… liegt nun glücklicherweise schon weit über zwei Jahre zurück, geschah also noch in der Vor-Konsumpf-Zeit, aber als ich neulich zufällig über mein Kündigungsschreiben an die TV Today stieß, dachte ich, dass dieses sehr gut in meinem Blog passt. Zu dem damaligen Zeitpunkt hatte ich sowieso nur noch sporadisch in diese Zeitschrift geschaut, da mich das Fernsehprogramm nicht mehr nennenswert interessierte – die Sendetermine der paar interessanten Dokus und kritischen Magazine bekommt man schließlich auch so mit. Auf jeden Fall nervte mich die TVT schon seit längerem mit der ganzen Aufmachung und den (abseits des Programmteils) grauenhaften kommerziellen Inhalten, so dass ich mich dazu genötigt fühlte, meine Kündigung mit folgendem Schreiben zu begleiten:
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Guten Tag!
Ich habe mich nach längerem Hin- und Herüberlegen heute dazu entschlossen,
mein langjähriges TV Today-Abo zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen.
Damit Sie diese Kündigung auch zur redaktionellen Selbsterkenntnis nutzen
können, will ich Ihnen meine Gründe kurz schildern:
1. Das Titelblatt – seit jeher nervte mich diese langweilige, stereotype,
mit Photoshop aufgeschönte Darstellung irgendwelcher (nahezu immer
weiblichen) “Stars”. Ich weiß nicht, ob Sie mal in einen Laden gegangen sind
und sich das dortige Regal mit Fernsehzeitschriften angeschaut haben – sie
sehen alle gleich aus, man kann keinen Unterschied feststellen, lediglich in
der Wahl des Motivs gibt es mal Variationen. Das ist so unglaublich
lächerlich, es sollte Ihrem Verlag eigentlich selbst peinlich sein, denn ich
bin ja sicher nicht der einzige, dem das auffällt. (Übrigens lassen viele
Ihrer Retuschen, die Sie den Frauen auf dem Titelblatt angedeihen lassen,
diese wie Zombies aussehen, vollkommen künstlich und leblos.)
2. Ihr Heft ist (wie ja leider alle anderen auch) mit Reklame so
zugepflastert, dass das Durchblättern eine Qual ist. Besonders schlimm finde
ich die Reklameverherrlichung in Ihrer eigens dem Konsummarketing gewidmeten
Rubrik gegen Ende des Hefts, wo Leser die besten Werbespots usw. wählen. Das
finde ich sehr übel, da man Reklame nicht noch zur eigenen Kunstform
hochstilisieren sollte. Werbung dient nämlich einzig und allein dem Zweck,
dass die Leute kaufen, kaufen, kaufen – durch Ihre Rubrik wird das “schön”
verschleiert bzw. die Reklamespots dem Leser noch mal nachträglich ins
Bewusstsein gerufen.
3. In der letzten Ausgabe fand ich eine Formulierung, die leider auch als
Essenz von Ihrem und vergleichbaren “Lifestyle”-Heften gelten kann:
“Pop liebt Hollywood – Wir sehen sie auf der Leinwand, überlebensgroß, und
hinterher geistern sie durch unsere Träume. Hollywood-Stars sind der Stoff,
der Fantasien befeuert.”
Für mich gilt diese Aussage glücklicherweise nicht, aber ich möchte auch
kein Heft lesen & mit meinem Geld unterstützen, das so etwas noch fördert &
propagiert (z.B. durch die Titelblattwahl).
Übrigens, keine Angst, ich werde auch nicht auf eine Ihrer
Konkurrenzzeitschriften ausweichen, da obige Punkte ja letztlich für die
meisten (irgendwie geklont wirkenden) TV-Magazine heutzutage zutreffen.
Viele Grüße,
Peter Marwitz
Kiel
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Eine richtige Antwort bekam ich darauf natürlich nicht, nur das übliche Standardschreiben und einen Anruf einer Mitarbeiterin, die den Brief offenbar gar nicht gelesen hatte (und der ich dann in Kurzform meine Beweggründe noch mal darlegte). Übrigens, zum Thema „zu Tode-Photoshoppen“ von Models/Stars etc. empfehle ich auch den immer sehr amüsanten Blog Photoshop Disasters, der die vielen völlig danebengegangenen Versuche, Promis zu retouchieren und „noch“ sexier etc. zu machen, dokumentiert.
Matze
Wer braucht heute schon noch Fernsehzeitungen?
Wenn ich wissen will was läuft schaue ich kurz im Internet nach und da kann ich – adplus und co. sei dank – die Werbung zum Großteil ausblenden.
Find ich absolut richtig wie du vorgegangen bist u das die Frau die dich angerufen hat anscheinend nichts von deinem Brief wusste, zeigt doch nur das dem Verlag deine Leser-Meinung eigentlich egal ist…
Martin W.
Ich habe mangels Fernseher auch keine Veranlassung eine derartige Zeitung zu kaufen, aber schon vorher hielt ich es wie Du, nämlich sie schlicht liegen zu lassen. Bei jedem Einkauf fällt mir auch die stumpf immer wieder auftretende Masche auf, eine (meist drallige) Blondine auf das Titelbild zu setzen. Ein Phänomen übrigens bei nahezu allen Fernseh-Zeitschriften. Billig, einfach nur billig.
Harald
Es sind ja nicht nur die Fernsehzeitungen die unerträglich sind. Diese ganze “bunte Presse” nervt einfach nur noch, und ich kann nicht verstehen, daß überhaupt noch jemand diese Zeitschriften liest.
Ich hatte zud DDR-Zeiten die FF-dabei, da ging es damals (fast) nur ums Fernsehprogramm mit Infors zu Beiträgen, filmen… – Dan wurde diese nach der Wende, ich glaube von TV today geschluckt. Dicke Bunte Illustriete mit etwas Fernsehprogramm, habe damals gleich gekündigt…
Peter M.
Da hast Du absolut recht. Zumal wenn man bedenkt, dass viele Magazine ja nur existieren, um Reklame abzudrucken bzw als Artikel getarnte PR. Leider finden aber immer noch viele diese bunte Welt der Stars und Sternchen total interessant, was mir auch ein Rätsel ist…
Schlüter
AUs den selben Gründen haben wir vor Jahren das Abo der TV-Zeitschrift (TV MOVIE)gekündigt. Ich hab eh nur vllt 10% der Programmtipps genutzt, dafür gibt es heute viel bessere Webseiten. Vor allem überladen sich ja die nicht-kostenlosen Programmzeitschriften mit Inhalten der Klatschpresse.
zu deinem 2. Punkt: Da stimme ich nicht zu, Werbung dient zwar primär der Konsumanregung , kann aber auch witzig und sogar (Foto/Film-)Kunst sein.
Denk z.B. an die Marlboro-Werbung mit der wunderschönen Landschaft und dem Theme dazu. Der Trick von moderner Werbung ist es, das Produkt mit positiven Gefühlen wie Schönheit, Glück, Liebe, Sicherheit, Geborgenheit in Verbindung zu bringen, besonders bei der Autowerbung.
Von den Merkmalen des Produkts selber wird gar nicht oder nebenbei gesprochen.
Peter M.
“zu deinem 2. Punkt: Da stimme ich nicht zu, Werbung dient zwar primär der Konsumanregung , kann aber auch witzig und sogar (Foto/Film-)Kunst sein.
Denk z.B. an die Marlboro-Werbung mit der wunderschönen Landschaft und dem Theme dazu. Der Trick von moderner Werbung ist es, das Produkt mit positiven Gefühlen wie Schönheit, Glück, Liebe, Sicherheit, Geborgenheit in Verbindung zu bringen, besonders bei der Autowerbung.
Von den Merkmalen des Produkts selber wird gar nicht oder nebenbei gesprochen.”
Nun, genau darum geht es mir aber – was auch immer sich die Marketingfuzzis ausdenken, es dient am Ende immer nur dazu, Produkte zu verkaufen oder das Image einer Firma aufzupolieren (um mehr Produkte zu verkaufen). Selbst wenn mal ein Spot witzig sein sollte (selten genug), kann ich die dahinter stehenden Absichten nicht ausblenden – man will mir was verkaufen. Punkt. Die Marlboro-Reklame fand ich immer absolut lächerlich – was soll Rauchen mit einer schönen Landschaft zu tun haben? Man versaut sich die frische Luft doch durch den Glimmstengel. ;-)
Bei mir funktioniert diese Übertragung “schöne Bilder” -> “positive Gefühle” -> “positive Einstellung zur Marke” schon lange nicht (mehr). Reklame nervt mich immer, generell, insbesondere eben, da die Absicht dahinter eine rein kommerzielle ist und nichts mit “Kunst” zu tun hat. Letztlich prostituieren sich Grafiker/Texter/Filmleute, um einen Konzern besser dastehen zu lassen. Das widert mich an, wenn ich das mal so drastisch sagen darf. Aus dem Grund finde ich auch die Werbe”ästhetik”, das Aufschönen mit Photoshop, die blöden Sprüche, die makellosen Menschen usw. usf. furchtbar. Alles ist käuflich, und die zugrundeliegende Botschaft ist: “Konsumiere xyz, um glücklich zu werden.” Wenn ich mal Reklame sehe (was zum Glück nur noch selten passiert), nehme ich die Inhalte gar nicht wahr, sondern nur die Meta-Ebene, ich sehe den Spot/die Anzeige quasi aus der Sicht der Marketingabteilung und denke mir dann: “Womit wollen die Typen uns jetzt wieder verarschen?” Unberührte Natur, durch die irgendein dämliches Auto fährt, löst bei mir entweder Aggressionen oder Lachen ob der Peinlichkeit aus, aber garantiert keine positiven Gefühle. Autofahren, um die Natur zu schützen, haha, wie bekifft muss der Werbefritze gewesen sein, der sich das ausgedacht hat bzw für wie hirntot muss er die Zuschauer halten, die ihm das abnehmen sollen. Das allein ist schon eine Frechheit für sich. Man muss ja auch sehen, dass gerade Fernsehreklame oder die Anzeigen in diesen großen Zeitschriften immer von den gleichen paar großen Konzernen stammt, die genug Dreck am Stecken haben. Wie soll man deren Werbung irgendwie positiv auffassen können?
Ich sag ja immer: wenn das Produkt wirklich gut wäre, müssten sie nicht so aufdringlich Reklame dafür machen. ;-)
Matze
seh ich genauso: Werbung hat zwar das Ziel den Konsum anzuregen aber die Umsetzung dessen ist in vielen fällen doch recht interessant u witzig
nur weil die marlboro-werbung so toll ist kauf ich ja jetzt trotzdem keine zigaretten…ich rauch ja schließlich nicht ;) daran kann eine werbung auch nichts ändern…
Peter M.
Das Tolle ist ja – alle Leute meinen, Reklame hätte auf sie ja gaaar keinen Einfluss. Wieso aber geben die Firmen dann soviele Milliarden dafür aus, hm? ;-) Vielleicht würdest Du als Raucher doch auf irgendeine Reklame reinfallen und irgendeine Marke für “cooler” halten als eine andere? Wer weiß.
Matze
Ja aber der Wechsel einer Marke ist ja jetzt nicht mit MEHR Konsum gleichzusetzen.
Wenn die Werbung mich als bekennden Nicht-Raucher zum Rauchen bringen würde dann würde die Tabak-Industrie mehr Geld machen. Bei einem Markenwechsel fließt das Geld einfach einer anderen Firma zu.
Ich würde von mir behaupten, dass ich es zum Großteil ausblenden kann, um welches Produkt es bei einer Werbung geht bzw. nicht das Produkt zu kaufen, dass eine schöne Reklame. Wer schlau genug ist fällt nicht auf Werbung rein und INFORMIERT sich sinnvoll im Internet oder in Fachzeitschriften zu Produkten.
Werbung beeinflusst nur diejenigen die sich davon beeinflussen lassen (wollen).
btw: super Film zu dem Thema “Rauchen”: Thank you for smoking
Peter M.
“Werbung beeinflusst nur diejenigen die sich davon beeinflussen lassen (wollen).”
Das ist, so meine ich, schon durch viele Studien widerlegt worden. Ich glaube, ich hatte hier im Blog auch mal diese Doku “Die geheimen Verführer” (oder so ähnlich), wo es eben genau darum geht, wie wir alle (auch ich ;-) ) durch Markendesign, Duft usw. usf. beeinflussbar sind. Ein Grund mehr für mich, gar nicht mehr in irgendwelche Shopping Center zu gehen.
“Ja aber der Wechsel einer Marke ist ja jetzt nicht mit MEHR Konsum gleichzusetzen.”
Nicht zwingend, aber natürlich geht es den Firmen AUCH darum, dass mehr konsumiert wird (in der Summe). Und dass man öfter ein altes durch ein neues Gerät ersetzt, weil das alte ja nun “total out” sei und man unbedingt den iPott XXL haben muss, um “hip” und genauso “cool” und “trendy” zu sein wie alle anderen. In der konsumistsichen Welt gilt ja das Paradox, dass man Individualität (angeblich) kaufen kann und zwar durch Produkte, die Millionen anderer Menschen auch haben. Also Individualität durch geschmackliche Gleichschaltung. Hier wird direkt der Mehrkonsum angetriggert. Und es wird eben dieses gesellschaftliche Umfeld erzeugt, diese Grundtendenz, dass alle Medien, unser ganzes Leben, von Konsumbotschaften durchtränkt werden. Alles ist käuflich, alles wird Ware. Das ist es, was mich daran besonders abstößt – ich will nicht, dass überall Reklame eingeblendet wird und jede Tätigkeit im öffentlichen Raum durch Sponsoring mit Marken in verbindung gebracht wird.
Matze
Ich kann deine Auffassung durchaus verstehen. Und mir ist auch bewusst, dass jeder irgendwo – und wenn es nur ein kleines Bisschen ist – von Werbung beeinflusst wird. ABER ich bleibe bei der Meinung, dass ich grundsätzlich Nichts neues kaufe solange ich es nicht für einen absoluten Mehrwert gegenüber meinem alten Produkt halte bzw. dieses einfach nicht mehr funktioniert. Beispiel: Ich hatte einen der ersten MP3-Player 64Mb (!). Da passten vll 12 Lieder drauf u diesen hatten ich gut und gerne 3-4 Jahre. Und da gab es schon längst MP3-Player mit deutlich mehr Speicher. Vll sogar iPotts. Dennoch war dieser für meine Bedürfnisse absolut ausreichend, da ich mir gerne Lieder angehört habe, um daraus eine Playlist mit eben 12-15 Liedern zusammen zu stellen. Selbst mein “neuster” Player hat nur einen Gigabyte u keinen Schnick-Schnack oder Sonistiges. Und selbst bei diesem stelle ich mir häufig einfach nur Playisten mit 15-20 Lieder zusammen…
Wenn man mal weiß was man will und GELERNT hat sich selbst zu verwirklichen ohne auf andere Leute (Werbe-Fuzzis, Freunde und sonst wen) zu hören dann kann einem auch diese ganze Konsumgesellschaft nichts anhaben.
Bzgl. Werbung: Vll ist es auch eine persönliche Eigenschaft, dass ich immer versuche in allem etwas Gutes zu sehen und das trifft (leider) auch auf Werbung zu.
In diesem Sinne wünsch ich dir ein schönes Wochenende –
Das Wetter ist zwar im Moment nicht so gut aber vll hält es ja irgendwann noch etwas auf ;)
Peter M.
Da sind wir uns ja durchaus einig, denke ich – dann handelst Du letztlich ähnlich wie ich, was das Nicht-Hinterherhecheln von Trends usw. angeht. Leider trifft das aber wohl auf die meisten Leute nicht zu, und die Reklameindustrie und die werbefinanzierten Medien tun alles dafür, dass dies auch so bleibt, indem sie einem einzureden versuchen, dass man den Stars nacheifern muss und nur dann was wert ist, wenn man beim Konsum vorne dran bleibt und Trends und Moden nacheifert… Aber das zu kritisieren ist ja generell das Thema meines Blogs.
Das Wetter ist hier grad ziemlich übel, richtig schöner Herbststurm!
silent_marc
Bin durch Zufall hierverlinkt worden und wollte nur kurz sagen zu eurer Diskussion…jegliche Meinungsäusserung gegen Werbung ist im Grunde für die Katz….denn Kapitalismus basiert auf Werbung. Die Möglichkeit der freien Auswahl.
Ohne Werbung kein Kapitalismus und umgekehrt!
Wenn du nicht wirbst als Unternehmen, bist du meist schnell am Ende. Ob man das grundsätzliche System für gut oder befinden will, ist da ne ganz andere Frage ;)
Feinste Grüße aus Hamburg.
Marc
silent_marc
Nachtrag zu meinem Kommentar: Ich sehe jetzt erst, was auf dieser Site so geht. Wow! Daher ziehe ich natürlich meine Meinung zurück, denn ihr wisst wahrscheinlich mehr über Kapitalismus, als ich euch jemals erzählen könnte. Also sollte nicht altklug sein, mein Comment. Nichts für ungut.
Dein Kündigungsschreiben hat mir gefallen.
Ich habe so einen Fall mit einem Telekommunikationsunternehmen erlebt. Ich wollte meinen Internetanschluss kündigen. Ging nicht…weil…Ironie der Geschichte…man kann seinen Internetansschluss nicht per Internet (sprich Mail) kündigen. Man muss dies oldschool mäßig offline machen. Die haben einfach weiterabgezogen und meine Kündigung ignoriert.
Matze
sag ruhig das es die Telekom war ;)
sollen doch ruhig alle wissen, wenn sie ihren internetanschluss bei diesem Unternehmen abmelden wollen…
wäre ja auch zu crazy nen internetanschluss über email zu kündigen…schließlich zeigt man ja das man mit der email interesse an einem Internetanschluss hat…deine Email hätte ich also auch einfach ignoriert ;)
ach u btw: oldschool ist nicht nur ein genialer film sondern sowieso viel schöner…Beispiele gefällig? Mal einfach “oldschool” mitm Fahrrad iwohin fahren…mal einfach “oldschool” sich mit Freunden treffen als diese immer nur über Social-Media zu kontaktieren und in deinem Fall mal einfach “oldschool” einen Brief verschicken…is doch sowieso viel persönlicher :P
ach noch was: fand deinen beitrag gar nicht altklug…ich denke mal hier ist jeder mit seiner meinung (solange sie gesittet geäußert wurde) willkommen…in diesem sinne: “your welcome” ;) bis die tage…