt sich dann in Sicherheit, wenn er möglichst dicht bei der Herde bleibt und sich in seinem Denken, Fühlen und Handeln nicht von den anderen unterscheidet.“

(Erich Fromm, Die Kunst des Liebens, 8. Auflage, S. 100f.)

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2 Kommentare

  1. Das für mich erschreckendste an diesen Worten ist, dass diese aus dem Jahre 1977 stammen, und immer noch nichts von Ihrer Brisanz und traurigen Realität eingebüsst haben.
    Im Gegenteil, es mag einem manchmal so vorkommen, als wären diese Vorhersagen für große Teile der Bevölkerung genau so eingetroffen.

  2. andi1789

    Noch bedrückender empfinde ich die Tatsache, dass die meisten Leute der Ansicht sind, dass das, was Fromm beschreibt, immer schon so gewesen sei, in der Natur des Menschen liege und deshalb eine Umorientierung unmöglich sei.Wenn ich ihn richtig verstehe, dann handelt dieses Zitat nicht von einer zukünftigen Gesellschaft sondern von der damaligen Gegenwartsgesellschaft, die mit der heutigen vielleicht noch stärker identisch ist.

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