Dez
07
2010
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Surftipp: PPP-Irrweg – gegen Geheimverträge mit Großinvestoren

Public Private Partnership, oder auch kurz und griffig unter PPP bekannt, ist eine relativ neue Variante von Politik und Wirtschaft, mit der, unter dem Deckmantel der Finanzerleichterung für Kommunen, öffentliche Güter wie Infrastruktur und (staatliche/kommunale) Dienstleistungen Schritt für Schritt in private Hand überführt und somit oft der demokratischen Mitbestimmung entzogen werden. Schon einige Male berichtete ich in meinem Blog über die Nachteile, die mit diesem juristischen Konstrukt für die Gemeindeneinhergehen (z.B. in „PPP – vielleicht doch nicht immer so eine gute Idee“) – vor allem über die Risiken. Denn die Kommune verkauft ein öffentliches Gut wie die Wasserversorgung oder Straßen an einen Investor und mietet dieses dann sofort wieder zurück, was zunächst das Staatssäckel entlastet, denn die Mietkosten sind natürlich geringer als die Instandhaltungskosten vieler Gebäude etc. Allerdings bergen diese komplizierten und undurchsichtigen Vertragswerke viele Gefahren und geben zuweilen auch den Investoren die Macht über essentielle öffentliche Güter, über deren Verwendung die Bürger eigentlich selbst bestimmen sollten statt sie nach den Renditevorgaben der oft auch ortsfremden Investoren auszurichten.

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Nov
12
2009
4

Der Autowahn: Todesfalle A1

Wer für die nächste Diskussion mit einem FDPler ein paar neue Argumente gegen die vermeintliche Allheilmacht der Privatisierung einstmals öffentlicher Güter braucht, der sollte sich den noch einige Tage beim NDR online verfügbaren Bericht „Todesfalle Autobahnbaustelle: Enge Fahrspuren führen zu vielen Unfällen“ anschauen, in dem es um das Teilstück der A1 zwischen Bremen und Hamburg geht, welches inzwischen teilprivatisiert ist. Dass der unglaubliche Schwachsinn mit dem Schwerlastverkehr ein eigenes Thema ist, ist klar, denn was da in unserer Konsumgesellschaft an sinnlosem Zeug durch die Lande gekarrt wird, nur damit einige Idioten französisches Wasser an der Nordsee und bayerische Kondensmilch in Hamburg schlürfen können, steht in keinem Verhältnis zum „Nutzen“.

(…) Doch das ist gegen die Interessen der A1Mobil. Jeder Lkw bringt Maut in die Kassen des privaten Betreibers. Jetzt vermuten Kritiker des Projekts, die Lkw würden deshalb nicht mit Empfehlungen und orangefarbenen Umlenkpfeilen weiträumig von der Baustelle fern gehalten. “Hier wird die Einnahmeerwartung des Betreibers höher gewichtet als das Interesse daran Unfälle zu vermeiden”, meint der unabhängige Raumplaner Gerhard Joksch.

Um die Unfallzahlen zu senken, hat die zuständige Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet: Elektronische Stauwarnanlagen, Verkehrsüberwachung per Video und extra für diese Baustelle kreierte Verkehrsschilder, die zum “versetzt Fahren” in den engen Abschnitten auffordern. Doch das bezahlt nicht etwa die Betreiberfirma, die für die Gestaltung der Baustelle verantwortlich ist. “Einen Großteil bezahlen wir, also der Bund, weil diese zusätzlichen Maßnahmen nicht im Vertrag geregelt waren”, räumt Heiko Gerken von der Landesbehörde in Verden ein.

Der Steuerzahler wird also zur Kasse gebeten, aber was da sonst noch alles im Vertrag geregelt ist und wie hoch die Maut-Einahmen der A1Mobil GmbH sind, das erfährt er nicht. “Bei den Verträgen handelt es sich um privatrechtliche Verträge, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind”, teilt uns die A1mobil GmbH auf Anfrage mit. (…)

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Kommentare: 4 | Umwelt,Wirtschaft | Schlagwörter: , , , , |
Mai
27
2009
4

Autobahn-Privatisierung: Wehret den Anfängen

bild-3Dass in Deutschland die Interessen von Autofahrern und Autoindustrie die wichtigsten und schützenswertesten sind, ist uns allen spätestens mit der unseligen Abwrackprämie wieder vor Augen geführt worden. Kombiniert man dies mit dem Trend, staatliche Aufgaben zu privatisieren (oft zu Lasten der Bürger), so entstehen Projekte wie die Privatisierung der Autobahn A5 am Oberrhein vor wenigen Tagen. Der BUND hat diesbezüglich eine Pressemitteilung herausgegeben, die die Grundproblematik und die fatalen Folgen dieser Entwicklung sehr klar darstellt und die ich deshalb hier komplett wiedergeben möchte:

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Die Bundesregierung privatisiert 370 Kilometer Autobahn
Die Lkw-Maut sorgt für ein umweltfeindliches neues Gewinnmodell: Einige Unternehmen und Konzerne wollen über privatisierte Autobahnen Milliarden aus der Straßengebühr für Lastwagen verdienen. Sechs Projekte sind (für den Anfang!) in Planung. Ein erstes Projekt wurde im Mai 2009 am Oberrhein angegangen. Während die Privatisierung der Bahn bundesweit ein wichtiges und umstrittenes Thema ist, läuft die beginnende Autobahnprivatisierung noch ohne große öffentliche Debatten.

Die Privatisierung der Autobahn lohnt sich für die Betreiber nur, wenn möglichst viele PKW und LKW die Autobahn nutzen. Eine Verlagerung auf die Bahn ist nicht im Sinne der privaten Betreiber. Nachhaltigkeit wird durch die Privatisierung nicht erreicht.
Stellen Sie sich vor der Staat, also wir alle, besäßen zwei Garagen. Diese zwei Garagen, wurden mit unseren Steuergeldern gebaut, gepflegt, repariert und brächten lohnende Mieteinahmen. Jetzt bietet sich ein privater Unternehmer an, eine zusätzliche Garage zu bauen und alle drei Garagen 30 Jahre lang zu reparieren. Er will (und bekommt!) allerdings nicht die Miete für die eine, neue Garage sondern für alle drei Garagen…
Ersetzen Sie jetzt einfach den Begriff Garage durch Autobahnspur, und den Begriff Miete durch LKW-Maut…

Einige Fragen zur Autobahnprivatisierung:

  • Warum darf der Staat von uns allen bezahlte Autobahnen einfach auf Zeit „verschenken“?
  • Glauben Sie, dass zukünftig die Transporte von Menschen und Gütern von der Autobahn auf die Schienen verlegt werden, wenn viele Menschen und Güter auf der Autobahn viel Profit bringen?
  • Wollen Sie zukünftig für eine Autobahnfahrt von Freiburg nach Hamburg, mit einer PKW- Maut, ähnlich viel bezahlen wie auf den Autobahnen in Frankreich?
  • Haben Sie schon einmal die Qualität der guten, staatlichen schweizer Autobahnen, mit der zweifelhaften „Qualität“ der privaten italienischen Autobahnen verglichen?
  • Warum haben die Verantwortlichen nichts aus den Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise (Privatisierung / Deregulierung) und aus den Cross Border Leasing Pleiten gelernt?
  • Wer kennt eigentlich den genauen Inhalt der Privatisierungsverträge? Genau dieses Unwissen über die Vertragsdetails hat die Cross Border Leasing Pleiten mit verursacht.

autobahnDas Regierungspräsidium Karlsruhe hatte im Februar den Zuschlag an die „Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG” erteilt. Die Konzession beinhaltet den 6-spurigen Ausbau der A5 im Abschnitt Baden-Baden / Offenburg sowie den Betrieb und die Instandhaltung der A5 zwischen Malsch und Offenburg über einen Zeitraum von 30 Jahren.

Die Teilprivatisierung öffentlicher Aufgaben bedeutet,
dass die SteuerzahlerInnen langfristig nicht nur die Baukosten und Zinsen zahlen müssen, sondern über die LKW-Maut, auch die Gewinne des privaten Konsortiums. Aus den Fehlern der Finanz- und Wirtschaftskrise (Privatisierung / Deregulierung) wurde nichts gelernt. Die finanziellen Risiken tragen wie immer die SteuerzahlerInnen. “Laut Medienberichten werden 400 Millionen Euro mit Bankdarlehen finanziert. 200 Millionen kommen demnach von der Europäischen Investmentbank (EIB, Luxemburg). Eigentümer der EIB sind die Mitgliedstaaten der EU. Weitere 200 Millionen Euro steuert laut Vinci ein Bankenkonsortium bei, dem die spanischen Banken Banco Bilbao Vizcaya Argentaria und Santander, die belgische Bank KBC und die niederländische Bank NIBC angehören. Bei den Bankdarlehen handele es sich um solche »ohne Rückgriff auf die Gesellschafter«, teilte Vinci mit. Das heißt, dass Via Solutions Südwest nicht für die Kredite haften muss. Eigenes Geld und eigene Kredite werden den Angaben zufolge nur in Höhe von 110 Millionen Euro in den A5-Ausbau investiert.” (Quelle: Baden-Online)

Bei Erarbeitung der vom Bundesrechnungshof
sehr kritisch bewerteten Privatisierung der Autobahn hatten die Beamten im Verkehrsministerium „professionelle Hilfe“. Lobbyisten der Bauindustrie “halfen” den Beamten bei „fachspezifischen Fragen” zu PPP weiter, wie die Bundesregierung 2006 zugeben musste. Externe Lobbyisten der Bauindustrie in den Ministerien und als Volksvertreter getarnte Industrielobbyisten… So wird der Staat zu Beute für privaten Gewinninteressen und die Umwelt leidet.

Nur wenn möglichst viel energiefressender und klimabelastender Verkehr über die privatisierten Autobahnen läuft, lohnt sich dass PPP Model für die Betreiber, sagt auch der Bundesrechnungshof. Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung sind, Lobby sei Dank, im Zeitalter schwindender Energiereserven und des Klimawandels dann kein Thema mehr.

Die, trotz Krise, einfach so hingenommene Autobahnprivatisierung zeigt,
dass die Ursachen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise immer noch nicht verstanden wurden. Ein weiteres Problem ist die immer wieder bewiesene Unfähigkeit der Menschen aus solchen “hausgemachten” Katastrophen zu lernen. Wie lange wir uns diese Unfähigkeit im Atomzeitalter, im Zeitalter des Klimachaos und der Globalisierung leisten können, wird sich zeigen.

Axel Mayer, BUND-Regionalgeschäftsführer

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