Natürlich ist es spätestens seit den 1990er Jahren, als bekannt wurde, dass Nike seine Klamotten in asiatischen Sweatshops nähen lässt, kein Geheimnis mehr, dass gerade in der Modebranche Image und Realität weit auseinanderklaffen. Um so mehr Geld wird von den Konzernen in Marketing und Reklame gesteckt, damit der Kunde eingelullt und in dem Glauben belassen wird, mit dem Kauf eines der überteuerten Markenprodukte würde er genauso „cool“ sein wie die Stars in der Werbung. Abercombie & Fitch ist so ein Hersteller, der es sich viel Geld kosten lässt, seine Marke zu inszenieren, wo immer ein neues Geschäft von ihm aufmacht – und die Kunden lassen sich gerne verführen und kommen nicht auf den Gedanken, mal zu hinterfragen, welche Art von Produkten sie eigentlich kaufen. In der ARD-Sendung Plusminus gab es nun einmal einen Bericht, der – für Leser meines Blogs natürlich nicht überraschend – zeigt, unter welchen erbärmlichen Umständen diese Trendmarke herstellen lässt und wie ungesund manche der Kleidungsstücke sind. „Abercombie & Fitch – Krebserzeugende Substanz in Damenoberteil“
Dank ihrer sexy Models ist es die vielleicht angesagteste Modemarke: “Abercrombie & Fitch”. Doch das teure Kultlabel lässt in schäbigen Fabriken produzieren. Und verkauft Kleidung mit einem gefährlichen Schadstoff.
Im Auftrag von Plusminus hat der TÜV Rheinland eine Auswahl von Kleidungsstücken aus dem Münchner Abercrombie-Geschäft untersucht. Das Ergebnis: In einem dunkelblauen Damenoberteil – “Made in India” – findet er den krebserzeugenden Stoff Benzidin. Mit mehr als 100 Milligramm pro Kilogramm ist der gesetzliche Grenzwert mehr als dreifach überschritten. Benzidin kann beim Tragen der Kleidung über die Haut aufgenommen werden.
“Für den Hersteller, für den Händler heißt das, das ist nicht verkehrsfähig, das kann nicht verkauft werden”, sagt Prof. Martin Göttlicher, Toxikologe vom Münchner Helmholtz Zentrum.Hype in Deutschland
An den Wochenenden bilden sich regelmäßig Schlangen vor den drei deutschen Filialen von “Abercrombie & Fitch” in Hamburg, Düsseldorf und München. Die meist jungen Fans stehen an, um die nicht gerade billige Kleidung zu kaufen. Und natürlich, um die ausgefallenen Shops zu bestaunen. In der Tür stehen halbnackte, durchtrainierte Models, mit denen man sich fotografieren lassen kann. Im Inneren läuft laute Clubmusik. Es ist dunkel und überall riecht es nach dem hauseigenen Parfum. Die Wände sind mit homoerotischen Motiven verziert. Doch hinter der PR-Inszenierung findet PLUSMINUS dieselben Methoden wie bei billigeren Modeketten.
Fragwürdige Arbeitsbedingungen in Indien
PLUSMINUS-Reporter gelangen in Indien – als Stoff-Einkäufer getarnt – in eine Textilfärberei, die nach eigenen Angaben auch für Abercrombie produziert. Der Manager zeigt seine Fabrik. Obwohl dort mit Chemikalien gearbeitet wird, trägt kaum ein Arbeiter Handschuhe. Ein Mann mischt Farben für den Textildruck und testet den Farbton mit bloßem Finger. Reizende Farbstoffpulver werden offen in Kartons gelagert. Außerdem ist es in der Fabrik brütend heiß und viele Ecken sind mit Tierdreck verschmutzt.
“Im Sommer hat es hier drin mehr als 45 Grad. Ich würde es höchstens eine halbe Stunde aushalten”, sagt der Manager der indischen Textil-Färberei.Nach Schichtende berichten Arbeiter anonym, dass sie jede Woche 72 Stunden arbeiten müssen – ihr Lohn dafür aber nur 10.000 Rupien beträgt. Das sind umgerechnet etwa 145 Euro. Selbst für indische Verhältnisse ein Hungerlohn. Außerdem dürfen die Arbeiter keine Gewerkschaft bilden – und auf korrekten Arbeitsschutz wird nur geachtet, wenn sich Kunden zum Fabrikbesuch ankündigen. “Dann wird alles schön gemacht”, sagt ein Arbeiter.
Eigene Regeln nicht kontrolliert
Das alles dürfte gar nicht passieren, denn Abercrombie hat einen “Code of Conduct” – also Regeln, an die sich die Lieferanten des Labels halten sollen. Darin steht, dass die maximale Arbeitszeit in Fabriken 60 Stunden betragen darf, dass es den Beschäftigten erlaubt sein muss, sich zu organisieren, und dass diese Anspruch auf ein sicheres, sauberes und gesundes Arbeitsumfeld haben. In Indien scheint das Unternehmen seine eigenen Regeln nicht genau zu überwachen.
Der Saurandlimon-Blog hat sich auch mit der Firma beschäftigt – „Ausbeutung & Fitch“.
Alltagsoekonom
Danke für den sehr interessanten Artikel.
Tatsächlich war ich vor einigen Wochen das erste Mal in einer Abercrombie&Fitch Boutique, nämlich in Düsseldorf.
Es ist genau wie im Text beschrieben. Ein männliches Modell mit nacktem Oberkörper am Eingang, drinnen ist es dunkel und man wird mit lauter, schriller Elektro-Musik beschallt. Ich habe das alles als unangenehm empfunden und bin nach einigen Minuten mit meinem Kumpel wieder raus.
Wie der Artikel auch bereits sagt, sollte man gerade bei Modefirmen vorsichtig sein. Wie oft wird gerade in der Textilindustrie zu üblen Bedingungen in Billiglohn-Ländern produziert.
Stefan R.
Ja, da kann ich auch etwas beitragen. Ich habe letztes Jahr schon einmal eine kleine Reportage verzapft über A&F in Düsseldorf – freilich ohne auf diese Hintergründe einzugehen, muss ich gestehen.
http://fliegende-bretter.blogspot.de/2012/11/grenzerfahrungen-in-der.html
HenningM
Zitat: “Nach Schichtende berichten Arbeiter anonym, dass sie jede Woche 72 Stunden arbeiten müssen – ihr Lohn dafür aber nur 10.000 Rupien beträgt. Das sind umgerechnet etwa 145 Euro. Selbst für indische Verhältnisse ein Hungerlohn.”
Hungerlohn??????????
Siehe aber: http://www.gutefrage.net/frage/wieviel-verdient-ein-inder-im-durchschnitt
(Insbesondere 3. Kommentar)
Peter M.
… wieso kommen solche Kommentare bloß immer von Dir…
Dass 145€ angemessen dafür sind, dass sich die Arbeiter ihre Gesundheit ruinieren, sehe ich nicht.
HenningM
@Peter M.
Du Kluger. Vielleicht bezog sich mein “Kommentar” auf den Satz “Selbst für indische Verhältnisse ein Hungerlohn.” ? Erstmal nachdenken, dann bis 10 zählen, dann nochmal (nach)denken, dann sich bei Wiki vergewissern – und erst dann das Anti.spam.word eintippen und hopp!
Peter M.
Danke für Deine weisen Worte, was würde ich nur ohne Dich hier in meinem Blog machen…
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Das Problem sind nicht die Gehälter, sondern die extrem hohen Langzeitrisiken die Arbeiter, Gesellschaft und Umwelt zu tragen haben. Gehältervergleiche eignen sich für Neid-Diskussionen aber sind bei der Lösung dieser Probleme kaum hilfreich.