Schweine für den Müllcontainer – Billigfleisch und seine Folgen

Schade, dass die wirklich wichtigen Filme eher auf versteckten Sendeplätzen laufen – der SWR zeigte diesen Mittwoch um 21 Uhr Edgar Verheyens brisante Dokumentation „Schweine für den Müllcontainer – Warum es zu viel Fleisch gibt“:

Fressen und gefressen werden: Die moderne Landwirtschaft hat diesen Kreislauf durchbrochen. Millionen Schweine werden niemals gegegessen: Sie sterben nur, um weggeworfen zu werden. Warum ist das so? Wer verdient daran? Geht es auch anders?

55 Millionen Schweine werden jährlich in Deutschland geschlachtet. Bis zu einem Drittel davon landen niemals in einer Bratpfanne, sondern auf dem Müll. Trotzdem boomt die industrielle Schweinezucht, es entstehen riesige neue Tierfabriken. Und die sind politisch offensichtlich gewollt. EU, Bund und Länder fördern eine industrielle Massentierzucht, die zu Überproduktion führt. Für die großen Züchter lohnt sich dieses Geschäft selbst dann noch, wenn der Markt längst übersatt ist.

Der Film nimmt die Zuschauer mit auf die Suche nach den vielen Geldquellen, die die Politik für immer mehr Billigfleisch erschließt. Und er zeigt die Folgen. 20.000 Mastschweine in einem Stall, das bedeutet: Dahinvegetieren in Schmutz, Enge und Dunkelheit, ständig geplagt von Krankheitserregern. Der Gestank ist entsetzlich, der Mensch hält es nur kurze Zeit in den Ställen aus, berichtet ein Tierschützer, die Zustände in deutschen Zuchtbetrieben mit der Kamera dokumentiert. Rund zehn Prozent der Schweine sterben dort, bevor sie schlachtreif sind.

Der Film ist an vielen Orten dabei, wo Fleisch auf dem Müll landet: Von dem, das in den Handel gelangt, werfen die Supermärkte bald darauf vieles weg, weil es die Haltbarkeitsgrenze überschritten hat. Die Gastronomie kann sich zu niedrigen Kosten mit Vorräten eindecken – das Wegwerfen schmerzt später kaum. Ebenso legen viele Verbraucher abgepacktes Fleisch quasi auf Verdacht in den Einkaufswagen und werfen es oft unausgepackt weg.

Die Dokumentation von Edgar Verheyen fragt aber auch nach einer Alternative. Das Filmteam besucht die Hermannsdörfer Landwerkstätten, einen Musterbetrieb nachhaltiger Tierzucht. Sein Gründer ist Karl Ludwig Schweisfurth, einst Pionier der Fleischindustrie in Deutschland, als Chef des Herta-Konzerns europäischer Marktführer. Das Geschäft, das ihn einst reich machte, sieht er längst kritisch: Haben wir das gewollt – immer billiger, damit wir immer mehr Fleisch fressen? Fazit: Fleisch essen, ohne sich zu ekeln – das ist möglich. Aber wenn alle Schweine, die die Deutschen essen, so leben sollten wie in Schweisfurths Landwerkstätten, dann wäre Fleisch um ein Vielfaches teurer.

Wiederholt wird das Ganze an folgenden Tagen, falls jemand kein YouTube empfängt ;-) :

am 28.09.2012, 01.15 Uhr im SWR Fernsehen
am 02.10.2012, 00.45 Uhr im SWR Fernsehen
am 02.10.2012, 18.30 Uhr in EinsPlus
am 03.10.2012, 11.45 Uhr in EinsPlus
am 04.10.2012, 08.45 Uhr in EinsPlus
am 05.10.2012, 05.00 Uhr in EinsPlus
am 06.10.2012, 02.00 Uhr in EinsPlus

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7 Kommentare

  1. Hundemax

    Der Link ist ohne Sprecher .Hier mit und in voller Länge:

    http://www.youtube.com/watch?v=J9XgEJWo5-w

    Ich glaube ich werde mal anfangen mich mit Vetegarischen Themen zu beschäftigen *o*

  2. Wenn man über Massentierhaltung spricht oder Menschen Dokumentationen darüber sehen, finden sie das alle schrecklich. Doch leider schaltet sich das Hirn im Supermarkt dann irgendwie aus und sie greifen doch wieder gedankenlos zu.

    Danke mal für die vielen guten Filmtipps, die ich hier öfter schon gefunden habe.

  3. Engel

    Die Schuld an der Massentierhaltung liegt an der Subventionspolitik, nicht bei den Bürgern. Würde die Massentierhaltung, der Überschuss- und Export nicht von Steuern gezahlt, wäre das Fleisch um ein vielfaches teurer als das von Schweinen und Hühnern, die im Freien leben und sich von Speiseresten ernähren. Denn ökol. Landbau benötigt keine Futtermittelimporte, hochtechnisierte Megaställe mit Klimaanlagen und Futtermaschienen, Gülle- und Tierkörperbeseitigungs-
    subventionen etc. Regionaler Landbau benötigt keine Exportsubventionen oder lebend Tier Ausfuhrprämien. Solange die Bürger die Schuld auf sich nehmen und es auf den sog. “Billigfleischkonsum” schieben, wird Politik und Industrie so weiter machen wie bisher.

    • @ Engel: also so pauschal kann man das m.E. auch wieder nicht sagen. Natürlich haben die Verbraucher nicht die alleinige Schuld, eber eine Mitschuld tragen sie schon. Es zwingt die Leute ja keiner, überhaupt Fleisch zu essen, und solange es den meisten Leuten egal ist, unter welchen Bedingungen das Fleisch hergestellt wurde, sondern es nach dem Prinzip “Hauptsache viel und billig” geht, kann man natürlich auch so weitermachen… Wenn man nur auf die Politik wartet, dass die mal was an den Zuständen ändert, kann man lange warten.

  4. Engel

    Fleisch aus der Massentierhaltung ist nicht billig, sondern es verdienen wenige Großindustrielle an Steuergeldern. Mastanlagen, klimaanlagen, Futtermittelimporte-Maschienen, Kontainerschiffe für den Export, usw. würde das alles auf den Kaufpreis kommen würde es keiner kaufen, weil es teuer wäre. Die Industrie verdient bevor das Fleisch gekauft wird, sogar die toten Tiere werden subventioniert, Tierkörperbeseitigung Subventionen. 50% der Lebensmittel werden weggeschmissen, es ist egal wie der Bürger sich verhält, sondern was er denkt und dass er die Schuld für die Überschuss- Export- und Wegwerfindustrie auf sich nimmt. Politik und Industrie wandeln Steuergelder in Privateigentum für Multinationalekonzerne die Spenden und Bestechungsgelder an Politiker zahlen, solange der Bürger glaubt bei ihm liegt die Schuld, wird sich nichts ändern. Lebend Ausfuhrprämien bedeutet, dass die Industrie an der lebenden Ausfuhr von Tieren verdient, wie und wo das Tier ankommt ist den Betreibern egal, denn sie haben vorher verdient. Dieselbe Tierart(Schweine, Rinder) wird im- und exportiert, rund um den Globus, (siehe BMELV Statistik) Regionale Märkte werden zerstört und Hunger entsteht, solange der Bürger glaubt, die Exporte sind wegen der Überbevölkerung, wird sich nichts ändern.
    http://www.fr-online.de/wirtschaft/agrar-exportsubventionen-zankapfel-milch,1472780,3290090.html
    Es zeige sich, dass vor allem große Unternehmen von Ausfuhrhilfen profitieren, aber nicht die kleinen Höfe. Den Schaden hätten Kleinbauern in den Entwicklungsländern, “deren Märkte durch die Exportsubventionen zerstört werden”, sagte Wieczorek-Zeul. ” Das ist ein unhaltbarer Zustand.”

    http://www.andrea-reiche.de/resources/Hunger+-+Die+stille+Katastrophe.pdf – Die stille Katastrophe. Die meisten Hungernden leben auf dem Land „Jeder Mensch, der heute an Hunger stirbt, wird ermordet.“ (..)Auch in den Ländern im Süden wird immer mehr industriell produziert aber nicht für die Menschen, die dort leben, sondern für den Export. (..)geht die Preisexplosion bei Lebensmitteln zu rund einem Drittel auf das Konto der Spekulanten.(..)Globalisierte Landwirtschaft vergrößert Zahl der Hungernden (..)In Indien verrottet – auch wegen Korruption – Getreide in staatlichen Speichern. Aber anstatt aus den Fehlern dieser Strategie zu lernen und umzudenken, werden noch immer die falschen Instrumente zur Ernährungssouveränität und -sicherung benutzt
    http://www.sonnenseite.com/Buch-Tipps,Weggeworfenes+Essen+kann+Hungernde+sieben+Mal+saettigen,34,a13311.html
    Mehr als sieben Mal könnte man alle Hungernden der Erde sättigen, würde man die Nahrungsmittel, die in Europa und in den USA weggeworfen werden, verteilen. (Buch “Waste: Uncovering the Food Scandal”) (..)zwischen 40 und 60 Prozent aller gefangenen Fische … ins Meer zurückgeworfen. Alle davon sind bereits tot.
    http://www.taz.de/!85968/ Mit dem Hunger in Entwicklungsländern begründen Aigner und der konservative Bauernverband ihr Plädoyer dafür, auch in Deutschland mehr Kalorien etwa in Form von Fleisch zu produzieren.
    http://www.bmelv.de/SharedDocs/Standardartikel/Europa-Internationales/Agrarexport/Agrarexporterstattungen.html
    Unabhängig von den Exporterstattungen unterstützte das BMELV 2011 mit bis zu 5 Millionen Euro insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei ihren Bemühungen, kaufkräftige Auslandsmärkte zu erschließen

    http://www.weltagrarbericht.de/impressum.html+http://www.boelw.de/pm+M555f3115ce2.html – das Fazit der Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Verbänden… „Mehrere Studien belegen, dass mit Öko-Landbau – selbst für eine weiter wachsende Weltbevölkerung – genug Nahrungsmittel für alle produziert werden können“, so Dr. Löwenstein, BÖLW. – die Schlussfolgerung des Weltagrarberichts: „Ob Bio die Welt ernähren kann ist nicht die Frage, denn Bio muss die Welt ernähren“, so Hans Herren vom IAASTD.

    http://www.taz.de/Exporte-um-250-Prozent-gewachsen/!86176/ Fleisch geht um die Welt: Deutschland führt immer mehr Fleisch aus: 3,7 Millionen Tonnen waren es im Jahr 2010. Laut Landwirtschaftministerin Aigner liegt das am Bevölkerungswachstum.

    Nahrungskrisen entstehen durch Kriege und fehlende Infrastruktur wie z.B. in wenigen Gebieten von Äthiopien und Biaffra. (caritas-europa.org)

    http://www.bauernbund.at/uploads/media/broschuerenserie.pdf
    Der europäische Markt wird durch Zölle geschützt bzw. die hohen Faktorkosten in der Produktion durch staatliche Maßnahmen ausgeglichen. Wäre das nicht so, hätten viele Entwicklungsländer bei Agrarprodukten aufgrund der niedrigeren komparativen Kosten einen enormen Wettbewerbsvorteil.
    http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/vorsorge/reisemedizin/un-und-iwf-arbeiten-mit-aller-kraft-daran-die-krankheit-der-armen-kommentar_4095760.html UN und IWF arbeiten mit aller Kraft daran, dass sich an alldem auch nichts ändern wird. Die lokalen Märkte werden durch Import (z.B. von europäischem Gammelfleisch) kaputt gemacht, und wenn die Staaten (z.B. Ghana) hohe Importzölle dafür verlangen bekommen sie Ärger mit dem IWF. Kamerun hat sich nie davon erholt, dass der IWF ihnen mit einer massiven Abwertung der Währung “unterstützen” wollte.

    • Fleisch aus der Massentierhaltung ist nicht billig, sondern es verdienen wenige Großindustrielle an Steuergeldern. Mastanlagen, klimaanlagen, Futtermittelimporte-Maschienen, Kontainerschiffe für den Export, usw. würde das alles auf den Kaufpreis kommen würde es keiner kaufen, weil es teuer wäre.

      Also ist es doch billig, nämlich für den Vebraucher, und darum ging es ja – Fleisch ist zu billig wenn man das berücksichtigt, was die Produktion anrichtet. Ansonsten hast Du sicherlich Recht mit all den Fehlentwicklungen und dass es massive Fehlsteuerungen durch Subventionen (von der Politik gewollt) gibt, dennoch wird niemand gezwungen, Fleisch zu essen und damit den Wahnsinn noch zu unterstützen. Genausowenig wie man jeden Tag irgendeinen Fleischmüll vom Discounter auf den Tisch bringen muss.

  5. Heidrun

    Kontrolle über den eigenen Konsum ist eine der entscheidenden Einflusswege auf die Politik und möglicherweise der wirkmächtigste Weg der demokratischen Beteiligung im 21. Jahrhundert.

    Eine Entscheidung für den Verzicht auf Billigfleisch ist – in organisierten Gruppen noch eher – die Möglichkeit des Sendens eines Signals an die großen Konzerne, eines Signals, dass die Umstände der politischen Verstrickung mit der Wirtschaft und der Haltebedingungen der Tiere für nicht gut befunden werden.

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